Michael Heinze (Politiker)

Michael Heinze (Politiker)

Michael Heinze (* 1956 in Halle) ist ein deutscher Politiker (Die Linke). Er war von 2004 bis 2009 Bürgermeister von Schönberg, ehe er wegen falscher Angaben zu seiner Stasi-Vergangenheit seines Amtes enthoben wurde. Seine Absetzung führte zu einer Diskussion über den Umgang mit ehemaligen Mitarbeitern des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in öffentlichen Ämtern.

Leben

1975 trat Heinze dem Grenzkommando Nord Stendal der DDR-Grenztruppen bei. Ab 1978 war er zunächst als Zugführer einer Grenzkompanie bei Salzwedel, ab 1980 als Kompaniechef in Henningen (heute ein Ortsteil von Salzwedel) tätig. Später wechselte er zum Grenzregiment 24 und besuchte zwischen 1983 und 1986 die Militärakademie der NVA in Dresden. Anschließend wurde er Stabsoffizier im Regimentsstab und stellvertretender Stabschef des Grenzregiments 24. 1988 erfolgte seine Versetzung zum Grenzregiment 6 nach Schönberg, wo er als Stellvertreter des Kommandeurs und Stabschef tätig war. Zuletzt war er als Major Kommandeur des zu bildenden Grenzkreiskommandos Grevesmühlen-Gadebusch in Schönberg. Als IM „Richard“ war er nach eigenen Angaben von 1988 bis 1989 für das MfS tätig.[1]

2004 wurde Heinze mit knapp 55 Prozent der Stimmen zum Schönberger Bürgermeister gewählt. Vor seiner Ernennung musste er ein Formblatt ausfüllen, auf dem unter anderem zu erklären war, ob er für die Staatssicherheit gearbeitet hat. Diese Frage beantwortete Heinze nicht. Als er um Klärung gebeten wurde, behielt er den Fragebogen ein, wurde aber dennoch entgegen der gesetzlichen Bestimmungen zum Bürgermeister ernannt. Später gab er an, er habe im Stillen darauf gehofft, dass die rot-rote Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns die Regelüberprüfungen auf MfS-Tätigkeit einstellen würde.[2] Nach eigener Aussage habe er zudem 2005 seine Stasi-Tätigkeit öffentlich gemacht. Bei den Kommunalwahlen am 7. Juni 2009 wurde Heinze mit 72 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt. Kurz zuvor hatte der Nordwestmecklenburgische Kreispräsident Ulrich Born (CDU) in einer öffentlichen Sitzung des Kreistages die Zusammenarbeit Heinzes mit der Staatssicherheit bekannt gegeben.[3] Der seit 2004 in Schönberg wohnende Künstler Helmut Preller erhob Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl. Am 6. Juli 2009 wurde nach Einsicht in die Wahlunterlagen von 2004 und die Aussagen des leitenden Verwaltungsbeamten nachgewiesen, dass Heinze seine IM-Tätigkeit verschwiegen hatte. Heinze wurde damit eine „arglistige Täuschung“ durch Verschweigen seiner Tätigkeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit der DDR nachgewiesen. Am 14. Juni 2009 wurde deshalb von der Stadtvertretung von Schönberg die Rücknahme seiner Ernennung zum Ehrenbeamten beschlossen. Seitdem leitet der stellvertretende Bürgermeister Jörn Stange (SPD) die Amtsgeschäfte von Schönberg.[4]

Während der Sitzung kam es zu Protesten von Schönberger Bürgern, die seine Absetzung mit Hinblick auf die hohe Zustimmung bei der Wahl als undemokratisch kritisierten. So sei die Amtsenthebung nicht wegen Kritik an seiner Arbeit, sondern vielmehr aus machtpolitischen Gründen zustande gekommen.[5] Für die Opposition hingegen ist Heinze als Bürgermeister nicht länger tragbar.[6] Sie sehen seine Wahl als Beleg dafür, dass die Stasi in dem Ort, in dem einst die Hälfte der Einwohner für die Grenztruppen arbeitete, auch 20 Jahre nach der Wende weiter wirkt. So wurde auf eine Wandzeitung des Einspruchsführers Preller, der anhand des Schicksals eines an der Grenze getöteten Schülers über die Problematik Heinzes informieren wollte, ein Aufkleber mit der Aufschrift „Isolieren? Aber richtig!“ angebracht. Dies spielt auf die Planung der Stasi an, im Ernstfall Oppositionelle massenhaft zu internieren. Der Vorfall ist inzwischen bei der Polizei aktenkundig und auch dem Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Im Januar 2010 riefen Heinze-Anhänger bei einer Lesung des Historikers Roman Grafe in Schönberg die Polizei und zeigten den Autor wegen Beleidigung des Ex-Bürgermeisters an.[7]

