- Orgel von St. Nicolai et Martini (Steinkirchen)
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Orgel von St. Nicolai et Martini (Steinkirchen) Allgemeines Ort St. Nicolai et Martini Orgelerbauer Arp Schnitger Baujahr 1685–87 Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1987 durch Beckerath Epoche Barock Orgellandschaft zwischen Elbe und Weser Technische Daten Anzahl der Register 28 Anzahl der Pfeifenreihen 46 Anzahl der Manuale 2 Tontraktur Mechanisch Registertraktur Mechanisch Die Orgel von St. Nicolai et Martini (Steinkirchen) wurde 1685–87 von Arp Schnitger erbaut und zählt zu den besterhaltenen Schnitger-Orgeln. Das Instrument aus seiner frühen Schaffensperiode verfügt über 28 Register auf zwei Manualen und Pedal.
Inhaltsverzeichnis
Baugeschichte
Vorgängerinstrument im 16. Jahrhundert
Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts besaß die Kirche eine kleine Orgel, die ein unbekannter Orgelbauer an der Nordwand aufstellte. Das Instrument wies einen Umfang von F-g2a2 auf, basierte also auf einer 6′-Tonhöhe. 1581 erweiterte Dirck Hoyer (Hamburg), Schwiegersohn von Jacob Scherer, das Instrument um ein Brustwerk mit fünf Registern auf einem zweiten Manual. Sechs Register aus dieser Orgel sind noch teilweise erhalten und anhand der gotischen Inskriptionen auf den Pfeifen zu identifizieren.
Neubau durch Schnitger 1685–87
Im Zuge der 1687 neu errichteten Westempore wurde Arp Schnitger mit einem Orgelneubau beauftragt. Er konzipierte eine Orgel mit Haupt- und Brustwerk sowie zwei seitlichen Pedaltürmen in der Emporenbrüstung. Wie sonst auch bei einem Neubau übernahm Schnitger einige grundtönige Register aus der Vorgängerorgel, die sich in sein Klangkonzept integrieren ließen. 1691 wurde das Orgelgehäuse und die trapezförmige Brüstung bemalt. Mit dem wertvollen Instrument in Steinkirchen ist ein Werk aus Schnitgers frühen Schaffensperiode erhalten, das für eine Dorforgel über eine reiche Disposition mit 28 Stimmen verfügt. Ein Großteil der Register aus Schnitgers Neubau sind erhalten: 18 vollständig (davon sechs ganz oder teilweise unter Verwendung älterer Stimmen) und sechs teilweise. Bemerkenswert ist, dass die originale Intonation nicht eingreifend verändert wurde. Neben Schnitgers Orgel in Cappel fand die Orgel in Steinkirchen deshalb häufig für Musikaufnahmen Verwendung, die das Instrument weit bekannt gemacht haben.
Reparaturen im 18. und 19. Jahrhundert
Schnitger selbst reparierte im Jahr 1704 die Orgel. Weitere Reparaturen erfolgten 1763 durch Johann Matthias Schreiber und 1769 wohl durch Dietrich Christoph Gloger. 1773 brachte man den dekorativen Vorhang aus Holz mit bemaltem Stuck an, entfernte dafür aber das seitliche Schleierwerk und die Bekrönungen auf den Pedaltürmen. Das Schleierwerk am Hauptwerkgehäuse wurde durch die Gehäuse von Pedal und Manualwerke verbindende Pfeifenblenden ersetzt. Der Stader Orgelbauer Georg Wilhelm Wilhelmi ersetzte 1775 im Zuge von Renovierungsarbeiten an der Orgel das Gedackt 8′ durch eine Octav 8′ aus älterem Material, folierte die Prospektpfeifen mit Zinn und dichtete das Windwerk ab. Der heutige Zimbelstern mit harmonischen Glöckchen stammt ebenfalls von Wilhelmi. Für die Renovierung erhielt er 612 Mark. Sein Sohn Johann Georg Wilhelm Wilhelmy versah bis 1840 die Pflegearbeiten. Im Jahr 1843 wartete Philipp Furtwängler das Instrument, wobei unklar ist, welche Tätigkeiten er für 325 Reichstaler durchführte. Aufgrund dessen ist nicht mit Sicherheit festzustellen, wem der Verlust weiterer Originalstimmen zuzuschreiben ist. Zwischen 1862 und 1929 trugen Johann Hinrich Röver und sein Sohn (Carl Johann) Heinrich Röver für die Pflege der Orgel die Verantwortung. 1893 ersetzte Heinrich Röver Schnitgers Keilbälge durch einen Magazinbalg und 1909 das Holzgedackt im Brustwerk durch ein Gedackt aus Metall; nur fünf Basspfeifen blieben erhalten.
