- Britisches Mandat über Palästina
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Das Völkerbundsmandat für Palästina (arabisch الانتداب البريطاني على فلسطين; hebr. המנדט הבריטי על פלשתינה) war ein Klasse A Mandat des Völkerbundes, das nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nach dem ersten Weltkrieg an der Konferenz von Sanremo 1920 Großbritannien übertragen wurde. Das Mandatsgebiet bestand aus den Gebieten des heutigen Israel und Jordanien, dem Gazastreifen, dem Westjordanland sowie aus Teilen der Golanhöhen.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Auftrag des Mandats, das am 24. Juli 1922 ratifiziert wurde, (Text siehe Weblinks) war die Hilfe zur „Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“. Dies unter der Bedingung, „dass nichts getan werden soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina […] beeinträchtigen würde“. Der Staat Israel besteht heute aus etwa 18 % dieser Fläche.
Das Mandat nennt in den Artikeln 4, 6 und 7 konkrete Maßnahmen wie Anerkennung und Zusammenarbeit mit einer jüdischen Vertretung (Jewish Agency), Förderung einer geschlossenen jüdischen Ansiedlung (siehe Jischuw) durch Zurverfügungstellung von Staats- und Brachländereien sowie Erleichterungen bei der Einwanderung und dem Erwerb der palästinensischen Staatsbürgerschaft durch Juden. Artikel 13 bis 15 sahen freie Religionsausübung, einen geregelten freien Zugang zu den Heiligen Stätten und die Aufrechterhaltung bestehender kultureller und religiöser Selbstverwaltungen vor.
Artikel 25 erlaubte es Großbritannien, die Mandatsgebiete „zwischen dem Jordan und der endgültig festgelegten Ostgrenze Palästinas“ von der Durchführung von wesentlichen Mandatsbestimmungen, wie denen zur Errichtung einer jüdischen nationalen Heimstätte, vorläufig auszunehmen. Mit Artikel 25 wurde die Voraussetzung für die 1923 im Ostjordanland (Transjordanien) erfolgte Einsetzung des halbautonomen Emirats Transjordanien (des Vorläufers des heutigen Staates Jordanien) durch die Briten geschaffen. Damit wurde der Raum für die Errichtung eines jüdischen Staates, der zuvor deutlich größere Gebiete umfassen sollte, auf das Palästina westlich des Jordan (Cisjordanien) beschränkt.
Das Mandat dauerte vom Beginn der Zwanzigerjahre bis zur israelischen Unabhängigkeitserklärung am 14. Mai 1948. Von Anfang an umstritten, wurden seine Bestimmungen je nach politischer Lage in unterschiedlichem Ausmaß umgesetzt. Faktisch blieb Großbritannien eine sowohl von arabischer wie jüdischer Bevölkerung Palästinas abgelehnte Kolonialmacht.
Das Mandat stellte in der Zusammenschau die völkerrechtliche Grundlage für die auf dem Mandatsgebiet entstandenen Staaten Israel und Jordanien dar, wenngleich eine vorgesehene Volksabstimmung nach Beendigung der Mandatszeit von Großbritannien nicht durchgeführt wurde, beziehungsweise ohne eine (nach Völkerbundsatzung Art. 22) palästinensische Selbstregierung herzustellen. (Nach Art. 10, 11, 13 und 14 der UN-Charta stehen der UNO nur Empfehlungen, nicht aber Entscheidungen über das Schicksal von Völkern und Staatsgründungen zu.) Auch ein Staat Palästina wäre einer der Nachfolgestaaten.
Geschichte
Vor dem Ende des Ersten Weltkrieges war Palästina ein Teil des Osmanischen Reiches. Die Briten besiegten die osmanischen Truppen im Jahre 1917 unter General Edmund Allenby und besetzten Palästina und Irak. Anschließend richteten sie eine Militärverwaltung ein, die Occupied Enemy Territory Administration (OETA), es galt aber noch bis zur San-Remo-Konferenz das osmanische Zivilrecht.
Während des ersten Weltkrieges hatten die Briten zwei Versprechungen bezüglich der Gebiete im Nahen Osten gemacht. Durch Lawrence von Arabien versprachen die Briten den Arabern für ihre Unterstützung eine unabhängige arabische Heimstätte, die fast den gesamten arabischen Nahen Osten umfassen sollte. Den Juden hatte Großbritannien in der Balfour-Deklaration gleichzeitig eine nationale unabhängige Heimstätte (Eretz Israel) versprochen.
