Kaiser Wilhelm II. (1903)

Kaiser Wilhelm II. (1903)
Kaiser Wilhelm II.
Die Kaiser Wilhelm II. im Hafen

Die Kaiser Wilhelm II. im Hafen

p1
Schiffsdaten
Flagge Deutsches ReichDeutsches Reich Deutsches Reich
Vereinigte Staaten 48Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
andere Schiffsnamen
  • Agamemnon (1917)
  • Monticello (1929)
Schiffstyp Passagierschiff
Heimathafen Bremen
Eigner Norddeutscher Lloyd
Reederei Norddeutscher Lloyd
Bauwerft AG Vulcan Stettin
Stapellauf 12. August 1902
Verbleib Ende 1940 in Baltimore abgebrochen
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
208,60 m (Lüa)
Breite 20,00 m
Tiefgang max. 8,00 m
Vermessung 19.350 BRT[1]
Maschine
Maschine 4 Vierfachexpansions-Dampfmaschinen
Maschinen-
leistung
40.000 PS (29.420 kW)
Geschwindigkeit max. 23,58 kn (44 km/h)
Propeller 2
Transportkapazitäten
Zugelassene Passagierzahl 1838

Der Schnelldampfer Kaiser Wilhelm II. war ein Passagierschiff, das nach Wilhelm II., dem seinerzeitigen Deutschen Kaiser, benannt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Bau und Ausstattung

Neubarocker Salon der Ersten Klasse.

Das Schiff wurde in der Werft AG Vulcan Stettin in Stettin-Bredow für den Norddeutschen Lloyd in Bremen gebaut. Die Taufe und der anschließende Stapellauf des Rumpfes fanden unter großem Gepräge am 12. August 1902 in Anwesenheit des Namensgebers, Kaiser Wilhelm II. und des Lloyd-Generaldirektors, Heinrich Wiegand auf der Helling-Anlage der Vulcan-Werft statt. Wiegands Tochter Elsa vollzog den Taufakt.[2] Im März 1903 erfolgte die Auslieferung.

Die üppige Ausstattung, in der sich Stilelemente des Barock und Empire widerspiegelten, stammte von dem damals berühmtesten Bremer Architekten, Johann Georg Poppe, der bereits seit vielen Jahren erfolgreich für die „Verkleidungskunst“ neuer Lloyd-Schiffe zuständig war.[1] Ziel dieser Kunst war es, den Passagieren das Gefühl zu geben, sich rundum bestens versorgt in einem der besten Luxushotels zu befinden und dabei die Überfahrt mit all ihren möglichen Gefahren weitgehend zu vergessen.[3]

Technik

Technische Besonderheiten

Einen Typ für sich bildeten die Antriebsmaschinen des Schiffs. Es wurde von insgesamt vier Vierfachexpansions-Dampfmaschinen, von denen je zwei Maschinen auf eine Propellerwelle wirkten, angetrieben. Jede der beiden Kurbelwellen hat im ganzen sechs Kurbeln. Die Reihenfolge der Zylinder, welche diese Kurbeln antrieben, von hinten angefangen ist wie folgt: Niederdruck-Zylinder, zweiter Mitteldruck-Zylinder, erster Mitteldruck-Zylinder und Hochdruck-Zylinder übereinander angeordnet. Dann wieder erster Mitteldruck-Zylinder und Hochdruck-Zylinder übereinander angeordnet, zweiter Mitteldruck-Zylinder und schlussendlich Niederdruck-Zylinder.Somit werden die drei hinteren und die drei vorderen Kurbeln für sich genommen von je einer Vierfachexpansionsmaschine in Bewegung versetzt. Ein wasserdichtes Schott trennte die hintere von der vorderen Dreikurbelmaschine. Beide Maschinen Backbord und Steuerbord zusammen leisteten bei einer Admissionsspannung von etwa 15 Bar Überdruck und 80 Umdrehungen pro Minute etwa 40.000 PS. Um die geforderte Maschinenleistung konstant zu halten, mussten pro Tag rund 700 Tonnen Kohle verbrannt werden. Dies war technisch jedoch bereits ein Fortschritt zum älteren Schwesternschiff, dem 1901 vom Stapel gelaufenen Kronprinz Wilhelm, da aus dessen Dampfmaschine mit der gleichen Kohlenmenge[4] nur 33.000 PS herausgeholt werden konnten.[5]

Das Blaue Band

In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg wurde das Passagierschiff im Transatlantikdienst zwischen Deutschland und New York eingesetzt. Konzipiert für hohe Geschwindigkeiten, sollte das Fahrzeug am Wettstreit um das Blaue Band für die schnellste Atlantiküberquerung teilnehmen. Dies gelang Kapitän Dietrich Högemann bereits 1906.

