Friedenskirche (Dresden-Löbtau)

Friedenskirche (Dresden-Löbtau)
Die Friedenskirche in Dresden-Löbtau

Die evangelische Friedenskirche ist ein denkmalgeschützter Sakralbau im Dresdner Stadtteil Löbtau, der 1945 weitgehend zerstört wurde. Die Kirche zählt heute zu den 41 erhaltenen Notkirchen des Bauhaus-Architekten Otto Bartning im deutschen Raum. Gemeinsam mit der evangelischen Hoffnungskirche gehört die Friedenskirche seit 1999 zur Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Frieden und Hoffnung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erinnerungstafel an der Kirche

Löbtau war seit 1875 gemeinsam mit Naußlitz zur Kreuzkirche eingepfarrt, nördliche Teile Löbtaus gehörten zur Gemeinde der Briesnitzer Kirche. Aufgrund des starken Bevölkerungswachstums unter anderem durch den Zuzug von Arbeiterfamilien[1] fand am 5. September 1875 erstmals ein Gottesdienst in Löbtau statt. Bis 1879 wurde die Schulturnhalle des Ortes Löbtau um eine Etage erhöht und diese als Betsaal eingerichtet. Das Provisorium wurde erst rund zehn Jahre später durch einen Kirchenbau ersetzt.

Am 14. Oktober 1889 begann mit der Altarsteinlegung der Bau der von Christian Friedrich Arnold entworfenen Friedenskirche. Arnold verstarb 1890 und erlebte die Kirchweihe auf den Namen „Friedenskirche“ am 6. Oktober 1891 daher nicht mehr. Im Jahr 1891 wurde Löbtau aus der Kreuzkirchgemeinde ausgepfarrt und somit eigenständig. Nach dem weiteren Anwachsen der Bevölkerung Löbtaus, das 1903 nach Dresden eingemeindet worden war, teilte sich die Löbtauer Gemeinde 1915 in die Friedens- und Hoffnungsgemeinde, letztere umfasste den südlichen Teil der Vorstadt. Im Jahr 1999 wurden beide Gemeinden zur Kirchgemeinde Frieden und Hoffnung vereinigt.

Wie zahlreiche Sakralbauten Dresdens wurde auch die Löbtauer Friedenskirche während der Luftangriffe auf Dresden getroffen. Bereits am 16. Januar 1945 wurde sie schwer beschädigt und brannte am 14. Februar schließlich völlig aus. Nach dem teilweisen Abbruch der Ruine wurde in den zum Teil erhaltenen Umfassungsmauern nach Plänen von Otto Bartning eine hölzerne Notkirche errichtet, die am 18. Dezember 1949 durch Landesbischof Hugo Hahn geweiht wurde. Finanziert wurde sie durch den Weltkirchenbund und in- und ausländische Spenden.

Baubeschreibung

Äußeres

In die Kirchenmauern eingebaute Notkirche von Norden gesehen

Die Friedenskirche wurde als lange, einschiffige Anlage im neogotischen Stil mit neoromanischen Details erbaut. Sie war 54 Meter lang und im Hauptschiff 13,5 Meter hoch. Der Kirchturm besaß eine Höhe von 62 Metern.

Nach 1945 war der Kirchturm ohne die Spitze weitgehend erhalten und auch die untere östliche Umfassungsmauer der Friedenskirche blieb nach dem Abriss der Ruine bestehen. Nach Plänen von Otto Bartning entstand innerhalb der Mauern eine „typisierte hölzerne Notkirche“ mit einer flachen Fensterreihe.[2] Dafür wurde eine in Serie gefertigte Dachkonstruktion aus Holz vormontiert geliefert und die Steinwände schließlich mit Abbruchsteinen der zerstörten Kirche errichtet. Die in der östlichen Umfassungsmauer erhalten gebliebenen Fensternischen wurden geschlossen.

Inneres

Ein Zugang zur Kirche erfolgt durch das Hauptportal im Süden. Über einen kleinen Vorraum und Treppen gelangt man in das Kirchenschiff, das eine „anspruchslose Schönheit“ und „ruhige Atmosphäre“ besitzt.[3] Es dominiert die Notkirchenkonstruktion aus dunklem Holz. Die mit Abbruchsteinen erbauten Seitenwände sind, da unverputzt und unverkleidet, auch im Inneren sichtbar. Die Südseite des Kirchenschiff wird von der Orgelempore eingenommen. Im Norden liegt um drei Stufen erhöht der Altarraum, davor befindet sich der Taufstein aus Eichenholz. Er ist wie das hölzerne Lesepult im Stil der Neorenaissance geschnitzt. Taufstein und Lesepult zählen zu den wenigen Gegenständen, die 1945 aus der zerstörten Friedenskirche gerettet werden konnten.

Die Friedenskirche besaß vor ihrer Zerstörung 1000 Sitzplätze. Heute bietet sie 450 Gläubigen Platz.[4]

Altar

Altar der Friedenskirche

Die Friedenskirche besaß einen dreiteiligen Altar, der zentral ein Gemälde des Gekreuzigten aufwies. Es wurde wie die Seitengemälde des Altarbildes von einem Historienmaler geschaffen. Beide Seitengemälde blieben 1945 erhalten und wurde erst 1989 bei einem Einbruch in die Kirche gestohlen.[5]

Der heutige Altar der Friedenskirche ist der frühere Sakristeialtar der Dresdner Sophienkirche. Er wurde im Zuge des Umbaus der Sophienkirche 1868 im neugotischen Stil geschaffen und in der Nordsakristei aufgestellt. Da er vor der Zerstörung des Gotteshauses ausgelagert wurden, zählt er heute zu den wenigen erhaltenen Gegenständen der Sophienkirche. Nach 1945 wurde er in der Friedenskirche aufgestellt.

