Operation Neptune’s Spear

Operation Neptune’s Spear
Das Anwesen Bin Ladens in Abbottabad – schematische Grafik

Operation Neptune’s Spear (auch Operation Neptune Spear, Abbottabad Operation oder Operation Geronimo) war ein Militäreinsatz der USA in Pakistan am 2. Mai 2011, bei dem Osama bin Laden, der Gründer und Anführer des Terrornetzwerks al-Qaida, getötet wurde.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Qualifikations- und Tätigkeitsabzeichen Navy Special Warfare Trident insignia der SEALs

Die offizielle Bezeichnung bezieht sich auf den Dreizack des Meeresgottes Neptun, den als Zeichen ihrer Qualifikation und Tätigkeit auch das Special Warfare Insignia der Navy SEALs enthält.

In der Presse erschien „Geronimo“ - der Name eines legendären Apachen-Häuptlings, der den Ruf hatte, keine Spuren zu hinterlassen - zunächst irrtümlich als Codename der Operation.[1] Die US-Regierung gab dann aber bekannt, dass dies der Codename für Bin Laden selbst war. Mit dem Funkspruch „Geronimo EKIA“ (Enemy Killed In Action: „Feind im Kampf getötet“) gaben beteiligte US-Soldaten im Verlauf der Aktion seine Tötung bekannt.[2] Nach Angaben Beteiligter bezeichnete das Codewort „Geronimo“ den Buchstaben G, der im internen Funkverkehr für die siebte und letzte Stufe der geplanten Aktion stand: Bin Laden zu fangen oder zu töten. Mit „Geronimo EKIA“ habe man den Abschluss des Gesamtauftrags bekannt gegeben.[3]

Vertreter der indigenen Bevölkerung Nordamerikas kritisierten dieses Codewort als Verleumdung, da es einen terroristischen Massenmörder mit dem historischen Apachenhäuptling vergleiche.[4]

Vorgeschichte

Bin Ladens Haus mit Außentor

Bin Ladens Anwesen

Bin Laden wohnte seit 2006 in einem Anwesen in der nordpakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Vorort Bilal Town etwa vier Kilometer vom Stadtzentrum von Abbottabad, knapp einen Kilometer von der dortigen Kakul Militärakademie,[5] etwa 50 Kilometer nordöstlich von der Hauptstadt Islamabad entfernt.

Der Gebäudekomplex wurde regional Waziristan Haveli genannt, weil ein Verbindungsmann Bin Ladens, der den Bau des Gebäudes organisierte, aus der Region Wasiristan kam.[6] Das Anwesen wurde von 2003 bis 2005 gebaut. Als Bauunternehmer gilt Noor Mohammed, als Statiker Gul Mohammed. Eigentümer des Gebäudes war Bin Ladens persönlicher Kurier Abu Ahmad al-Kuwaiti. Der Wert der Anlage wird auf 250.000 US-Dollar geschätzt.[7]

Das Grundstück ist etwa 3.500 m² groß und vollständig von einer zwischen drei und 5,5 Meter hohen, mit Stacheldraht gekrönten Mauer umgeben. Diese hat zwei Tore, die zugleich als Sicherheitsschleuse dienten. Ferner gibt es eine Reihe von Überwachungskameras sowie mehrere Satellitenschüsseln.[8]

Auf dem Grundstück wurden mehrere Gebäude errichtet. Das Hauptgebäude besteht aus drei Stockwerken. Es unterscheidet sich von außen nur aufgrund seiner Größe und seinen Sicherheitseinrichtungen von den Gebäuden der Umgebung,[9] etwa besonders kleine Fenster und einen mit einer etwa 2,10 hohen Mauer als Sichtblende umgebenen Balkon im obersten Stock. Das Haus hatte keinerlei Telefonleitungen und Internetverbindungen.[10]

Vergleich des Grundstückes 2004 und 2011

Bin Laden, einige seiner Frauen und Kinder sowie sein Kurier und dessen Familie sollen am 6. Januar 2006 dort eingezogen sein.[11] Am 1. Mai 2011 befand sich ein etwa 1000 m² großer, sorgfältig gepflegter Gemüsegarten mit Kohl, Kartoffeln und Cannabis auf dem Gelände. Ferner wurde eine Kuh und viele Hühner gehalten. Man nimmt an, dass es auch eine autarke Wasserversorgung mit einem Brunnen gab.[12] Anders als bei den Nachbarn wurde sämtlicher Müll im Haus Bin Ladens auf dessen Grundstück verbrannt und nicht zur Abholung auf den Fahrweg gestellt.[8]

