- Elisabeth Röckel
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Elisabeth Röckel (geb. Maria Eva Röckel; * 15. März 1793 in Neunburg vorm Wald[1]; † 3. März 1883 in Weimar) war eine deutsche Opernsängerin (Sopran).
Inhaltsverzeichnis
Leben
Elisabeth Röckel wurde ursprünglich auf die Namen „Maria Eva“ getauft, wahrscheinlich nach ihrer Taufpatin, einer Maria Eva Grueber.[2] Ihre Eltern waren der Strumpfwirker Joseph Röckel (um 1758–1827) und dessen Gattin Elisabeth Röckel geb. Diemand (1756–1840). Ihr Bruder war der Tenor Joseph August Röckel, der am 29. März und 10. April 1806 in Wien unter Beethovens eigener Leitung als Florestan im Fidelio (zweite Fassung) auftrat und daraufhin einer der engsten Freunde Beethovens wurde. Etwa 1807/08 folgte sie ihrem Bruder nach Wien und gehörte ebenfalls bald zu Beethovens Freundeskreis. Sie nahm in Wien Gesangs- und Schauspielunterricht und startete bald eine überaus erfolgreiche Theaterlaufbahn.
Wahrscheinlich im Hinblick auf ihre Karriere nahm sie den Vornamen ihrer Mutter, „Elisabeth“ an, unter dem sie bekannt wurde. Solche Namensänderungen waren in Künstlerkreisen nicht ungewöhnlich: So wurde der Wiener Theaterintendant und Mozart-Freund Emanuel Schikaneder ursprünglich auf die Namen „Johann Joseph“ getauft und der Komponist Leopold Koželuch auf die Namen „Johann Anton“. In den pfarramtlichen Kirchenbüchern von Wien und Weimar sowie in Hummels Testament[3] wird sie als „Maria Eva Elisabeth“ bezeichnet, ihren Pensionsantrag unterzeichnete sie nach dessen Tod als „Maria Eva“,[4] als Künstlerin wird sie in den Quellen „Elisabeth“ genannt.[5][6][7][8][9][10][11]
Ihr erstes nachweisbares Engagement hatte Elisabeth Röckel ab Herbst 1810 am Theater in Bamberg, wo sie mehrfach in Mozarts Oper Don Giovanni auftrat und E. T. A. Hoffmann zu seiner Novelle Don Juan inspirierte. Anschließend gastierte sie in Prag und debütierte schließlich am 8. Juli 1811 mit großem Erfolg am Kärntnertor-Theater in Wien als Emmeline in Joseph Weigls Oper Die Schweizerfamilie. Ignaz Franz Castelli, der Librettist der Oper, widmete ihr daraufhin in seiner Zeitschrift Thalia eine äußerst positive Besprechung. Zu ihren Bewunderern gehörten auch die Dichter Franz Ignaz von Holbein und Franz Grillparzer.
Am 16. Mai 1813 heiratete sie den Komponisten Johann Nepomuk Hummel, mit dem sie 1816 nach Stuttgart ging, wo sie 1817 letztmalig auftrat. Ab 1819 lebte sie mit ihrer Familie in Weimar. Sie ist die Mutter des Musikers Eduard Hummel (1814–1893) sowie des Malers Carl Hummel (1821–1907). August Röckel (1814–1876), der Freund von Richard Wagner, war ihr Neffe.
Freundschaft mit Beethoven
Elisabeth Röckel hat später mehrfach von ihrer engen Freundschaft mit Beethoven erzählt. So berichtete sie Otto Jahn, „daß Beethoven sie mehr ausgezeichnet habe, als sie als ein junges Mädchen habe beanspruchen können, daß er stets herzlich und traulich zu ihr gewesen sei“.[12] Ludwig Nohl vertraute sie an, dass sie mit Beethoven bei einer Abendgesellschaft des Gitarristen Mauro Giuliani gewesen sei, wo „Beethoven in der Ausgelassenheit seines rheinischen Naturells nicht nachgelassen habe sie zu stupfen und zu necken, so daß sie sich schließlich gar nicht vor ihm zu retten gewußt habe; er habe sie nämlich aus lauter Zuneigung immer in den Arm gekniffen.“[13] Nach Aussagen von Beethovens Sekretär Anton Schindler wollte der Komponist Elisabeth sogar heirateten,[14] was sie selbst jedoch dementierte.
Wenige Tage vor Beethovens Tod besuchten Johann Nepomuk Hummel und dessen Schüler Ferdinand Hiller den Komponisten mehrfach, wobei Beethoven bat, auch Elisabeth noch einmal sehen zu dürfen.[15] Sie erfüllte den Wunsch des Sterbenden am 23. März 1827. Dabei schnitt sie sich eine Locke von Beethovens Haar und ließ sich seine letzte Schreibfeder schenken. Die ‚Reliquien‘ befanden sich noch 1934 in Florenz bei dem Maler Wilhelm Hummel, einem Enkel Johann Nepomuk Hummels.[16] Die Haarlocke Beethovens ist heute im Besitz des Beethoven-Hauses in Bonn.