Der aus Sandstein geschaffene Altar geht vermutlich auf Planungen von Christian Friedrich Arnold zurück. Der Wimperg schließt mit einer Kreuzblume ab. Seitlich zeigen sich Krabben und in der Bekrönung eine Maßwerkrose. Der Altar besaß ursprünglich zwei Reliefs. Im unteren Teil befand sich ein Relief der Grablegung Christi, das vermutlich vom Epitaph des Markus Gerstenberger († 1613) aus der Sophienkirche stammt[6] und Christoph Walther zugeschrieben wird. Es befindet sich heute in der Dresdner Kreuzkirche.

Das zweite Relief, das noch heute in der Mitte des Altars angebracht ist, ist ein Alabasterrelief vom Epitaph der Gertrud Helffrich († 1629). Es wurde von Sebastian Walther geschaffen und bildete ursprünglich das Mittelrelief des umfangreichen Epitaphs. Es zeigt auf 82 Zentimetern Breite und 137 Zentimetern Höhe die Kreuztragung Christi. Christus mit dem Kreuz ist in die Knie gesunken und blickt flehend hinter sich, wo eine trauernde Frau steht. Cornelius Gurlitt vermutet in ihr ein „Bildniss der Frau, der das Denkmal gewidmet war.“[7] Rechts neben ihr ist Simon von Kyrene erkennbar, der Christus das Kreuz aufnehmen hilft. Im Hintergrund befinden sich hauptsächlich Krieger, die zum Teil beritten sind. Cornelius Gurlitt bezeichnete das Relief als „ausgezeichnete Arbeit von vornehmster und sorgfältigster Durchführung reichster Charakteristik der Gestalten. Bemerkenswerth ist die oft noch etwas ängstliche Behandlung des Gewandes in Faltennestern neben breiter Flächendurchführung.“[7]

Auf dem Altar steht ein Kruzifix, das seit 1875 zur Gemeinde gehört und die Zerstörung der Kirche überstanden hat.

Orgel

Orgelempore

Die Friedenskirche besaß zunächst eine Jehmlich-Orgel aus dem Jahr 1892, die von den politischen Gemeinden Löbtau und Naußlitz gestiftet wurde. Sie umfasste 36 Register. Die Jehmlich-Orgel wurde 1941 umgebaut und modernisiert und 1945 zerstört.

Nach der Weihe der Notkirche im Jahr 1949 erhielt die Friedenskirche zunächst für fünf Jahre von der Firma Jehmlich eine Orgel geliehen, die die Gemeinde schließlich im März 1955 endgültig übernahm. Sie diente zuvor als Übungsorgel im Lehrerseminar in Stollberg. Die neue Orgel der Friedenskirche wurde vermutlich von Richard Kreutzbach (1839–1903) im Jahr 1901 geschaffen und wurde durch die Gebrüder Jehmlich modernisiert. Sie besitzt acht Register mit Pedal.[4]

Disposition der Orgel:

I Manual
Principal 8′[Anm. 1]
Gemshorn 4′[Anm. 2]
Oktave 2′[Anm. 1]
Quinte 11/3[Anm. 2]
II Manual
Gedackt 8′[Anm. 1]
Rohrflöte 4′[Anm. 1]
Zimbel 3-fach[Anm. 2]
Pedal
Subbass 16′[Anm. 1]

Anmerkungen

  1. a b c d e alt.
  2. a b c neu

Glocken

Glockenturmabschluss

Die Friedenskirche besaß ab 1891 drei von der Dresdner Firma C. Albert Bierling gegossene Bronzeglocken. Das Des-Dur-Geläut fiel 1917 der Reichsmetallspende zum Opfer. Nur ein Glockenstück mit der Aufschrift „Friede“ soll erhalten geblieben sein.[8] Im Jahr 1920 erhielt die Kirche drei neue, in Bochum gegossene Stahlglocken, die auch die Zerstörung der Kirche überstanden. Sie besitzen die gleichen Inschriften, wie die 1917 zerstörten Glocken und befinden sich heute an dem 2005 erneuerten hölzernen Glockenstuhl.

Name Schlagton Jahr Gewicht Durchmesser Inschrift
Große Glocke d′ 1920 1350 Kilogramm 149 Zentimeter „Ehre sei Gott in der Höhe“
Mittlere Glocke fis′ 1920 850 Kilogramm 126 Zentimeter „Friede sei mit euch“
Kleine Glocke a′ 1920 460 Kilogramm 102 Zentimeter „Haltet an im Gebet“

Literatur

  • Georg Dehio (Hrsg.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Dresden. Aktualisierte Auflage. Deutscher Kunstverlag, München und Berlin 2005, S. 176.
  • Jürgen Helfricht: Dresden und seine Kirchen. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2005, S. 83.
  • Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Stadt Dresden, Teil 1. Meinhold, Dresden 1900, S. 106.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lars Herrmann: Friedenskirche. In: www.dresdner-stadtteile.de. Abgerufen am 1. Dezember 2009.
  2. Dehio, S. 176.
  3. Lars Rohwer: Vom Provisorium zur Jugendkirche? - Die Friedenskirche in Löbtau. In: Kellei.de. Gewerbeverein "Kesselsdorfer Straße" e.V., 29.10.2009, 11:22 Uhr, abgerufen am 29. Oktober 2009.
  4. a b Helfricht, S. 83.
  5. Vgl. Der Altar der Friedenskirche. Infotafel in der Friedenskirche.
  6. Gurlitt, S. 99.
  7. a b Gurlitt, S. 106.
  8. Vgl.Gerettetes und Bewahrtes. Infotafel in der Friedenskirche.
51.0453467974413.70020866394

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