- Bleikammern
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Der Dogenpalast (ital.: Palazzo Ducale) in Venedig war seit dem 9. Jahrhundert Sitz des Dogen und der Regierungs- und Justizorgane der Republik Venedig.
Der Palast war Regierungs- und Verwaltungszentrum der Republik und zugleich eindrucksvolles Symbol der Größe und Macht der Seerepublik Venedigs. Alle wichtigen Regierungssorgane und Gerichte hatten hier ihren Sitz. In den Anfängen der Republik kam an diesem Ort die Volksversammlung, der arrengo, zur Wahl des Dogen durch Akklamation zusammen, nach der Entmachtung des arrengo war der Dogenpalast Versammlungsort des Großen Rates, aus dem sich die Mitglieder aller Regierungsorgane rekrutierten.
Der Palast ist einer der bedeutendsten Profanbauten der Gotik überhaupt. Er ist ein Glanzwerk venezianischer Baukunst als auch Verkörperung venezianischer Selbstdarstellung und Propaganda, wie es sich vor allem in der Ausstattung der Innenräume mit Stuck, vergoldeten Schnitzereien, Historiengemälden und Allegorien der großen Maler Venedigs zeigt, die hier den vergangenen Glanz und Ruhm der Lagunenstadt der Nachwelt überliefert haben.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Dogenkastell
Das erste Kastell entstand um 814 nach der Verlegung des Dogensitzes von Malamocco zum Rivo Alto, die Stelle, an der sich heute der Dogenpalast befindet. Dieses castello ducale bestand aus Holz und war an allen Seiten von Wasser umgeben. Bei dem Volksaufstand von 976 fielen die Burg und der Vorgängerbau der Markuskirche einem Brand zum Opfer. Das neue Dogenkastell wurde bis zur heutigen Piazzetta erweitert, mit Türmen versehen und brannte während des Aufstandes gegen Pietro IV. Candiano wieder ab. Nach zwei weitere Bränden begann unter dem Dogen Pietro Ziani eine grundlegende Umgestaltung des Palastbezirks und die Errichtung eines Neubaus.
Der Palast Sebastiano Zianos
Ein erster Dogenpalast, der diesen Namen auch verdient, wurde unter der Regierung und auf Kosten des Dogen Sebastiano Ziani errichtet. [1] Der Bau hatte drei Flügel, die einen Innenhof umfassten. Der Ostflügel mit direktem Anschluss an die damalige Palastkapelle, beherbergte die Räume des Dogen, der Justizpalast grenzte an die heutige Piazzetta, der Südflügel zum Bacino San Marco enthielt u.a. den Versammlungsaal, in dem der Große Rat tagte. Mit der serrata von 1297, in der die Zugangsberechtigung zum Große Rat für die nächsten Jahrhunderte geregelt wurde, stieg die Zahl der Mitglieder innerhalb weniger Jahrzehnte von 400 auf 1200. Durch diesen Zuwachs wurde eine Erweiterung des Sitzungssaals in Erwägung gezogen, da die Sitzungen aus Platzgründen mittlerweile im Arsenal stattfinden mussten.
Der Gotische Palast
Ab 1340 begann unter der Regierung der Dogen Bartolomeo Gradenigo die vollständige Umgestaltung des Palastes, um schließlich die heutige Gestalt anzunehmen.
Begonnen wurde mit dem Südflügel am Bacino. Der Entwurf für den Neubau, dessen Architekt nicht sicher auszumachen ist, war gegen 1343 fertiggestellt, als Andrea Dandolo den Dogenthron bestieg. Nach einem Beschluss von 1344 sollte der Saal in den ersten Stock des Südflügels verlegt werden. Wegen Ausbruchs der Pest zog sich der Umbau bis 1365 hin, als er schließlich mit Guariento di Arpos Marienkrönung an der Stirnseite der Saal vollendet war. Ab jetzt tagte der große Rat wieder im Dogenpalast.
