- Brundibár
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Brundibár ist eine Kinderoper in zwei Akten von Hans Krása (Komponist) und Adolf Hoffmeister (Libretto). Eine spätere Adaption erfolgte als Bilderbuch durch Maurice Sendak (Bilder) und Tony Kushner (Text).
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Hans Krása komponierte die Kinderoper Brundibár (zu deutsch: „Die Hummel“) zu einem Text von Adolf Hoffmeister 1938. Sie wurde 1941 im jüdischen Kinderheim in Prag uraufgeführt. Nach seiner Deportation in das KZ Theresienstadt schrieb Hans Krása die Partitur erneut nieder, da er sie nicht hatte mitnehmen können.
In Theresienstadt wurde die Oper 55 mal gespielt und gab damit den teilnehmenden Kindern ein Stück Normalität und Freude zurück. Die Rollen mussten immer wieder neu besetzt werden, da viele der Darsteller in Vernichtungslager deportiert wurden. Der Propagandafilm „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ verwendete einen Ausschnitt aus der Oper, um zweifelnden Leuten vorzutäuschen, wie normal und glücklich die Deportierten lebten. Hans Krása und fast alle Ausführenden wurden kurz darauf in Auschwitz ermordet.
Handlung
Pepíček und Aninka, zwei arme Geschwister, wollen ihrer kranken Mutter die vom Arzt verschriebene Milch besorgen, doch ohne Geld bekommen sie keine vom Milchmann. Sie beobachten den Leierkastenmann Brundibár, der für seine Musik Münzen erhält, und beschließen, ebenso mit Gesang etwas Geld zu verdienen. Doch niemand hört ihnen zu, und der über die Konkurrenz erzürnte Brundibár vertreibt sie sogar vom Marktplatz. Als die beiden Geschwister sich ratlos schlafen legen, erscheinen ein Spatz, eine Katze und ein Hund und bieten den Kindern, die allein gegen Brundibár zu schwach sind, ihre Hilfe an. Am nächsten Morgen trommeln die drei Tiere alle Kinder aus der Nachbarschaft zusammen. Gemeinsam wird Brundibár vom Marktplatz vertrieben. Als die Kinder nun erneut das Lieblingslied von Pepíček und Aninka singen, kommt genügend Geld für die Milch zusammen. Brundibár unternimmt einen Versuch, das Geld zu stehlen, hat jedoch gegen die Überzahl von Kindern und Tieren keine Chance. Das Finale der Oper besteht in einem triumphalen Marsch, der an das bedingungslose Zusammenhalten von Freunden appelliert.
Wenngleich der Inhalt der Oper auf den ersten Blick frei von Politik ist, betonen überlebende Mitwirkende aus Theresienstadt immer wieder, dass Brundibár, der fortgejagt wird, für sie Hitler darstellte, den sie so in der Oper durch ihr Zusammenhalten verjagen konnten. Insofern bekommt die Oper bei genauerer Betrachtung eine zweite, tiefere Ebene als die schlichte Geschichte der Kinder, die Milch für ihre Mutter brauchen.
Die Lösung des Konflikts der Kinder mit dem Drehorgelmann allein mit Mitteln der Gewalt erscheint in einer demokratischen Gesellschaft als pädagogisch zweifelhaft. Vor dem geschichtlichen Hintergrund von Krieg und Völkermord wird sie allerdings verständlich.
Wiederentdeckung
Die Aufarbeitung der vergessenen Kinderoper begann Ende der 1970er Jahre, als die Benediktinerschwester Veronika Grüters auf der Suche nach der Geschichte ihrer Familie zufällig auf den Stoff der Oper stieß. Sie rekonstruierte eine Fassung des „Brundibár“ anhand eines Klavierauszugs in tschechischer und hebräischer Sprache und konnte so 1985 die erste Brundibar-Aufführung in Deutschland verwirklichen.
1992 wurde die Oper erstmals auf professioneller Ebene an der Bielefelder Oper inszeniert, eine Entdeckung des damaligen Dramaturgen Frank Harders-Wuthenow, der zusammen mit Matthias Harre die Oper ins Deutsche übersetzte. Diese Übersetzung wurde die vom Musikverlag Boosey & Hawkes, Bote & Bock,Berlin autorisierte Fassung.
