Hermann Möhring

Hermann Möhring
Unterschrift von Hermann Möhring 1979

Hermann Möhring (* um 1900 bei Magdeburg; † im Juli 1986 in Fulda) war ein deutscher Hochschullehrer, Redakteur und politisch Verfolgter in der DDR. Er gehörte der SPD an, wurde aber in der SBZ Mitglied der SED.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Möhring war Sohn eines in der SPD aktiven Maurers. Nach dem Besuch der Volksschule wurde er Buchdrucker, andere Quellen sagen: Schriftsetzer. Wie auch sein Vater setzte er sich in der Politik ein und wurde Funktionär bei der Sozialisten Arbeiterjugend (SAJ).

Ab 1919 war er Mitglied in der SPD. Da sich die SAJ erst 1922 als Zusammenschluss der Jugendorganisationen der SPD und USPD gründete, ist zu vermuten, dass er zuerst Mitglied der VAJV war. Später wurde er Leiter der Jugendherberge auf der Leuchtenburg. An Ostern 1927 hielt er den Vortrag „Die Klasse und ihre Überwindung“.[1] 1933 trat Hermann Möhring im Kreis Oberbarnim aktiv mit der „Eisernen Front“ gegen die Nationalsozialisten auf.[2] Bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten war er Redakteur der Zeitschrift „Das Volk“ in Jena.[3] Im Mai 1933 wurde er in „Schutzhaft“ genommen und anschließend zu neun Monaten Gefängnis wegen „Heimtücke“ verurteilt. Nachdem die SPD aufgelöst war, arbeitete er als Besitzer eines Tabakladens. Er war in dieser Zeit ein festes Mitglied des politischen Widerstandes in Deutschland.

Leben nach Kriegsende 1945

Er erlebte das Kriegsende in Magdeburg und wurde nach der Vereinigung von KPD und SPD Mitglied der SED, konnte sich aber mit dem Gedanken der Vereinigung der SPD und der KPD nie recht anfreunden.[4] Er wurde im April 1946 in das Sekretariat des Bezirksvorstandes der SED Magdeburg gewählt. Später wurde er Kultursekretär in Magdeburg und kam schließlich 1947, zunächst als Schüler, dann als Dozent und Abteilungsleiter, auf die SED- Parteihochschule Karl Marx nach Liebenwalde, danach auf die Hakeburg in Kleinmachnow bei Berlin. Dabei machte er auch Bekanntschaft mit dem 20 Jahre jüngeren Wolfgang Leonhard.[5]

Schon in Magdeburg versuchten sowjetische Offiziere ihn als Spitzel gegen die Sozialdemokraten zu gewinnen, die als Gegner der Zwangsvereinigung ihrer Partei mit der kommunistischen Partei bekannt waren. Als der Druck zur Spionage zunahm und das ursprünglich vereinbarte Prinzip der Parität zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten immer mehr aufgegeben wurde, wurde er aus der SED ausgeschlossen und flüchtete im Oktober 1948 mit seiner Familie nach West-Berlin.[6]

Flucht im Oktober 1948

In West-Berlin konnte er sich beruflich nicht etablieren, er musste von Arbeitslosengeld leben. Die Berliner SPD verübelte ihm, dass er sich nicht gegen die Zwangsvereinigung gewehrt hatte.[7] Etwa ab 1949 arbeitete er in einen Förderkreis zur Unterstützung einer zu gründenden USPD / UAPD / FKPD mit, die jedoch unter dem Streit zwischen Karl Heinz Scholz[8] und der „Schlömer-Möhring-Gruppe“ litt.[9] und wahrscheinlich auch überwiegend aus Informanten der Parteien und Mitarbeitern der Geheimdienste bestand.

Als Mitbegründer der „Sozialistischen Vereinigung“[10] arbeitete er – zumindest im Jahre 1952 – in der SWV (Sozialwissenschaftliche Vereinigung) mit, die sich wegen der Verhaftung von Alfred Weiland erst 1952 wiederfand. Als Redakteur der Zeitschrift „Pro und Contra. Weder Ost noch West – die ungeteilte Welt“ schuf er sich eine neue Basis für die Beeinflussung ehemaliger SPD-Mitglieder in Ost-Berlin und der sowjetischen Besatzungszone. Bald gelang es, regelmäßige Verbindungen zu Lesern in Ost-Berlin herzustellen.

