Serbien und die Europäische Union

Serbien und die Europäische Union
Serbien
Europäische Union
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Die Europäische Union arbeitet bereits seit den 1990er-Jahren auf einen Beitritt der Balkanstaaten hin. Die Regierung Serbiens stellte am 22. Dezember 2009 den Antrag auf EU-Mitgliedschaft. Offiziell gilt Serbien derzeit nicht als Beitrittsland, sondern als potenzieller Bewerber.[1]

Inhaltsverzeichnis

Verhandlungen

Aufnahme der Verhandlungen

Erste Gespräche mit Serbien fanden gleich nach dem Sturz von Slobodan Milošević im Jahr 2000 statt, damals noch mit der Staatenunion Serbien und Montenegro. Konkrete Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) begannen im November 2005. Die Europäische Union gab bekannt, dass sie die volle Kooperation Serbiens mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag fordere. Des Weiteren verlangte die EU die Lösung der ethnischen Probleme im Kosovo, die Bekämpfung der Armut und der Korruption im Süden des Landes.

Die Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt Radovan Karadžić und Ratko Mladić nicht verhaftet waren, erschwerte die Verhandlungen. Am 3. Mai 2006 setzte die Europäische Union die Verhandlungen aus diesem Grund aus. Dies verlangsamte das Tempo von Serbiens EU-Beitritt und den Reformprozess in Serbien. Im Juli 2006 veröffentlichte die serbische Regierung einen Aktionsplan zur Verhaftung der Ex-Generäle. Die Parteien einigten sich über die neue Regierung unter Präsident Boris Tadić. Es wurde ein nationaler Sicherheitsrat geschaffen, und die Union begann mit der Wiederaufnahme der Verhandlungen am 13. Juni 2007.

Paraphierung

Am 8. November 2007 paraphierten EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn und Vizepremier Božidar Đelić das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Serbien in Brüssel. Olli Rehn gab als Grund für die Paraphierung die verbesserte Zusammenarbeit Serbiens mit dem Internationalen Strafgerichtshof an. Die Chefanklägerin Carla Del Ponte berichtete der EU, dass Serbien mit dem ICTY ausreichend zusammenarbeitete. Jedoch müsse noch Ratko Mladić ausgeliefert werden, bevor das Abkommen unterzeichnet werde. Am 14. Januar 2008 monierte allerdings der ICTY-Staatsanwalt Serge Brammertz, dass es noch immer keine vollständige Zusammenarbeit gebe, und zwei Tage später beschlossen die Niederlande und Belgien, das Abkommen nicht zu unterzeichnen, bis die vollkommene Zusammenarbeit gewährleistet ist.

Unterzeichnung des SAA

Nach langen Verhandlungen einigten sich die Außenminister der 27 Mitgliedsländer am 29. April 2008, zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Serbien, auf die Unterzeichnung des Abkommens, die Vizepremier Božidar Đelić in Anwesenheit von Präsident Boris Tadić noch am selben Tag in Luxemburg vornahm. In ihrem Beschluss legten die EU-Außenminister jedoch fest, dass das Abkommen erst dann wirksam wird, wenn die EU-Regierungen „einstimmig feststellen, dass die Republik Serbien vollständig mit dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal kooperiert“.[2]

Aktuelle Entwicklung

Radovan Karadžić wurde überraschend am 21. Juli 2008 in Belgrad festgenommen und schon neun Tage später an den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien überstellt. Diese Entwicklung wurde in Europa sehr positiv aufgenommen und als großer Schritt Serbiens Richtung EU angesehen.

Am 9. September hat das serbische Parlament das vorläufige Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU ratifiziert. Eine Ratifizierung wird von Seiten der EU jedoch an die Bedingung geknüpft, die vollständige Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu gewährleisten. Unter anderem wurde erwartet, dass Serbien die letzten beiden flüchtigen Kriegsverbrecher Ratko Mladić und Goran Hadžić ausliefert. Insbesondere die Niederlande sind noch skeptisch.