Die Briten hatten in der Hussein-McMahon-Korrespondenz zuvor den Haschemiten – im Gegenzug für deren Unterstützung bei der großen arabischen Revolte während des Weltkrieges – die Herrschaft über das meiste Land der Region zugesagt.
Als die Alliierten die Mittelmächte geschlagen hatten, wurde dem Vereinigten Königreich im Sinne des Friedensvertrages von Versailles die Kontrolle über Palästina übertragen und Herbert Louis Samuel, ein ehemaliger Postminister im britischen Kabinett, wurde zum ersten Hochkommissar in Palästina ernannt.
1920 wurde bei der San-Remo-Konferenz in Italien das Völkerbundmandat über Palästina grundsätzlich dem Vereinigten Königreich übertragen. Die genaue Definition folgte erst zwei Jahre später. Palästina meinte all jene Gebiete, aus denen später der Staat Israel hervorgehen sollte, außerdem den Gazastreifen, das Westjordanland, Teile der Golanhöhen, sowie das Königreich (Trans-)Jordanien. Nach Einschätzung des Zensus vom Oktober 1922 bestand die Bevölkerung Palästinas (ohne die britischen Garnisonen, und die Beduinen des südlichen Distriktes) aus 757.182 Menschen, davon waren 590.890 Muslime, 83.794 Juden, 73.024 Christen und 7.028 Drusen.[1] Das Gebiet war multi-ethnisch, Arabisch war die Hauptsprache, vorherrschende Religion war der Islam. Die Bodenbesitzverhältnisse veränderten sich zwischen 1918 bis 1948 nur unwesentlich (1918: 2,5 % des Bodens jüdisch, 1948: 5,67 %), obwohl sich die Bevölkerungsverhältnisse vor allem durch die Einwanderung zionistischer Juden stärker verschoben (1948: 33 % jüdische Bewohner).
Weiterer politischer Verlauf und arabische sowie jüdische Opposition
Während der 1920er Jahre wanderten 100.000 jüdische und auch 6.000 nicht-jüdische Immigranten nach Palästina ein. Besonders die Einwanderung von 35.000 russischen Juden 1919 bis 1923 prägte das Land für lange Zeit (siehe Alija). Die jüdische Einwanderung wurde vom „Allgemeinen jüdischen Arbeiterverband“ kontrolliert, der die Bewerber nach ihrer politischen Einstellung auswählte. Von jüdischen Agenturen gekauftes Land wurde nur an Juden verpachtet, und das auch nur unter der Bedingung, dass es ausschließlich von jüdischen Arbeitern bestellt würde.
Anfangs stieß die jüdische Einwanderung nach Palästina nur auf wenig Widerstand bei den Arabern. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts führte die stetig wachsende Einwanderung vornehmlich europäischer Juden jedoch zu kulturellen und politischen Spannungen. Schon früh standen sich Teile der zionistischen und der arabischen Führungsriege, die sich beide als Unabhängigkeitsbewegung für ein entweder jüdisches oder arabisches Palästina verstanden, unversöhnlich gegenüber. In der Folge kam es zur Aufwiegelung gegen die jüdische Bevölkerung, die von arabischen Anführern sowohl geduldet, als auch inszeniert wurden. Dabei wurden religiöse Aspekte zunehmend politisiert und mit Stereotypen und Vorurteilen versetzt, welche zu der Zeit besonders in Europa grassierten. Ein weiterer zunehmend bedeutsamer Streitpunkt war der Konflikt jüdischer Einwanderer mit arabischen Bauern. In einigen Fällen führte der Verkauf von Land durch die oft im Ausland lebenden arabischen Großgrundbesitzer zur Ausweisung ihrer ehemaligen palästinensischen Pächter (Felachen); an Stelle der alten Orte entstanden z. T. Kibbuzim.
