Brian Aldiss

Brian Aldiss

Brian Wilson Aldiss (* 18. August 1925 in East Dereham, England) ist ein britischer Science-Fiction-Autor.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Brian Aldiss bei dem 63. Welt-Science-Fiction-Kongress (Worldcon) in Glasgow im August 2005

Geboren wurde Aldiss in East Dereham in der Grafschaft Norfolk. Nach Ende der Schulausbildung 1943 leistete er in Burma und Sumatra seinen Militärdienst ab und blieb nach Kriegsende noch einige Zeit in Südostasien.

1948 nahm er in Oxford eine Stelle als Buchhändler an. Diese Anstellung behielt er bis 1955. In diesem Jahr belegte er bei einem Kurzgeschichtenwettbewerb des englischen The Observer mit Not for an Age den ersten Platz. Dieser Erfolg veranlasste ihn, freier Schriftsteller zu werden.

Bereits vor dem Wettbewerb hatte er einige Geschichten veröffentlichen können, darunter im Fachblatt The Bookseller und 1954 seine erste Science-Fiction-Story Criminal Record im Magazin Science Fantasy.

Sein schriftstellerischer Durchbruch erfolgte 1958 mit dem SF-Roman Non-Stop (auch Starship, deutsch Fahrt ohne Ende), der die Reise in einem Generationenraumschiff beschreibt. Er setzt sich sehr genau mit Sprache auseinander und schildert eine Endzeitvision. Diese Themenschwerpunkte finden sich bis 1966 immer wieder in seinen Werken.

Erfolg in den USA hatte er 1958 mit der Geschichte Judas Dancing. Im Jahr darauf erhielt er den Hugo Award als bester Nachwuchsschreiber. Ein weiteres Mal erhielt er 1962 den Hugo für die Hothouse-Stories in der Kategorie Erzählung.

Anschließend begann er eine Reihe von düsteren Zukunftsvisionen: Greybeard (deutsch: Aufstand der Alten) (1964), The Dark Lightyears (1964) und Earthworks (1965) übertrafen auch in puncto Qualität ihre Vorgänger und mehrten den guten Ruf von Aldiss.

1964 wurde Michael Moorcock Herausgeber des Magazins New Worlds und leitete einen Richtungswechsel dieser Zeitschrift zur SF-Literatur New Wave ein. Aldiss war davon begeistert und engagierte sich gemeinsam mit James Graham Ballard sehr stark für diese Zeitschrift, die bald sf als spekulative Fiktion verstand.

Aldiss, der sich ja bereits in seinem ersten Werk mit Sprache genau auseinandersetzte, konnte nun seinen sprachlichen und stilistischen Experimenten freien Lauf lassen. So ließ er in seinem Roman Cryptozoic - als An Age 1967 in New Worlds abgedruckt - die Zeit rückwärts laufen und in Report on Probability A (1968) verfremdete er die Wahrnehmung und stellte die Erkenntnismethode der Beobachtung in Frage.

Sein vorläufiges Hauptwerk aber wurde Barefoot in the Head (1969 - 1967/68 in New Worlds), das wegen seiner Komplexität, die manche an James Joyce erinnert, schwer zu lesen ist und die Beschränkungen der klassischen Science Fiction durchbricht. Das Buch ist in einem rasenden, „psychedelisch“ wirkenden Stakkatostil geschrieben, der auch William S. Burroughs’ Text Naked Lunch als Vorbild erkennen lässt. Ausgangssituation der Story ist bemerkenswerterweise ein Konflikt zwischen den westeuropäischen Staaten und Jugoslawien, in dem die arabischen Nationen des Nahen Ostens gegen die westlichen Staaten Partei ergreifen. Das Buch beginnt kurz nach Ende des Krieges in Frankreich, dessen Bewohner von Bomben mit bewusstseinsverändernden Stoffen in einen Zustand des allgemeinen Wahnsinns versetzt worden sind.