Fahndung

2006 gaben die Fahnder der CIA es auf, primär Spuren von Zeugenaussagen zu verfolgen, die angeblich Bin Laden oder ihm ähnelnde Personen gesehen hatten, weil dies keine Ergebnisse gebracht hatte. Sie konzentrierten sich stattdessen nun auf Personen, die als Kuriere Bin Ladens galten oder als solche enttarnt werden konnten.

2007 erfuhren US-Geheimdienstler durch Aussagen des im Irak gefangenen al-Qaida-Mitglieds Hassan Ghul und weiterer Gefangener in Guantanamo Bay den Spitznamen Abu Ahmad al-Kuwaiti eines möglichen persönlichen Kuriers für Bin Laden. Die danach befragten hochrangigen al-Qaida-Mitglieder Abu Faradsch al-Libi und Khalid Shaikh Mohammed, der als Hauptplaner der Terroranschläge am 11. September 2001 gilt, bestritten jedoch, diesen Namen zu kennen. Dieser Widerspruch zu den Aussagen anderer Gefangener verstärkte die Annahme der Fahnder, es könne sich um einen persönlichen Vertrauten Bin Ladens handeln. Erst Monate später gab Khalid Mohammed zu, Kuwaiti zu kennen, behauptete jedoch, dieser sei kein al-Qaida-Mitglied mehr und für Bin Laden unwichtig.

Zunächst fanden die Fahnder Al-Kuwaitis Realnamen und Wohnort nicht heraus. Erst im August 2010 konnten sie diesen ermitteln, nachdem sie Telefonate mit seinen Kontaktpersonen oder Verwandten abgehört hatten und ihm bis zu Bin Ladens Haus in Abbottabad gefolgt waren. Dessen Größe und Abschirmung ließen sie vermuten, dass dort jemand von al-Qaidas Führungspersonen wohnen müsse.[13]

Aktionspläne

Bis Februar 2011 sammelten die Fahnder der USA weitere Indizien und beobachteten das Anwesen; so fanden sie heraus, dass der Kurier mit seiner Frau das Nebengebäude, weitere Familien die oberen beiden Stockwerke des Hauptgebäudes bewohnten. Sie sahen einmal auch einen großen Mann im Innenhof spazieren gehen.[14] Dies bestärkte ihre Annahme, dass sich Bin Laden selbst in dem Anwesen versteckte. Sie begannen dann, mögliche Aktionspläne auszuarbeiten. Am 14. und 29. März sowie am 12., 19. und 28. April 2011 traf sich das National Security Council mit US-Präsident Barack Obama, um die Aktionsmöglichkeiten zu beraten.[15]

Im März autorisierte Obama zunächst einen Plan für die Bombardierung des Areals, ließ diesen aber nicht ausführen, um Bin Ladens Identifizierung sicherzustellen und das Risiko, Unbeteiligte zu töten, zu verringern.[16] Obama schloss auch einen gemeinsamen polizeilichen Zugriff mit Pakistans Sicherheitskräften aus, um kein Risiko einer Indiskretion und möglichen Warnung Bin Ladens durch Pakistaner einzugehen. Er entschied sich für einen nur von US-Soldaten durchgeführten heimlichen Bodenangriff, der große Risiken für ihr Leben bedeutete.[17] Dabei habe, so seine nachträgliche Aussage, nur eine auf 55% geschätzte Wahrscheinlichkeit bestanden, dass sich Bin Laden tatsächlich in dem Haus aufhalten würde.[18]

Ab März begannen etwa 40 Marinesoldaten in den USA mit einem Training für die geplante Aktion, das sie ab April auf der Bagram Air Base, Afghanistan, fortsetzten. Dort bauten sie ein Modell des gesamten Grundstücks und der Bauten auf, um den Angriff zu üben.[19]

Am 29. April ordnete Obama die Durchführung dieses Plans für den 1. Mai an.[20] Als Gründe für den Termin gaben Beteiligte später die mondlose Nacht, die einen unbemerkten Anflug erleichtern sollte, sowie die Furcht vor dem Durchsickern des Aktionsplans an, der die Durchführung vereitelt und Bin Laden dauerhaft jedem Zugriff in Pakistan entzogen hätte.[14]

