Äbtissin

Äbtissin
Wappen eines römisch-katholischen Abts
erkennbar am schwarzen Bischofshut (galero) mit zwölf seitlich herabhängenden Quasten (fiocchi), sowie am hinter dem Wappenschild aufgerichteten Krummstab.

Ein Abt (v. spätlat.: abbas, aus hebr.: abba Vater) war ursprünglich ein allgemeiner Ehrenname und ist seit dem 5./6. Jahrhundert den Vorstehern eines Klosters vorbehalten; die weibliche Entsprechung ist die Äbtissin. Monastische Orden wie die Benediktiner und Zisterzienser haben Äbte beziehungsweise Äbtissinnen. Diese sind Souveräne über die Abtei und nur dem Bischof oder direkt dem Papst unterstellt. Im Mittelalter hatten Äbte als Fürstäbte auch weltliche Gewalt und Gerichtsbarkeit in den Besitzungen der Abtei.

Äbte werden in der Regel auf Lebenszeit gewählt, heutzutage ist allerdings ein Trend zu einer begrenzten Amtszeit auf sechs oder zwölf Jahre bzw. bis zu einem bestimmten Lebensalter erkennbar. Ungeachtet dessen hat der Abt auch die Möglichkeit der Resignation. Die Entsprechung in der Orthodoxen Kirche oder im byzantinischen Ritus ist Hegumen bzw. Archimandrit.

Der Abt wird von allen stimmberechtigten Professen des Klosters gewählt. Das Ergebnis der Wahl wird dem Diözesanbischof und dem Apostolischen Stuhl sowie der Ordensleitung mitgeteilt. Eine Bestätigung der Wahl durch den Ordensoberen oder den Papst ist nicht nötig. Anschließend erhält der gewählte Abt von einem Bischof oder einem anderen Abt die Benediktion und die Pontifikalien (Krummstab, Ring, Mitra).

Die Leiter der nicht monastischen Orden tragen andere Titel, wie Propst, (Sub-)Prior, Guardian, Superior oder Rektor. Diese werden in der Regel vom Provinzialkapitel oder Generalkapitel gewählt und haben meistens eine beschränkte Amtszeit. Bei dem 1095 gegründeten Hospitalorden der Antoniter wurde der Klostervorsteher als Präzeptor bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Amtsgewalt

Nachdem im Mittelalter viele Klöster unabhängig waren, stehen sie − und damit der Abt – seit dem Tridentinischen Konzil (1545–1563) grundsätzlich unter Aufsicht des Bischofs. Die Äbte üben teils väterliche Gewalt (potestas domestica), teils Jurisdiktionsgewalt aus. Diese umfasst die Verwaltung des Klostervermögens, die Leitung des Klosters und die Disziplin der Angehörigen. In wichtigen Fragen müssen sie den Rat, bei der Veräußerung von Klostergütern die Zustimmung der übrigen Mönche des Klosters einholen. Sie gehören zu den Prälaten. Die Abts- bzw. Äbtissinenweihe ist keine Ordination (wie die Weihe zum Diakon, Priester oder Bischof) und daher auch kein Sakrament, sondern sie ist eine Sakramentalie, eine sogenannte Benedictio, die bewirken will, dass das Wirken des neuen Abtes unter dem Segen Gottes stehe.

Von den wirklichen (Regular-)Äbten sind zu unterscheiden die Säkular-, Kommendatar- und Laienäbte – diese waren Personen, die die Pfründe, also die wirtschaftlichen Einkünfte eines Klosters innehatten, ohne jedoch im Kloster zu wohnen und die Amtsgeschäfte zu führen. Der Kommendatarabt war oft ein Weltgeistlicher oder Laie, der vom jeweiligen Landesherrn ernannt wurde. Die geistliche Leitung des Klosters lag meist hauptsächlich bei einem Mönch des Klosters, der oft Prior betitelt wurde. Schon seit der Merowingerzeit wurden im fränkischen Reich Laien mit Abteien belehnt. Der zuerst unter Karl Martell aufgetretene Brauch wurde zwar von der Kirche meist bekämpft, doch je nach politischer Macht der jeweiligen Landesherrn blieb der Kirche zeitweise nichts anderes übrig, als diese Praxis zu akzeptieren. So hatte auf Grund eines zwischen Papst Leo X. und König Franz I. von Frankreich zwischen 1515 und 1521 abgeschlossenen Kontrakts der König von Frankreich das Recht, 225 Abbés commendataires (für fast alle französischen Abteien) zu ernennen. Mit der Französischen Revolution in Frankreich bzw. nach der Säkularisation in Deutschland ist in der Praxis die Vergabe dieses Titels zu Beginn des 19. Jahrhunderts erloschen.

Im Prämonstratenserorden dagegen übt ein Abt eigene Jurisdiktion unter Leitung und Verantwortung des Generalabts aus. Er leitet seine Abtei frei und muss nur in wenigen (tls. vermögensrechtlichen) Fragen vor seiner Entscheidung den Rat der Mitbrüder einholen.

