Franz Wolf

Franz Wolf

Franz Wolf (* 9. April 1907 in Krummau in Böhmen; † unbekannt) war ein deutscher SS-Scharführer, der im Sobibor-Prozess zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Sein Bruder Josef Wolf, mit dem er in einem gemeinsamen SS-Kommando im Vernichtungslager Sobibór Dienst ausübte, wurde im Aufstand von Sobibór von flüchtenden Lagerinsassen getötet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wolf arbeitete nach einer Ausbildung zum Förster im Fotogeschäft seines Vater bis 1939. Ende der 1920er Jahre und nochmals kurzzeitig im Herbst 1938 gehörte er der tschechischen Armee an. Wolf wurde 1936 Mitglied der SdP. Nach der Eingliederung des Sudetenlandes in das Deutsche Reich infolge des Münchener Abkommens wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Er nahm nach Beginn des Zweiten Weltkriegs als Angehöriger der Wehrmacht am Polen- und Westfeldzug teil.[1]

NS-Tötungsanstalten

Im Januar 1940 wurde Wolf von der Kanzlei des Führers im Rahmen der „Aktion T4“ nach Berlin beordert. Von dort wurde er im Herbst 1940 nach Hadamar in die NS-Tötungsanstalt Hadamar versetzt. Als Fotograf machte er Aufnahmen von den Geisteskranken, bevor diese Opfer der Euthanasie wurden. Im Herbst 1941 wurde er nach Berlin zurückbeordert, wo er seine Arbeit als Fotograf für „Aktion T4“ fortsetzte. Ab Sommer 1942 bis ins Frühjahr 1943 war er als Fotograf in der Universitätsklinik Heidelberg eingesetzt.[2]

Vernichtungslager

Im März 1943 wurde Wolf nach Lublin befohlen, wo er im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ im März 1943 seinen Dienst im Vernichtungslager Sobibór in der Sortierbaracke und auch beim Waldkommando aufnahm.[3] Wolf hatte mit seinem Bruder, dem Unter-Scharführer Josef Wolf die Aufgabe, die Bekleidung der Juden, die sie vor dem Weg zur Gaskammer (genannt Schlauch) oder zur Baracke zum Haareschneiden abzulegen hatten, einsammeln und durch einen Zugang in die nahegelegene Gepäck- und Sortierbaracke bringen zu lassen. Dort wurde die Bekleidung von den Arbeitskommandos sortiert und nach Geld und Wertsachen unter der Aufsicht der SS sortiert.[4] Von Franz Wolf ist bekannt, dass er die Frauen auf dem Weg in die Gaskammern in Sobibór verhöhnte:

„Dalli, Dalli, meine Damen, Arbeit macht das Leben süß!“[5]

Teilweise war Wolf beim Waldkommando, das Holz in dem nahen Wald schlagen musste. Geklärt ist nicht, ob er bei Erschießungen von Häftlingen zugegen oder ob er selbst geschossen hat. Er war wegen seiner Peitsche gefürchtet, zeigte Unterwürfigkeit nach oben und ein zynisch-sarkastisches Verhalten nach unten.[5]

Nach 1943

Nach Beendigung der „Aktion Reinhardt“ wurde Wolf im November 1943, wie auch der Großteil des Personals der „Aktion Reinhardt“, zur Operationszone Adriatisches Küstenland nach Triest versetzt. Hier war er Angehöriger der „Sonderabteilung Einsatz R“, die der „Judenvernichtung“, der Konfiszierung jüdischen Vermögens und der Partisanenbekämpfung diente. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches flüchtete er nach Österreich, wo er durch die US-Army gefangengenommen wurde und in ein Internierungslager bei Weiden kam. Nach seiner Entlassung arbeitet er als Fotograf für die US-Army bis Mai 1946.[3]

Später lebte Wolf in Eppelheim und wurde im Zuge der Ermittlungen Anfang der 1960er Jahre in Haft genommen.[6] 1966 wurde er im Sobibor-Prozesses angeklagt und wegen seiner Beteiligung an der Ermordung einer unbekannten Zahl von Menschen – mindestens 39.000 – zu einer achtjährigen Zuchthausstrafe verurteilt.[3]

