- Gerhard Brunzema
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Gerhard Friedrich Brunzema (* 6. Juli 1927 in Emden; † 7. April 1992 in Fergus, Ontario) war ein Orgelbauer, der bis 1972 zusammen mit Jürgen Ahrend vor allem in Norddeutschland und anschließend in Kanada wirkte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Gerhard Brunzema wurde am 6. Juli 1927 als viertes von sieben Kindern des praktischen Arztes Dr. Friedrich Brunzema geboren. Als sein Vater, der der Bekennenden Kirche nahestand, sich 1938 weigerte, seine vier ältesten Kinder in die Hitlerjugend zu schicken, wurde ihm mit dem Entzug des Sorgerechts gedroht. Friedrich Brunzema berief sich auf seine religiöse und weltanschauliche Freiheit und seine politische Neutralität dem Staat gegenüber. Trotz eines langen Rechtsstreit und der Jugenddienstpflicht ab März 1939 kam Friedrich Brunzema den Aufforderungen nicht nach, seine Kinder zum Deutschen Jungvolk und in die HJ zu schicken, was jedoch ohne Folgen blieb.[1]
Gerhard Brunzema wuchs in Emden auf und erlernte bei Paul Ott den Orgelbau (1948–52). Am „Brunswick State Institute for Physics and Technology“ bildete er sich fort und schloss 1955 mit einem Master ab. Zusammen mit Jürgen Ahrend gründete er 1954 die Firma Ahrend & Brunzema (1954–1971) in Leer-Loga (Ostfriesland). Die Restaurierungen der historischen Orgeln in Larrelt, Westerhusen, Uttum und Rysum sorgten für Aufsehen, insbesondere die Wiedereinführungung der mitteltönigen Stimmung. Im Gegensatz zu anderen Orgelbaufirmen wollte die Firma nicht in die historische Substanz der Instrumente eingreifen, sondern legte auf einen Erhalt der originalen Teile und eine konsequente Rekonstruktion mithilfe der traditionellen Handwerkstechniken und Klangideale wert. Ahrend und Brunzena erhielten 1962 den Niedersächsischen Staatspreis für das Kunsthandwerk. Bis 1971 entstanden 55 Neubauten und wurden 15 Instrumente restauriert.
1971 verließ Brunzema die Kooperative, um sich in Kanada niederzulassen.[2] Von 1972 bis 1979 war er künstlerischer Direktor der Orgelbaufirma Casavant Frères, die sich unter seinem Einfluss den Prinzipien der norddeutschen Barockorgel zuwandte. Hier war Brunzema verantwortlich für größere Orgelprojekte in Kanada, den USA, Japan und Australien sowie für einige Restaurierungen historischer Casavant-Orgeln in Ontario and Québec.
Im Jahr 1980 machte Brunzema sich mit der eigenen Firma Brunzema Organs in Fergus selbstständig. Er baute insgesamt 25 Kistenorgeln mit drei oder vier Registern, die Kirchen und Musikhochschulen als Continuoinstrumente dienten. Hinzu kamen neun zweimanualige mechanische Instrumente mit bis zu 25 Registern, die meist zwischen 1985 und 1987 entstanden. Klanglich waren seine Neubauten an der norddeutschen Barockorgel orientiert, vor allem an den Werken Arp Schnitgers, zeichneten sich aber durch ein zeitgenössisches Orgelgehäuse mit einem eigenständigen künstlerischen Profil aus. 20 seiner 41 neuen Orgeln wurden in Kanada errichtet, 17 in den USA.[3] 1985/86 und 1990–92 arbeitete sein Sohn Friedrich (* 7. Juni 1963), der von 1982 bis 1985 bei Rudolf Janke (Bovenden) den Orgelbau erlernt hatte, im väterlichen Betrieb mit.[4] Der schlechte gesundheitliche Zustand des Vaters führte schließlich dazu, dass Friedrich Anfang 1992 die Firma übernahm. Nachdem Gerhard Brunzema im April 1992 gestorben war, wurde die Firma zunächst nicht fortgeführt. D. Leslie Smith, der von 1982 bis 1992 Mitarbeiter von Brunzema war, errichtete 1996 auf dem früheren Anwesen von Brunzema in Fergus eine neue Werkstatt und führte dessen Tradition fort.