Die Abtsbenediktion wird entweder durch einen Bischof, der nicht der Ortsbischof sein muss, oder durch einen anderen Abt gespendet. Sie stellt keine Beauftragung durch den Ortsbischof dar, wohl aber den kirchlichen Segen für den Dienst des Abtes in seiner Gemeinschaft und mittelbar für das (in welcher Form und in welchem Umfang auch immer) ausgeübte Apostolat der Gemeinschaft in der jeweiligen Ortskirche und in der Weltkirche.

Fürstabt

siehe Reichsprälat

Reformation

Im Zuge der Reformation behielten die evangelischen Äbte der reformierten Klöster zunächst die Amtsbezeichnung Abt bei. Im Laufe der Zeit setzten sich dann andere Bezeichnungen durch, so hießen die württembergischen Klostervorsteher bald Prälaten. Doch gibt es auch heute noch evangelische Klöster, deren Obere den Namen Abt bzw. Äbtissin tragen.

Besondere Bezeichnungen

  • Generalabt: Generalabt heißt der für eine bestimmte Zeit gewählte oberste Leiter bei einigen Orden. Er hat seinen Sitz im sogenannten Generalatshaus in Rom und vertritt dort mit einem Stab von Mitarbeitern die Interessen des Gesamtordens beim Heiligen Stuhl. Bei den Augustiner-Chorherren dagegen wird der gewählte Leiter einer Kongregation als Generalabt bezeichnet.
  • Abtprimas: Abt-Primas heißt bei den Benediktinern der Abt des von Leo XIII. geeinten gesamten Benediktinerordens. Auch der Konföderation der Augustiner-Chorherren steht ein Abtprimas vor. Der Abtprimas vertritt seinen Orden beim Heiligen Stuhl, hat aber keine Leitungsbefugnis wie ein Generalabt.
  • Abtpräses: Abtpräses heißt der Vorsitzende einer monastischen Ordenskongregation, zum Beispiel der Bayerischen Benediktinerkongregation.
  • Erzabt: Erzabt heißt der Abt des Hauptklosters (Mutterkloster, von dem Neugründungen (Affiliationen) ausgingen) einer Kongregation des Benediktinerordens. Dieses Amt ist häufig verbunden mit der Funktion des Abtpräses. Der Generalabt des Zisterzienserordens der strengeren Observanz (Trappisten) trägt den Titel „Erzabt von Cîteaux“ ehrenhalber.
  • Abtordinarius: Abt einer Territorialabtei oder Gebietsabtei mit bistumsähnlicher Funktion. Der Abtordinarius hat die Jurisdiktionsgewalt eines Bischofs, nicht aber dessen Weihegewalt. Er ist Mitglied der örtlichen Bischofskonferenz. Seine Wahl muss vom Heiligen Stuhl bestätigt werden.
  • Titularabt: Ein Titularabt ist nur pro forma auf den Titel einer nicht mehr existenten Abtei benediziert, hat aber keine Leitungsgewalt.
  • Abbé: Die französische Bezeichnung Abbé ist neben der Amtsbezeichnung auch ein Titel für niedere katholische Weltgeistliche in Frankreich.

Auf Grund eines zwischen Papst Leo X. und König Franz I. von Frankreich abgeschlossenen Kontrakts (zwischen 1515 und 1521) stand den Königen von Frankreich das Recht zu, 225 Abbés commendataires (s. Kommendatarabt) für fast alle französischen Abteien zu ernennen. Diese bezogen Einkünfte aus einem Kloster, ohne dafür Dienst leisten zu müssen.

Seit Mitte des 16. Jahrhunderts führten den Titel Abbé generell junge Kleriker mit oder ohne geistliche Weihen. Ihre Kleidung bestand in einem schwarzen oder dunkelvioletten Gewand mit kleinem Kragen, und ihr Haar war in eine runde Haarlocke geordnet.

Da von diesen Abbés nur wenige zum Besitz einer Abtei gelangen konnten, betätigten sich einige zum Beispiel als Hauslehrer oder Gewissensräte in angesehenen Familien, andere widmeten sich der Schriftstellerei.

Abt-Stellvertreter

Der Stellvertreter eines Abtes wird auch Prior genannt, ebenso der Vorsteher eines Tochterklosters (Priorat). Der Prior wird wie die anderen Offizialen vom Abt ernannt und nicht durch den Konvent gewählt.

Siehe auch

Literatur

  • Martina Wiech: Das Amt des Abtes im Konflikt: Studien zu den Auseinandersetzungen um Äbte früh- und hochmittelalterlicher Klöster unter besonderer Berücksichtigung des Bodenseegebiets. Schmitt, Siegburg 1999, 512 S. (= Bonner historische Forschungen; Bd. 59) (Diss. Bonn, 1999) ISBN 3-87710-206-9

Weblinks


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