Literatur

  • Barbara Distel: Sobibor. S. 376 ff. In: Wolfgang Benz, Barbara Diestel: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. 8.Bd. Beck, München 2008, ISBN 3-406-57237-5.
  • Jules Schelvis: Vernichtungslager Sobibór. Unrast-Verlag. Hamburg/Münster 2003, ISBN 3-89771-814-6.
  • Henry Friedlander: The Origins of Nazi Genocide – From Euthanasia to the final Solution, Chapel Hill 1995, ISBN 0-8078-2208-6, S. 240
  • Informationsmaterial des Bildungswerks Stanislaw Hantz e. V.: Schöne Zeiten – Materialsammlung zu den Vernichtungslagern der Aktion Reinhardt Belzec, Sobibor, Treblinka. Reader
  • Dick de Mildt: In the Name of the people: Perpetrators of Genocide in the Post-War Prosecution in West-Germany – The ‘Euthanasia` an ‘Aktion Reinhard` Trial Cases. Kluwer law International, Niederlande 1996, ISBN 90-411-0185-3.

Einzelnachweise

  1. Dick de Mildt: In the Name of the people: Perpetrators of Genocide in the Post-War Prosecution in West-Germany – The ‘Euthanasia` an ‘Aktion Reinhard` Trial Cases. Niederlande 1996, S.215f.
  2. Henry Friedländer: The Origins of Nazi Genocide – From Euthanasia to the final Solution. Chapel Hill 1995, S. 240
  3. a b c Kurzbiografie von Franz Wolf auf deathcamps.org
  4. Schelvis: Vernichtungslager Sobibór, Hamburg/Münster 2003, S. 82
  5. a b Schelvis: Vernichtungslager Sobibór. S. 313
  6. Ferdinand Ranft: Ohne Scham und ohne Reue. In: Die Zeit, Nr. 13/1966

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Franz Goerke — (* 14. November 1856 in Königsberg; † 14. Mai 1931 in Berlin) war unter anderem Herausgeber, Fotograf, Direktor der Gesellschaft Urania und Gründungsmitglied und Vorsitzender der Freien Photographischen Vereinigung. Das Ziel seines ausgeprägten… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Theodor Wolf — Nacimiento 13 de febrero de 1841 Bartholomä Fallecimiento 22 de junio de 1921, 80 años   …   Wikipedia Español

  • Franz Scheidies — Naissance 8 septembre 1878 Grosspelken près de Tilsit Décès 19 février 1946 (à 51 ans) près de Gluschitza Origine Allemand Allégeance …   Wikipédia en Français

  • Franz Ferdinand Wolf — (* 15. April 1947 in Wien) ist ein österreichischer Politiker (ÖVP) und Journalist. Er ist seit 2005 Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats. Franz Ferdinand Wolf absolvierte seine Schulbildung und die Matura in Wien… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Fühmann — (* 15. Januar 1922 in Rochlitz an der Iser, Tschechoslowakei; † 8. Juli 1984 in Ost Berlin) war ein deutscher Schriftsteller. Er lebte und wirkte als (Nach )Erzähler, Essayist und Kinderbuchautor in der DDR. In seiner Jugend durch den… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Martin — (* 22. September 1882 in Salzburg; † 5. Dezember 1950 ebenda) war ein österreichischer Kunst und Landeshistoriker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Sammlung 3 Auszeichnungen, Ehrungen …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Fühmann — (born January 15, 1922, died July 8, 1984) was a German writer. He lived and worked as a short story writer, essayist and children s book author in East Germany. Influenced by Nazism in his youth he became a supporter of Socialism after the war… …   Wikipedia

  • Franz Mittler — (* 14. April 1893 in Wien; † 27. Dezember 1970 in München) war ein im Wien der 20er und 30er Jahre populärer Musiker (Komponist, Pianist und Dirigent), trat aber auch als Verfasser von heute noch bekannten und beliebten Schüttelreimen hervor.… …   Deutsch Wikipedia

  • Wolf Leslau — (November 14, 1906 November 18, 2006) was a scholar of Semitic languages and one of the foremost authorities on Semitic languages of Ethiopia. LifeBorn in Poland, he studied Semitology at the University of Vienna and Sorbonne. When Nazi Germany… …   Wikipedia

  • Franz Ludwig Carl Friedrich Passow — (* 20. September 1786 in Ludwigslust (Mecklenburg); † 11. März 1833 in Breslau) war ein deutscher Altphilologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”