1404 war die Seite zum Bacino vollendet. Weitere An- und Umbauten erfolgten unter der langen Regierungszeit Francesco Foscaris. Der Doge ließ den an der Piazzetta gelegenen Marstall abreißen und ab 1424 die Fassade zur Piazzetta nach dem Muster des Südflügels neu errichten. Der Anbau wurde genau nach dem vollendeten Teil, von dem bereits vier Arkaden fertiggestellt waren, fortgeführt, so dass er heute wie aus einer einzigen Bauphase entstanden aussieht. Mit dem 1438 begonnen Bau der Porta della Carta wurde ein repräsentativer Zugang zum Palasthof geschaffen, und gleichzeitig durch die die architektonische Anbindung an den Markusdom die enge ideelle und funktionelle Bindung zwischen Palast und Kirche als Palastkapelle des Dogen visualisiert.
Bei einem dritten Bauabschnitt kam der neuer Ostflügel mit der Fassade zum Rio di Palazzo hinzu, der 1483 einem Brand zum Opfer gefallen war.
Der große Brand und der Wiederaufbau des Palastes
Der Dogenpalast wurde im 15. und 16. Jahrhundert dreimal von verheerenden Bränden heimgesucht. Der konservative Grundzug der Republik zeigt sich darin, dass der Palast nach den alten Plänen wiederaufgebaut und der „moderne“ Bauplan eines Palladio verworfen wurde. Die Fassade blieb erhalten oder wurde restauriert. Das Innere aber wurde entsprechend dem veränderten Zeitgeschmack neu gestaltet.
Nach dem Ende der Republik
Nach dem Ende der Republik, der französischen und der österreichischen Herrschaft und schließlich der Übernahme durch den neu gegründeten italienischen Staat war der Palast Sitz verschiedener Institutionen und Ämter. Von 1811 bis 1904 wurde die Biblioteca Marciana dort untergebracht. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts drohte der Palast baufällig zu werden. Daraufhin veranlasste der italienische Staat eine vollständige Restaurierung. Bei dieser Gelegenheit wurden 13 originale Säulen mit ihren Kapitellen vom Portikus des 13. Jahrhunderts durch Kopien ersetzt und innerhalb des Palastes aufbewahrt. Sie bildeten den Grundstock für das Museo dell' Opera di Palazzo, das heute ebenfalls im Dogenpalast untergebracht ist.
Die im Palast befindlichen Ämter wurden, mit Ausnahme der Soprarintendenza per i Beni Ambientali e Architettonici di Venezia e Laguna, die dort noch heute ansässig ist, ausquartiert und an anderen Orten untergebracht. 1923 übergab der italienische Staat der Stadt Venedig die Verwaltung des Komplexes. Der Palast wurde jetzt der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht.
Seit 1996 gehört der Dogenpalast zu den Musei Civici Veneziani .
Die Architektur des Dogenpalastes
Der Dogenpalast zeigt sich heute von außen als ein Konglomerat von Bauteilen, die seit Mitte des 14. Jahrhunderts bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts realisiert worden sind. Zwischen 1340 und 1400 entstand der Südflügel zum Molo, 1404 war das aufwendige Steno-Fenster vollendet. Zwischen 1424 und 1457 wurde unter Francesco Foscari der Flügel zu Piazzetta errichtet, zwischen 1438 und 1442, ebenfalls unter Foscari, die Porta della Carta. Der Ostflügel zum Rio del Palazzo musste nach dem Brand von 1483 nach den Plänen Rizzos wieder neu aufgebaut werden, war aber erst im frühen 17. Jahrhundert unter dem Dogen Leonardo Donà endgültig fertigstellt. Zwischen 1563 und 1614 erfolgte jenseits des Rio del Palazzo der Bau der neuen Gefängnisse (Prigione Nuove), die ab 1603 durch den Ponte dei sospiri mit dem Nordflügel und den dort ansässigen Gerichten verbunden waren.
Im Norden grenzt der Komplex mit einer Ausdehnung von 71 m, bzw. 75,5 m x 100 m unmittelbar an den Markusdom. Im Osten verbindet die Seufzerbrücke den Palast mit dem Gefängnis, im Westen verbindet die Porta della Carta, die zum Innenhof führt, den Palast mit dem Markusdom. Alle Bauteile ruhen auf Fundamenten von Baumstämmen und istrischem Stein, sind aus Ziegeln gebaut und mit Ausnahme eines kleinen Teils am Rio del Palazzo vollständig mit Marmor und farbigen Marmorinkrustationen verkleidet oder aus behauenem istrischen Stein und Marmor gebildet. Süd- und Westfront erscheinen als dreigeschossige Bauten, während der Ostflügel sich in vier Geschossen zeigt.
