Schweizergarde (Frankreich)

Schweizergarde (Frankreich)
Ordonnanzfahne des Schweizergarderegiments

Die Schweizergarde, eigentlich Regiment der Schweizer und Graubündner Garden (franz. Régiment des Gardes Suisses et Grisons oder Gardes-suisse ) war ein aus Schweizer Söldnern gebildetes Regiment der französischen königlichen Garde. Es trat seinen Dienst am 12. März 1616[1] an und wurde 1792 aufgelöst.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Formationsgeschichte und Standorte

Die Kaserne in Rueil-Malmaison

1597 begann Karl IX. einige Schweizer Kompanien für seine Garde anzuwerben, die jedoch anders als die Palastgarde der Cent-Suisses echte Feldtruppen waren. Die eidgenössischen Orte gestatten dem König, 6000 Mann in 20 Fähnlein zu 300 Mann und eine Schwadron von 200 Reitern für diese Truppe anzuwerben. Erster Kommandant war Oberst Ludwig Pfyffer von Altishofen. Alle späteren französische Könige hielten sich unter den Gardetruppen einige Kompagnien Schweizertruppen. Heinrich IV. bildete 1599 eine besondere Truppe aus zwei Kompagnien, die er als «gens de guerre à pied, suisses, servant à la garde du Roy» bezeichnete. Aus diesen Kompagnien bildete schließlich Ludwig XIII. 1616 ein ständiges Regiment.

Das Schweizergarderegiment bildete zusammen mit den französischen Garden eine Brigade. Es wechselte seinen Dienst mit der französischen Garde ab. Ihr Platz war der erste Hof des königlichen Schlosses, die französischen Soldaten zur Rechten, die schweizerischen zur Linken. Unter den Schweizerregimentern in französischem Dienst nahm das Garderegiment den ersten Rang ein. Der Bestand des Regiments schwankte über die Zeit stark. Bei der Gründung umfasste es 8 Kompagnien zu 160 Mann (Pfyffer, Luzern; Schorsch, Graubünden; Greder, Solothurn; von Gugelberg, Graubünden; von Planta, Graubünden; Gallati, Glarus; Reding, Schwyz; Hässi, Glarus), bis Mitte des 17. Jahrhunderts wuchs es auf 30 Kompagnien an, 1763 wurde es endgültig auf 16 Kompagnien festgesetzt, eingeteilt in 4 Bataillone. Das Garderegiment begleitete den französischen König auf allen seinen Reisen und versah seinen Dienst ausserhalb der königlichen Paläste, deshalb auch die Bezeichnung als «Äussere Garde». Im Inneren bildete die Kompagnie der Hundertschweizer die Wache. Das Garderegiment kämpfte auch in fast allen Kriegen der französischen Könige, insgesamt in über 150 Gefechten und Schlachten.[1]

Um 1690 wurden die ersten Kasernen für die Schweizergardetruppen eingerichtet. Zuvor waren die Soldaten privat in Häusern der Vorstädte von Paris untergebracht. Unter Ludwig XIV. war ein Bataillon in der Kaserne an der Rue Grange-Batelière untergebracht, unter Ludwig XV. kamen die Kasernen St. Roch, Montmartre, Chaillot für das 1. Bataillon, Rueil für das 2. Bataillon und Courbevoie für das 3. und 4. Bataillon dazu.

Die Generalkompagnie des Regiments hatte einen eigenen Stab und eigene Justiz. Sie wurde vom Generalobersten der Schweizer und Bündner als Ehren-Befehlshaber geführt.

