Dorfkirche Pessin

Dorfkirche Pessin
Kirche von Pessin

Die Dorfkirche Pessin ist die denkmalgeschützte[1] evangelische Kirche von Pessin im brandenburgischen Landkreis Havelland.

Inhaltsverzeichnis

Architektur

Die als "die älteste Kirche des Westhavellands" [2] geltende Dorfkirche wurde im Kern in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet, jedoch werden Teile der Kirche als wesentlich älter erachtet[3]. Sie vereint mehrere Baustile; so ist der ältere aus Feldstein errichtete westliche Teil des Kirchenschiffes dem spätgotischen Feldsteinbau zuzuordnen. Querturm und östliches Kirchenschiff von 1739 sind aus Backstein und werden der Backsteingotik zugeordnet.

Der Turm

Der Turm wurde auf einem Feldsteinsockel, dem Rest eines alten Feldsteinbaues aus dem 13. Jahrhundert, als Querturm mit einer Höhe von 28 Meter errichtet. Seine äußere Hülle besteht aus schönem sauberen Backsteinmauerwerk mit Backsteinen im Format 29x14x8 cm im spätgotischen Stil; im Inneren des Turmes fanden auch Feldsteine Verwendung. Die zwei unteren Geschosse weisen ein Kreuzgewölbe auf. In der südöstlichen Ecke im Inneren des Turmes führt eine schmale steinerne Wendeltreppe etwa in halbe Turmhöhe. Die Außenflächen des Turmes sind in Höhe des Sockelgeschosses an der Westseite durch eine rechteckige querformatige geputzte Blende sowie die Nord- und Südseite neben der Turmtür durch eine geputzte Kreisblende verziert. Als weitere Verzierung dienen Ecklisenen, die sich bündig aus dem Sockelgeschoss entwickeln und bis zum Anfang der Giebel emporsteigen. Einzelne Rauten- und Zickzackmuster aus gesinterten Steinen aus dem 15. Jahrhundert schmücken die obere Hälfte des Turmes. Ein sehr steiles Satteldach, das einst einen Dachreiter trug, dessen untere Konstruktion noch seit 1913 im Dachstuhl steckt, bildet den Abschluss des Turmes und dessen Eindeckung aus dem Jahre 1488[4]. Die Schallöffnungen im Giebel sind gekuppelt und haben Stichbögen im Gegensatz zu den anderen Turmöffnungen mit klaren gotischen Bögen.

Glocken

Im Turm befanden sich einst drei Glocken. Neben den beiden im Jahre 1867[5] in Berlin gegossenen Glocken, eine davon wurde aus Spenden finanziert[6], existierte eine wesentlich ältere Glocke vermutlich aus der Zeit um 1300[5]. Diese war mit 91 Zentimetern Durchmesser die größte der drei und zählte zu den stattlichsten in der Mark. Das Besondere an ihr war die durch das Herstellungsverfahren bedingte Beschriftung in Spiegelschrift. Die Inschrift lautete – rückwärts gelesen und nach Auflösung der Abkürzungen (zu deutsch):

„O König, Dir zu Ehren, bin ich die heilige Maria, mit Frieden gekommen – bete für uns“.

Darunter fügte der Künstler – wiederum rückläufig zu lesen - in kursiven Minuskeln den Anfang der Abendmahlseinsetzungsworte hinzu (zu deutsch):

Nachdem Herr Jesus gespeist hat, gibt er Brot.

Hinzu kommen die kleinen sauber gezeichneten Darstellungen eines Fisches und einer Hand, die den Becher hält.

Heute befindet sich nur noch eine Glocke von 1867 mit Schlagwerkerweiterung sowie ein leerer Glockenstuhl und ein verbliebener Klöppel im Kirchturm. Der Verbleib der fehlenden Glocken ist nicht bekannt.

Das Kirchenschiff

Blick in die Winterkirche unterhalb der Südempore und auf die Wappenmalereien an der Brüstung

Dem älteren Westteil des Kirchenschiffes, der den Anschein erweckt, Rest einer älteren Feldsteinkirche zu sein, wurde an seiner Ostseite im Jahre 1739 ein dreischiffiges verbreitertes Langhaus beigefügt, das den Hauptteil der heutigen Kirche bildet. Die ältere Feldsteinkirche nahm anscheinend die Breite des Turmes ein, wurde jedoch ursprünglich getrennt vom Turm errichtet, dennoch sind am Turm deutliche Spuren der früheren Dachform der Feldsteinkirche zu erkennen.

Dem schmaleren älteren Westteil wurden im Jahr 1739 hölzerne Lauben angefügt, ein seltenes bauliches Detail, das den Eindruck zweier Vorhallen vermittelt. Die Seitenschiffe des 1739 errichteten Langhauses, die jeweils durch Emporen eingenommen sind, bilden die Verlängerung der hölzernen Lauben in gleicher Tiefe. Die Brüstungen der Emporen mit stichbogenförmigen Arkadenabschluss zieren die Wappen der einstigen Pessiner Herrschaften, die durchgehenden Pfeiler der Emporen tragen die einst glatt geputzte und heute mit Deckenplatten versehende Decke.

Die hohen Fenster sind wie die Brüstungen der Emporen mit Stichbögen geschlossen. Die in einfachem Barock gehaltene äußere Fensterform des Kirchenschiffes steht im klaren Gegensatz zu den Öffnungen des Turmes, die klare gotische Bögen aufweisen. Unterhalb der südlichen Empore wurde eine beheizte Winterkirche eingerichtet, dazu wurde das Südschiff unterhalb der Empore zum Mittelschiff mittels herausnehmbarer Fenster geschlossen.

