Markthalle II

Markthalle II
Lindenhalle
Aktuelle Außenansicht der eh. Markthalle II, in der Phase des Umbaus als Erweiterung für das Jüdische Museum (August 2011)

Aktuelle Außenansicht der eh. Markthalle II, in der Phase des Umbaus als Erweiterung für das Jüdische Museum (August 2011)

Daten
Ort Berlin
Baumeister Hermann Blankenstein, August Lindemann (19. Jh.)
Bruno Grimmek (20. Jh.); Daniel Libeskind (neu, 21. Jh.)
Baujahr 1886; 1965; 2011/12 (neu)
Grundfläche 10.400 m²

Die Markthalle II in der Berliner Friedrichstadt (auch Lindenhalle genannt) entstand in der ersten Phase des kommunalen Bauprogramms für die Berliner Markthallen zwischen 1884 und 1886. Die Kleinmarkthalle sollte zusammen mit der Zentralmarkthalle am Alexanderplatz und weiteren noch zu errichtenden Kleinmarkthallen die ausreichende Versorgung der ständig wachsenden Bevölkerung Berlins mit günstigen und unverdorbenen Lebensmitteln sicherstellen und die Straßen und Plätze von den zunehmend als unhygienisch und als Verkehrshindernis empfundenen Wochenmärkten befreien. Im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, errichtete man sie Anfang der 1960er neu und nutzte sie als Großmarkthalle für die Blumengeschäfte in Berlin. Weil weder die Stadt Berlin als Eigentümer noch die Blumenhändler Erhaltungsmaßnahmen durchführten, wurde das Gebäude wegen gravierender Bau- und Sicherheitsmängel 2010 geschlossen. Der Senat von Berlin hat die Halle verkauft und einem Umbau für das Jüdische Museum Berlin zugestimmt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung und Lage

Lageplan der Markthalle II (1896)

Diese Markthalle befindet sich nördlich des Mehringplatzes (zur Bauzeit Belle-Alliance-Platz). Sie besitzt je einen festen Zugang von der Friedrichstraße und der Lindenstraße aus, was ihr auch den Beinamen Lindenhalle verschaffte. Bei ihrer Eröffnung hatte sie eine Verkaufsfläche von 9114 m² mit 746 Einzelständen. Ihre Außenabmessungen betrugen etwa 130 m x 80 m. Nach dem Wiederaufbau, der durch umfangreiche Kriegszerstörungen erforderlich war, entstand mit einfachen Materialien (Beton und Sheddach-Elementen) eine neue eingeschossige Markthalle mit rund 7000 m² Verkaufsfläche.[1] Die umgebenden Flächen (für Zufahrten und Parkmöglichkeiten) bilden zusammen ein Areal von circa 26.000 m².

Geschichte

Markthalle 1886–1945

Schnittdarstellung der Markthalle II

Diese Markthalle wurde nach Plänen von Hermann Blankenstein und August Lindemann auf der Grundlage eines Typenbauprojektes errichtet, das der Berliner Magistrat in Auftrag gegeben hatte. Als die Halle, im Stil der Backsteingotik über einem Stahlträgersystem errichtet, im Jahr 1886 eröffnet wurde, hatten sich in der Nachbarschaft auch eine „Fleischuntersuchungsstation II“ sowie die „Handwerkerschule I“ und etliche Bewohner, meist Kleingewerbetreibende, angesiedelt.[2] Im Gegensatz zu einigen anderen Hallen musste die Lindenhalle nicht wegen mangelnder Nachfrage schließen. Sie blieb über die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Versorgungselement der Bevölkerung des Stadtzentrums mit Frischwaren (Fleisch, Fisch, Gemüse oder Molkereiprodukte). Schrittweise kamen in der Umgebung Prüf- und Lehreinrichtungen (beispielsweise 1930 die „Gauß-Schule, Lehranstalt für Elektrotechnik“[3]) oder das Belle-Alliance-Handelszentrum im südlichen Bereich hinzu[4].

Blumengroßmarkthalle 1965–2010

Das gesamte Gebiet um den Platz herum wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs durch Bombardements zerstört. Die Wohnbauten wurden durch neue nach Plänen von Hans Scharoun ersetzt. Die Markthalle konnte erst nach etlichen Jahren in den ursprünglichen Formen, jedoch vollständig erneuert, mit einem Betonskelett und mit Waschbetonplatten verkleidet, wieder aufgebaut und 1965 eröffnet werden. Die Wiederaufbaupläne stammten von Bruno Grimmek. Sie diente nun als Berliner Blumengroßmarkt .

