Historischer Friedhof Weimar

Historischer Friedhof Weimar
Grabmäler auf der Westseite des Historischen Friedhofs

Der Historische Friedhof in Weimar ist einer der meistbesuchten Friedhöfe Deutschlands. Hier finden sich die Grabstätten zahlreicher namhafter Persönlichkeiten wieder. Der 1818 eröffnete Friedhof ist eine Parkanlage mit altem Baumbestand und liegt auf einer Anhöhe im Südwesten der Stadt neben dem Poseckschen Garten. Die bedeutendste Sehenswürdigkeit ist die Weimarer Fürstengruft mit den Särgen von Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. 1998 hat die UNESCO den zur Klassik Stiftung Weimar gehörenden Historischen Friedhof zusammen mit der Fürstengruft als Teil des Ensembles „Klassisches Weimar“ zum Weltkulturerbe erklärt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gedächtnishalle für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Weimarer
Die Lindenallee führt direkt zur Fürstengruft im Zentrum des Areals
Fürstengruft mit angrenzender Russisch-Orthodoxer Kapelle
Verwaltungsgebäude
Trauerhalle
Friedhof (Panoramabild)

Als der Platz auf dem alten Jakobskirchhof rund um die Weimarer Jakobskirche nicht mehr ausreichte, wurde zwischen 1814 und 1818 am Poseckschen Garten im südwestlichen Teil der Stadt der „Neue Friedhof vor dem Frauentore“ angelegt. Die Einweihung fand am 20. März 1818 statt. Ab 1862 wurde er mit größeren Erweiterungen nach Süden und Westen zum „Hauptfriedhof“ Weimars ausgebaut. Der älteste, parkähnliche Friedhofsteil im Norden wird bis heute als „Historischer Friedhof“ bezeichnet. Um sein Erscheinungsbild zu bewahren, finden nördlich der Fürstengruft keine Beerdigungen mehr statt.

Anlage und Bauwerke

Direkt auf der linken Seite hinter dem Haupteingang am Poseckschen Garten steht ein neoromanisches, steinernes Bauwerk, das 1878/79 als Begräbnishalle erbaut wurde, 1921 jedoch zur „Gedächtnishalle“ für die im Ersten Weltkrieg (1914–1918) Gefallenen der Stadt Weimar umgestaltet wurde.

Vom Haupteingang aus führt in Form einer geraden Mittelachse eine leicht nach Süden ansteigende Lindenallee zur Weimarer Fürstengruft und Russisch-Orthodoxen Kapelle hinauf, welche auf einer Anhöhe zusammen das Zentrum des gesamten Friedhofareals bilden. Die Fürstengruft diente ausschließlich als Grabstätte des großherzoglichen Hauses von Sachsen-Weimar-Eisenach, mit Ausnahme der beiden großen Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, welche auf den Wunsch von Großherzog Carl August ebenfalls hier beigesetzt wurden, um auch im Tode mit dem Großherzog vereint zu sein.

An der Rückwand der Fürstengruft befindet sich die Russisch-Orthodoxe Kapelle, welche auf Wunsch von Großherzogin Maria Pawlowna (Tochter des russischen Zaren Paul. I. und Ehefrau des Großherzogs Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach) über ihrem Grab errichtet wurde.

Weitere Grabmale und Grabkapellen wohlhabender Weimarer Familien befinden sich besonders entlang der umliegenden Friedhofsmauern. Zusammen mit den Bepflanzungen und dem alten Baumbestand der Parkanlage bilden sie eine würdige Umrahmung für die zentral gelegene Fürstengruft.

Auf dem Hauptfriedhof erinnern Gemeinschaftsgräber an das Konzentrationslager Buchenwald und die Opfer der Bombenangriffe auf Weimar während des Zweiten Weltkrieges.

Denkmale

Euphrosyne-Denkmal

Das Euphrosyne-Denkmal (Steindruck 1932)

Südlich hinter der Russisch-Orthodoxen Kapelle befindet sich inmitten des Gräberfeldes des Marie-Seebach-Stifts das „Euphrosyne-Denkmal“, das an die 1797 im Alter von 18 Jahren verstorbene Schauspielerin Christiane Becker-Neumann erinnert. Beigesetzt wurde sie jedoch auf dem Jakobsfriedhof in Weimar. Das mit Masken, tanzenden Nymphen und Sternzeichen geschmückte Denkmal wurde auf Anregung Goethes nach einem Entwurf von Johann Heinrich Meyer von dem Gothaer Bildhauer Friedrich Wilhelm Döll geschaffen. Goethe hatte die Schauspielerin zum letzten Mal als Euphrosyne in Joseph Weigls Oper „Das Petermännchen“ auf der Bühne gesehen und schrieb 1797 nach ihrem Tod zu ihrem Andenken die gleichnamige Elegie „Euphrosyne“. Ab dem Jahr 1800 stand das Denkmal gegenüber dem Schloss und wurde erst 1945 auf dem Historischen Friedhof aufgestellt.

