- Geronimo
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Gokhlayeh oder Goyathlay (eigentlich Bedonkohe Goyaałé „der Gähnende“, * 16. Juni 1829; † 17. Februar 1909 in Fort Sill, Oklahoma), später genannt Geronimo, war der Kriegshäuptling und Schamane (Diyin) einer Gruppe der Bedonkohe-Inde. Sein Widerstand gegen das Vordringen der Truppen der USA und Mexikos machte ihn zu einem der bekanntesten Indianer Nordamerikas.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Der Mann, der als Geronimo (spanische Form des Namens Hieronymus) bekannt wurde, hieß eigentlich Gokhlayeh „einer, der gähnt“. Diesen Namen wählte sein Vater, da der Junge immer sehr müde war und oft gähnte. Sein Vater war Taklishim, auch „The Gray One“ genannt, ein Sohn des Chief Mahko,[1] seine Mutter war eine Vollblut-Apache mit dem spanischen Namen Juana.[2] Beide Eltern verlor er bereits 1837, als der Händler James Johnson und seine Skalpjäger während eines Festes, zu dem die Weißen eingeladen hatten, das Feuer auf 400 Apachen eröffneten und anschließend alle toten Apachen skalpierten.[3] Der neue Häuptling und mächtigste Führer der Bedonkohe-Apachen (der auch starken Einfluss in den Gruppen der Chihenne und Chokonen hatte)[4] Mangas Coloradas, nahm sich des Jungen an und machte einen Krieger aus ihm.
Als 1858 die mexikanischen Truppen des Militärgouverneurs des Bundesstaats Sonora, General Jose Maria Carrasco, seine Adoptiv-Mutter, seine Frau und seine drei Kinder töteten, schwor Gokhlayeh Rache. Dazu verbündete er sich mit Cochise, einem Häuptling der Chokonen-Apachen, einer der vier Gruppen der Chiricahua. Mit diesen ging er in seine erste Schlacht gegen die Stadt Sonora, die viele feindliche Soldaten mit dem Leben bezahlten. Von nun an folgten jährliche Angriffe auf mexikanische Städte.
Anführer der Chiricahua
Als Cochise starb, wurde Gokhlayeh von dessen Sohn Naiche und weiteren wichtigen Stammesmitgliedern zum Kriegshäuptling gewählt. Häuptling der Chokonen und der Bedonkohe, die sich diesen angeschlossen hatten, wurde Naiche. Eine andere große, unabhängige Gruppe der Chokonen, führte zu dieser Zeit Chihuahua an, mit seinem Bruder Ulzana als seinem segundo. Die südliche Gruppe der Chiricahua, die Nednhi, wurden von Juh und Natiza geführt, die Chihenne folgten wiederum Victorio und seinem segundo, Nana. Gohkhlayeh war also keineswegs der alleinige Anführer der Chiricahua, oder gar aller Apachen.
Gokhlayeh war unter den Chiricahua ein geachteter und gleichzeitig gefürchteter Schamane (Diyin), manche behaupteten sogar, er sei in Wahrheit ein Hexer, der seinem Volk nur Unglück gebracht hätte. Sein Einfluss beruhte auf seiner Diya, seiner „Kraft“. Die Apache glaubten, er besäße Ndaa K`ehgodih, eine Kraft, die es ermöglichte, die Gedanken der Feinde zu erraten und zu verwirren und dass Kugeln ihr Ziel verfehlten und sich in Wasser auflösten. Zudem besaß er noch Inda-ce-hondi („Enemy-against-Power“), die es ihm ermöglichte, auf einem Kriegs- oder Raubzug die Gesetze von Zeit und Raum aufzulösen. Einmal soll er es laut Augenzeugen sogar geschafft haben, den Sonnenaufgang um ein paar Stunden zu verzögern, damit die Apachen sich in der Dunkelheit anschleichen und angreifen konnten.
Wechselvolle Kämpfe (1876–1886)
1876 erfolgte Gokhlayehs Einweisung in das San-Carlos-Reservat. Dieses Reservat war direkt in der Wüste gelegen, es gab kein Wasser und keine Nahrung. Es war von den unregelmäßigen Lebensmittellieferungen der US-Armee abhängig. Im ersten Jahr starben Hunderte von Apachen an Unterernährung oder Krankheit, im zweiten Jahr waren es nicht weniger. Gokhlayeh litt vor Sorge um sein Volk. So beschloss er, mit den Überlebenden aus dem Reservat auszubrechen. Er ging mit ihnen auf die mexikanische Seite der Sierra-Madre-Berge, ihrer eigentlichen Heimat. Dort waren sie zumindest vor der US-amerikanischen Armee in Sicherheit.