Innenansicht der eh. Blumengroßmarkthalle nach Entkernung, August 2011

Das Gebäude ist trotz einer Sanierung im Jahr 1998 marode, die Ausstattung veraltet; zusätzlich klagten die ansässigen 26 Händler über ständige Umsatzrückgänge. Im Jahr 2007 erstellte das Unternehmen Ernst Grüntuch ein Gutachten über den baulichen Zustand der Halle mit Veranschlagung von Sanierungskosten.[5] Danach fasste der Senat den Beschluss, den Blumengroßmarkt an dieser Stelle zu schließen und die Halle nach einer erneuten Sanierung anderweitig zu nutzen. Die Blumenhändler erhielten Ausweichquartiere in der Großmarkthalle Beusselstraße; auf diesem Gelände wird jedoch eine neue Halle für die Blumen errichtet..[6] Zwischen dem Beschluss zum Auszug der Blumengroßhändler und dem Baubeginn im Jahr 2011 gab es Zwischennutzungen durch Berliner Künstler.[7] Auch im Umfeld der Halle haben sich seitdem bereits viele Künstler und Galerien eingerichtet.

Kulturelle Nutzung geplant

CAD-Darstellung nach Fertigstellung zur Akademie
vom Baustellenschild

Die Senatsverantwortlichen hatten mit dem Gedanken gespielt, das historische Gebäude zu der vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit versprochenen Kunsthalle umzurüsten.[1] Nachdem dieses Projekt aus Geldmangel abgesagt worden war, sollte die Immobilie an einen Investor verkauft werden. Ob es eine Ausschreibung gegeben hat, ist nicht bekannt. Aber Anfang 2009 ging die Halle an das Jüdische Museum Berlin. Das Museumsmanagement kann nun mithilfe von Finanzspritzen in Höhe von elf Millionen Euro, von denen 6,6 Millionen durch den Bund bereitgestellt werden und der Rest aus Privatspenden stammt, die Halle als Akademie umbauen lassen. Die Innengestaltung mit einem U-förmigen Grundriss in der Hülle des bisherigen Gebäudes entwarf Daniel Libeskind, der bereits für den modernen Bau des Jüdischen Museums die Pläne geliefert hatte. Die riesigen Abmessungen der Halle sind für den vorgesehenen Zweck ein paar Nummern zu groß, deshalb wird ein optischer Trick eingesetzt – drei schräge Kuben aus Holz „schieben“ sich aus dem Boden, werden ineinander geschachtelt und bilden letztendlich ein Haus-in-Haus Konzept. Ein Raum wird damit zur Bibliothek samt Lesesaal, ein zweiter zum Auditorium und in dem in Längsrichtung geplanten Riegel entstehen, kleinteilig gegliedert, Seminar-, Archiv- und Verwaltungsräume. Die verbleibende freie Fläche in der Mitte der Halle soll nach dem Entwurf des französischen Landschaftsarchitekturbüros atélier le balto einen Garten der Diaspora bilden. Die Gartenfläche wird dazu in vier thematisch gestaltete Ebenen gegliedert: „Bildung“, „Kultur“, „Natur“ und „Landschaft“. Trotzdem bleibt ein Drittel der Hallenfläche vorerst ungenutzt. [1] Am 24. Oktober 2011 werden rund 1000 Teilnehmer eines Festkonzerts anlässlich des 10jährigen Bestehens des Jüdischen Museums zu einem Dinner in dieser Halle eingeladen.[8] Die Einweihung des Erweiterungsbaus ist für das Jahr 2012 vorgesehen.

Die noch vorhandene Originalbausubstanz aus der Zeit der Markthalle bleibt so jedoch erhalten. Der Einbau einer Heizung ist nicht vorgesehen. – Die Nachnutzung des Gebäudes führt aber zu Restflächen des Grundeigentums, die in fünf Teilen gesondert vermarktet werden. Bis 15. November 2011 läuft deshalb das vom Senat mit dem Arbeitstitel „Checkpoint Art“ bezeichnete Ausschreibungsverfahren.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d Sebastian Preuss: Blumen und Bildung. Das Jüdische Museum wächst über die Straße und baut die Großmarkthalle zur Besucherakademie aus. Artikel in der Berliner Zeitung vom 11. August 2011; S. 25
  2. Berliner Adressbuch 1910 mit Details zur Lindenstraße 97/98
  3. Berliner Adressbuch 1930
  4. Pharus-Plan, Mittelausgabe 1944, Planquadrat I9
  5. Homepage Grüntuch; hier unter Projekte 2007; abgerufen am 11. August 2011
  6. Einpacken im Blumengroßmarkt. Letzter Tag in der Kreuzberger Halle vor dem Umzug nach Moabit. Fast die Hälfte der jetzigen Händler wird am neuen Ort nicht vertreten sein. , Artikel im Tagesspiegel vom 15. Mai 2010, abgerufen am 18. März 2011
  7. Beispiel Gruppen-Kunstausstellung u.a. mit Silvia Breitwieser
  8. 10jähriges Jubiläum des Jüdischen Museums Berlin mit VOK DAMS (Eventagentur), abgerufen am 11. August 2011

Weblinks

 Commons: Markthalle II – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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