Am 23. Januar 2009 erklärte der stellvertretende serbische Regierungschef Božidar Đelić, dass Serbien noch während der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die am 30. Juni endete, offiziell den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union stellen werde. Dies geschah schließlich aber doch nicht. Eine neuerliche Ankündigung fand im November 2009 durch den serbischen Außenminister Vuk Jeremić im Anschluss an ein Gespräch mit EU-Erweiterungskommissar Rehn statt.[3]

Am 7. Dezember 2009 wurde von den Außenministern der EU ein Interimsabkommen für Handelserleichterungen mit Serbien freigegeben, das seit seiner Unterzeichnung im April 2008 von den Niederlanden blockiert worden war. Innerhalb von sechs Monaten soll auch das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen neu verhandelt werden.[4]

Auf Beschluss der Innenminister der EU vom 30. November 2009 können die Bürger Serbiens wie auch die von Mazedonien und Montenegro seit dem 19. Dezember 2009 visafrei in die Schengen-Teilnehmerstaaten der EU reisen.[5]

Die serbische Regierung stellte am 22. Dezember 2009 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Präsident Boris Tadić übergab in Stockholm den Aufnahmeantrag seines Landes an EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn und den schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt.[6] Am 25. Oktober 2010 beschlossen die EU-Außenminister in Luxemburg einstimmig, das serbische Beitrittsgesuch an die EU-Kommission weiterzuleiten.[7]Am 31. Januar 2011 wurden die serbischen Antworten auf den Beitrittsfragebogen der EU-Kommission übergeben.[8]

Am 26. Mai 2011 wurde Ratko Mladić in Lazarevo verhaftet. Serbien erwartet nun einen zügigen EU-Beitritt,[9] wobei die Wirtschafts- und Finanzkrise auch für Serbien einen raschen EU-Beitritt erschwert.[10] Nachdem am 20. Juli 2011 der letzte gesuchte Kriegsverbrecher Goran Hadžić verhaftet wurde, hat Serbien nunmehr fast alle Forderungen der EU erfüllt.

Literatur

  • Ljubica Đorđević: Serbien und die EU: Staatsreform und europäische Integration, Nomos, 2007, ISBN 3-8329-2987-8.
  • Achim Rogmann und Zlatko Stefanović: Serbien auf dem Weg in die EU. Der wenig bekannte Integrationsprozess für die Schlüsselnation des Balkans. AW-Prax 2009, Heft 11, S. 351-356.
  • Andrej Ivanji: Serbien: Rückkehr nach Europa?, IDM, 1997
  • Heiner Timmermann & Aleksandar Jakir: Europas Tragik: Ex-Jugoslawien zwischen Hoffnung und Resignation, LIT Verlag Berlin-Hamburg-Münster, 2003, ISBN 3-8258-6527-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Offizielle Website der Europäischen Kommission zum Thema Erweiterung
  2. Serbien rückt einen Schritt näher zu Europa Neue Zürcher Zeitung, 29. April 2008
  3. http://derstandard.at/fs/1256744162253/Belgrad-kuendigt-EU-Beitrittsantrag-an
  4. http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2009-12/15647931-eu-stimmt-wirtschaftsabkommen-mit-serbien-zu-003.htm
  5. Keine Visumpflicht für Serbien, Montenegro und Mazedonien. AFP, 30. November 2009
  6. zeit.de: Serbien reicht EU-Beitrittsgesuch ein
  7. http://www.stern.de/politik/ausland/serbien-tuer-zur-eu-oeffnet-sich-1617332.html
  8. http://ec.europa.eu/enlargement/potential-candidates/serbia/relation/index_en.htm
  9. Ratko Mladić verhaftet-Serbien fordert zügigen EU-Beitritt
  10. http://www.europaeische-bewegung.de/news/die-eu-braucht-mitglieder-die-sich-an-die-eu-anpassen-nicht-andersherum/

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