- Bernhard Greuter
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Bernhard Greuter (* 20. Februar 1745 in Ulisbach, Wattwil; † 11. September 1822 in Islikon, Gachnang) war ein Schweizer Industrieller, Sozialreformer, Politiker und Musterbauer.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Unternehmer
Bernhard Greuter war der Sohn eines Reisläufers und Händlers. Er konnte als Waisenknabe die Schule in Wattwil besuchen. Anschliessend machte er eine Ausbildung als Hauslehrer und war als Arbeiter in Kattundruckereien tätig. Er lernte die neu eingeführte Blaufärberei in einer Glarner Kattundruckerei kennen. Weil er der Werkspionage verdächtigt wurde, floh er nach Holland, wo er sich zusätzliches Rüstzeug holte. 1765 eröffnete er in Kefikon eine Textilfärberei und – druckerei. 1773 zog er ins Gasthaus seines Schweigervaters, der Taverne zum Stern in Islikon. Dort errichtete er 1777 – in einem Anbau an die Taverne - eine Indigo- oder Blaufärberei, als eine der ersten Fabriken der Schweiz. Er baute sein Textilgwerbe sukzessive aus und bis anfangs des 19. Jahrhunderts entstand eine dorfartige Fabrikanlage, die ihre Wasserkraft aus künstlich angelegten Weihern bezog. Im Umkreis der Fabrik befanden sich in 32 Häusern weitere Fertigungsräume und Spezialabteilungen.
Die 1796 mit den Brüdern Rieter aus Winterthur gegründete Handelsgesellschaft Greuter & Rieter wurde eines der bedeutendsten Textilunternehmen der Schweiz im 19. Jahrhundert. 1805 wurde an der Murg in Frauenfeld ein Zweiggeschäft eröffnet und 1806 die erste Filiale im Ausland, die Ziegler-Greuter & Cie. in Guebwiller im Elsass. Mit letzteren wurden die napoleonischen Zollschranken überwunden. Um 1810 beschäftigten diese Unternehmen zusammen über 3.300 Arbeitnehmer. Das in den 1870er Jahren in Schwierigkeiten geratene Unternehmen musste 1880 stillgelegt werden. Der renovierte Gebäudekomplex des Greuterhofs in Islikon gehört seit 1981 der Stiftung Greuterhof Islikon.
Pionier der Arbeiterfürsorge
Im Jahre 1802 wurde die von Greuter angeregte und ausgearbeitete „Geselschaft Druker und Modelstecher Islicon B.G.“ als erste betriebliche Sozialversicherung der Schweiz bestehend aus Kranken-, Militär-, Altersspar-, und einer Reisekasse zu Ausbildungszwecken sowie einer Viehversicherung errichtet. Die in der Fabrik tätigen Zeichner, Coloristen, Modelstecher, Färber und Drucker schlossen sich zu dieser Hilfsgesellschaft zusammen. Er errichtet auch einen Schulfonds, um allen Kindern die Möglichkeit zu geben, lesen, rechnen und schreiben zu lernen. Ab 1823 wurde die Versicherung der Arbeitnehmer für die kleinen und mittleren Unternehmungen in Frauenfeld obligatorisch. 1874 wurde die Militärversicherung auf nationaler Ebene als älteste Sozialversicherungen der Schweiz eingeführt. [1]
Politiker
Greuter war Mitglied im Landeskomitee, der ersten thurgauischen Regierung unter dem Weinfelder Apotheker und Handelsmann Paul Reinhart, das nach der am 3. März 1798 von der Eidgenössischen Tagsatzung verfügten Entlassung des Thurgaus aus seiner Untertanenschaft seit 1460, eingesetzt wurde. In der Helvetischen Republik war Greuter vom April 1798 bis 1800 helvetischer Grossrat und von 1803 bis 1822 Thurgauer Kantonsrat. Von 1813 bis 1816 liess er den Stadtgraben in Frauenfeld auffüllen und eine Promenade anlegen.
Musterbauer
1805 übernahmen die vier Söhne zunehmend das Geschäft, während sich Bernhard Greuter bis zu seinem Tod vorwiegend der Landwirtschaft widmete und ihr wichtige Impulse gab. Er pflanzte als einer der Ersten Kartoffeln, züchtete Rinder und legte Obstkulturen an. Um 1800 baute er die damals grösste Scheune der Schweiz. Die Greuterscheune diente einerseits dem landwirtschaftlichen Musterbetrieb und anderseits der Färberei, indem sie den zum Färben benötigten Mist lieferte und Raum fürs Trocknen der Tücher bot.
Literatur
- Hermann Wartmann: Greuter, Bernhard. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 645–647.
- J. Ganz: Die Greuter'sche Fabrik in Islikon, in Archithese, Nr. 5, 1980
- Der Greuterhof. Verlag Gemeinnützige Stiftung Bernhard Greuter für Berufsinformation, Islikon 1991
- H. Amann: Bernhard Greuter, in Toggenburger Annalen 20, 1993, 69-75
- Ottavio Clavuot, Jürg Ganz: Der Greuterhof in Islikon, ein Baudenkmal aus der Frühzeit der Industrialisierung. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, GSK. Hrsg. in Zusammenarbeit mit der Stiftung Greuterhof Islikon, Islikon (ehemals Stiftung Bernhard Greuter für Berufsinformation) und der Denkmalpflege des Kantons Thurgau, Frauenfeld, Verlag GSK, Bern 2006, ISBN 3-85782-797-1
Weblinks
- Greuter, Bernhard im Historischen Lexikon der Schweiz
- Literatur von und über Bernhard Greuter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie von Bernhard Greuter
- Geschichte des Greuterhofes
- IN.KU 02: Greuterhof Islikon TG, Schweizerische Gesellschaft für Technikgeschichte und Industriekultur
Einzelnachweise
- ↑ http://www.ref-gachnang.ch/D/g_persoenlichkeiten.php Bernhard Greuter, Pionier der Arbeiterfürsorge
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