Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Anna amalia bib weimar.jpg

Bibliotheksansicht nach der Sanierung, 2008

Gründung 1691
Koordinaten 50° 58′ 43″ N, 11° 19′ 56″ O50.97861111111111.332222222222Koordinaten: 50° 58′ 43″ N, 11° 19′ 56″ O
Ort Weimar
Betreiber Klassik Stiftung Weimar
Website http://www.klassik-stiftung.de/haab

Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek (Eigenschreibweise; sprachlich korrekt: Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek), kurz HAAB, wurde 1691 als „Herzogliche Bibliothek“ von Herzog Wilhelm Ernst in Weimar gegründet. Anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums im Jahr 1991 erhielt sie den Namen der Herzogin Anna Amalia, die ihre größte Förderin war.[1] Berühmt ist der ovale und über drei Geschosse reichende Rokokosaal. Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek ist eine Forschungsbibliothek für Literatur- und Kulturgeschichte mit besonderem Schwerpunkt auf der deutschen Literatur von der Aufklärung bis zur Spätromantik.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Herzogliche Bibliothek wurde im Jahr 1691 begründet, als Herzog Wilhelm Ernst seine gesammelten 1.400 Bücher der Öffentlichkeit zugänglich machte. In den folgenden dreißig Jahren stieg ihr Bestand auf 11.000 Exemplare an. Bis 1766 war die Bibliothek im Residenzschloss untergebracht. Danach erfolgte der Umzug in das Grüne Schloss, das als Wohngebäude für Herzog Johann Wilhelm nach seiner Heirat mit der Pfalzgräfin Dorothea Susanna zwischen 1562 und 1569 erbaut wurde. Als Baumeister galt Nikolaus Gromann. Der Name geht vermutlich auf die Kupferdeckung des Daches zurück. 1706 ernannte Herzog Wilhelm Ernst den Wittenberger Universitätsprofessor Konrad Samuel Schurzfleisch zum ersten Direktor der Fürstlichen Bibliothek.

Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach (Gemälde von Johann Ernst Heinsius, 1773)

Benannt wurde die Bibliothek 1991 nach Anna Amalia (1739–1807), der Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach. Während ihrer Regentschaft erfolgte 1766 der Umzug der herzoglichen Büchersammlung in das Grüne Schloss. Mit der Volljährigkeit 1775 übernahm Anna Amalias Sohn Carl August die Regierung. Als neuer Landesherr baute er die fürstliche Bibliothek weiter aus.

Carl August, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (Gemälde von Ferdinand Jagemann, 1805)

Herzog Carl August beauftragte 1797 Johann Wolfgang von Goethe und dessen Kollegen im Geheimen Consilium Christian Gottlob Voigt (1743–1819) mit der Oberaufsicht über die Bibliothek. Goethe leitete sie bis zu seinem Tode 1832 als Bibliothekar 35 Jahre lang. Er führte sie zu einer der bedeutendsten Bibliotheken Deutschlands jener Zeit. Sie prägte die Weimarer Klassik mit und ist bis heute eines der wichtigsten Archive dieser Epoche. In Goethes Amtsperiode verdoppelte sich der Buchbestand auf 80.000 Bände. Unter Leitung von Clemens Wenzeslaus Coudray wurde zwischen 1821 und 1825 der angrenzende Turmbau zum Bibliotheksturm umgebaut und um einen Stock erhöht. 1849, an Goethes hundertstem Geburtstag, der in der Bibliothek gefeiert wurde, erhielt das Gebäude durch einen Anbau im Norden, von Coudray ausgeführt, seine heutige Dimension.