Die Architektur des Dogenpalastes ist einmalig in der abendländischen Architekturgeschichte und auch bei jenen Nachfolgebauten sofort zu erkennen, die ihn kopieren. In die dominierenden Formen der Gotik mischen sich orientalisierende Elemente, wie die Zinnenkrone, die von den Zinnen nordafrikanischer Mamluken-Moscheen inspiriert ist. Der ungewöhnliche rosa-weiße Rautendekor des Obergeschosses ist ein aus der Osttürkei oder dem Iran entlehntes Seldschuken-Motiv [2], ebenso dürften die Kielbögen der Loggien ihre Vorbilder in der islamischen Kunst haben. Die Vorliebe für farbigen Bauschmuck und vielfarbiges Baumaterial, die ein grundsätzliches Kennzeichen venezianischer Architektur ist und prägend für den "märchenhaften" Zauber des Dogenpalastes, dem Generationen von Venedigreisenden erlegen sind, hat ihre Wurzeln in den alten Bindungen der Lagunenstadt an die byzantinische Kunst. Die Bauweise der venezianischen Gotik unterscheidet sich dabeiwesentlich von der des nördlichen Europas. Dem Höhen-Streben der nordeuropäischen Gotik setzte in Venedig allein schon der labile Baugrund Grenzen, zudem fehlt grundsätzlich fast allen gotischen Kirchen und Profanbauten Italiens der Höhenzug einer französischen Gotik.
Die auch heute noch beeindruckende großzügige städtebauliche Ordnung von Markusdom, Dogenpalast, Piazza San Marco, Piazzetta, Logetta und Bibliothek ist das Ergebnis zielstrebiger und weitsichtiger Stadtplanung der venezianischen Behörden, die ihrer Republik funktionierende und für alle Sparten des öffentlichen Lebens passenden Räume zu schaffen wussten.
Die Kapitelle des Filippo Calendario
Der führende Baumeister und auch Bildhauer Venedigs im 14. Jahrhundert war Filippo Calendario, eine künstlerisch herausragende Persönlichkeit, die erst in der neueren Forschung gewürdigt wird. Er wurde als Mitverschwörer des Dogen Marino Faliero 1355 hingerichtet,
Eines der großen Eckkapitelle des oberen Geschosses zeigt den Sündenfall von Adam und Eva und den Baum der Erkenntnis mit der Schlange. Die feingeschnittenen Gesichtszüge dieser Figuren tauchen in zahlreicher Wiederholung an den kleineren Kapitellen immer wieder auf. Die neuere Stilkritik und die jüngsten Ergebnisse von Forschungen über die Konstruktion des Palastes bestätigen die alten Chroniken, dass der Skulpturenschmuck im wesentlichen zwischen 1340, dem Baubeginn, und 1355, der Hinrichtung des damaligen Bildhauers und proto des Dogenpalastes, Filippo Calendario, entstanden ist. [3] Ein weiteres bedeutendes Kapitell an der Ecke des Dogenpalastes (zur Ponte della Paglia hin) zeigt Die Trunkenheit des Noah. Noah, dargestellt als alter Mann, scheint zu torkeln, aus einer Schale verschüttet er Wein. Sein Sohn Sem bedeckt mit einem Tuch seine Blöße und hebt schützend eine Hand. Noahs anderer Sohn Ham scheint mitleidlos und macht auf die peinliche Situation noch aufmerksam.
Kapitelle der unteren Säulenreihe: Es handelt sich bei den hier gezeigten Themen um Darstellungen, wie sie an den Außenzonen von Kathedralen und Herrschaftsgebäuden damals allgemein üblich waren, also beispielsweise Monatsdarstellungen mit den entsprechenden Arbeiten, Sternkreiszeichen, die sieben freien Künste, Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und aus der Stadtgeschichte usw.
Rote Säulen für die Todesurteile
An der Platzseite des Palastes sieht man im ersten Geschoss zwei benachbarte Säulen, die etwas rötlicher gefärbt sind als die anderen. Zwischen ihnen wurden die Todesurteile verkündet. Dementsprechend befindet sich nicht weit davon entfernt als Kreisform über einer Säule eine symbolische Darstellung der Rechtsprechung: die Justitia mit dem Schwert und der Schriftrolle zwischen zwei Löwen, ebenfalls ein Werk Filippo Calendarios.