Denkmal der Märzgefallenen

„Denkmal der Märzgefallenen“ von Walter Gropius (1922)

Auf dem Historischen Friedhof Weimar befindet sich auch das „Denkmal der Märzgefallenen“, das der damalige Direktor des Bauhauses Walter Gropius im Auftrag des Gewerkschaftskartells zur Erinnerung an die Menschen erschuf, die die Niederwerfung des rechtsradikalen Kapp-Putsches 1920 mit ihrem Leben bezahlten. Als Weimarer Arbeiter sich während des Generalstreiks am 15. März zu einer Kundgebung im Volkshaus versammelten, schossen putschende Soldaten der Reichswehr auf sie und töteten Anna Braun, Walter Hoffmann, Franz Pawelski, Paul Schander, Adolf Schelle, Karl Schorn, Karl Merkel, Ernst Müller und Kurt Krassan.

Sieben der Opfer wurden zunächst auf dem nördlichen Teil des Historischen Friedhofs beerdigt und ein Jahr später an den Standort des Denkmals umgebettet. Das expressionistisch geprägte Denkmal aus Beton, dessen abstrakte Form nach den Worten seines Schöpfers einen „Blitzstrahl aus dem Grabesboden als Wahrzeichen des lebendigen Geistes“ darstellt, wurde am 1. Mai 1922 enthüllt. An die als „Gefrorene Blitze“ bekannte Skulptur schließen sich die sieben Grabplatten der Opfer an. Da die Erinnerung an die „roten Märzgefallenen“ im Nationalsozialismus unerwünscht war und die moderne Gestaltung des Denkmals als „Entartete Kunst“ galt, wurde es im Februar 1936 zerstört. Der Blitz wurde gesprengt und ein Säulenbrunnen gegenüber dem verbliebenen Gräberfeld errichtet. 1946 wurde das Denkmal in leicht veränderter Form rekonstruiert. Der erste Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald wurde hier begangen. Vor Ort zeigen heute historische Fotos den Originalzustand des Denkmals.

Grabstätten namhafter Persönlichkeiten

Auf dem Areal des „Historischen Friedhofs“ in Weimar liegen unter anderem die Grabstätten folgender Persönlichkeiten (sortiert nach Lage und Sterbejahr):

Fürstengruft (Auswahl)

Hauptartikel: Weimarer Fürstengruft
Die nebeneinander aufgebahrten Eichensärge der beiden Dichter Goethe und Schiller in der Fürstengruft
Name Lebensdaten Tätigkeit
Anna Dorothea von Sachsen-Weimar 1657–1704 Prinzessin und Fürstäbtissin des Reichsstifts Quedlinburg
Johann Ernst III. 1664–1707 Herzog von Sachsen-Weimar
Friedrich von Schiller (nur symbolischer leerer Sarg, wirkliches Grab unbekannt) 1759–1805 Dichter, Philosoph und Historiker
Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach 1757–1828 Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach
Johann Wolfgang von Goethe 1749–1832 Dichter, Naturwissenschaftler und Politiker
Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach 1844–1894 Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach
Pauline von Sachsen-Weimar-Eisenach 1852–1904 Prinzessin und Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach

Gruft der Russisch-Orthodoxen Kapelle

Name Lebensdaten Tätigkeit
Maria Pawlowna 1786–1859 Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, Tochter des russischen Zaren Paul I.

Gräber entlang der westlichen Friedhofsmauer

Grabstätte von Charlotte von Stein, das Porträt-Medaillon schuf der Bildhauer Adolf von Donndorf
Grabmal des Komponisten Johann Nepomuk Hummel
Name Lebensdaten Tätigkeit
Franz Kirms 1750–1826 Hofkammerrat, Theaterintendant, Blumenliebhaber
Johannes Daniel Falk 1768–1826 Theologe, Schriftsteller, Kirchenlieddichter, Pädagoge
Charlotte von Stein 1742–1827 Hofdame, Geliebte und enge Vertraute Goethes
Johann Nepomuk Hummel 1778–1837 Klaviervirtuose, Komponist, Schüler von W. A. Mozart, Hofkapellmeister
Eleonore Maximiliane Ottilie Henckel von Donnersmarck 1756–1843 Oberhofmeisterin Maria Pawlownas und Urgroßmutter von Goethes Enkeln
Clemens Wenzeslaus Coudray 1775–1845 Hofarchitekt und Oberbaudirektor
Ludwig Friedrich von Froriep 1779–1847 Chirurg, Obermedizinalrat, Hochschullehrer und Verleger
Johann Friedrich Röhr 1777–1848 Doktor der Theologie, Generalsuperintendent und Oberhofprediger
Friedrich von Müller 1779–1849 Staatskanzler von Sachsen-Weimar-Eisenach, enger Freund Goethes
Carl Leberecht Schwabe 1778–1851 Hofrat und ehemaliger Bürgermeister von Weimar
Louise Seidler 1786–1866 Hofmalerin, Vertraute Goethes
Carl August Schwerdtgeburth 1785–1877 Hofkupferstecher, Lehrer an der Fürstlichen freien Zeichenschule