Die Forschungsbibliothek verfügt über einen Bestand von etwa 1 Mio. Bänden: Der Sammlungsschwerpunkt liegt auf der deutschen Kultur- und Literaturgeschichte zwischen 1750 und 1850. Zu den Kostbarkeiten gehören auch etwa 2 000 mittelalterliche und frühneuzeitliche Buchhandschriften (darunter ein karolingisches Evangeliar aus dem 9. Jahrhundert als ältestes Buch im Bestand) und 427 Inkunabeln. Hervorzuheben sind umfangreiche Sammlungen von Flugschriften aus der Reformationszeit, von Stammbüchern und Bibeln – darunter die beim Brand gerettete erste Gesamtausgabe der Lutherschen Bibelübersetzung von 1534 –, 10 000 historische Landkarten und 27 Globen sowie die weltweit größte Faust-Sammlung zur historischen Person Faust und zu künstlerischen Gestaltungen des Faust-Stoffs. Geschlossen aufgestellt sind auch die Bibliotheken der Familie von Arnim, Liszts, Nietzsches, des Weimarer Büchersammlers Haar und der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Die Privatbibliothek Goethes in seinem Wohnhaus am Frauenplan wird ebenfalls von der Herzogin Anna Amalia Bibliothek verwaltet.

Die während der Zeit der DDR vernachlässigte Fassade der Bibliothek, 1991

Seit 1998 gehört die Herzogin Anna Amalia Bibliothek als Teil des Ensembles Klassisches Weimar zum Welterbe der UNESCO. Die Aufnahme in die Liste des Welterbes begründete die UNESCO mit der „großen kunsthistorischen Bedeutung öffentlicher und privater Gebäude und Parklandschaften aus der Blütezeit des klassischen Weimar“ und mit der „herausragenden Rolle Weimars als Geisteszentrum im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert“. Zum Welterbe zählen insgesamt elf Gedenkstätten in Weimar, „deren Wert sich aus der Verbindung von historischem Geschehen, baulicher Hülle und authentischer Ausstattung bildet“ (Deutsche UNESCO-Kommission e.V.).

2003 wurde die Fördergesellschaft Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek (GAAB) in Weimar gegründet.

Ausbau der Bibliothek ab 2002

Bau des Tiefmagazins der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Juni 2002

Im Mai 2002 wurde mit einem Ausbau zu einem Bibliothekszentrum für Weimar mit zwei unterirdischen Magazinen für 1,4 Millionen Bücher begonnen. Das 23 Millionen Euro teure Projekt wurde im Februar 2005 abgeschlossen. Ab Anfang August 2004 konnte mit dem Umzug der ersten Bücher begonnen werden. Während des Umzuges kam es am 2. September 2004 zum Brand.

Brand am 2. September 2004

Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek am 2. September 2004
Brandschäden an der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Am Abend des 2. September 2004 brach ein Brand im Dachstuhl des Hauptgebäudes aus, der im zweiten Geschoss des Rokokosaales von der Feuerwehr gestoppt werden konnte. Die Brandursache konnte auch nach einem Abschlussgutachten des Bundeskriminalamtes nicht eindeutig geklärt werden. Nach Aussagen der Erfurter Staatsanwaltschaft ist ein technischer Defekt als wahrscheinliche Ursache anzunehmen. Demnach war ein Schwelbrand, ausgelöst durch ein angeschmortes Elektrokabel, ursächlich für das Feuer.

Während des Brandes wurden aus dem Gebäude ca. 28.000 Bücher gerettet, darunter eine Lutherbibel von 1534. 50.000 Bände sind als Totalverlust zu verbuchen, darunter neben tausenden Büchern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert; rund 62.000 Bände sind durch Löschwasser und Brand zum Teil stark beschädigt worden. Betroffen sind somit zwei Fünftel der Drucke bis 1850. Der materielle Schaden am Bücherbestand wurde auf 67 Mio. Euro geschätzt. Bereits in der Brandnacht wurden die ersten wassergeschädigten Bücher zur Gefriertrocknung in das Zentrum für Bucherhaltung Leipzig gebracht, in den folgenden Tagen auch die aus dem Brandschutt geborgenen, zum Teil stark verkohlten und feuchten Codices. Die Bücher werden, nach Schadensklassen sortiert, bis 2015 restauriert.

