Butrint

Butrint
Plan der antiken Stadt Butrint
Ausgrabungsstelle unterhalb der Akropolis mit Asklepios-Tempel und Theater
Blick vom venezianischen Kastell übers Theater und den Vivar-Kanal nach Süden
Venezianischer Turm und davor das Bad
Theater
Asklepios-Schatzhaus neben dem Theater
Baptisterium
Frühchristlich-byzantinische Basilika
Ausgestellte Funde im Museum von Butrint

Butrint (albanisch auch Butrinti, griechisch Buthroton Βουθρωτόν, italienisch Butrinto) ist eine Ruinenstätte im Süden Albaniens rund 15 Kilometer (Luftlinie) südlich der Stadt Saranda. Die antike Stadt liegt auf einer Halbinsel zwischen dem See von Butrint und dem Vivar-Kanal, der nach 2,5 Kilometern ins Ionische Meer mündet. In Sichtweite liegt die griechische Insel Korfu. Butrint zählt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten von Albanien und wurde 1992 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Mythologie

Der Sage nach soll Butrint vom Helden Aeneas besucht worden sein, als es ihn nach seiner Flucht aus dem brennenden Troja nach Epirus verschlug, bevor er später nach Latium kam und zum Stammvater der Römer wurde. In Butrint trifft er auf Andromache und Helenos, die, ebenfalls aus Troja entkommen, über Chaonia herrschen. (Vergil, Aeneis 3,293 ff.)

Geschichte

Ursprünglich war Butrint eine griechisch-illyrische Stadt. Sie war einer der Hauptorte der Chaonier, einem der drei großen epirotischen Stämme. Die ältesten Funde stammen aus dem späten 8. Jahrhundert v. Chr. Seit dem 6. Jahrhundert existierte eine Befestigung und im 4. Jahrhundert war Butrint der führende Ort eines lokalen Städtebundes. Die Stadt hatte zu dieser Zeit ein Theater und ein Asklepios-Heiligtum. Um 380 v. Chr. wurde Butrint mit einer neuen 870 m langen Mauer befestigt, die ein Gebiet von 4 ha einschloss. Seit 167 v. Chr. gehörte Butrint zum Römischen Reich. Im Jahr 49 besuchte Gaius Iulius Caesar die Stadt und erklärte Butrint zur Kolonie für Veteranen. Titus Pomponius Atticus ließ sich die reich geschmückte Villa Amaltea am Ufer gegenüber von Butrint errichten. Ihre höchste Blütezeit hatte die Stadt im 2. Jahrhundert n. Chr., als zahlreiche neue öffentliche Bauten errichtet wurden, darunter ein Aquädukt, das den Vivar-Kanal überquerte. Vermutlich seit dem 4. Jahrhundert war Butrint Bischofssitz. Um 380 richtete ein Erdbeben größeren Schaden an. Die Barbareneinfälle während der Völkerwanderungszeit überstand Butrint wegen seiner geschützten Lage auf einer Halbinsel dagegen unbeschadet, während die Slawen das benachbarte Onchesmos 547 einnehmen konnten.

Nach einer letzten Blütezeit unter der Herrschaft von Byzanz begann der Niedergang, als die Slawen im 8. Jahrhundert auch nach Epirus vordrangen. Im 11. Jahrhundert litt die Stadt unter den Kriegszügen der süditalienischen Normannen. Was von Butrint noch übrig war, besetzten noch später die Venezianer, die hier (mit Unterbrechungen) bis 1797 einen Stützpunkt unterhielten, um die Straße von Korfu für ihre Schiffe zu sichern. Neben dem Kastell auf dem Stadthügel erbauten die Venezianer auf der anderen Seite des Vivar-Kanals auch eine weitere, dreieckige Festung, die den Zugang vom Meer zur Stadt überwachte. Im 17. Jahrhundert gelangten die Osmanen für einige Zeit in den Besitz dieser Festung. Im September 1716 gewann die Republik Venedig das Kastell in von den Osmanen zurück. 1797 wurde Butrint französischer Besitz, als Venedig es mit dem Vertrag von Campo Formio an Napoleon abtreten musste. Schon zwei Jahre später wurde es von dem osmanischen Pascha Ali Pascha Tepelena erobert und kam damit zum Osmanischen Reich, zu dem es bis zur albanischen Unabhängigkeit im Jahre 1912 gehörte.