Verlauf

Das United States Joint Special Operations Command (JSOC) unter Vizeadmiral William H. McRaven leitete die Operation von Bagram aus.[21] Eine Spezialeinheit der Navy SEALs, die Red Squadron der United States Naval Special Warfare Development Group (DEVGRU, früher Team Six genannt), führte sie in der Nacht vom 1. zum 2. Mai 2011 durch. Ihren Lufttransport übernahm das 160th Special Operations Aviation Regiment (Airborne).[22][23][24] Insgesamt waren 79 Soldaten und ein Diensthund beteiligt.[25] Der Hund sollte möglichen Sprengstoff und die Annäherung fremder Personen im Gebäude wittern und davor warnen.[14]

Die Einsatzkräfte wurden mit vier Hubschraubern, zwei MH-47 Chinook und zwei modifizierten MH-60 „Black Hawk“, in das Einsatzgebiet geflogen. Die Lufttemperatur war um 8,3 °C (17 °F) höher als angenommen und erschwerte die Flugbedingungen. Die MH-47 wurden auf Abruf in der Nähe von Bin Ladens Anwesen gelandet, die zwei anderen Hubschrauber flogen das Hauptgebäude an.[26] Geplant war, einen davon auf dem Hausdach zu landen, den anderen auf dem Grundstück, um dann das Hauptgebäude von oben und unten gleichzeitig zu erstürmen und so die Bewohner überraschen zu können.[14]

Ein Black Hawk geriet jedoch während des Schwebefluges in ein Wirbelringstadium und musste notlanden; dabei prallte er mit dem Heckrotor gegen eine Umfassungsmauer. Er wurde von den Einsatzkräften zurückgelassen und nach der Erstürmung der Gebäude gesprengt.[27] Anhand von Fotografien seines intakten Heckrotors erklärten Experten der Helikopterindustrie, es handele sich um einen unbekannten, nichtöffentlich umgebauten Black Hawk mit Tarnkappentechnik. Damit wird erklärt, dass der Anflug durch Pakistan gelang, ohne dass dessen Luftabwehr ihn bemerkte.[28]

Jeder der beiden MH-60 war mit etwa 12 Mann besetzt. Diese Zugriffsteams[29] wurden mit Hilfe von Fast-Roping aus den Hubschraubern abgesetzt, sprengten Breschen in die Mauern und stürmten auf zwei Gebäude im Innenhof zu. Die Soldaten teilten sich in zwei Gruppen auf. Abu Ahmad al-Kuwaiti hielt sich im Erdgeschoss eines Nebengebäudes auf und schoss hinter einer Tür hervor auf die erste Gruppe, als diese in das Gebäude eindrang. Er soll, wie sich im Nachhinein herausstellte, der einzige Bewaffnete auf dem Anwesen gewesen sein. Im Verlauf des von ihm eröffneten Gefechts sollen die US-Soldaten ihn und seine Frau erschossen haben.[30] Nach anderen Angaben soll er seine Frau als Schutzschild benutzt haben, so dass beide erschossen wurden.[31]

Die zweite Gruppe stürmte das Hauptgebäude. Im Treppenhaus erschossen die Soldaten Kuwaitis Bruder, der die Hand verdächtig hinter dem Rücken gehalten haben soll, sich aber als unbewaffnet herausstellte.[32] Auch ein Sohn Bin Ladens wurde erschossen, als er die Treppe hinunter schaute, die die Soldaten hinaufstürmten.[31] Nach anderen Berichten befand sich der Sohn mit Bin Laden in dessen Schlafzimmer und wurde dort mit ihm erschossen.[33]

Bin Laden soll sich zusammen mit seiner jüngsten Ehefrau und einer Tochter in einem Raum im zweiten Stock befunden haben. Nach ersten Angaben des Präsidentenberaters John O. Brennan soll er sich an einem von seinen Begleitern eröffneten Feuergefecht beteiligt und seine Frau als Schutzschild benutzt haben; dabei sei sie mit ihm erschossen worden. CIA-Direktor Leon Panetta gab an, Bin Laden habe bedrohliche Bewegungen gemacht und sei deshalb erschossen worden.[31] Laut Panetta waren Bargeld im Wert von 500 Euro sowie zwei Telefonnummern in Bin Ladens Kleidung eingenäht: Demnach sei er auf eine Flucht vorbereitet gewesen.[34]