Mit diesem Werk waren die Durchschnittsleser überfordert und reagierten zurückhaltend. Aldiss seinerseits war von der Reaktion der Leser enttäuscht und zog sich für einige Jahre von der Science-Fiction-Literatur zurück. Anfang der 1970er-Jahre entdeckte er dann den Mainstream und schrieb The Horatio Stubbs Saga, eine Trilogie über die Thematik Jugendprobleme, von der aber nur der erste Band die Bestsellerlisten erreichte. Zurück zur SF fand er 1973 mit dem literaturgeschichtlichen Werk The Billion Year Spree, in dem er die Entwicklung der Science Fiction von den ersten Vorläufern (Mary Shelleys Roman Frankenstein) bis in die 1970er Jahre schildert.

Im selben Jahr veröffentlichte er Frankenstein Unbound (1973), das für sein schlechtestes Werk gehalten wird, mit einem Plot, der sich so sehr an Mary Shelleys Frankenstein orientiert, dass es fast schon ein Plagiat ist. Sein Buch Moreau's Other Island (1979) hielt sich nicht so sklavisch an H. G. Wells Moreau’s Island.

1976 unternimmt er mit The Malacia Tapestry einen Ausflug in das Fantasy-Genre. In einer träumerisch bis zynischen Stimmung erzählt er sehr detailreich und lebendig die Geschichte des jungen Schauspielers Perian in Malacia, einer norditalienisch anmutenden Renaissance-Stadt in einem Paralleluniversum, zu deren Alltag ganz selbstverständlich bunte Märkte und Vogelmenschen, die Belagerung durch die Osmanen und der Kampf der Obrigkeit gegen die aufkommende Technik gehören.

Mehrere SF-Romane und Kurzgeschichten wurden in den 1970ern veröffentlicht und 1981 begann Aldiss seine Helliconia-Serie mit dem Roman Helliconia Spring, dem Helliconia Summer (1983) und Helliconia Winter (1985) folgten. Dieses 1700-Seiten-Epos beschreibt eine Welt in einem Doppelsternsystem mit jahrhundertelangen Jahreszeiten. Hauptthema ist der Aufstieg und Fall von Zivilisationen im Verlauf dieser Klimazeiten; es gibt Hinweise auf ein zyklisches Wiederkehren der immer gleichartigen Kulturkreise. Dieses Werk wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem da es einen neuen Maßstab in der Erfindung einer phantastischen Welt darstellt.

Der Reiz von Aldiss unkonventionellen SF-Stories zeigte seine Aktualität auch darin, dass Stanley Kubrick aus Aldiss´ Kurzgeschichte Supertoys Last All Summer Long einen seiner letzten Filme entwickelte, der auf Kubricks Wunsch nach dessen Tod von Steven Spielberg unter dem Titel A. I. – Künstliche Intelligenz verwirklicht wurde.

Zitat

„Science fiction is no more written for scientists than ghost stories are written for ghosts.“

(„Science-Fiction ist genauso wenig für Wissenschaftler geschrieben, wie Gespenstergeschichten für Gespenster.“)

Bibliographie (Auswahl)

Romane

  • Non-Stop (auch Starship), 1958 (dt. Fahrt ohne Ende, 1970, und Die unendliche Reise, 1984)
  • Equator (auch Vanguard from Alpha), 1958/59
  • Bow Down to Nul (auch The Interpreter), 1960, (dt. Unter dem Terror fremder Sterne, 1962, und Unterdrücker der Erde, 1977)
  • Galaxies Like Grains of Sand (Episodenroman), 1960, (dt. Das Ende aller Tage, 1967)
  • Hothouse (The Long Afternoon of Earth), 1962 (dt. Am Vorabend der Ewigkeit, 1964, und Der lange Nachmittag der Erde, 1962)
  • Greybeard, 1964 (dt. Aufstand der Alten, 1967, und Graubart, 1989)
  • The Dark Lightyears, 1964 (dt. Die dunklen Lichtjahre, 1983)
  • Earthworks, 1965 (dt. Tod im Staub, 1970)
  • Cryptozoic (auch An Age), 1967 (dt. Kryptozoikum, 1976)
  • Report on Probability A, 1968 (dt. Report über Probabilität A, 1976)
  • Barefoot in the Head, 1969 (dt, Barfuß im Kopf, 1988)
  • The Hand-Reared Boy, 1970 (dt. Groß durch eigene Hand, 1971)
  • The Eighty Minute Hour, 1974 (dt. Die Achtzig-Minuten-Stunde, 1980)
  • The Malacia Tapestry, 1976 (Fantasy) (dt. Der Malacia-Gobelin, 1978)
  • Brothers in the Head, 1977
  • Enemies of the System, 1978
  • Moreau's Other Island, 1979 (dt. Dr. Moreaus neue Insel, 1981)
  • Life in the West, 1980 (dt. Die Freuden des Westens, 1986 ISBN 3-404-13031-6)
  • Helliconia Spring, 1981 (dt. Helliconia: Frühling, 1983)
  • Helliconia Summer, 1983 (dt. Helliconia: Sommer, 1985)
  • Helliconia Winter, 1985 (dt. Helliconia: Winter, 1985)
  • Forgotten Life, 1988
  • Remembrance Day, 1993
  • Somewhere East of Life, 1994