Kommandanten

Louis Augustin d'Affry, letzter Kommandant der Garde

Formal Inhaber und Kommandeure des französischen Schweizergarde-Regiments im Rang eines «Generalobersten der Schweizer und Bündner» waren:[2]

Schweizer Kommandanten im Rang eines Obersten waren:

  • 1616-1619 Kaspar Galatti (Glarus)
  • 1619-1628 Fridolin Hässi, auch Hessy (Glarus)
  • 1628–1635 Johann Ulrich Greder (Solothurn)
  • 1635–1651 Kaspar Freuler (Glarus)
  • 1651–1655 Johann Melchior Hässi (Glarus)
  • 1655–1685 Laurenz von Stäfflis-Molondin (Solothurn)
  • 1655–1701 Peter Stuppa (Graubünden, Chiavenna)
  • 1701–1702 Moritz Wagner (Solothurn)
  • 1702–1722 François de Reynold (Freiburg)
  • 1722–1736 Johann Viktor von Besenval (Solothurn)
  • 1736–1742 Johann Jakob von Erlach (Bern)
  • 1742–1743 Rudolf von Castella (Freiburg)
  • 1743–1767 Beat Franz von Zurlauben (Zug)
  • 1767–1792 Louis Augustin d’Affry (Freiburg)

Kommandanten der Schweizerbrigade der königlichen Garde im Rang eines Generallieutenant waren:

  • 1815–1819 Heinrich von Salis-Zizers (Graubünden)
  • 1819–1825 François Mallet (Genf)
  • 1825–1830 Heinrich Höngger (St. Gallen)

Seit 1759 existierte auch noch das Amt eines Generalinspekteurs der Schweizertruppen, dem die Garderegimenter ebenfalls unterstellt waren:

Einsatzgeschichte

Sturm auf die Tuilerien 1792; Gemälde von Jean Duplessi-Bertaux, 1793

Bereits das erste Regiment unter Oberst Pfyffer zeichnete sich aus, indem es den französischen König während des Rückzugs von Meaux über einen 72stündigen Marsch durch die gegnerische Armee hindurch schützte. Das Schweizergarderegiment unter Oberst Kaspar Gallati verteidigte den König Heinrich III. am Barrikadentag 1588 und nahm ruhmreich an den Schlachten bei Arques 1589 und Yvry 1590 teil. Heinrich IV. setzte die Schweizergardetruppen im Krieg gegen Savoyen ein.

Das Garderegiment nahm an 71 Feldzügen, 154 Schlachten und 30 Belagerungen teil,[3] beschränkte sich aber in den letzten Jahren des Ancien Régime auf den Schutz der königlichen Residenzen in Paris bzw. Versailles. Zu Beginn der Französischen Revolution kam es im August 1789 zu einer Meuterei im 2. Bataillon und einige Soldaten desertierten, doch der Großteil der Truppe hielt treu zum König. Regimentsinhaber war formal dessen Bruder, der Graf von Artois Charles Philippe, das tatsächliche Kommando führte aber ein Schweizer Berufsoffizier. Das Regiment bestand 1792 aus einem Stab und vier Bataillonen sowie einer Artillerie-Kompanie mit acht Geschützen und hatte eine Sollstärke von 2.416 Mann, die tatsächliche Stärke war auf 1.500 Mann gesunken, da wegen der unsicheren Lage in Frankreich keine neuen Rekruten mehr in der Schweiz angeworben werden konnten.[4] Die Loyalität zu den Bourbonen bezahlte der Großteil der Schweizergarde beim Tuileriensturm am 10. August 1792 und den September-Massakern mit dem Leben. An diese Tragödie erinnert das Löwendenkmal in Luzern. Im gleichen Jahr löste die Nationalversammlung das Regiment auf. 1815 stellte Ludwig XVIII. die Schweizergarde in Stärke von zwei Regimentern als 7. und 8. Regiment der Gardeinfanterie neu auf. Sie nahm 1823 am Feldzug nach Spanien teil und verteidigte das Königshaus ein letztes Mal während der Julirevolution, wobei wiederum mehrere hundert Mann zu Tode kamen. 1830 wurde die Schweizergarde endgültig aufgelöst.