Einige dieser Angaben korrigierte Weißes-Haus-Sprecher Jay Carney am 2. Mai: Bin Laden sei unbewaffnet gewesen, die getötete Frau sei nicht seine Ehefrau gewesen, diese sei nur verletzt worden. Bin Laden sei durch je einen Schuss in die Brust und den Kopf getötet worden. Ob und wie er Widerstand geleistet haben soll, ließ Carney offen.[35] Nach Aussage eines ungenannten Regierungssprechers soll die Frau Bin Ladens Namen gerufen und sich zwischen ihm und den Soldaten postiert haben, bevor sie verletzt und er erschossen wurde.[36] Nach am 4. Mai 2011 veröffentlichten Aussagen einzelner Beteiligter soll Bin Laden mit einem Gewehr und einer Pistole in Armreichweite angetroffen und erschossen worden sein, nachdem er kein Anzeichen gezeigt habe, sich ergeben zu wollen.[37] Nach am 17. Mai veröffentlichten Angaben von offiziellen Beobachtern der Aktion hätten drei US-Soldaten Bin Laden am Ende des Flures im 2. Stock angetroffen, ihn erkannt und seien ihm in sein Schlafzimmer gefolgt. Dort hätten zwei Frauen versucht, Bin Laden zu schützen; der erste Soldat habe sie beiseite geschoben, der hinter ihm habe Bin Laden sofort erschossen. Erst als der Tote fotografiert worden sei, habe man zwei Waffen in einem Regal bei der Zimmertür gefunden.[14]

Diesen Tathergangsversionen widersprachen pakistanische Berichte vom 5. Mai 2011: Danach soll Bin Ladens 12-jährige Tochter Safia in pakistanischen Verhören ausgesagt haben, er sei erst nach seiner Festnahme und erst beim Transport zum Hubschrauber im Erdgeschoss am Boden liegend aus nächster Distanz exekutiert worden.[38] Nach anderen Angaben des pakistanischen Geheimdienstes Inter-Services Intelligence soll sie dagegen nur gesagt haben, sie habe die Erschießung ihres Vaters aus nächster Nähe beobachtet.[31]

Keiner der beteiligten Soldaten sei verletzt worden. Obama habe im Vorfeld gemahnt, dass ihre Sicherheit Vorrang habe: Sie sollten Bin Laden keine Gelegenheit zu tödlichen Schüssen geben.[39] Nach Aussagen eines Sicherheitsberaters der US-Regierung war dem Sealteam eine gezielte Tötung befohlen worden; die Soldaten hätten keine Gefangennahme Bin Ladens beabsichtigt.[40] Dem widersprachen Regierungssprecher: Man habe zwar angenommen, dass die Aktion leicht mit Bin Ladens Tötung enden könne, diese aber nicht von vornherein angestrebt, sondern auch seine mögliche Festnahme eingeplant. Der bei derartigen Antiterroraktionen übliche Auftrag „Töten oder Fangen“ verlangt jedoch keine bestimmten Vorkehrungen für das Überleben der Zielperson.[41] Auch der ehemalige US-Marinesoldat und Buchautor Chuck Pfarrer bestritt nach Interviews mit beteiligen Navy Seals im November 2011, dass die Aktion einen Tötungsauftrag ausgeführt habe. Dafür hätte man kein Sealsteam benötigt. Dieses sei auf dem Gebäudedach gelandet. Bin Laden sei nur 90 Sekunden nach Beginn der Erstürmung wegen seines Griffs zu seiner Waffe erschossen worden.[42] Es habe keine langen Schusswechsel gegeben; insgesamt hätten die US-Soldaten nur 12 Schüsse abgegeben.[43]

Insgesamt töteten die US-Soldaten fünf Personen in dem Anwesen. Neben Bin Ladens Leichnam stellten sie drei AK-47-Sturmgewehre, zwei Pistolen, mehrere Handys[44], über 100 Speichermedien wie USB Sticks, DVDs und Computerdisketten sowie zehn Computerfestplatten, fünf Computer und große Mengen von Schriftstücken im Haus sicher. Die ganze Operation auf dem Gelände dauerte 38 Minuten.[30]

Der Nationale Sicherheitsrat verfolgt die Operation im Situation Room des Weißen Hauses.