Werke (Auswahl)
Die Größe der Instrumente ist durch die Anzahl der Manuale (römische Zahl) und die Anzahl der klingenden Register (arab. Zahl) angegeben. Ein selbstständiges Pedal ist durch ein großes „P“ gekennzeichnet, ein angehängtes Pedal durch ein kleines „p“. Auch bedeutet R = Restaurierung, Rk = Rekonstruktion und NB = Neubau. Die Links in der letzten Spalte verweisen auf weiterführende Informationen und die Dispositionen.
Ahrend & Brunzema (1954–1971)
Jahr Opus Ort Kirche Bild Art Manuale Register Info 1954/88 1/129 Larrelt Larrelter Kirche R I/p 11 Orgel 1955 4 Westerhusen Westerhuser Kirche R I/p 7 Orgel 1957 8 Emden Harsweg NB I 4 1957 9 Uttum Uttumer Kirche R I 9 Orgel 1957 (1997) 10 Veldhausen Altref. Kirche NB I (II/P) 6 (13) Orgel 1959/2002 18 Scheveningen (NL) Zorgvlietkerk NB III/P 26 Orgel 1960 22 Zutphen (NL) Walburgiskerk NB I/p 6 Orgel 1961 25 Rysum Rysumer Kirche R I 7 Orgel 1961 27 Aurich Lambertikirche NB II/P 25 Orgel 1962 30 Bremen St. Martini NB III/P 33 Orgel 1964 35 Hatzum St.-Sebastians-Kirche NB I/p 7 1965 41 Amsterdam (NL) Oude Kerk (Transeptorgel) NB II/P 17 Orgel 1965 43 Amsterdam (NL) Oude Waalse Kerk R II/P 26 Orgel 1966 45 Bremen Ev. Kirche Oberneuland NB II/P 22 Orgel 1967 49 Castrop-Rauxel Kirche Schwerin-Frolinde NB III/P 27 1968 58 Haarlem (NL) Doopsgezinde kerk NB III/P 24 Orgel 1969 62 Hamburg Ref. Kirche Altona NB II/P 13 1969 63 Loga Reformierte Kirche NB I/P 9 1966/69/87 65 Marienhafe Marienkirche R II/p 20 Orgel 1970 68 Frankfurt am Main Cantate Domino NB III/P 33 Orgel, S. 162f. 1970 69 Uelsen Ref. Kirche NB II/P 20 Orgel 1970/76 70 Innsbruck Hofkirche R II/p 15 Orgel 1971 72 Westerstede St.-Petri-Kirche NB II/p 22 Orgel 1963–71 74 Leer Große Kirche R III/P 37 Orgel Gerhard Brunzema (1980–90)
Jahr Ort Kirche Bild Art Manuale Register Info 1982 Pella, Iowa Central College NB II/P 19 1986 Glace Bay, Nova Scotia St Anne’s NB 1988 Toronto Holy Family Church NB II/P 20 1988 Charlotte (North Carolina) St John’s NB II/P 26 Orgel 1990 Seoul, Südkorea Dong Presbyterian Church NB Literatur
- C. Cramer: An Interview with Gerhard Brunzema. In: American Organist, 23/3, 1989, S. 46–49.
- Thomas Donahue (Hrsg.): Gerhard Brunzema. His Work and His Influence. Scarecrow Press, Lanham 1998, ISBN 0-8108-3366-2.
- Günter Lade (Hrsg.): 40 Jahre Orgelbau Jürgen Ahrend 1954-1994. Selbstverlag, Leer-Loga 1994.
- In Memoriam Gerhard Brunzema. In: The Diapason. 83/8, 1992, S. 12.
- Douglas E. Bush, Richard Kassel (Hrsg.): Brunzema, Gerhard (B. 1927). In: The Organ. An Encyclopedia. Routledge, New York, London 2006, ISBN 0-4159-4174-1, S. 83 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
- Jan Overduin: Gerhard Brunzema: Canadian Organ Builder. In: Organ Yearbook. 15, 1984, S. 124–129.
- Uwe Pape: Jürgen Ahrend and Gerhard Brunzema. In: Organ Yearbook. Nr. 3, 1972, S. 24–35.
Weblinks
- Offizielle Homepage von Jürgen Ahrend Orgelbau
- Offizielle Homepage von Casavant Frères (engl./franz.)
- Canadian Organbuilding (mit Biografie Brunzemas) (engl.)
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Familiengeschichte von Friedrich Brunzema (gesehen 25. August 2010).
- ↑ Homepage Jürgend Ahrend Orgelbau: Geschichte (gesehen 25. August 2010).
- ↑ Canadian Organbuilding (gesehen 25. August 2010).
- ↑ Homepage von Friedrich Brunzema (gesehen 25. August 2010).
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