Erscheinungsbild und Ausrüstung

Zuerst trugen die Gardisten graue Röcke mit blauen Aufschlägen. Um 1700 wurde die später bekannte Uniform eingeführt, die aus roten Röcken mit weissen Aufschlägen, blauen Hosen und Strümpfen bestand. Die Soldaten trugen weisse Gamaschen, die Grenadiere ab 1780 Bärenfellmützen, die übrigen Soldaten Dreispitze. Die Offiziere trugen seit 1763 scharlachrote Röcke mit königsblauen, silberbestickten Aufschlägen und Krägen, weisse Westen und Hosen, silberne Epauletten, weissen Degengurt und einen silberbestickten Dreispitz. Die Soldaten trugen weisse Gamaschen.

Nach der Restauration ersetzte der Tschako den Hut.

Seit Ludwig XIV. hatte jede Kompagnie des Regiments seine eigene Fahne. Alle zeigten ein durchgehendes weisses Kreuz, das vier in den Farben des Generalobersten der Schweizer und Bündner geflammte Viertel bildete. Später hatte ein Bataillon noch zwei Fahnen. Die Generalkompagnie hatte eine spezielle Fahne, die weiss und mit goldenen Lilien besät war.

Soziale Herkunft und Verhältnisse

Der Sold der Gardetruppen war höher als der normale Sold für Schweizertruppen in französischen Diensten. Er betrug pro Jahr:[5]

  • Füsilier: 180 Livres
  • Grenadier: 200 Livres
  • Sergeant: 630 Livres
  • Fähnrich: 1400 Livres
  • Premier-Lieutenant: 3000 Livres
  • Hauptmann: 7200 Livres
  • Oberst: 22'000 Livres

Die Rekrutierung für die Garderegimenter erfasste alle sozialen Schichten. Das Offizierskorps stand aber ausschliesslich dem Adel und dem Patriziat der 13 eidgenössischen Orte und der Zugewandten offen, einzelne Stellen waren erblich. Voraussetzung für die Rekrutierung war die Erfüllung des Gardemasses. Dieses betrug 1,75 m für die Füsilierkompagnien, 1,82 m für die Generalkompagnie und die Grenadiere. Die Generalkompagnie wurde aus den übrigen 12 Schweizerregimentern angeworben, aus denen man die grössten und bestaussehenden Soldaten auswählte.

Die Anwerbung erfolgte in der Regel für vier Jahre, wobei die Verpflichtung mehrmals erneuert werden konnte. Ab 20 Dienstjahren galt ein Soldat als Veteran. Neben erwachsenen Soldaten versahen auch die Kinder der Soldaten als Trommler und Pfeifer Dienst im Regiment. Die Söhne der Offiziere traten meist als Kadetten und Fähnriche in jungen Jahren in die Regimenter der Väter ein.

Vorbildwirkung

Der Verband diente im 18. Jahrhundert als Vorbild für ähnliche Truppen in den Niederlanden (1748–1796), Spanien, Neapel (1734–1789) und Sachsen (1730–1757 und 1763–1814).

Die Fondation 1792 wurde nach ihr benannt.

Prominente Angehörige der Schweizergarde

Literatur

  • Liliane und Fred Funcken: Historische Uniformen, Band 1, 18. Jahrhundert, französische Garden und Linieninfanterie, britische und preußische Infanterie, Mosaik-Verlag, München 1976. S. 38ff.
  • P. de Vallière: Treue und Ehre. Geschichte der Schweizer in Fremden Diensten. Deutsch von Walter Sandoz. Lausanne o. J. [1940].

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b De Valliere: Treue und Ehre, S. 281.
  2. Artikel «Garderegimenter (Schweiz. in Fremden Diensten)» In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Bd. 3, Neuenburg 1926, S. 396.
  3. Artikel «Garderegimenter (Schweiz. in Fremden Diensten)» in Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Bd. 3, Neuenburg 1926, S. 395.
  4. De Valliere: Treue und Ehre, S. 593.
  5. Artikel «Garderegimenter (Schweiz. in Fremden Diensten)» in Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Bd. 3, Neuenburg 1926, S. 396.

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