Die Aktion wurde mit Helmkameras der beteiligten Soldaten über Satellit direkt in das Weiße Haus übertragen. Neben Obama beobachteten Vizepräsident Joe Biden, Außenministerin Hillary Clinton, Verteidigungsminister Robert Gates, der Vorsitzende der Joint Chiefs of Staff Admiral Michael G. Mullen und der stellvertretende Kommandeur des JSOC Brigadegeneral Marshall B. Webb den Einsatz. Entgegen ersten Meldungen empfingen sie nach der Landung der Hubschrauber etwa 23 Minuten lang keine Live-Bilder von der Erstürmung des Hauses und Tötung Bin Ladens, hörten aber den Funkruf Geronimo EKIA.[45] Darauf habe Obama gesagt: Wir haben ihn.[46]

Bin Ladens Leichnam wurde nach US-Regierungsangaben am Tatort fotografiert und dann nach Afghanistan ausgeflogen, wo eine DNS-Analyse und deren Vergleich mit DNS-Material seiner in den USA verstorbenen Schwester seine Identität bestätigt habe.[47] Dann wurde er an Bord des Flugzeugträgers USS Carl Vinson gebracht und dort laut Aussage John Brennans „in strikter Übereinstimmung mit islamischen Vorschriften und Riten“ gegen 11:00 Uhr Ortszeit an unbekannter Stelle im Arabischen Meer versenkt. Demnach wurde er zuvor gewaschen, in weiße Baumwolle gehüllt, in eine beschwerte Umhüllung gesteckt und nach Verlesung von Koran-Versen bestattet.[48]

Alarmierte pakistanische Kampfflugzeuge trafen erst nach dem Abzug der US-Soldaten in Abbottabad ein. Nach verschiedenen Aussagen pakistanischer Beamter fand die pakistanische Polizei dort am frühen Morgen des 2. Mai zwei Witwen Bin Ladens und neun bzw. 14 Kinder im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren gefesselt, einige mit leichten Verletzungen, vor und nahm sie in Gewahrsam. Drei männliche und eine weibliche Tote wurden geborgen: Dabei soll es sich um den Kurier Abu Ahmed al-Kuwaiti, dessen Frau, seinen Bruder (zugleich ein Leibwächter Bin Ladens) und Bin Ladens Sohn Ibrahim (Alter 21) handeln.[49] Spätere Berichte nannten 17 lebende und zurückgelassene Personen, darunter drei Witwen, zwei Söhne, eine Tochter und vier Enkelkinder Bin Ladens[50]. Andere berichten von 27 Personen, davon 18 Kinder und neun Frauen.[14]

Fernsehansprache von US-Präsident Obama zur Tötung Bin Ladens, 1. Mai 2011, ab 23:35 Uhr (Ortszeit)

Reaktionen

Befürwortung und Warnungen

Am 1. Mai 2011 gegen 22:45 Uhr Ortszeit verbreiteten US-Medien die durchgesickerte Todesnachricht. Um 23:35 Uhr hielt Obama eine angekündigte TV-Rede an die Nation und gab Bin Ladens Tötung bekannt. Diese löste besonders in den USA weithin Jubel, Erleichterung und Lob für Obama,[51] aber auch Warnungen vor Racheakten aus.[52]

Spontane Demonstration am Ground Zero

Kritik

Das Vorgehen der USA wurde international diskutiert und vielfach als mit dem Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit unvereinbare Exekution kritisiert.[53] Auch die Seebestattung fand Kritik.[54]

Darauf erklärte Regierungssprecher Jay Carney am 4. Mai 2011:[55]