Es folgten bewegte Jahre, die er teils in Mexiko, teils im San-Carlos-Reservat verbrachte. Gokhlayeh brach aus dem verhassten Reservat immer wieder aus. Er und seine Leute unternahmen Angriffe auf kleine Dörfer und Farmen, wie Ures, wo sie Vorräte und Pferde erbeuteten. Dies führte dazu, dass er nicht nur von der US-Armee, sondern auch von den Mexikanern gejagt wurde. 1882 unternahm er einen Überfall auf das Reservat in San Carlos und zwang Loco, einen Häuptling der Chihenne, gewaltsam, sich mit seinen Kriegern und deren Frauen den in Mexiko kämpfenden Apache anzuschließen. Auf dem Weg nach Mexiko gerieten die Apache, unter denen sich auch einige Westliche Apache befanden (die man bei dem Überfall für Chiricahua hielt), in einen Hinterhalt der mexikanischen Armee, wobei fast hundert starben, die meisten Frauen und Kinder. Diese gewaltsame Entführung aus der Reservation sowie die Verluste durch den Hinterhalt werden Gokhlayeh noch heute von den Apache vorgehalten.
1884 brach er ein letztes Mal aus dem Reservat aus, da er beinahe Opfer eines Mordanschlages geworden war. Er führte mit seiner kleinen Schar an Kriegern Guerillakrieg gegen die ihn verfolgenden Truppen und schaffte es geschickt, sich ihnen zu entziehen, indem er die Grenze passierte, da ihm die feindlichen Truppen dorthin nicht folgen durften. Die meiste Zeit hielt er sich mit seinen Männern in der Sierra Madre versteckt.
Gefängnis und Lebensende
Als ein Kopfgeld von über 2.000 Dollar auf ihn ausgesetzt wurde, stellte er sich am 4. September 1886 mit noch 36 verbliebenen von ursprünglich 500 Kriegern den US-Amerikanern unter dem Kommando von General Nelson A. Miles, die ihn jahrelang vergeblich mit 5.000 Soldaten, einem Heliografensystem,[5] 500 Apachen-Scouts, dem Chefscout Al Sieber, 100 Navajo-Scouts und 3.000 mexikanischen Soldaten gejagt hatten. Daraufhin verbrachte er die nächsten drei Jahre im Gefängnis.
Zunächst wurde er in Fort Sam Houston in San Antonio, Texas, gefangen gehalten. Dann schickte man ihn nach Fort Pickens, Florida, in die Verbannung, im Anschluss nach Fort Marion, Alabama, und schließlich 1894 nach Fort Sill in Oklahoma ins Indianerterritorium. Dort konvertierte er 1903 zum Christentum, wurde Methodist und besuchte regelmäßig den Gottesdienst. Gokhlayeh bekam im Reservat ein Stück Land, auf dem er sich ein Haus baute und das übrige Land bebaute.
Im hohen Alter diktierte Gokhlayeh seine Lebensgeschichte einem weißen Autor. Eine Zeit lang wurde dieses Werk nicht veröffentlicht. Erst als Präsident Theodore Roosevelt seine Genehmigung zur Veröffentlichung gab, erschien es. Es gilt allerdings als sicher, dass viele Stellen eine Überarbeitung fanden und es sich nicht um die Originalgeschichte handelt, die Gokhlayeh erzählte.
Sein Wunsch, vor seinem Tod noch einmal in seine Heimat zurückzukehren, wurde nicht erfüllt, er starb am 17. Februar 1909 an einer Lungenentzündung und wurde auf dem Friedhof von Fort Sill bestattet. Einer Legende der Apachen zufolge sang der „letzte Freie Krieger“ auf dem Totenlager folgende Worte „O Ha Le a“, frei übersetzt „Ich warte“. Manche Indianer, auch außerhalb der Apachen, werten diese Worte als „Ich warte auf die Wende des Schicksals“, was die rote Nation bis heute bestärkt.
