- Ambrosius Kienle
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Ambrosius Kienle OSB, eigentlich Christian Kienle, * 8. Mai 1852 in Laiz bei Sigmaringen; † 18. Juni 1905 in Beuron) war ein deutscher Choralforscher, Hymnologe und Reformer der Kirchenmusik.
Leben
Kienle entstammte einer Kaufmannsfamilie. Seine schulische Laufbahn absolvierte er bis zum Jahr 1872 an dem von Jesuiten geführten Gymnasium in Hedingen. Kurz darauf, unmittelbar nach Beginn eines Studiums der katholischen Theologie in Mainz lernte er Benediktiner der Erzabtei Beuron kennen und trat daraufhin am 14. Januar 1873 in diese Abtei ein, wo er am 15. August die Profess ablegte.
1880 wurde ihm im Kloster Emaus bei Prag, wohin die Beuroner Mönche in den Wirren des preußischen Kulturkampfes hatten emigrieren müssen, das Amt des Kantors übertragen. Ab 1890, wieder nach Beuron zurückgekehrt, versah er auch hier dieses Amt und außerdem das des Bibliothekars und des Novizenmeisters. Seine intensive Hinwendung zum Gregorianischen Choral begann schon früh in der Studienzeit; ein längerer Aufenthalt in dem für die Restauration des Chorals so bedeutsamen französischen Kloster Solesmes, dem der damalige Beuroner Abt Maurus Wolter wie auch der zu dieser Zeit noch amtierende Kantor Benedikt Sauter, der sein Noviziat in Solesmes verbracht hatte, freundschaftlich verbunden waren, prägte ihn und seine Auffassung des Chorals tief.
Er schloss sich in der Folgezeit der durch den in Solesmes forschenden Dom Joseph Pothier repräsentierten Richtung dieses Klosters an, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Choral nach den ältesten Handschriften wiederherzustellen. Die Ergründung und Neubelebung des Chorals in Theorie und Praxis wurde auch Kienles eigentliche Lebensaufgabe. Trotz seiner großen Begeisterung für die wissenschaftliche Methode Pothiers bei der Wiederherstellung der alten Lesarten und seiner Achtung vor dessen überragendem Intellekt und tiefen Kenntnis der Materie übte Kienle jedoch Kritik an einzelnen Aspekten der praktischen Ausführung des Chorals durch die in Solesmes geschulten Mönche.
Eine tiefe Freundschaft verband ihn mit dem Eichstätter Choralforscher und Universalgelehrten Raymund Schlecht und dem in Trier wirkenden Choralforscher Michael Hermesdorff. Dieser gründete im Jahr 1872 einen Verein zur Erforschung des Gregorianischen Chorals, dem die Erzabtei Beuron als Institution in Gänze beitrat. Auf Bitten Schlechts hin vermittelten Kienle, Sauter und Wolters den Kontakt zu Pothier, der daraufhin ebenfalls dem Hermesdorffschen Choralverein beitrat und fortan eng mit den deutschen Forschern zusammenarbeitete.
Kienle trat fortan gleichfalls für die Wiederherstellung des Chorals nach den historischen Quellen ein. Zahlreiche Choralkurse in Beuron und eine Reihe eigenständiger, manchmal eigenwilliger und zum Teil heftig umstrittener Publikationen dienten diesem Ziel. Seine »Choralschule« (1884, 18993; frz. Tournai 1895) und vor allem die Publikation »Maß und Milde in kirchenmusikalischen Dingen« (1901) machten seinen Namen weit bekannt. Außerdem übersetzte er das epochale Werk Pothiers, »Les Mélodies grégoriennes« (1880, dt. Übersetzung 1881), in welchem dieser seien Erkenntnisse zur Erforschung der mittelalterlichen Handschriften und seine darauf fußende Ästhetik zur Aufführung des Chorals darlegte.
Nach dem Tod Hermesdorffs trat Kienle neben Pothier, Schlecht und Peter Bohn vehement für die Erhaltung des urtümlichen, auch von Hermesdorff restituierten gregorianischen Chorals und gegen die verstümmelte Choralausgabe der von Franz Xaver Haberl im Regensburger Verlagshaus Friedrich Pustet KG herausgegebene Medicaea ein.
Nicht zuletzt durch das Wirken Kienles erlangte die Beuroner Choralschule für Deutschland eine ähnliche Bedeutung wie die von Solesmes für Frankreich.
Literatur
- Franz X. Witt, Die Choralschule von P. A. K., in: Musica sacra 18 (1885), 43-46, 129-133
- Philipp Jakob Lenz, Eine Reise in Choralangelegenheiten, in: Pastor bonus 11 (1898/99), 27-32
- Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft 6 (1904/05), 454
- Michael Horn, † Ambrosius K., O.S.B., in: Gregorianische Rundschau 4 (1905), 127-129
- P. Ambrosius K. †, in: Gregorius-Blatt. Organ für kath. Kirchenmusik 30 (1905), 92
- St. Benediktsstimmen 29 (1905), 314-318; - Der kath. Kirchensänger 18 (1905), 59-62
- Lucas Kunz, Zwei Beuroner Kantoren - Skizzen und Hinweise, in: Musicae Sacrae Ministerium. Beiträge zur Gesch. der kirchenmusik. Erneuerung im XIX. Jahrhundert Festgabe für Karl Gustav Fellerer, hrsg. von Johannes Overath, Köln 1962, 91-109
- Kurt Küppers, Diözesan-Gesang- und Gebetbücher des dt. Sprachgebietes im 19. und 20. Jahrhundert Gesch. Bibliographie (= Liturgiewiss. Quellen und Forschungen Bd. 69), Münster 1987, 10, 84
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