„Das Team war dazu ermächtigt worden, Osama bin Laden zu töten, außer wenn er anbot, sich zu ergeben. In diesem Fall war das Team gehalten, diese Aufgabe anzunehmen, falls es dies sicher tun konnte. Die Operation wurde in einer Weise ausgeführt, die ganz mit den Gesetzen des Krieges übereinstimmte. Die Operation war geplant, so dass das Team auf eine Festnahme Bin Ladens vorbereitet und dafür ausgerüstet war.
Ohne Frage war diese Operation legal. Bin Laden war der Führer von Al Qaeda, der Organisation, die die Anschläge des 11. September 2001 ausführte, und Al Qaeda und Bin Laden selbst haben weiterhin Anschläge gegen die Vereinigten Staaten geplant. Wir handelten zur Selbstverteidigung der Nation. Die Operation wurde auf eine Weise durchgeführt, die mögliche zivile Opfer vermindern und gänzlich vermeiden sollte. Und ich darf ergänzen, dies wurde mit großem Risiko für Amerikaner getan.“

Buchautor Chuck Pfarrer warf der US-Regierung im November 2011 eine verfrühte Bekanntgabe der Erschießung Bin Ladens vor: Dadurch seien andere hochrangige Al-Qaida-Mitglieder gewarnt worden und hätten fliehen können.[56]

Debatte um Folterpraktiken

Einige der Gefangenen, deren Aussagen zur Entdeckung des Aufenthaltsortes Bin Ladens geführt hatten, waren während ihrer Haft auch Verhörmethoden wie dem Waterboarding ausgesetzt worden, die international als Folter gelten. Deshalb flammte in den USA die Debatte um diese Methoden erneut auf.

So behauptete der frühere Generalstaatsanwalt Michael B. Mukasey am 6. Mai 2011, Kahlid Shaik Mohammed und Abu Faraj al-Libi hätten wegen des Waterboardings den Spitznamen des Kuriers und andere Details über ihn preisgegeben.[57] Der Anfang des Jahres als Präsidentschaftskandidat gehandelte Donald Trump behauptete am 11. Mai, ohne Folter wäre Bin Laden nicht gefasst und getötet worden.[58]

Dem widersprach John McCain, Obamas Gegenkandidat bei den Präsidentschaftswahlen von 2008, am 5. Mai und 12. Mai öffentlich: CIA-Direktor Panetta habe ihm auf Nachfrage versichert, dass nicht Khalid Mohammed, sondern ein in einem anderen Land inhaftierter, nicht gefolterter Gefangener den Namen des Kuriers zuerst erwähnt habe. Dessen Klarnamen habe keiner der Gefangenen preisgegeben, die dem Waterboarding ausgesetzt worden seien. Khalid Mohammed habe deswegen im Gegenteil falsche und irreführende Aussagen über den Kurier gemacht. Er forderte Mukasey und andere zur Korrektur ihrer Behauptungen auf. Die harten Verhörmethoden seien als Folter zu definieren und damit nach US-Gesetzen illegal und mit amerikanischer Identität unvereinbar.[59] Mukasey bekräftigte jedoch am 12. Mai, Khalid Mohammed habe den Namen des Kuriers und weitere Terrorpläne infolge von Waterboarding aufgedeckt; dieses sei sowohl effektiv als auch legal gewesen.[60]

Aus einer genauen Gegenüberstellung ihrer Aussagen folgerte ein Kommentator der Washington Post, der entscheidende Hinweis auf Bin Ladens Aufenthaltsort sei wahrscheinlich nicht durch Folter zustande gekommen, da Mukasey nur vom Spitznamen gesprochen und diesen nicht als entscheidende Spur behauptet, sondern dies nur sprachlich nahegelegt habe.[61]

Literatur

  • Chuck Pfarrer: Seal Target Geronimo: The Inside Story of the Mission to Kill Osama Bin Laden. St. Martins Press, New York 2011, ISBN 978-1-250-00635-6.