Die Porta della Carta
Die Porta della Carta, das „Papiertor“, ist der Durchgang zum cortile, dem Innenhof des Dogenpalastes. Mit dem Portal wurde die Baulücke zwischen Markusdom und Palast geschlossen. Für die Herkunft des Namens gibt es keine gesicherte Quelle, aber verschiedenen Erklärungsversuche. So sollen Verlautbarungen der Regierung auf offiziellen carte an dieser Stelle angeschlagen worden sein, nach einer anderen These konnten die Bürger Bittschriften an die Stadtregierung hier einreichen.
Der Bauplan von 1438 stammt von dem venezianischen Bildhauer und Baumeister Bartolomeo Buon und wurde unter seiner Leitung von der Buon-Werkstatt ausgeführt. Es ist typisch für den konservativen Zug der Serenissima, dass das Portal fast vollständig in den Formen der späten Gotik ausgeführt wurde, wenn es auch in ein einzelnen Bereichen schon Züge der Kunst der Renaissance aufnimmt. Das große kassettierte Eingangstor selbst mit seiner antikisierenden Rahmung ist orientiert an der modernen Florentiner Baukunst, während die Gesamtanlage des Tors mit den beiden von Fialen gekrönten Strebepfeilern, die das Portal, das breite mit Maßwerk geschmückte Spitzbogenfenster und das geschwungene, spitz auslaufende Tympanon flankieren, in den Formen der Spätgotik gestaltet sind.
Mit dem reichen Skulpturenschmuck des Portals werden Selbstverständnis und politischer Anspruch der Republik bildlich dargestellt. In den vier Nischen der Strebepfeiler stehen unter zierlichen mit Flachreliefs und floralen Ornamenten geschmückten Baldachinen die Kardinaltugenden Tapferkeit (fortitudo), Mäßigkeit (temperantia), Klugheit (prudentia) und Liebe (caritas), Herrschertugenden, die die Republik für sich in Anspruch nimmt. Die Skulpturen stammen von Antonio Bregno, einem aus einer oberitalienischen Steinmetzfamilie stammenden Bildhauer, der an vielen bedeutenden Bauten Venedigs tätig war.
Der breite Sockel des folgenden dreiteiligen Maßwerkfensters bildet die Bühne für das Bild des Dogen Francesco Foscari, der in vollem Ornat vor dem geflügelten Markuslöwen kniet. Bildlich wird hier jedem Besucher des Palastes und dem Dogen selbst, der die Porta della Carta zum Anlass seiner vielen andate, den feierlichen Dogenprozessionen, jeweils zweimal durchschreiten musste, vor Augen geführt, dass der Doge nur der Diener der Republik, verkörpert durch den Markuslöwen, und nicht ihr Herrscher ist. Antikisierende Putten zu beiden Seiten des Maßwerkfesters präsentieren das Wappen Foscaris. Der Heilige Markus erscheint dann in Person als Büste in dem Tondo über der Spitze des Maßwerkfensters, um an dieser exponierten Stelle zu demonstrieren, unter wessen Schutz die Republik steht. Bekrönt wird das Tor von Justitia mit Schwert und Waage, deren Thron dem Löwenthron Salomons, der Verkörperung des weisen und gerechten Richters, nachempfunden ist. Mit der Personifikation der Gerechtigkeit an dieser Stelle wird auf die gerechte und weise Regierung der Serenissima hingewiesen.
Die repräsentative Wirkung der Toranlage wurde einst durch eine farbige Fassung und reiche Vergoldung unterstrichen, von der heute nur noch schwache Spuren erhalten sind.
