Friedrich Georg Friedmann

Friedrich Georg Friedmann

Friedrich Georg Friedmann (* 14. März 1912 in Augsburg[1]; † 3. Januar 2008 in Friedberg in Bayern[2]) war ein deutscher Kulturhistoriker und ein bedeutender Vertreter des Dialogs zwischen Juden und Christen in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Friedrich Georg Friedmann wurde 1912 in eine seit dem 19. Jahrhundert in Augsburg ansässige jüdische Familie geboren.[3] Sein Vater war Teilhaber der Textilfabrik „Friedmann & Dannenbaum“.[4] Nachdem Friedmann 1931 das Abitur am humanistischen Gymnasium bei St. Stephan abgelegt hatte,[4] wurde er 1933 nach der nationalsozialistischen Machtergreifung kurzzeitig von der Gestapo in Haft genommen.[3] In der Folge emigrierte er aus Deutschland.[5]

Friedmann verbrachte die nächsten Jahre in Rom, wo er Philosophie studierte und nebenbei als Lateinlehrer im Vatikan tätig war. Dort lernte er die 1910 ebenfalls in Augsburg geborene Jüdin Elisabeth Oberdorfer kennen, die er 1938 heiratete.[4] Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges flüchteten die beiden nach England,[3] wo 1940 in London ihr Sohn John Friedman geboren wurde. Im Verlauf des Krieges wanderten sie schließlich in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, wobei der Schiffskonvoi, der sie über den Atlantik brachte, kurz vor Kanada von deutschen U-Booten torpediert wurde.[4] Sowohl Friedrich Georgs als auch Elisabeths Eltern wurden von den Nationalsozialisten ermordet.[3][4]

In den USA machte Friedmann eine wissenschaftliche Karriere und war als Hochschullehrer für Philosophie unter anderem an der Central High School in Little Rock, Arkansas, tätig. Als er dort im Zuge der Rassenunruhen von 1957/58 für die Gleichberechtigung der schwarzen Studenten eintrat, wurde er entlassen.[3] Schon 1942 war in Jackson, Tennessee, Friedmanns Tochter Miriam geboren worden.[4]

1960 kehrte die Familie zurück nach Deutschland, wo Friedmann an der Ludwig-Maximilians-Universität in München einen Lehrstuhl für nordamerikanische Kulturgeschichte annahm und damit als einer der Begründer der Amerikanistik in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gilt. In den folgenden Jahren trat er mehr und mehr für den Dialog zwischen Juden und Christen in Deutschland ein. 1979 wurde er emeritiert und zog mit seiner Frau nach Friedberg bei Augsburg, wo er bis zu seinem Tod im Januar 2008 lebte.[4]

Werke

  • Gesellschaft ohne Humanität?. Stuttgart 1967.
  • Autorität und Glaubwürdigkeit. München 1967.
  • Politik und Kultur. München 1969.
  • Carters Amerika: Kultur, Religion, Politik. Zürich 1977, ISBN 3-7201-5095-X.
  • Von Cohen zu Benjamin: Zum Problem deutsch-jüdischer Existenz. Einsiedeln 1981, ISBN 3-265-10250-5.
  • Hannah Arendt: Eine deutsche Jüdin im Zeitalter des Totalitarismus. München 1985, ISBN 3-492-05201-0.
  • Da Cohen a Benjamin: Essere ebrei tedeschi. Firenze 1995, ISBN 88-8057-007-2.
  • Zeitgemässe Betrachtungen: Aufzeichnungen eines Humanisten. München 1999, ISBN 3-931428-06-0.
  • Heimkehr ins Exil: Jüdische Existenz in der Begegnung mit dem Christentum. München 2001, ISBN 3-406-48096-9.

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. A. W. Degener: Wer ist wer?, Ausgabe 29, 1990.
  2. Hans Maier: Pionier der Kultursoziologie. Zum Tod des Amerikanisten Friedrich Georg Friedmann, in: Süddeutsche Zeitung, 9. Januar 2008. (Online)
  3. a b c d e f g Universität Augsburg: Ehrenbürger, -senatoren und -mitglieder der Universität Augsburg – Abgerufen am 29. Januar 2011.
  4. a b c d e f g Haus der Bayerischen Geschichte: Spurensuche – Biographien – Abgerufen am 29. Januar 2011.
  5. Augsburger Allgemeine: Häuser mit Erinnerungen – Abgerufen am 29. Januar 2011.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Friedmann — ist der Familienname folgender Personen: Alexander Friedmann (Unternehmer) (1838–1882), Wiener Industrieller, Gemeinderat und Landtagsabgeordneter Alexander Friedmann (Arzt) (1948–2008), rumänisch österreichischer Psychiater Alexander… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Bassermann — Friedrich Daniel Bassermann in einer Lithografie aus dem Jahr 1842 Friedrich Daniel Bassermann (* 24. Februar 1811 in Mannheim; † 29. Juli 1855 ebenda) war ein Unternehmer und liberaler deutscher Politiker. Er war einer der populärsten… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Reck-Malleczewen — Friedrich Perceyval Reck Malleczewen [maləˈtʃeːvn̩], eigentlich Friedrich (Fritz) Reck (* 11. August 1884 auf dem Gut Malleczewen/Masuren in Ostpreußen; † 16.17. Februar 1945 im KZ Dachau) war ein deutscher Schriftsteller, Arzt und christlicher… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Daniel Bassermann — in einer Lithografie aus dem Jahr 1842 Friedrich Daniel Bassermann (* 24. Februar 1811 in Mannheim; † 29. Juni 1855 ebenda) war ein Unternehmer und liberaler deutscher Politiker. Er war einer der populärsten Abgeordneten in der Zweiten Kammer der …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Hüter — Ohne Titel, 2002, steht vor dem Kunstverein in Marburg Georg Hüter (* 1948 in Seligenstadt) ist ein deutscher Bildhauer. Sein bevorzugtes Material ist der Basaltstein, aus dem er elementare, archaische Formen herausschneidet …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Friedmann — Friedrich Karl Edmund Friedmann, genannt Fritz Friedmann (* 19. Oktober 1852 in Berlin; † 1915 ebendort) war ein deutscher Jurist, Schriftsteller und Publizist. Er lieferte das Vorbild für den Anwalt Breslauer in den Buddenbrooks von Thomas Mann… …   Deutsch Wikipedia

  • Egon Friedmann — Gedenktafel am Haus Gentzgasse 7 in Wien 18 Gedenktafel (größere Ansicht) Egon Friedell (* 21. Jan …   Deutsch Wikipedia

  • Anton Friedrich Steding — (* 13. Januar 1653 in Hannover; † 15. März 1717 ebenda) war ein deutscher evangelischer Theologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Familie 3 Literatur 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Nekrolog 1. Quartal 2008 — Nekrolog ◄◄ | ◄ | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 Nekrolog 2008: 1. Quartal | 2. Quartal | 3. Quartal | 4. Quartal Weitere Ereignisse | Nekrolog (Tiere) |… …   Deutsch Wikipedia

  • Gymnasium bei Sankt Stephan (Augsburg) — Gymnasium bei St. Stephan Schulform Gymnasium Gründung 1828 Ort Augsburg Land Bayern Staat Deutschland Koordinaten …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”