Sachbücher

  • 1973 The Billion Year Spree: The History of Science Fiction (deutsch: Der Millionen-Jahre-Traum, Bastei-Lübbe, 1980)
  • 1986 The Trillion Year Spree, mit David Wingrove (erweiterte Ausgabe von The Billion Year Spree), (deutsch: Der Milliarden Jahre Traum. Die Geschichte der Science Fiction, Bastei-Lübbe, 1987) ISBN 3-404-28160-8
  • 1990 Bury My Heart at W.H. Smith's - A Writing Life, Autobiographie
  • 1995 The Detached Retina: Aspects of SF and Fantasy

Kurzgeschichtensammlungen

  • 1970 The Moment of Eclipse (deutsch: Der Moment der Eklipse, Bastei-Lübbe, 1983)
  • 1977 Last Orders (deutsch: Die letzte Runde, Bastei-Lübbe, 1984)
  • 1984 Seasons In Flight (deutsch: Der Flug der Gezeiten, Bastei-Lübbe, 1988)

Kurzgeschichte

  • 1969 Super-Toys Last All Summer Long, (deutsch: Superspielzeug hält den ganzen Sommer, 1982)

Auszeichnungen

  • 1962 Hugo Award für die Erzählungen der Hothouse-Serie
  • 1965 Nebula Award für den Kurzroman The Saliva Tree (dt. Der Speichelbaum, 1983); gilt als einer der Vorläufer des Steampunk-Genres.[1]
  • 1972 BSFA Award für die Kurzgeschichtensammlung The Moment of Eclipse
  • 1983 John W. Campbell Memorial Award für den Roman Helliconia Spring
  • 1983 BSFA Award für den Roman Helliconia Spring
  • 1984 Kurd-Laßwitz-Preis für den Roman Helliconia Spring
  • 1986 BSFA Award für den Roman Helliconia Winter

Einzelnachweise

  1. Brian M Stableford: Science Fact and Science Fiction: an Encyclopedia. Routledge, New York 2006, ISBN 978-0415974608, Steampunk, S. 502 f., OCLC 162130012.

Literatur

  • Heinrich Keim: New Wave – die Avantgarde der modernen anglo-amerikanischen Science Fiction? Eine Untersuchung des literarischen Phänomens „New Wave“ anhand der Werke von James Graham Ballard, Michael Moorcock, Brian Wilson Aldiss, John Brunner, Norman Spinrad, Thomas M. Disch, John T. Sladek, Roger Zelazny, Samuel R. Delany. Corian-Verlag, Meitingen 1983. ISBN 3-89048-301-1
  • Michael Görden: Frühling auf Helliconia. Ein Werkstattgespräch mit Brian W. Aldiss. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Magazin # 7, Wilhelm Heyne Verlag München 1983, ISBN 3-453-30924-3, S. 35–61.
  • Brian W. Aldiss: Helliconia: Wie und Warum. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Magazin # 12, Wilhelm Heyne Verlag München 1985, ISBN 3-453-31125-6, S. 33–42.
  • Joern J. Bambeck: Das große Rad des Kharnabhar auf Helliconia. Wie es entstanden ist. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Magazin # 12, Wilhelm Heyne Verlag München 1985, ISBN 3-453-31125-6, S. 43–49.
  • Doris Dreßler: Die Welt ist so wundervoll. Weshalb schicken wir sie zum Teufel? Ein Gespräch mit Brian W. Aldiss. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 1994, Wilhelm Heyne Verlag, München, ISBN 3-453-07245-6, S. 431–444.

Weblinks


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