Der Altar

Moses und die Apostel Johannes und Matthäus

Der stattlichen Kanzelaltar auf der Südseite im Inneren der Kirche ist ein Werk des Meister Witte aus Brandenburg an der Havel und wurde laut Inschrift um 1700 erschaffen.[5] Der Altar steht in Verbindung mit der östlichen Empore, die niedriger als die Nord- und Südemporen angelegt ist. Die Apostelfiguren von Petrus links und Paulus rechts zieren in seitlich durchbrochenen Ornamenten den Kanzelaufbau kurz über dem Altar. Darüber findet man in der Mitte Moses umgeben zu seiner Linken von dem Apostel Johannes und zu seiner Rechten vom Apostel Matthäus. Oberhalb der Apostelfiguren folgt die Kanzel deren Schalldeckel durch zwei Engelsfiguren und den Stern von Betlehem verziert werden. Neben in Gold gehaltenem Weinlaub, das die gewundenen Säulen zwischen Altar und Kanzel umrankt, befinden sich über dem Schalldeckel und an den Außenseiten in Gold gehaltene Verzierungen in Form von Farnblättern, die den Abschluss des Altars nach oben bzw. an den Seiten bilden.

Der links in nördlicher Richtung neben dem Kanzelaltar und diesem in Bauart sehr ähnliche Patronatsstuhl lässt die Vermutung aufkommen, dass er ebenfalls ein Werk des Meisters Witte ist.

Wappenzeichnungen

Das Innere der Kirche weist Wappenmalereien an den Brüstungen der Nord- und Südemporen mit Arkadenabschluss auf, das älteste Wappen stammt laut Inschrift von 1755. Zu finden sind neben den Wappen der Pessiner Herrschaften derer von Knoblauch und deren Ehefrauen wie das Wappen der Pauline von Bardeleben (1811–1884 - Namenspatronin der Gemeinde Paulinenaue), Marie von Platen, Caroline von der Hagen, Gertrud von Zieten (1835–1920), Luise von Winterfeld, Katharina von Plessen sowie das Wappen derer von Klitzing. Alle Wappen wurden um 1900 erneuert. Die Decke zierte mittig einst das Familienwappen derer von Bredow umgeben von gleichen Engelsdarstellungen in jeder Ecke der Decke[3], dieses wurde jedoch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts während Umbauarbeiten entfernt.[7] Der Förderverein Dorfkirche Pessin, der sich für die Sanierung der Kirche einsetzt, strebt eine Wiederherstellung der Decke mit Wappen und Engel im Rahmen der anstehenden Innenraumsanierung an.[7]

Geschichte

Die Dorfkirche Pessin war einst Filia von Retzow erstmals erwähnt 1269[8], sowie mit Pfarrer Boldewin aus Retzow 1372[9]. Seit dem 16. Jahrhundert gilt die Dorfkirche Pessin als eigenständige Kirchgemeinde mit Pfarramt. Ab 1808 war die Dorfkirche Pessin Mutterkirche bis 1943 von der Filialkirche Möthlow und seit 1929 von der Filialkirche Paulinenaue.
Heute bilden die evangelischen Kirchengemeinden von Pessin und Paulinenaue den evangelischen Pfarrspengel Pessin mit Amtssitz der Pfarramtes in Paulinenaue. Bis 1963 war Pessin Amtssitz des Pfarramtes des Pfarrsprengel, das Pfarrgrundstück mit dem baufälligen Pfarrhaus wurde jedoch verkauft; der Pfarrer zog in das neue Pfarrhaus nach Paulinenaue.

Einzelnachweis

  1. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum: Denkmalliste des Landes Brandenburg: Landkreis Havelland (PDF-Datei; 231 kB)
  2. Deutsche Stiftung Denkmalschutz: Obj1795 Dorfkirche Pessin gelesen am 7. Januar 2010
  3. a b Heinrich Jerchel: Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg: Teil 1 Westhavelland, Brandenburg, Provinzialverband Berlin, Ausgabe 2, 1913, Seite 119
  4. Bautechnische Bestandserfassung der evangelischen Kirchen im Kirchenkreis Nauen-Rathenow, Dipl. Ing. A. Seemann, März 2007 bis März 2008
  5. a b c Heinrich Jerchel: Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg: Teil 1 Westhavelland, Brandenburg, Provinzialverband Berlin, Ausgabe 2, 1913, Seite 120
  6. Amtsblatt der königlichen Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin, Jahrgang 1867, Seite 400 (Stück 44 - 1. November 1867)
  7. a b Förderverein Dorfkirche Pessin e.V. gelesen am 19. August 2010
  8. Wolfgang Schößler: Regesten der Urkunden und Aufzeichnungen im Domstiftsarchiv Brandenburg, Teil 1: 948 – 1487, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-8305-0189-7
  9. Pfarrer der Kirche zu Pessin des Förderverein Dorfkirche Pessin e.V. PDF

Weblinks

 Commons: Dorfkirche (Pessin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  • Heinrich Jerchel: Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg: Teil 1 Westhavelland, Brandenburg, Provinzialverband Berlin, Ausgabe 2, 1913, Seite 119-122
  • Bautechnische Bestandserfassung der evangelischen Kirchen im Kirchenkreis Nauen-Rathenow, Dipl. Ing. A. Seemann, März 2007 bis März 2008
  • Kreil: Amtsbereich Friesack - Streifzüge durch Ländchen und Luch -, Geiger-Verlag (1996), ISBN 3-89570-131-9
  • Bodecker, Jost. In: Ulrich Thieme, Felix Becker u. a.: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Band 4, Wilhelm Engelmann, Leipzig 1910, S. 165 (Gießer der Glocken)
52.6416612.665331

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