Der Arco Foscari
Zum Innenhof hin schließt an die Porta della Carta der Arco Foscari oder auch Androne Foscari an. Architekturgeschichtlich zeigt sich an der Anlage der Wandel von der Gotik zur Renaissance. Als Architekten werden in der Forschung die Buon, Antonio Bregno und Antonio Rizzo angenommen. [4] Der korridorartige mit Kreuzgratgewölbe überdeckte sechsjochige Gang führt direkt auf die repräsentative Scala dei Giganti, politisch bedeutender Ort für den Staatsakt der Inthronisation eines neu gewählten Dogen. Die der Scala gegenüberliegende Fassade zeigt in der Formensprache der Renaissance eine Triumpfbogenarchitektur. Die dreiteilige Fassade ist gegliedert in zwei Geschosse und mit einem oktogonalen Steindach abgeschlossen. Auf der Dachspitze steht die Figur des Apostels Markus, der mit einer Segensgeste auf die gegenüberliegende Treppe deutet, wo der Doge gekrönt wird. Bis zu ihrer Zerstörung durch französische Soldaten stand über dem Portal im zweiten Geschoß eine Skulptur des Dogen Cristoforo Moro auf den Knien vor dem Markuslöwen. Unter seiner Regierung war der Arco vollendet worden. Der Bogen des Untergeschosses wird flankiert von zwei Skulpturen Rizzos, Adam und Eva, deren Originale sich heute im Dogenpalast befinden. Die Seite zum Hof ist im 17. Jahrhundert mit Marmor verkleidet und mit einer Uhr ausgestattet worden.
Der Innenhof
Der Innenhof war der Bevölkerung Venedigs frei zugänglich. Er wurde für Amtshandlungen, Versammlungen, Feste und Turniere genutzt, einmal im Jahr gab es eine Stierhatz. Seit 1485 fand hier das Zeremoniell der Dogenkrönung statt.
Der Hof ist seit 1773 mit Platten aus Trachyt und aus istrischem Stein gepflastert, mit denen der ursprüngliche Ziegelboden ersetzt wurde. Unterhalb des Pflasters liegen die beiden großen Zisternen, die der Wasserversorgung von Palast und Bevölkerung dienten. Die beiden Brunnenbecken wurden 1554 und 1559 von den Bronzegießern Alfonso Albergheti und Niccolò dei Conti geschaffen und tragen die Wappen der Auftraggeber Francesco Venier und Lorenzo Priuli.
Mehrere Treppenanlagen führen zu den verschiedenen Flügeln mit den Räumen des Dogen und der Ämter und Gerichte, die dort ihren Sitz haben.
Nach Süden verlässt man den Innenhof durch die Porta del Frumento, die Weizenpforte.
Platz der Senatoren
Links des Haupthofs neben der Scala dei Giganti liegt der kleine Platz der Senatoren (cortile oder cortiletto dei Senatori), auf dem diese sich vor den Sitzungen trafen. Von hieraus führten bequeme Treppen direkt zu ihren Amtsräumen.
1505 erhielt Spavento den Auftrag zum Bau einer Kapelle für den Dogen. Die kleine Kirche San Nicolò erhebt sich in der Ecke des Hofs. Spavento passte die Fassade der Kirche der bereits fertiggestellten Palastfassade an. Der mit Girlanden und Tondi geschmückte Fries wird nahtlos im Fries des Palastes fortgesetzt. Eine feingliedrige Balustrade schließt die Fassade ab und ist gleichzeitig Geländer eines kleinen Dachgartens, der von der Dogenwohnung aus zugänglich war.
San Nicolò kann zur Zeit nicht besichtigt werden.
Die Scala dei Giganti
Über die "Scala dei Giganti", die letzte von ehemals vier Treppen, die aus dem Innenhof in das Obergeschoss führten, gelangt man in die ehemaligen Räume des Dogen. Sie wurde ab 1484 von dem Baumeister Antonio Rizzo errichtet. Die Treppe hat ihren Namen von zwei kolossalen Skulpturen des Jacopo Sansovino, die die römischen Götter Merkur und Neptun darstellen, die er 1567, drei Jahre vor seinem Tod, geschaffen hat. Merkur, der Gott des Handels und Neptun, der Gott des Meeres, weisen unmißverständlich auf die Quellen von Venedigs Macht und Reichtum hin. Über dem Eingangsbogen steht der Markuslöwe auf zwei vorkragenden Konsolen, er wird flankiert von den Wappen Agostino Barbarigos, unter dessen Regierung die Treppe erbaut worden ist.