Der Erste Weltkrieg

Am 3. August 1914 erhielt die Kaiser Wilhelm II. die Nachricht vom Kriegseintritt Deutschlands. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Dampfer am Liegeplatz des Lloyd in Hoboken. Seine Rückreise nach Bremerhaven war fahrplanmäßig erst für den 11. August vorgesehen. Schiff und Besatzung konnten daher von den USA interniert werden. Zweieinhalb Jahre blieb die Kaiser Wilhelm II. untätig im Hafen liegen. Mit der Kriegserklärung der USA am 6. April 1917 an das kaiserliche Deutschland wurde das Schiff beschlagnahmt.[6]

Die USS Agamemnon am 18. August 1918 an der ehemaligen Pier des Norddeutschen Lloyd in Hoboken, New York

Während der Umbauarbeiten diente das jetzt USS Kaiser Wilhelm II. genannte Schiff auch als Wohnschiff für die US-Navy. Diese Arbeiten wurden Ende August fertig gestellt, und mit ihrem neuen Einsatz als Truppentransporter nach Europa wurde der Name im Oktober 1917 in USS Agamemnon geändert. Ende Oktober legte USS Agamemnon zu ihrer ersten Fahrt in Richtung Kriegsschauplatz Europa ab. Während der Überfahrt kam es am 9. November 1917 zu einer Kollision mit dem gleichermaßen ehemals deutschen Schiff USS Von Steuben (ehemals Kronprinz Wilhelm). Trotz der Beschädigungen konnten die amerikanischen Truppen unversehrt das europäische Festland erreichen. Die USS Agamemnon kehrte in die USA zurück und wurde dort repariert. Anschließend führte das Schiff ab Januar 1918 regelmäßig Atlantiküberquerungen ohne Probleme durch, trotz gelegentlicher feindlicher U-Boot-Sichtungen. Im Herbst 1918 kam es zu einem heftigen Ausbruch einer Grippe unter den Militärangehörigen an Bord.

Nachkriegszeit

Mitte Dezember 1918, etwa einen Monat nach der Beendigung des Krieges, wurde mit der Rückführung der amerikanischen Truppen begonnen. Bis zum August 1919 transportierte das ehemalige Passagierschiff auf insgesamt neun Reisen über 42.000 Soldaten zurück in die Heimat. Ende August ging die Agamemnon in die Reserve und wurde stillgelegt. Sie sollte jedoch einsatzfähig gehalten werden. 1927 wurde das Schiff noch einmal umbenannt in USS Monticello, aber dann doch aus der Verwendungsliste gestrichen. Verschiedene Versuche, den immer noch attraktiven Ozeandampfer für die kurzlebige United States Mail Line zu reaktivieren, scheiterten. Nebeneinander vertäut, rosteten die Ex-Kaiser Wilhelm II. und das Schwesternschiff, die ehemalige Kronprinzessin Caecilie (jetzt Mount Vernon genannt) bis 1939 an ihrem Liegeplatz in der Chesapeake-Bucht bei Baltimore vor sich hin. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bot die USA den Briten beide Schiffe als Truppentransporter an, doch wurde dieses Angebot abgelehnt. Daraufhin wurden beide Schnelldampfer in Baltimore Ende 1940 verschrottet,[7] wo bereits 1924 die SMS Kronprinz Wilhelm abgewrackt worden war.[8]

Die Schnelldampferklasse (Kaiserklasse) des Norddeutschen Lloyd vor 1914

Alle vier Dampfer dieser Klasse besaßen vier Schornsteine mit einer entsprechenden Antriebskraft.

  • Kaiser Wilhelm der Große (1897 bis 1914; 22,35 kn Maximalgeschwindigkeit, Blaues-Band-Gewinner)
  • Kronprinz Wilhelm (1901 bis 1923; Schwesterschiff der Kaiser Wilhelm der Große; 23,51 kn Maximalgeschwindigkeit, Blaues-Band-Gewinner)
  • Kaiser Wilhelm II. (1902 bis 1940; 23,58 kn Maximalgeschwindigkeit, Blaues-Band-Gewinner)
  • Kronprinzessin Cecilie (1907 bis 1940; 23,6 kn Maximalgeschwindigkeit)

Literatur

  • G. Bauer: Berechnung und Konstruktion der Schiffsmaschinen und -Kessel. Ein Handbuch zum Gebrauch für Konstrukteure, Seemaschinisten und Studierende 3. vermehrte und verbesserte Auflage. Verlag R. Oldenburg, München u. a. 1908.
  • Eberhard Mertens (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim u. a. 1975, ISBN 3-487-08110-5.
  • Tony Gibson: Die Welt der Schiffe. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Über 1500 zivile und militärische Schiffstypen. Basserman Verlag, München 2007, ISBN 978-3-8094-2186-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Mertens, Eberhard (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim 1975. ISBN 3487081105. S. 12
  2. Mertens, Eberhard (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim 1975. ISBN 3487081105. S. 12/20–23
  3. Mertens, Eberhard (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim 1975. ISBN 3487081105. S. 8
  4. William Lowell Putnam: The Kaiser's merchant ships in World War I. McFarland & Company, Inc. Publishers, Jefferson 2001. ISBN 0-7864-0923-1. S. 71. (in englischer Sprache)
  5. Mertens, Eberhard (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim 1975. ISBN 3487081105. S. 10
  6. Mertens, Eberhard (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim 1975. ISBN 3487081105. S. 65/79
  7. Mertens, Eberhard (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim 1975. ISBN 3487081105. S. 79
  8. The New York Times vom 4. Mai 1924, S. 10

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