2011 erklärte das Verwaltungsgericht Schwerin das Verfahren, dass zur Amtsenthebung Heinzes geführt hatte, für ungültig.[8] Die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Marita Pagels-Heineking bezeichnete das Urteil als „Schlag ins Gesicht“ der Opfer der SED-Diktatur.[9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ergebnis der Unterlagen der BStU, bekanntgegeben 19. Mai 2009
  2. Vgl. Norddeutsche Neueste Nachrichten vom 16. Juli 2009: Schönberger setzen Bürgermeister ab.
  3. Vgl. Lübecker Nachrichten vom 8. Juni 2009: Michael Heinze: Der Linke, dem die Bürger vertrauen.
  4. Vgl. Schweriner Volkszeitung vom 1. Juli 2009: Bürgermeister vorerst aus dem Amt.
  5. Vgl. Neues Deutschland vom 24. Juli 2009: „Wir haben schon gewählt“
  6. Vgl. Ostsee-Zeitung vom 25. Juni 2009: Debatte um Stasi-Verstrickung des Bürgermeisters.
  7. Steffen Oldörp: Zuhörer zeigten Roman Grafe an. 24. Januar 2010, archiviert vom Original am 24. Januar 2010, abgerufen am 24. Januar 2010.
  8. Vgl. Ostsee Zeitung vom 9. Juni 2011: Schönbergs Bürgermeister klagt sich zurück ins Amt, eingesehen am 14. Juni 2011.
  9. Vgl. Ad Hoc News vom 10. Juni 2011: Landesbeauftragte kritisiert Urteil zu stasibelastetem Bürgermeister, eingesehen am 14. Juni 2011.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Michael Heinze — ist der Name von: Michael Heinze (Politiker) (* 1956), deutscher Politiker (Die Linke) Michael Heinze (Drehbuchautor), deutscher Dreh und Hörspielautor Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit demselben Wort …   Deutsch Wikipedia

  • Heinze — ist der Familienname folgender Personen: Bernard Heinze (1894–1982), australischer Musikwissenschaftler und Dirigent Christine Heinze (* 1949), deutsche Schauspielerin Doris Heinze (* 1949), deutsche Drehbuchautorin und ehemalige Fernsehfilm… …   Deutsch Wikipedia

  • Lex Heinze — Die sogenannte Lex Heinze (von lateinisch: lex, deutsch: Gesetz) war ein umstrittenes Gesetz zur Änderung des Reichsstrafgesetzbuches, mit dem in Deutschland im Jahre 1900 die öffentliche Darstellung „unsittlicher“ Handlungen in Kunstwerken,… …   Deutsch Wikipedia

  • Jürgen Martens (Politiker) — Jürgen Andreas Michael Martens (* 3. August 1959 in München) ist ein deutscher Politiker (FDP). Er ist seit 2009 sächsischer Staatsminister für Justiz und Europa und seit 2004 Abgeordneter des Sächsischen Landtags. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Hei — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Söhnen und Töchtern der Stadt Wuppertal — Die Liste der Söhne und Töchter der Stadt Wuppertal enthält eine Übersicht bedeutender, im heutigen Wuppertal geborener Persönlichkeiten, chronologisch aufgelistet nach dem Geburtsjahr. Ob die Personen ihren späteren Wirkungskreis in Wuppertal… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Söhnen und Töchtern Berlins — Diese Liste enthält in Berlin geborene Persönlichkeiten. Ob sie im Weiteren in Berlin gewirkt haben, ist ohne Belang. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Inhaltsverzeichnis 1 Politiker 1.1 A–K …   Deutsch Wikipedia

  • 19. April — Der 19. April ist der 109. Tag des Gregorianischen Kalenders (der 110. in Schaltjahren), somit verbleiben noch 256 Tage bis zum Jahresende. Historische Jahrestage März · April · Mai 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Landtages (Brandenburg, 4. Wahlperiode) — Mitglieder des Brandenburgischen Landtages 1. Wahlperiode (1990–1994), 2. Wahlperiode (1994–1999), 3. Wahlperiode (1999–2004) …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Mitglieder des Landtages Brandenburg (4. Wahlperiode) — Mitglieder des Brandenburgischen Landtages 1. Wahlperiode (1990–1994), 2. Wahlperiode (1994–1999), 3. Wahlperiode (1999–2004) …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”