Die kleine Festung Kalaja e Ali Pashë Tepelenës etwa vier Kilometer westlich von Butrint, direkt an der Mündung des Vivar-Kanals ins Ionische Meer, soll von dem auf Unabhängigkeit von Konstantinopel erpichten Ali Pascha Tepelena um 1800 erbaut worden sein. Sie erscheint jedoch bereits auf venezianischen Karten des Jahres 1718 und könnte Besitz der korfiotischen Familie Gonemi gewesen sein, von der sie an Ali Pascha kam und der sie dann erneuerte.[2]

1928 entdeckte der italienische Archäologe Luigi Maria Ugolini die Ruinen von Butrint wieder. Für den Besuch des sowjetischen Ministerpräsidenten Nikita Chruschtschow wurde 1959 eine Straße nach Butrint angelegt.

Im Jahr 1992 wurden die Ruinen und ihr Umland von der UNESCO auf die Liste des Weltkulturerbe gesetzt. Acht Jahre später wurde ein leicht größeres Gebiet als Nationalpark Butrint geschützt, der 2005 um eine Pufferzone rund um das Welterbe auf 86 km² erweitert wurde. 2003 wurden Butrint und ein weites Umland mit dem See zu einem Ramsar-Schutzgebiet.

1997 wurde das in der Burg untergebrachte Museum von Butrint infolge des Lotterieaufstands geplündert. Viele Gegenstände konnten zwischenzeitlich aber sichergestellt und zurückgebracht werden.[3]

Im Jahr 2006 hat die katholische Kirche den Titel eines Bischofs von Butrint (lat. Buthrotum) zum zweiten Mal vergeben. Titularbischof ist der Weihbischof der Erzdiözese Tirana-Durrës George Anthony Frendo.

Bauwerke

Zu den wichtigsten ausgegrabenen Bauwerken zählt das Löwentor aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., einer von sechs Eingängen zur Stadt. Es zeigt einen Löwen, der dabei ist, einen Stier aufzufressen. Der Löwe sollte höchstwahrscheinlich die Bewohner der Stadt symbolisieren und der Stier ihre Feinde. Das Tor verfügt lediglich über einen sehr engen Durchgang, um möglichst nur wenigen Personen zugleich das Eindringen zu ermöglichen.

Zu den weiteren wichtigen Entdeckungen aus der Antike zählen Theater, Dionysos-Altar, Asklepios-Tempel, Minerva-Tempel, Nymphäum, eine römische Badeanlage, ein Gymnasion und das Baptisterium aus dem 5. Jahrhundert, in dem die Christen getauft wurden. Hier finden sich auch sehr gut erhaltene Mosaike mit zahlreichen Symbolen und Tierdarstellungen.

Aus der Zeit des Kaisers Justinian I. stammt die frühchristliche Basilika. Auf einem Hügel über der Stadt errichteten die Venezianer im Mittelalter ein Kastell, in dem sich heute ein Museum befindet.

Theater

Zu den am besten erhaltenen Bauwerken von Butrint zählt das halbkreisförmige Theater. Es liegt direkt unterhalb der Akropolis und ist dem Vivari-Kanal zugewandt. Direkt daneben steht der Tempel des Asklepios. Das Theater wurde im 3. Jahrhundert v. Chr. im hellenistischen Stil errichtet, möglicherweise auf den Mauern eines älteren und kleineren Theaters. Dabei wurde der Zuschauerraum (gr. cavea) erheblich erweitert. Die Sitze wurden hierarchisch eingeteilt; die untersten und somit der Bühne am nächsten gelegenen Sitze gehörten wichtigen Persönlichkeiten der Stadt. Am besten davon zeugen die vielen Fußstützen in dieser Reihe, die mit Löwen-Motiven verziert sind.