Die Wiederherstellung des Bibliotheksgebäudes wurde im Sommer 2007 abgeschlossen. Am 24. Oktober 2007, dem 268. Geburtstag der namensgebenden Herzogin Anna Amalia und dem Tag der Bibliotheken, wurde die Bibliothek durch den Bundespräsidenten Horst Köhler wiedereröffnet. Die Kosten für die Sanierung des Gebäudes betrugen 12,8 Millionen Euro.

Der Bücherkubus

Das Studienzentrum
Der Bücherkubus

Nach dem Umzug in das neue Magazin wurden am 5. Februar 2005 die Freihandbereiche des neuen Studienzentrums für die Bibliotheksbenutzer geöffnet. Zentrum ist der sogenannte Bücher-Kubus. In den Freihandbereichen im und um den Bücher-Kubus werden mehr als 100.000 Medien frei zugänglich und systematisch geordnet angeboten.
Im Jahr 2006 wurde der von den Weimarer Architekten Prof. Hilde Barz-Malfatti und Prof. Karl-Heinz Schmitz realisierte Erweiterungsbau der Herzogin Anna Amalia Bibliothek mit dem Thüringer Staatspreis für Architektur und Städtebau ausgezeichnet.

Literatur

  • Hermann Blumenthal (Hrsg.):Aus der Geschichte der Landesbibliothek zu Weimar und ihrer Sammlungen. Festschrift zur Feier ihres 250jährigen Bestehens und zur 175jährigen Wiederkehr ihres Einzuges ins Grüne Schloss, Jena 1941.
  • Michael Knoche (Hrsg.): Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Kulturgeschichte einer Sammlung, München 1999.
  • … auf daß von Dir die Nach-Welt nimmer schweigt: die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar nach dem Brand, hrsg. von der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen und der Thüringischen Landeszeitung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek e.V., Weimar 2004.
  • Konrad Kratzsch: Kostbarkeiten der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar, 3. durchges. Auflage. Leipzig 2004.
  • Michael Knoche: Die Bibliothek brennt. Ein Bericht aus Weimar Göttingen 2006.
  • Michael Knoche: Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar. Das Studienzentrum. Berlin 2006.
  • Walther Grunwald, Michael Knoche und Hellmut Seemann (Hrsg.):Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Nach dem Brand in neuem Glanz. Mit Fotografien von Manfred Hamm. Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar / Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Berlin 2007.
  • Claudia Kleinbub, Katja Lorenz und Johannes Mangei (Hrsg.): Es nimmt der Augenblick, was Jahre geben. Vom Wiederaufbau der Büchersammlung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar / Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Göttingen 2007.
  • Gerd Geburtig (Hrsg): Instandsetzungspraxis an der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar]. Fraunhofer-IRB-Verl., Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8167-7998-8
  • Jochen Flade: Generalsanierung der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar nach der Brandkatastrophe 2004. Darstellung der holzrestauratorischen Maßnahmen im Rokokosaal. Beiträge zur Erhaltung von Kunst-und Kulturgut (VDR-Verband der Restauratoren), Heft 1/2009.
  • Diana Kußauer, Wolfgang Bruhm, Tobias Just: Die Wiederherstellung der historischen Raumfassung des Rokokosaals der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. VDR-Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut, (VDR-Verband der Restauratoren), Heft 2/2009.
  • Michael Knoche und Jürgen Weber: Neue Wege der Buchrestaurierung nach dem Weimarer Bibliotheksbrand, in: KGS Forum 16, 2010, S.14-24. (KGS – Kulturgüterschutz/Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Bern). Mit Zusammenfassung in französischer, italienischer und englischer Sprache (auch online verfügbar).

Weblinks

 Commons: Herzogin Anna Amalia Bibliothek – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach dem Weblink der Klassik-Stiftung

Wikimedia Foundation.

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