Grabraub und Petition
Die Skull and Bones Society, darunter Prescott Bush, Großvater von George W. Bush, sollen verschiedenen Quellen zufolge 1918 das Grab Gokhlayehs ausgeraubt und seine Knochen in ihr Kultmuseum gebracht haben.[6]
Der Historiker Marc Wortman entdeckte 2006 einen Brief des Skull-and-Bones-Mitglieds Winter Mead, in dem die Entwendung des Schädels behauptet wird. Der Schädel solle sich in der „Grabhalle“ der Bruderschaft in der Yale-Universität befinden und unter Glas aufbewahrt werden. Mead war allerdings nicht in Fort Sill stationiert, und Historikern zufolge war Geronimos Grab zu der Zeit nicht markiert.[7]
Die Yale-Universität erklärte laut New York Times, dass sie keine Knochen Geronimos aufbewahren würden, aber auch, dass sie nicht für Skull & Bones sprechen könne, da dies eine von der Universität unabhängige Institution sei.[8]
Einige Apachen, darunter Gokhlayehs Urenkel Harlyn Geronimo, forderten in einer Petition an den US-Kongress die Rückgabe der Gebeine Geronimos. Ned Anderson, ein Apachenhäuptling, hatte bereits 1986 mit Unterstützung des FBI George W. Bushs Onkel Jonathan Bush zur Herausgabe des Schädels aufgefordert. Diese Aktionen blieben ohne Erfolg. Das hatte 2009 zur Folge, dass 20 Apachen, darunter Harlyn Geronimo, vor einem Bundesgericht in Washington Klage auf Herausgabe des Schädels erhoben. Als Vertreter der Anklage konnten sie nur den früheren US-Generalbundesanwalt Ramsey Clark gewinnen. Clark sagte denn auch, dass keine „harten“ Beweise vorhanden seien, die bewiesen, dass die Knochen tatsächlich in dem Kultmuseum zu finden seien.
Die Kläger berufen sich auch auf das 1990 erlassene Gesetz zu Schutze und Rückführung indianischer Gräber, dem American Indian Graves Protection and Repatriation Act.[9] Jeff Houser, Vorsitzender der Apachen von Fort Sill, bezeichnet die Nachricht vom Grabraub dagegen als Falschmeldung.[10] Gemäß den Bräuchen der Apachen darf die Totenruhe auf keinen Fall gestört werden, daher kann die An- oder Abwesenheit der Knochen im Grab nicht bestätigt werden.[10]
Zitat
„Ich möchte nun zu gerne wissen, wer es war, der den Befehl gab, mich festzunehmen und zu hängen. Ich lebte friedlich dort mit meiner Familie im Schatten der Bäume und tat genau das, was General Crook mir geraten hatte zu tun. Ich habe oft um Frieden gebeten, aber Ärger kam immer von den Agenten und Dolmetschern. Ich habe nie Unrecht ohne Grund getan, und wenn ihr von Unrecht redet, oder auch nur an Unrecht denkt, so tätet ihr besser daran, an das Unrecht zu denken, das ihr dem Roten Manne zugefügt habt, und das tief und weit wie ein Ozean ist, durch den niemand mehr waten kann, ohne darin zu ertrinken.
Mein Unrecht dagegen ist wie ein kleiner ausgetrockneter Bachlauf, den habgierige Weiße mit den Tränen meines Volkes gefüllt haben. Ich habe dieselben Weißen diese Tränen austrinken lassen, bis auf den letzten Tropfen, so dass ich wieder auf den Bach gehen kann, ohne meine Mokassins mit Unrecht zu nässen. Sagt mir, was daran Unrechtes ist! Ihr sagt selbst, dass ein Mensch, der einen anderen tötet, getötet werden muss. Seht, wie zahlreich der Rote Mann war, bevor ihr kamt, und seht, wieviele Rote Menschen ihr getötet habt. So dürft ihr nach eurem eigenen Gesetz heute nicht hier stehen, sondern müsstet alle tot sein, wenn Euer Gesetz wahrhaftig wäre!“– Gokhlayeh am 25. März 1886 bei San Bernardino Springs zu General George Crook[11]
Siehe auch
Künstlerische Verarbeitung der Figur
Gokhlayeh taucht − zumeist als Geronimo − in folgenden Filmen auf:
- 1939: Geronimo, die Geißel der Prärie
- 1942: Tal des Todes
- 1950: Der gebrochene Pfeil
- 1951: Outpost
- 1952: Son of Geronimo: Apache Avenger
- 1952: Teufel der weißen Berge
- 1953: Taza, der Sohn des Cochise
- 1954: Apache
- 1956: Ritt in den Tod
- 1961: Das letzte Kommando
- 1962: Geronimos Rache
- 1976: Zwei außer Rand und Band
- 1993: Die Blutrache des Geronimo
- 1993: Geronimo – Eine Legende (Geronimo: An American Legend)
Die Figur hat ferner einen Auftritt im Kapitel 6a der Comicreihe Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden von Don Rosa.[12] In der Reihe Mister Blueberry erschien das Album Geronimo der Apache, Ehapa Collection, Köln 2000, Band 36 in Zack 7 - 11, 2000 und in den Blueberry Chroniken Band 11, Ehapa Comic Collection 2008. Auch ein Song der Gruppe Unwritten Law aus dem Jahre 2001 trägt den Namen Geronimo.