Albumblatt „Für Elise“
Der Beethoven-Forscher Klaus Martin Kopitz vermutet in seinem 2010 erschienen Buch, dass Elisabeth, die bei der Taufe ihres Sohnes Eduard als „Maria Eva Elise“ registriert wurde,[17] die Widmungsempfängerin des Albumblatts „Für Elise“ war. Der Wiener Schubert-Forscher Michael Lorenz bezweifelt diese These, da dieser Eintrag das einzige Dokument ist, in dem Elisabeth als „Elise“ bezeichnet wird. Wie er jedoch an anderer Stelle bemerkt, „wurde im Wien des Vormärz zwischen den Namen Elisabeth und Elise nicht mehr unterschieden, sie waren austauschbar und quasi identisch.“[18]
Literatur
- Karl Benyovszky, J. N. Hummel: der Mensch und Künstler, Bratislava: Eos 1934
- Fritz Felzmann, Die Sängerin Elisabeth Röckel. „Donna Anna“ in Hoffmanns „Don Juan“. Persönlichkeit und Familie, in: Mitteilungen der E. T. A. Hoffmann-Gesellschaft, Heft 21 (1975), S. 27–37
- Mark Kroll, Johann Nepomuk Hummel: A Musician’s Life and World, Lanham, Maryland: Scarecrow Press 2007, ISBN 978-0-8108-5920-3
- Michael Jahn, Die Wiener Hofoper von 1810 bis 1836. Das Kärnthnerthortheater als Hofoper, Wien: Verlag „Der Apfel“ 2007, ISBN 978-3-85450-286-9
- Klaus Martin Kopitz, Beethoven, Elisabeth Röckel und das Albumblatt „Für Elise“, Köln: Dohr 2010, ISBN 978-3-936655-87-2
- Michael Lorenz, Die „Enttarnte Elise“. Elisabeth Röckels kurze Karriere als Beethovens „Elise“, in: Bonner Beethoven-Studien, Band 9 (2011), S. 169–190 Aufsatz online (Quellen aus Wiener Archiven zu den Vornamen von Elisabeth Röckel)
Einzelnachweise
- ↑ Das Geburtsdatum wird irrtümlich mit dem 19. Juni 1793 angegeben, in: K. J. Kutsch und Leo Riemens, Großes Sängerlexikon. 4. Aufl., München 2003, Band 6, S. 3971 sowie in Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Aufl., hrsg. von Ludwig Finscher, Personenteil, Band 14, Kassel 2005, Sp. 239.
- ↑ Regensburg, Bischöfliches Zentralarchiv, Taufmatriken Neunburg vorm Wald, Band 5, S. 207.
- ↑ Düsseldorf, Goethe-Museum, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, 2218.
- ↑ Wien, Stadt- und Landesarchiv, Haydn-Verein, A 3/2.
- ↑ Der Weimarer Schauspieler Max Johann Seidel in seiner 1837/38 entstandenen Hummel-Biographie, die er in Zusammenarbeit mit seiner Witwe verfasste: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Q 619, S. 51.
- ↑ Der Musikologe Otto Jahn, der sie 1855 in Weimar traf, in seinem Aufsatz mit ihren Erinnerungen an Beethoven: Ein Brief Beethovens, in: Die Grenzboten, Jg. 26, I. Semester, II. Band (1867), S. 100–105, hier S. 101f.
- ↑ Der Beethoven-Biograph Alexander Wheelock Thayer, der auch mit ihrem Bruder bekannt war, in: Ludwig van Beethoven’s Leben, nach dem Original-Manuscript deutsch bearbeitet von Hermann Deiters, Band 3, Berlin 1879, S. 74.
- ↑ Todesanzeige, in: Deutschland. Allgemeine politische Zeitung mit Tage- und Gemeindeblatt, 4. März 1883: „Tiefgebeugten Herzens zeigen wir allen lieben Freunden und Bekannten an, daß unsere innig geliebte Mutter, Schwieger- und Großmutter Frau Hofkapellmeister Elisabeth Hummel heute mittag um 12 Uhr sanft entschlafen ist. Die tieftrauernden Hinterbliebenen. Weimar, den 3. März 1883.“
- ↑ Nekrolog, in: Weimarische Zeitung, Jg. 52, Nr. 54 vom 6. März 1883
- ↑ Auf ihrem Grabstein auf dem Historischen Friedhof in Weimar.
- ↑ In einem Standardwerk zur Wiener Theatergeschichte, das auf umfangreichen Archivstudien beruht: Katalog der Portrait-Sammlung der k. u. k. General-Intendanz der k. k. Hoftheater. Zugleich ein biographisches Hilfsbuch auf dem Gebiet von Theater und Musik. Zweite Abtheilung. Gruppe IV. Wiener Hoftheater, Wien 1892, S. 353: „Roeckel, Betty (Elisabeth), geb. 15. März 1793, gest. Weimar 3. März 1883, Mitglied 8. Juli 1811 bis 1814; 15. Mai [sic] 1813 Gattin des J. N. Hummel (S. 176). — Br. 4°. Photogr. Reproduction nach einem Oelgemälde. Ganze Figur, im Alter. Vis.-Phot. von Frisch in Weimar.“
- ↑ Otto Jahn, Ein Brief Beethovens, in: Die Grenzboten, Jg. 26, I. Semester, II. Band (1867), S. 100–105, hier S. 101f.
- ↑ Ludwig Nohl, Neue Briefe Beethovens, Stuttgart 1867, S. 73f.
- ↑ Gerhard von Breuning, Aus dem Schwarzspanierhause. Erinnerungen an L. van Beethoven aus meiner Jugendzeit, Wien 1872, S. 49f.
- ↑ Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen, hrsg. von Klaus Martin Kopitz und Rainer Cadenbach unter Mitarbeit von Oliver Korte und Nancy Tanneberger, München 2009, S. 437f.
- ↑ Karl Benyovszky, J. N. Hummel, der Mensch und Künstler, Bratislava 1934, S. 154f.
- ↑ Wien, Archiv der Dompfarre St. Stephan, Taufbuch Tom. 106, fol. 139.
- ↑ Lorenz 2011, S. 177
Weblinks
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