1994 wurde die Oper im Görlitzer Musiktheater aufgeführt. Das Landesjugendorchester Sachsen (D), der Kinderchor Severácek Liberec (CZ), der Knabenchor Jelenia Góra (PL) und Schüler des Augustum-Annen-Gymnasiums Görlitz erarbeiteten das Werk unter der musikalischen Leitung von Reinhard Seehafer. Im Anschluss an diese Aufführungen fand die französische Erstaufführung der Kinderoper im Amphitheater "Jean Cocteau" statt. Der Regisseur war Klaus Arauner, heute Generalintendant im Theater Görlitz.
Mitte der 1990er Jahre nahm sich die Organisation „Jeunesses Musicales“ der Oper an und initiierte in Kooperation mit anderen Institutionen Pilotprojekte, in denen Arbeitshilfen für die Aufführung der Oper erstellt wurden. Höhepunkt dieses Projektes waren gemeinsame Aufführungen durch den Tölzer Knabenchor, die Polnischen Nachtigallen und den Prager Kinderchor, die hintereinander in Berlin, Warschau und Prag die Oper in der jeweiligen Landessprache aufführten.
1995 wurde die Kinderoper als Teil eines Schul- und Erinnerungsprojektes mit dem überlebenden Zeitzeugen Herbert Thomas Mandl am Gymnasium Tanzenberg von ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater zum ersten Mal in Österreich gezeigt. In Israel wurde die Oper durch eine Produktion des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin gegeben.
1996 entstand das Hörfunkfeature "Brundibár und die Kinder von Theresienstadt" von Hannelore Brenner-Wonschick, Produktion Sender Freies Berlin; 1998 Neuproduktion durch den ORF Wien. Das Hörfunkfeature mit Aussagen der Zeitzeugen wurde vom CD Label EDA zusammen mit der Brundibár-Produktion des collegium iuvenum veröffentlicht. Die Recherchen zu Brundibár führten zum internationalen Projekt mit den "Mädchen von Zimmer 28" (Buch, Theaterstück, Ausstellung, Unterrichtseinheit) und zu zahlreichen Projekten bis hin zu einer Jugendoper. Die Ausstellung gibt es auch auf Tschechisch, Englisch und Französisch, das Buch auf Tschechisch und Englisch (Schocken Books New York. Aus den vielen Aktivitäten und aufgrund eines wachsenden Freundeskreis entstanden die Room 28 Projects und der Berliner gemeinnützige Verein Room 28 e.V.
Am 26. Januar 1998 wurde Brundibár vom eigens für dieses Projekt ins Leben gerufenen "Brundibár Orchester" und dem Kinderchor der Städtischen Musikschule Hamm unter der Leitung von Werner Granz im Haus der Geschichte in Bonn aufgeführt. Anlass war das sechzigjährige Jubiläum der Novemberpogrome im Jahre 1938; in diesem Jahr wurde Brundibár komponiert. Die Einstudierung erfolgte unter Beteiligung von Paul Aron Sandfort. Sandfort gehörte in jungen Jahren zu den jüdischen Insassen und Überlebenden des Konzentrationslagers Theresienstadt. Der Trompeter aus Dänemark war bereits dort an der Aufführung der Kinderoper beteiligt gewesen. Irgendwann einmal hat er aus der Komposition Krásas eine Ouvertüre gemacht, die am Anfang der Kinderoper steht. Die Aufführung erregte bundesweite Aufmerksamkeit.
