Zagier

Zagier
Don Zagier 2006 in Oberwolfach

Don Bernhard Zagier (* 29. Juni 1951 in Heidelberg) ist ein amerikanischer Mathematiker. Derzeit ist er einer der Direktoren des Max-Planck-Instituts für Mathematik in Bonn und Professor am französischen Collège de France in Paris. Seine Hauptarbeitsgebiete sind Zahlentheorie, Theorie der Modulformen und Verbindungen zur Topologie.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Zagier ist 1951 in Heidelberg als Sohn amerikanischer Eltern geboren und in den USA aufgewachsen. Er bestand im Alter von 13 Jahren sein Abitur. Er studierte am MIT Mathematik und Physik und wurde 1967 - im Alter von 16 Jahren - Putnam Fellow (im Jahr zuvor gewann er den ersten Preis in der Mathematik-Olympiade). 1968 erhielt er den B.A., ging dann an die Oxford University und an die Universität Bonn, wo er bei Friedrich Hirzebruch mit 19 promovierte (offiziell in Oxford). Nach zweijährigem Aufenthalt an der ETH Zürich und am IHES in Bures-sur-Yvette bei Paris kam er 1974 nach Bonn, habilitierte sich 1975 und wurde 1976 Deutschlands jüngster Professor. 1984 wurde er als Wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft an das Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn berufen, wo er 1995 zum Direktor ernannt wurde. Von 1979 bis 1990 war er gleichzeitig Professor an der University of Maryland und danach bis 2001 Professor an der Universität Utrecht. Seit 2000 ist er auch am College de France in Paris tätig.

Mathematische Leistungen

Mit Benedikt Gross löste er 1986 das allgemeine Klassenzahlproblem imaginär quadratischer Zahlkörper von Gauss, indem sie (aufbauend auf einer Idee von Dorian Goldfeld (1976), die einen Zusammenhang mit der Theorie der L-Funktionen elliptischer Kurven herstellte), eine im Prinzip effektive Methode angaben, die Liste der imaginär quadratischen Klassenkörper \Bbb Q(\sqrt {(-n)}) mit einer bestimmten Klassenanzahl anzugeben. Der Spezialfall der Klassenzahl 1 (bei dem die Primfaktorzerlegung eindeutig ist, und den C. F. Gauss ursprünglich behandelt hatte) war schon von Kurt Heegner und Harold Stark bewiesen worden. In ihrer Arbeit gaben Gross und Zagier auch eine Teillösung der Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer (Ordnung r der Nullstelle s=1 der L-Funktion einer elliptischen Kurve ist gleich dem Rang r der „additiven“ Gruppe der rationalen Punkte auf der Kurve), genauer dass falls die Ordnung der Nullstelle L(1) gleich 1 ist, der Rang der Gruppe der rationalen Punkte größer als 1 ist.

Neben der Theorie Diophantischer Gleichungen, die er auch als schneller Programmierer numerisch erforscht, beschäftigte er sich u. a. mit Modulformen und deren Perioden (viele spielen eine Rolle als „Motive“ in der Zahlentheorie) und mit Jacobiformen (er arbeitete dort mit Martin Eichler und Nils-Peter Skoruppa zusammen). In jüngster Zeit arbeitet er über Thetafunktionen zu indefiniten quadratischen Formen.

Er bewies eine Vermutung, dass die Werte der Dedekindschen Zetafunktion für die natürlichen Zahlen durch Polylogarithmen (iterierte Logarithmen) ausgedrückt werden können. Außerdem schuf er eine Verbindung zu hyperbolischen Mannigfaltigkeiten (Räume negativer Krümmung), wo schon Lobatschewski das Volumen eines dreidimensionalen Simplexes durch Dilogarithmen ausdrückte. Er arbeitete auch über den Zusammenhang von Knoteninvarianten und multiplen Zetafunktionen.

Mit Harer bewies er eine Vermutung über die Euler-Charakteristik der Modulräume Riemannscher Flächen vom Geschlecht g, die danach gleich dem Wert der Riemannschen Zetafunktion bei (1-2g) ist. Dabei studierte er auch die Kombinatorik der Zellenzerlegung dieser Modulräume. Diese Arbeit hat auch Anwendungen in der Stringtheorie (wo die Störungstheorie zur Betrachtung Riemannscher Flächen beliebig hohen Geschlechts führt, auf denen die fundamentalen Teilchen als Eichfelder bzw. Spinorfelder definiert sind).

Er untersuchte auch stabile Rang 2- Vektorbündel auf Riemannflächen und die zugehörige Verlindeformel (aus der Stringtheorie).

Zagier arbeitet auch in mathematischer Physik, z. B. in der Perkolationstheorie.

1987 wurde er mit dem Colepreis, 2001 mit dem Karl-Georg-Christian-von-Staudt-Preis ausgezeichnet. Außerdem erhielt er die Carus-Medaille 1984 und den Prix Elie Cartan 1996, sowie 2000 den Chauvenet Preis der AMS.

Zu seinen Doktoranden zählen Winfried Kohnen, Maxim Kontsevich, Nils-Peter Skoruppa, Svetlana Katok.

Literatur

von Zagier:

  • Zetafunktion und quadratische Körper, Springer 1981
  • Die ersten 50 Millionen Primzahlen, Mathematical Intelligencer Bd.1, 1978/9 (Antrittsvorlesung Bonn, über Riemanns Zetafunktion u.a.), auch in „Mathematische Miniaturen“, Bd.1, 1980
  • The Birch-Swinnerton-Dyer conjecture from a naive point of view, in van der Geer, Oort, Steenbrink Hrsg. „Arithmetic algebraic geometry“, 1991
  • Polylogarithms, Dedekind Zetafunctions and the algebraic K-theory of fields", ibid.
  • Elliptische Kurven- Fortschritte und Anwendungen, Jahresbericht DMV 1991
  • Introduction to Modular forms, in Waldschmidt, Moussa, Luck, Claude Itzykson (Herausgeber): Number Theory to Physics, Springer 1992
  • Modular points, modular curves, modular surfaces and modular forms, Arbeitstagung Bonn 1984, Springer Lecturenotes in mathematics
  • mit Martin Eichler Theory of Jacobi forms Birkhäuser 1985
  • L-series of Elliptic curves, the Birch-Swinnerton-Dyer conjecture and the class number problem of Gauss, Notices of the American Mathematical Society 1984
  • mit Friedrich Hirzebruch The Atiyah-Singer Theorem and elementary number theory, Publish or Perish, 1974
  • mit Göttsche Jacobiforms and the structure of Donaldson invariants for 4 manifolds with b+=1, Selecta Mathematica 1998, S.69
  • Equivariant Pontrjagin classes and applications to orbit spaces, Springer 1972
  • mit J.Lewis Period functions for Maass wave forms, Annals of Mathematics Bd.153, 2001, S.191
  • mit Maxim Kontsevich Periods, in „Mathematics unlimited - 2000 and beyond“, Springer 2001
  • Values of zeta functions and their application, in Joseph, First European congress of Mathematics, Paris 1992, Bd.2

Weblinks


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