Durch die Vergrößerung der Stadt während ihrer römischen Periode erfuhr auch das Theater um das 2. Jahrhundert n. Chr. viele Um- und Ausbauten. So wurde unter anderem das Bühnengebäude (gr. Skene) neu entworfen und auf zwei Geschosse erhöht. Durch die drei Türen mit Rundbögen erschienen und verschwanden die Schauspieler. Zwischen diesen Türen standen verschiedene Statuen. Die Römer erbauten zudem oberhalb den zwei Eingängen Logen für die höheren Gesellschaftsschichten.[4]

Luigi Maria Ugolini entdeckte das Theater zwischen 1928 und 1930. Auch die Göttin von Butrint, eine Statue aus der Vorderseite des Bühnengebäudes, zählte zu seinen Funden.[5] Vom griechischen Theater sind nur geringe Reste erhalten geblieben. Die Front der römischen Bühne (lat. Pulpitum) war zu seiner Zeit mit vielen Skulpturen ausgestattet, unter denen Porträtköpfe der Göttin von Butrint, des Augustus, des Agrippa, des Asklepios und die Statue einer Muse zu den bedeutendsten Funden gehören. Die Cavea des Theaters hat einen Durchmesser von 24 Metern und bot bis zu 2000 Personen Platz.[6][7]

Asklepios-Tempel

Der Tempel gehörte zu einem ganzen Komplex, der noch eine Stoa (Säulenhalle) und ein Schatzhaus umfasste. Er wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. gegründet, und schon im nächsten Jahrhundert wurden diverse Ausbauten unternommen, die das Theater und ein Peristyl-Gebäude (möglicherweise eine Unterkunft für Pilger) umfassten. Die ganze Anlage wurde von der restlichen Stadt durch einen Temenos abgegrenzt.[8]

1932 wurde ein Kopf des Asklepios gefunden, der vielleicht zu einer Statue gehörte. Daneben zeugen verschiedene Münzen mit Schlangen-Prägung (Symbol der Heilkünste) von der großen Wichtigkeit des Tempels für die Stadt Butrint.[9]

Aquädukt

Während ihrer römischen Zeit verzeichnete die Stadt ein hohes Bevölkerungswachstum. Um die Wasserversorgung sicherzustellen, wurde der Aquädukt errichtet, der von einer noch unbekannten Quelle beim heutigen Dorf Xarra über einer Länge von 12 Kilometern Wasser zur Stadt führte. Dabei überquerte er auch den etwa 200 Meter breiten Vivari-Kanal. Möglicherweise war der Aquädukt in diesem Teilstück auch für Fußgänger und kleinere Fahrzeuge passierbar. Der Aquädukt wurde während der Regierungszeit von Kaiser Augustus (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) errichtet, der auch viele andere Bauwerke erbauen ließ. Die vielen Büsten und Statuen des Augustus, seiner Gemahlin Livia und seines Generals Agrippa zeigen die Bedeutung dieser Persönlichkeiten für Butrint.[10]

Forum

Das Herz einer römischen Stadt bildete das Forum. In Butrint befand es sich in der Nähe des Asklepios-Tempels, also im Zentrum der hellenistischen Stadt. Es wurde auf den Mauern einer älteren griechischen Stoa errichtet. Die erhaltenen Reste aus dem späten 2. oder 1. Jahrhundert v. Chr. konzentrieren sich auf drei Gebäudeteile, die um den Platz des Forums standen.[11]

Trikonchos-Palast

Butrint weist eine Vielzahl an Stadthäusern und Villen auf. Der Trikonchos-Palast (Drei-Konchen-Chor) ist das größte unter ihnen. Anfangs war das Gebäude eine gewöhnliche römische Villa mit Mosaik-Böden, bemalten Wänden und einem Innenhof mit Brunnen als bedeutendstem Element. Die Villa wurde dann im 4. Jahrhundert n. Chr. erweitert, als zum ursprünglichen Haus ein Westflügel hinzukam.[12]