Zu Konflikten kam es insbesondere deswegen, weil die Pächter oft zwar nicht das Land besaßen, wohl aber die Bäume (besonders Olivenbäume), die auf diesem Land wuchsen. Die Problemsituation wurde von den europäischen Juden, die nicht mit dieser Art von Besitzrecht vertraut waren, allerdings oft nicht verstanden, das Besitzrecht entsprechend nicht akzeptiert. Dazu kam, dass eine Verständigung der neuen mit den alten Besitzern aufgrund sprachlicher, aber vor allem enorm kultureller Unterschiede kaum zustande kam.
Besonders in den letzten Mandatsjahren schränkte die britische Mandatsmacht die jüdische Einwanderung ein und legte unter anderem im Weißbuch von 1939 bestimmte Quoten fest, deren Höhe sowohl von Juden als auch Arabern unter verschiedenen Vorzeichen kritisiert wurden. 1921 und 1929 kam es (in diesen Jahren besonders in Hebron) ebenso wie in den Jahren 1936 bis 1939 zu hauptsächlich arabischen Übergriffen und terroristischen Attacken (für den großen Aufstand 1936 bis 1939 siehe: Arabischer Aufstand). Die Gründung der jüdischen Hagana kann im Zeichen der damals schon bestehenden Feindseligkeiten zwischen den Bevölkerungsgruppen gesehen werden. Als Reaktion auf den großen Aufstand bildeten sich mit dem Irgun und der Lechi 1936 auch bewaffnete bzw. terroristische jüdische Gruppen, die sowohl britische als auch arabische Ziele angriffen.
Das Ostjordanland (Transjordanien) einerseits und Israel mit Westjordanland (Cisjordanien), Gaza und Teile der Golanhöhen andererseits blieben theoretisch Teile eines gemeinsamen Völkerbundmandats für Palästina, die meisten offiziellen Dokumente behandelten diese beiden Teile jedoch, als würde es sich um zwei getrennte Mandate handeln. Transjordanien blieb bis 1946 unter britischer Kontrolle. Im Jahre übertrugen die Briten einen Teil der Golanhöhen an das französische Völkerbundmandat für Syrien und Libanon im Austausch für die Region um Metulla.
Hochkommissare von Palästina
Mit der Leitung der Mandatsverwaltung in Palästina wurde ein Hochkommissar beauftragt. Dieser unterstand dem britischen Kolonialministerium.
- 1. Juli 1920 bis 25. August 1925: Herbert Louis Samuel
- 25. August 1925 bis August 1928: Herbert Plumer, 1. Viscount Plumer
- August 1928 bis 6. Dezember 1928: Harry Charles Luke (amtierend)
- 6. Dezember 1928 bis 1931: John Robert Chancellor
- 1931 bis 1932: Mark Aitchison Young (amtierend)
- 1932 bis September 1937: Arthur Grenfell Wauchope
- September 1937 bis März 1938: William Denis Battershill (amtierend)
- März 1938 bis 3. September 1944: Harold MacMichael
- 3. September 1944 bis 21. November 1945: John Vereker, 6. Viscount Gort
- 21. November 1945 bis 14. Mai 1948: Alan Gordon Cunningham
Siehe auch
- Peel-Kommission (1937) Vorschlag zur Teilung Palästinas
- UN-Teilungsplan für Palästina
- Arabischer Aufstand
- Nahostkonflikt
- Palästinensische Autonomiegebiete
Literatur
- Ernst Marcus: Palästina – ein werdender Staat. Völker- und staatsrechtliche Untersuchung über die rechtliche Gestaltung des Mandatslandes Palästina unter besonderer Berücksichtigung des Rechtes der nationalen Heimstätte für das jüdische Volk, 328 S., 2 Karten, Leipzig 1929. (Frankfurter Abhandlungen zum modernen Völkerrecht, Heft 16)
- The Handbook of Palestine. London 1922.
- R. Meinerzhagen: Middle East Diary 1917–1956. London 1959.
- Helmut Mejcher (Hg.): Die Palästina-Frage 1917–1948. Historische Ursprünge und internationale Dimensionen eines Nahostkonflikts. Ferdinand Schöningh Verlag, 2., überarb. u. erw. Aufl., Paderborn u. a. 1993. ISBN 3-506-77488-3. (mit Personen- und Sachregister sowie ausführlichem Literaturverzeichnis)
Weblinks
- Mandatstext (englisch)
Quellen
- ↑ Report on Palestine Administration, 1922. League of Nations, 31. Dezember 1922.
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