Weblinks

 Commons: Tod Osama bin Ladens – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. For God and Country Geronimo, Geronimo, Geromimo, Meldung von CBN vom 3. Mai 2011, abgerufen am 5. Mai 2011
  2. Elizabeth Flock (Washington Post, 3. Mai 2011: Geronimo code name for bin Laden: ‘We got him’
  3. AP/Huffington Post, 17. Mai 2011: Osama Bin Laden Dead: Raiders Knew Mission A One-Shot Deal
  4. Indianer sprechen von Verunglimpfung: Kritik am Codenamen „Geronimo“ für den Tod bin Ladens, RP Online vom 4. Mai 2011
  5. Willi Germund (Stuttgarter Zeitung, 3. Mai 2011): Osama bin Laden in Pakistan: Komplizenschaft oder Ahnungslosigkeit?
  6. What was life like in the Bin Laden compound?, BBC, 3. Mai 2011
  7. Declan Walsh: Osama bin Laden hideout 'worth far less than US claimed, The Guardian, 4. Mai 2011]
  8. a b Patricia Zengerle, Alister Bull: Bin Laden was found at luxurious Pakistan compound und Reuters, 2. Mai 2011, abgerufen am 16. Mai 2011.
  9. Abbottabad, The Peaceful Pakistani City Where Osama Bin Laden Met His Violent End, 2. Mai 2011, Radio Free Europe/Radio Liberty
  10. Matt Apuzzo (Associated Press, 3. Mai 2011): Inside the raid that killed bin Laden
  11. Osama Bin Laden's builder insists he only knew his boss as The Master, The Sun-UK; abgerufen am 16. Mai 2011
  12. Osama bin Laden family compound, in: The Guardian-UK, 6. Mai 2011
  13. RJR-News, 3. Mai 2011: Operation ‘Geronimo’: Tracking bin Laden; Veit Medick, Yassin Musharbash (Der Spiegel, 3. Mai 2011): Bin Ladens Ende: Die Spur zum Kurier des Todes
  14. a b c d e f AP/Huffington Post, 17. Mai 2011: Osama Bin Laden Dead: Raiders Knew Mission A One-Shot Deal
  15. The New (2. Mai 2011): New York Times, 2. Mai 2011: ''Timeline: The Intelligence Work Behind Bin Laden’s Death''. Thecaucus.blogs.nytimes.com. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  16. ABC-News, 2. Mai 2011: In March, President Obama Authorized Development of Plan to Bomb Compound but Wanting Evidence of OBL’s Death, Did Not Execute
  17. Huffington Post, 5. Mai 2011: Osama Bin Laden Death: Obama Ran Serious Risks With Mission To Kill Terrorist Leader
  18. CBS-News, 8. Mai 2011: Obama on bin Laden: The full "60 Minutes" interview
  19. Elizabeth Stuart (Deseret News, 3. Mai 2011): ''Navy SeaLs who took down bin Laden trained hard''. Deseretnews.com (3. Mai 2011). Abgerufen am 19. Mai 2011.
  20. The New (2. Mai 2011): New York Times, 2. Mai 2011: ''Timeline: The Intelligence Work Behind Bin Laden’s Death''. Thecaucus.blogs.nytimes.com. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  21. Craig Whitlock (The Washington Post, 6. Mai 2011): ''Admiral tanned from Texas led bin Laden Raid''. Newsessentials.wordpress.com (7. Mai 2011). Abgerufen am 19. Mai 2011.
  22. Michael Cass: Obama thanks troops at Fort Campbell. In: Military Times. 6. Mai 2011, abgerufen am 7. Mai 2011 (englisch).
  23. Sean D. Naylor: SEALs in bin Laden raid drawn from Red Squadron. In: Marine Corps Times. 5. Mai 2011, abgerufen am 7. Mai 2011 (englisch).
  24. David Crane: Osama Bin Laden (OBL) Shot DEAD via Double-Tap to the Head in Firefight with U.S. Strike Team (U.S. Navy DEVGRU Spec-Operators) During Direct Action (DA) Mission on „Huge Compound“ Deep inside Pakistan. Confirmed. Defense Review, 1. Mai 2011, abgerufen am 3. Mai 2011.
  25. New York Times, 3. Mai 2011: ''Obama Calls World ‘Safer’ After Pakistan Raid''. Nytimes.com. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  26. Inside the Osama bin Laden Strike: How America Got Its Man, TIME vom 3. Mai 2011.
  27. Detective Work on Courier Led to Breakthrough on Bin Laden www.nytimes.com
  28. Christopher Drew (New York Times, 5. Mai 2011): Attack on Bin Laden Used Stealthy Helicopter That Had Been a Secret