Baptisterium

Ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. blühte hier das Christentum auf und die Stadt bekam einen eigenen Bischof. Das Baptisterium und die Basilika wurden im frühen 6. Jahrhundert errichtet. 1928 entdeckte die italienische archäologische Mission das Baptisterium. Es ist nach der Hagia Sophia das zweitgrößte auf dem Balkan. Bedeutend ist vor allem der kreisförmige Mosaik-Boden, der Arbeitern aus Nikopolis zu verdanken ist.[13]

Basilika

Die große Basilika wurde im frühen 6. Jahrhundert zusammen mit dem Baptisterium erbaut. Sie war Sitz eines Bischofs bis ins 16. Jahrhundert, als dieser nach Glyky bei Arta in Nordwestgriechenland wechselte. Die Basilika bestand aus einem Langhaus mit Seitenschiffen, einem Querhaus und der Apsis. Der gesamte Boden war mit Mosaiken verziert. Die bis zu fünf Meter hohen Arkaden trennten das Langhaus von den Seitenschiffen.[14]

Literatur

  • Johannes Bergemann: Die römische Kolonie von Butrint und die Romanisierung Griechenlands. Studien zur antiken Stadt. Bayer. Akad. d. Wiss., Komm. zur Erforschung d. Antiken Städtewesens 2. Pfeil, München 1998. ISBN 3-931516-28-8
  • Neritan Ceka: Butrint. A guide to the city and its monuments. London 1999.
  • Neritan Ceka: Buthrotum its history and monuments. Tirana 2002. ISBN 99927-801-2-6
  • Neritan Ceka: Buthrotum. Seine Geschichte und seine Bauwerke, Tirana 2005. ISBN 99943-672-6-9
  • Oliver J. Gilkes: The theatre at Butrint. Luigi Maria Ugolini's excavations at Butrint, 1928-1932. London 2003. ISBN 0-904887-44-8
  • Richard Hodges: Byzantine Butrint. Excavations and surveys 1994 - 99. Oxbow, Books Oxford 2004. ISBN 1-84217-158-5
  • Luigi M. Ugolini: L'acropoli di Butrinto. Roma 1942.
  • Luigi M. Ugolini: Butrinto. Il mito d'Enea; gli scavi. Roma 1937.
  • Martin Uhrmacher, Udo Fleck: Auf Aeneas' Spuren. in: Archäologie in Deutschland. Konrad Theiss, Stuttgart 2001,4, S. 58-63. ISSN 0176-8522
  • Jarrett A. Lobell: Ages of Albania. The ruins at Butrint reflect an extraordinary history, from the rise of the Iron Age to the fall of the Iron Curtain. In: Archaeology 59,2(2006) Abstract hier.
  • Richard Hodges et. al.: Late Roman Butrint. Albania: survey and excavations, 1994-98. In: Archeologia Medievale 27(2000), 241-257.

Weblinks

 Commons: Butrint – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag in der UNESCO-Liste. Abgerufen am 10. Oktober 2011 (englisch).
  2. http://www.butrint.org/explore_14_5.php
  3. Eastern Daily Press vom 12. Oktober 2009: Norfolk man looks after heritage site. Abgerufen am 13. Oktober 2009.
  4. The Theatre and the Treasury. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011.
  5. The Theatre. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011.
  6. Theater von Buthrotum. theatrum.de, abgerufen am 11. Oktober 2011.
  7. Saranda-Butrint. Timediver, abgerufen am 11. Oktober 2011.
  8. The Sanctuary of Asclepius. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011 (englisch).
  9. The healing god Asclepius. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011 (englisch).
  10. The aqueduct. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011 (englisch).
  11. The Forum. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011 (englisch).
  12. A private residence - the triconch palace. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011 (englisch).
  13. The Baptistery and early christian Butrint. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011 (englisch).
  14. The Great Basilica. butrint.org, abgerufen am 11. Oktober 2011 (englisch).

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