Als eines Tages der Kurier ausfiel, brachte er die Zeitschriften-Exemplare selbst nach Berlin-Rummelsburg.[5]

Verhaftung in der DDR im Jahre 1952

An diesem 7. November 1952 wurde er verhaftet. Laut Festnahmebericht wurde er von dem ZK-Mitarbeiter Wilhelm T. „als der ehemalige Lehrer an der Parteihochschule Kleinmachnow“ erkannt. Ein Fluchtversuch scheiterte.[11]

Er kam in den NKWD-Gefängniskeller nach Berlin-Karlshorst und wurde am 13. Mai 1953 von einem sowjetischen Tribunal wegen „antisowjetischen Agitation“ und „illegaler Gruppenbildung“ zu insgesamt 35 Jahren Zwangsarbeit, zusammengezogen zu 25 Jahren verurteilt.

Möhring galt offenbar als großer Fang. Sein Name durfte in der Haftanstalt nicht genannt werden. Es bestand der Verdacht, dass er für den amerikanischen und französischen Geheimdienst arbeite. Aufgrund seiner Freundschaft mit Benno Sternberg ist das auch nicht unwahrscheinlich.[11] Selbst das MfS hatte 1956 noch keine Einsicht in seine Akten beim NKWD.

Der Strafvollzug erfolgte zunächst im NKWD-Keller in Karlshorst, nach dem Aufstand in der DDR im Juni 1953 wurde er über Brest Litowsk nach Moskau ins NKWD-Gefängnis, im Oktober 1953 dann ins Zwangsarbeitslager Workuta verbracht, wo noch am 1. August ein Aufstand der Häftlinge blutig niedergeschlagen wurde. Danach ging er auf Transport nach Swerdlowsk ins Lager IV, wo er mit den später in der Bundesrepublik zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilten SS-Mördern des KZ-Sachsenhausen zusammengesperrt wurde.

Die Rückführung in die DDR nach Adenauers Besuch in Moskau 1955 brachte ihm aber nicht die Freiheit, sondern weitere Haft in Bautzen (ab 1956) und später im Zuchthaus Brandenburg (ab 1958). Dort traf er wieder auf Alfred Weiland. Dieser setze sich nach seiner Entlassungen im selben Jahr für Hermann Möhring beim Ostbüro der SPD ein. Im Jahr 1960 veröffentlichte Weiland in der DGB-Zeitung „Welt der Arbeit“ einen Bericht über die Haftbedingungen, der sogar im The Guardian unter dem Titel "Political prisoners on starvation diet. Condition worsening in East German gaols" angesprochen wurde.[12]

Freilassung 1964 und Übersiedlung in die Bundesrepublik

Als Möhring 1964 in die Bundesrepublik entlassen wurde, hatte seine Haftzeit in der DDR insgesamt zwölf Jahre betragen. Nach seiner Freilassung arbeitete er, zusammen mit Weiland, bei dem „Verband politischer Häftlinge“ (VPH) mit. Im Jahre 1974 war er eine treibende Kraft bei der Gründung der „Gemeinwesenarbeit Fulda-Aschenberg e. V.“ Noch mit 79 Jahren nahm er eine Reise nach Bonn auf sich, um an einer Tagung des VPH teilzunehmen. Auch bei der SPD in Fulda war er zu dieser Zeit noch aktiv.

Als seine geistigen Kräfte zu schwinden begannen, versuchte er, sich das Leben zu nehmen. Im Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt Fulda-Petersberg lebte er bis zu seinem Tod.

Literatur

Die Informationen dieses Artikels über die Zeit von 1948 bis 1964 entstammen zum größten Teil aus

Darüber hinaus werden folgende Quellen zitiert:

Einzelnachweise

  1. Fritz Borinski, Horst Grimm, Edgar Winkler, Erich Wolf (Hrsg.): Jugend im politischen Protest: Der Leuchtenburgkreis 1923–1933–1977, 1977. Seite 19, 31
  2. SPD: Der Freiheit verpflichtet: Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. …, Seite 226
  3. Aktionsnetzwerk
  4. Andreas Schmidt: „– mitfahren oder abgeworfen werden: die Zwangsvereinigung von KPD und SPD …, Seite 207–209
  5. a b SPD-Pressedienst: Zwei mal 25 Jahre Zwangsarbeit, PPP 5300 Bonn 12, Heussallee 2-10, Pressehaus I/217 vom 10. Oktober 1979.
  6. Andreas Malycha: Partei von Stalins Gnaden? – die Entwicklung der SED zur Partei neuen Typs, 1996. Seite 209.
  7. Hermann Weber, Gerda Weber: Damals, als ich Wunderlich hieß, Seite 266
  8. Rotes Tuch. In: Der Spiegel. Nr. 8, 1949, S. 8 (online).
  9. Thomas Klein: Für die Einheit und Reinheit der Partei
  10. Michael Kubina: Von Utopie, Widerstand und Kaltem Krieg, Seite 365 (Google Books)
  11. a b Michael Kubina: Von Utopie, Widerstand und Kaltem Krieg, Seite 431 (Google Books)
  12. The Guardian, 25. Mai 1960

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