Einzelnachweise
- ↑ Native American leader, Geronimo.PDF; Vonna Harper:Apache Tears, Changeling Press, 2006, ISBN 1-59596-447-9
- ↑ Goyahklat und in der englischen Biographie: Geronimo ISBN 0-8061-1828-8
- ↑ Der Grund für dieses Abschlachten war ein äußerst brutales Gesetz, das die Verwaltung von Chihuahua im Jahre 1837 erließ. Für jeden Skalp eines Apachen-Kriegers wurden 100 Dollar, für einen Frauenskalp 50 Dollar und für den Skalp eines Kindes 25 Dollar gezahlt. Das Massaker von Santa Rita wurde in „Apachen“ verfilmt. Quelle: Erlass von Chihuahua
- ↑ Mimbrenjo Apachen
- ↑ Heliograph
- ↑ Artikel zu Geronimos Gebeinen, englisch
- ↑ [1]
- ↑ [2]
- ↑ [3]
- ↑ a b [4]
- ↑ zitiert nach: H. J. Stammel: Indianer. Legende und Wirklichkeit von A–Z. Leben – Kampf – Untergang. Orbis, Gütersloh und Berlin 1991, ISBN 3-572-00574-4, S. 194
- ↑ Veröffentlicht u. a. in: Don Rosa: Onkel Dagobert − Sein Leben, seine Milliarden. Ehapa Comic Collection, Köln 2003, S. 313−336, als Kapitel 6b: Der Rächer von Windy City.
Literatur
- S. M. Barrett (Hrsg.): Geronimo’s Story of His Life. Duffield & Company, New York 1906; Neuauflage: 1970, ISBN 0-345-02238-6, Als html-Dokument auf ibiblio.org inkl. zahlreiche Fotografien (Autobiographie Geronimos)
- Morris E. Opler, David H. French: Myths and tales of the Chiricahua Apache Indians. Memoirs of the American folk-lore society, 37, American Folklore Society, New York 1941; Nachdrucke: Kraus Reprint Co., Newy York 1969; Kraus Reprint Co., Millwood, NY 1976; University of Nebraska Press, Morris by Lincoln 1994, ISBN 0-8032-8602-3.
- Jürgen Pinnow: Die Sprache der Chiricahua-Apachen. Mit Seitenblicken auf das Mescalero. Helmut Buske, Hamburg 1988.
- Alexandra Robbins: Secrets of the Tomb: Skull and Bones, the Ivy League, and the Hidden Paths of Power. Little, Brown, Boston 2002, ISBN 0-316-72091-7
- Britton Davis: The Truth About Geronimo. Bison Books, 1976, ISBN 0-8032-5840-2
- Angie Debo: Geronimo: The Man, His Time, His Place. University of Oklahoma Press, 1982, ISBN 0-8061-1828-8
Weblinks
Commons: Geronimo – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Literatur von und über Geronimo im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Geronimo in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Geronimo auf indians.org (englisch)
- From Revolution to Reconstruction: „Geronimo - His own story“ Index (englisch)
- Süddeutsche.de: „Gebt uns die Knochen zurück!“ von Nikolaus Steiner, 8. Februar 2006
- Süddeutsche.de: „Grabschänder Bush“ von Claus Biegert, 9. September 2009
- Geronimo - Häuptling der Chiricahua-Apachen auf indianerwww.de
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