Die Innenräume
Die Bilder der zahlreichen Innenräume vermitteln eine Gemeinsamkeit der einzelnen Säle des Palastes neben ihrer ähnlichen Form, nämlich ein großes Bemühen um künstlerische Ausgestaltung. Der obere Teil der Wände und vor allem die Decken sind mit einem ungeheueren Prunk versehen. Man hat sehr viel Wert gelegt auf die ornamentale Gestaltung der Rahmen unter der Decke, in die man häufig Bilder der führenden Künstler Venedigs hineinsetzte, die sich in erster Linie thematisch mit der Glorifizierung der Stadt beschäftigten.
Der Saal des Großen Rates ist mit 54 Metern Länge der größte Saal des Dogenpalastes, dessen Fenster sowohl zum Innenhof als auch auf die Lagune hinausgehen. Hier versammelten sich die etwa 1.000 Adligen, die das Recht hatten, den Dogen zu wählen. Die hintere Wand wird in voller Breite von Jacopo Tintorettos Bild „Das Paradies“ von 1588–94 eingenommen, das als eines der flächenmäßig größten Ölgemälde der Kunstgeschichte gilt. Es wurde gemalt, nachdem 1577 ein Brand die vorherigen Bilder von Bellini, Carpaccio und Tizian zerstört hatte.
Der Große Rat stellte nicht die ursprüngliche Gewalt Venedigs dar. Das war anfangs die „Generalversammlung“ aller freien Männer. Aber der Adel gewann immer mehr an Macht. Er sorgte dafür, dass seit dem 13. Jahrhundert die Generalversammlung nicht mehr einberufen wurde und setzte stattdessen den „Großen Rat“ als zentrales Machtorgan ein. Der verabschiedete alle Gesetze und wählte aus seiner Mitte andere Verfassungsorgane. Er bestimmte u. a. die Zusammensetzung des sog. Rates der 40 und des Senates, der die Gesetze vorschlug, die Gerichtsbarkeit innehatte und Handel und Finanzen kontrollierte. Er bildete den „Rat des Dogen“, in dem jeweils ein Adeliger aus den sechs Stadtbezirken (Sestieri) saß und der zusammen mit den drei Vorsitzenden des „Rates der 40“ und dem Dogen die eigentliche Regierung des Republik, die „Signoria bildete. Diese Gremien hatten alle im Dogenpalast ihre speziellen Versammlungssäle, durch die man als Tourist hintereinander hindurch schreiten kann.
Das Regierungssystem Venedigs ist in seinen ganzen Feinheiten nur schwer zu beschreiben. Die literarischen Angaben zu den jeweiligen Machtverhältnissen zwischen den einzelnen Institutionen der Republik sind deshalb nicht nur verwirrend, sondern auch widersprüchlich. Die Frage, welche Institution zu welcher Zeit welche Macht hatte, lässt sich oft nicht eindeutig beantworten oder kann nur von Fall zu Fall entschieden werden.
Die Gefängnisse
Ein prominenter Bauteil des Dogenpalastes von literarischer Bedeutung ist das Gefängnis, das auf zwei Gebäude verteilt ist – beide Teile sind durch die Seufzerbrücke verbunden. Im Dogenpalast selber befanden sich einige ausgesprochen feuchte Gefängniszellen im Erdgeschoss, die berüchtigten 19 „Pozzi“ , und weiter oben die 6 oder 7 „Piombi“, also Bleikammern, direkt unter dem bleigedeckten Dach – daher der Name.
Die Pozzi
Die Bleikammern
Unter dem dem mit Blei gedeckten Dach, oberhalb der Sala dei Inquisitori, lagen die berüchtigten Piombi. Sie waren nur für die Gefangenen des Rates der Zehn und der Staatsinquisitoren bestimmt. Die insgesamt nur sechs oder sieben Zellen sind durch bekanntesten Insassen Giacomo Casanova, der die Lebensbedingungen in seiner engen und niedrigen Zelle anschaulich beschrieben hat, weltberühmt geworden. Belüftet nur durch ein kleines Gitterfenster in der Tür, wurde die Hitze unter dem Bleidach schnell unerträglich. Für Möblierung und Verpflegung hatten die Häftlinge jeweils selbst aufzukommen.