Im Jahre 2005 wurde Brundibár vom Leipziger Gewandhauskinderchor aufgeführt. 2010 brachte der Chor das Werk auch in Israel zu Gehör.[1] Bei den Aufführungen von 2009 im Gewandhaus Leipzig und im Jüdischen Museum Berlin waren sowohl deutsche als auch israelische Kinder beteiligt.[2]
Der Autor Ernst Heimes schrieb für das Koblenzer Jugendtheater das Schauspiel "Mirjam Ghettokind", das am 19. August 2011 auf dem Fort Konstantin in Koblenz uraufgeführt wurde. Das Stück greift Leben und Schicksal der an den "Brundibár"-Aufführungen in Theresienstadt beteiligten Kinder und Jugendlichen auf und schließt neben Proben zu der Oper auch eine komplette Aufführung derselben mit ein. [3]
Die Kinderoper wird auch an Schulen und Theatern – teils als Klavierfassung, seltener in der vollständigen Theresienstädter Orchesterfassung – aufgeführt. Dabei wird die Oper, die eine Spieldauer von ca. 35 min hat, mit Vorträgen von Zeitzeugen und Ausstellungen verbunden. Häufig wird die Ausstellung "Die Mädchen von Zimmer 28" ins Rahmenprogramm genommen und Zeitzeuginnen aus diesem Kreis eingeladen. Wiederholt wurde aus der Geschichte der 'Mädchen von Zimmer 28'eine Rahmenhandlung gestaltet oder das Theaterstück über "Die Mädchen von Zimmer 28" aufgeführt.
Bilderbuch
2002 erfolgte eine Adaption als Kinderbuch. Die Adaption nahmen Maurice Sendak (Bilder) und Tony Kushner (Text) vor.
Die Bezüge zum historischen Kontext der Kinderoper wurden erhalten. Handlungsort ist eine polnische Kleinstadt, die Erwachsenen tragen Judensterne und Brundibar eine Uniform.
Aufnahmen
- Collegium Iuvenum Stuttgart, Mädchenkantorei St. Eberhard: Brundibar - Eine Oper für Kinder, Doppel-CD, ASIN B00002DGRM CD2: Brundibar und die Kinder von Theresienstadt. O-Ton-Hörfunkfeature 1998 von Hannelore Brenner-Wonschick Room 28 Projects
- Chor und Orchester des Gymnasiums Christianeum in Hamburg: Brundibár: Oper für Kinder, ISBN 3-939375-34-9
- Wiederveröffentlichung der deutschen Ersteinspielung Bundibár, Chor und Instrumentalisten des St. Ursula-Gymnasium Freiburg; Ltg: Sr Maria Veronika Grüters; Christophorus CHR 77318
Einzelnachweise
- ↑ Brundibar-Aufführung in Israel
- ↑ Deutsch-jüdische Aufführungen in 2009.
- ↑ Koblenzer Jugendtheater, Link zur Produktion
Literatur
- Hannelore Brenner-Wonschick, "Die Mädchen von Zimmer 28". Die authentische Geschichte der Kinderoper Brundibar. ISBN 978-3-00-032090-3,384 Seiten, Verlag Room 28 Projects 2010
Hannelore Brenner-Wonschick, Text-und Bildband zur Ausstellung "Die Mädchen von Zimmer 28, L 410, Theresienstadt", Element einer Unterrichtseinheit. Room 28 Projects 2011
- Tony Kushner, Maurice Sendak, Mirjam Pressler: Brundibar: Nach einer Oper von Hans Krása und Adolf Hoffmeister, 56 Seiten, ISBN 3-8067-5073-4
- Kathy Kacer, Yvonne Hergane: Die Kinder aus Theresienstadt, 224 Seiten, Ravensburger, Neuauflage 2008, ISBN 3-473-58188-7 (mit Zeichnungen von Helga Weissova)
- Thomas Freitag: Brundibár - Der Weg durchs Feuer, 212 Seiten, Regia Verlag, 2009, ISBN 978-3-86929-013-3
- Ernst Heimes: Mirjam Ghettokind. Schauspiel über das Ghetto Theresienstadt und die Kinderoper 'Brundibár. Frankfurt a.M.: Brandes und Apsel, 2011. ISBN 978-3-86099-712-3.
Weblinks
- Rezension in der Leipziger Volkszeitung vom 7. Juni 2005 über das Brundibárprojekt des GewandhausKinderchores
- Artikel im Tagesspiegel (Berlin) vom 8. November 2005 über die Oper und die Hauptdarstellerin Greta Klingsberg
- Rezension im KulturRadio Berlin vom 9. November 2005 über die Vorstellung der Berliner Kinderoper im Konzerthaus Berlin
- Reportage auf Radio Bayern 2 am 17. Februar 2010 über eine Brundibár-Inszenierung am Gärtnerplatztheater München mit Podcast
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