Gräber entlang der östlichen Friedhofsmauer

Name Lebensdaten Tätigkeit
Anna Dillon 1760–1823 Hofdame der Großherzogin Maria Pawlowna, geb. in England
Christine Kotzebue 1736–1828 Mutter von August von Kotzebue
Wilhelm Ernst Christian Huschke 1760–1828 Leibarzt der Großherzöge Karl Friedrich und Karl Alexander, Geheimer Hofrat, Wielands Hausarzt
Pius Alexander Wolff 1782–1828 Schauspieler und Schriftsteller
Johann Heinrich Meyer 1760–1832 Maler, Kunstschriftsteller, Direktor der Fürstlichen freien Zeichenschule, Freund Goethes
Karl Ludwig Oels 1771–1833 Schauspieler
Johann Joseph Schmeller 1796–1841 Maler (gilt als Hausmaler Goethes)
Friedrich Wilhelm Riemer 1774–1845 Philologe, Schriftsteller, Bibliothekar, Geheimer Hofrat, Goethes Sekretär
Franz Carl Adelbert Eberwein 1786–1868 Musikdirektor und Dirigent
Angelica Bellonata Facius 1806–1887 Bildhauerin (Schülerin von Christian Daniel Rauch), Medailleurin und Gemmenschneiderin

Gräber im Umfeld der Fürstengruft

Name Lebensdaten Tätigkeit
Francois-René Le Goullon 1757–1839 Küchenmeister, Mundkoch der Herzogin Anna Amalia, Gastwirt, Hotelier
Johann Peter Eckermann 1792–1854 Dichter, Lehrer, enger Vertrauter Goethes
Constanze Gräfin von Fritzsch 1781–1858 Großherzogliche Oberhofmeisterin
Stefan Sabinin 1789–1863 Erzpriester, Beichtvater Maria Pawlownas
Grabkreuz des Schriftstellers und Bibliothekars Christian August Vulpius (Bruder von Christiane von Goethe)

Weitere Gräber des Friedhofs

Ehrengräberfeld der Stadt Weimar

Grabstein des deutschen Dirigenten Hermann Abendroth
Name Lebensdaten Tätigkeit
Werner Deetjen 1877–1939 Germanist und Bibliothekar
Peter Raabe 1872–1945 Dirigent, Musikwissenschaftler und NS-Kulturpolitiker
Prof. Dr. Eduard Scheidemantel 1862–1945 Vorsitzender des Deutschen Schillerbundes, Direktor des Schillerhauses
Prof. Dr. Max Hecker 1870–1948 Goethe-Philologe, Herausgeber des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft
Gustav Kiepenheuer 1880–1949 Buchhändler und Verleger
Prof. Dr. Hans Wahl 1885–1949 Goethe-Forscher, Museums- bzw. Archivdirektor
Albert Schaefer-Ast 1890–1951 Zeichner und Karikaturist
Prof. Dr. Heinrich Lilienfein 1879–1952 Schriftsteller, Generalsekretär der Deutschen Schiller-Stiftung
Hermann Abendroth 1883–1956 Dirigent und Gewandhauskapellmeister
Louis Fürnberg 1909–1957 Schriftsteller, Dichter und Komponist
Walther Victor 1895–1971 Germanist, Publizist, Schriftsteller, Herausgeber

Weitere Historische Grabanlagen Weimars

Der „Historische Friedhof“ ist nicht der einzige Friedhof Weimars mit historischen Gräbern. Ein weiterer, wesentlich kleinerer Friedhof ist der „Jacobsfriedhof“ (auch Jakobskirchhof) am nördlichen Rand des Weimarer Innenstadt-Ringes mit dem Kassengewölbe (erste Grabstätte Friedrich Schillers) und Gräbern namhafter Persönlichkeiten wie Lucas Cranach der Ältere. Dieser besteht bereits seit dem 12. Jahrhundert und ist damit der älteste aller Friedhöfe in Weimar. Weitere historische Friedhöfe, auf denen nicht mehr bestattet wird, sind der „Jüdische Friedhof“, eine kleine Grabanlage Ecke Leibnizallee/Musäusstraße, die lediglich von 1775 bis 1892 genutzt wurde und heute als Kulturdenkmal ausgewiesen ist, sowie der „Sowjetische Friedhof“ im Park an der Ilm, der im Juni 1945 als „Ehrenfriedhof der Roten Armee“ eingerichtet wurde und über 640 im Zweiten Weltkrieg getötete sowjetische Militärangehörige beherbergt. Später wurde ein zweiter Sowjetischer Friedhof im Schlosspark Belvedere angelegt, der bis zum Abzug der Truppen 1990 in Betrieb war.

Siehe auch

Literatur

  • Ilse-Sibylle Stapff: Historische Grabstätten in Weimar. Jakobskirche, Jakobsfriedhof und historischer Friedhof. Wartburg Verlag, Weimar 2004, ISBN 978-3-86160-157-9.
  • Klaus-Jürgen Winkler, Herman van Bergeijk: Das Märzgefallenen-Denkmal. Verlag der Bauhaus-Universität Weimar, Weimar 2004, ISBN 978-3-86068-228-9.

Weblinks

 Commons: Historischer Friedhof Weimar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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