Die neuen Gefängnisse
Wegen der immer zu knappen Zahl von Haftzellen im Dogenpalast selbst wurde ab 1563 ein neues Staatsgefängnis, die prigioni nuovi geplant. Entworfen und ausgeführt von Antonio da Ponte und Antonio Contin, mit dem Palast durch den 1603 fertiggestellten Ponte dei sospiri verbunden, war der Bau 1610 fertiggestellt und voll funktionsfähig. In den Räumen zu Rio waren die Amtsräume der Signori di notte al criminal untergebracht. Die "Herren der Nacht" waren eine Sicherheitspolizei, die für die öffentliche Sicherheit der Stadt zuständig war, die ersten Verhöre bei Verhaftungen durchführte, die Folter überwachte oder vornahm. Die Gefängniszellen selbst waren in einem Innenhof in drei Stockwerken angeordnet, um die ein Gang für die Wachen lief. Die Haftbedingungen waren im Vergleich zu den alten Gefängnissen und zu den üblichen Gefängnissräumen der Zeit ein deutlicher Fortschritt. Die einzelnen Zellen waren höher und größer als in den pozzi und piomib, sie waren trocken und wegen größerer Luken zum Gang auch besser mit Tageslicht beleuchtet.
Die um 1600 erbaute Seufzerbrücke, wie die Brücke seit dem 19. Jahrhundert genannt wurde, verdankt ihren Namen angeblich den letzten Seufzern, die die Delinquenten für lange Zeit, wenn nicht für immer, dem Tageslicht hinterher weinten. Sie ist über ihre gesamte Länge durch eine Mauer in zwei separate Gänge geteilt.
Einzelnachweise
- ↑ Howard, Deborah: Die gotische Architektur in Venedig. In: Venedig. Kunst u. Architektur. Köln 1997. S. 122.
- ↑ Howard 1997. S. 128
- ↑ Venedig. Kunst und Architektur. Hrsg. von Giandomenico Romanelli, Bd 1. Köln 1997. S. 158.
- ↑ Deborah Pincus: The Arco Foscari: The Building of a Triumphal Gateway in 15th c. Venice. New York u. London 1976.
Literatur
- Erich Hubala: Reclams Kunstführer Italien, Bd. II,1, Venedig, Brenta- Villen, Chioggia, Murano, Torcello, Baudenkmäler und Museen, hrsg. v. Manfred Wundram, zweite Auflage, Stuttgart 1974.
- Erich Egg, Erich Hubala, Peter Tigler: Reclam Kunstführer. Südtirol, Trentino, Venezia Giulia, Friaul, Veneto. Kunstdenkmäler und Museen, Bd. II/2, (Gebundene Ausgabe, 1981). ISBN 3-15-010007-0
- Giulio Lorenzetti: Venezia e il suo estuario, guida storico- artistica, Padova Erredici, 2002, S. 239
- Wolfgang Wolters: Der Bilderschmuck des Dogenpalastes, Wiesbaden 1963.
- Thorsten Droste: Venedig. DuMont Kunst-Reiseführer, Ostfildern, April 2005, ISBN 3-7701-6068-1 [1]Googlebook Volltext
- Helmut Dumler: Venedig und die Dogen. Artemis & Winkler, April 2001, ISBN 3-538-07116-0
- Huse, Norbert / Wolfgang Wolters: Venedig. Die Kunst der Renaissance. Architektur, Skulptur, Malerei 1460–1590 (Gebundene Ausgabe), C.H.Beck; 2. Aufl. (November 1996), ISBN 3-406-41163-0
- Andrea Lermer: Der gotische Dogenpalast in Venedig. Baugeschichte und Skulpturenprogramm des >Palatium Comunis Veneciarum, (=Kunstwissenschaftliche Studien, Band 121) München 2005, ISBN 3-422-06500-8
- Giandomenico Romanelli / Mark E. Smith: Venedig, Hirmer, 1997, ISBN 3-7774-7390-1
- Giandomenico Romanelli (Hrsg.): Venedig. Kunst und Architektur, Ullmann/Tandem, 2 Bde., November 2005, ISBN 3-8331-1065-1
- Alvise Zorzi: Venedig. Die Geschichte der Löwenrepublik Claassen, 1992, ISBN 3-546-00024-2
Weblinks
45.43369571783112.339856624603Koordinaten: 45° 26′ 1″ N, 12° 20′ 23″ O
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