  29. Page 2 of 2 (4. Mai 2011): ABC News, 8. Mai 2011: ''Navy SEALs Who Captured, Killed Osama Bin Laden Return to United States''. Abcnews.go.com. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  30. a b Mark Landler, Mark Mazetti (New York Times, 4. Mai 2011): Account Tells of One-Sided Battle in Bin Laden Raid
  31. a b c d Robert Booth: The killing of Osama bin Laden: how the White House changed its story | World news. The Guardian. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  32. Jagd auf bin Ladin (Startseite, NZZ Online). Nzz.ch. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  33. Calvin Woodward (AP/CBS, 5. Mai 2011): Inside bin Laden's lair with SEAL Team Six
  34. US-Einsatz gegen bin Laden: Osama war auf Flucht vorbereitet, stern.de vom 4. Mai 2011.
  35. Josh Gerstein, Matt Negrin (Politico, 2. Mai 2011): White House changes Osama bin Laden account
  36. Los Angeles Times, 3. Mai 2011: Obama's gamble
  37. Mark Landler, Mark Mazetti (New York Times, 4. Mai 2011): Account Tells of One-Sided Battle in Bin Laden Raid
  38. Umer Farooq (Asharq al-Awsat, 5. Mai 2011): US forces captured Al Qaeda chief alive then executed him – Bin Laden’s daughter
  39. Mark Landler, Mark Mazetti (New York Times, 3. Mai 2011): New U.S. Account Says Bin Laden Was Unarmed During Raid
  40. Mark Hosenball (Reuters.com, 3. Mai 2010): U.S. team’s mission was to kill bin Laden, not capture
  41. Michael Scherer (Time Swampland, 2. Mai 2011): Official: Bin Laden Mission Was Kill Or Capture, Not Just Kill
  42. Tagesanzeiger, 8. November 2011: Fataler Griff zur Kalaschnikow
  43. Die Welt, 8. November 2011: [http://www.welt.de/politik/ausland/article13704875/Es-roch-wie-im-Schlafzimmer-einer-alten-Frau.html „Es roch wie im Schlafzimmer einer alten Frau“
  44. Osama Bin Laden Raiders Encountered False Door, Found Small Arsenal in Compound, ABC News, 5. Mai 2011, abgerufen am 16. Mai 2011
  45. Obama sah Todesschüsse nicht live, Welt Online vom 5. Mai 2011.
  46. Bill Plante (CBS News, 2. Mai 2011): Obama on news of bin Laden death: "We got him"
  47. Report: DNA At Mass. General Confirms bin Laden’s Death, WCVB Boston, 2. Mai 2011.
  48. Der Spiegel, 7. Mai 2011: Ende eines Massenmörders
  49. Umer Farooq (Asharq al-Awsat, 5. Mai 2011): US forces captured Al Qaeda chief alive then executed him – Bin Laden's daughter
  50. Hasnain Kazim (Der Spiegel, 7. Mai 2011): ''Bin Ladens Leben in Pakistan: Was die junge Witwe aussagt''. Spiegel.de (7. Mai 2011). Abgerufen am 19. Mai 2011.
  51. Entschlossenes Zugreifen wird Obama hoch angerechnet, NZZ vom 4. Mai 2011, abgerufen am 5. Mai 2011.
  52. Terror: US-Spezialkräfte töten Osama Bin Laden, Spiegel Online vom 2. Mai 2011; Interpol sieht nach Tod Bin Ladens erhöhte Terrorgefahr, stern.de
  53. Beispiele: Frankfurter Rundschau; NZZ
  54. sueddeutsche.de GmbH, Munich, Germany (2. Mai 2011): (2. Mai 2011). sueddeutsche.de. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  55. Robert Mackey (5. Mai 2011): Robert Mackey, Elizabeth A. Harris (New York Times, 5. Mai 2011): ''Updates on the Killing of Bin Laden''. Thelede.blogs.nytimes.com. Abgerufen am 19. Mai 2011.
  56. Tagesanzeiger, 8. November 2011: Fataler Griff zur Kalaschnikow
  57. Michael B. Mukasey (The Wall Street Journal, 6. Mai 2011): The Waterboarding Trail to bin Laden
  58. Catherine Chomiak (NBC-News, 11. Mai 2011): Trump: 'Torture' led to catching bin Laden
  59. MSNBC, 5. Mai 2011: McCain says torture did not lead to bin Laden; John McCain (Washington Post, 12. Mai 2011): Bin Laden’s death and the debate over torture
  60. Marc A. Thiessen (Washington Post, 12. Mai 2011): Mukasey responds to McCain’s op-ed
  61. Glenn Kessler (Washington Post, 16. Mai 2011): McCain vs. Mukasey on CIA tactics and the trail to Osama bin Laden
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