Restaurierungen im 20. Jahrhundert
1947–48 erfolgte die erste Restaurierung durch den Rudolf von Beckerath (Hamburg), der sehr behutsam mit dem Pfeifenwerk verfuhr und die originale Intonation möglichst nicht veränderte. Allerdings wurden Schnitgers Klaviaturen ersetzt. Von Beckerath entfernte die Pfeifenattrappen zwischen den Gehäusen und stellte das Schleierwerk an den Pedaltürmen wieder her. 1955 erhielt das Gehäuse eine neue farbliche Fassung. Ebenfalls durch von Beckerath fand 1987 und 1991 eine weitere Restaurierung statt. Er baute die ausgebauten, aber glücklicherweise aufbewahrten Schnitger-Klaviaturen wieder ein und rekonstruierte ausgetauschte Register und sechs Keilbälge. Bis auf die Octav 8′ im Pedal ist Schitgers Disposition wieder hergestellt.
Disposition seit 1775
I Hauptwerk CDEFGA–c3 Principal 8′ S Quintadena 16′ H/S[Anm. 1] Rohr Flöt 8′ H/S[Anm. 2] Octav 4′ A Nassat 3′ H/S[Anm. 3] Octav 2′ A Gemshorn 2′ S[Anm. 4] Sexquialtera II S Mixtur IV-VI S/B Cimbel III B Trompet 8′ S Cimbelstern II Brustwerk CDEFGA–c3 Gedact 8′ S/B[Anm. 5] Rohr-Flöth 4′ S Quinta 3′ nach S[Anm. 6] Octav 2′ S Spitz-Flöth 2′ S Tertian II S/B[Anm. 7] Scharff III-V S Krumphorn 8′ H/S[Anm. 8] Pedal CDE–d1 Principal 16′ S Octav 8′ W[Anm. 9] Octav 4′ S Nachthorn 2′ B Rausch-Pfeiffe II S/B Mixtur IV-V S/B Posaun 16′ S Trompet 8′ S Cornett 2′ S/B - A = 16. Jahrhundert
- H = Dirck Hoyer (1581)
- S = Arp Schnitger (1685–87)
- W = Georg Wilhelm Wilhelmi (1775)
- B = Rudolf von Beckerath (1948 und 1987)
- Koppeln: Manual-Schiebekoppel (Schnitger)
- Tremulant (Schnitger)
- Cimbelstern (Wilhelmi)
- Anmerkungen
- ↑ C–e Schnitger, ab f Hoyer.
- ↑ F–g2a2 Hoyer, Rest Schnitger.
- ↑ C–g Hoyer, ab gis Schnitger.
- ↑ Zylindrisch.
- ↑ Eichenholz, C-G Schnitger.
- ↑ Konisch, 18. Jh., ursprünglich wohl 1 1/3.
- ↑ 11 Pfeifen rekonstruiert.
- ↑ Bassoktave Schnitger, Rest Hoyer.
- ↑ Aus älterem Pfeifenmaterial.
Technische Daten
- 28 Register, 46 Pfeifenreihen
- Windversorgung:
- 6 Keilbälge (Beckerath)
- 3 Sperrventile
- Winddruck: 74 mmWS
- Traktur:
- Tontraktur: Mechanisch
- Registertraktur: Mechanisch
- Stimmung:
- Wohltemperierte Stimmung (Bach-Kellner)
- Tonhöhe ca. 3/4 Ton über a1 = 440 Hz
Literatur
- Thurston Dart: Practica musica. Vom Umgang mit alter Musik. A. Francke, Bern 1959, ISBN 3-87697-009-1, S. 44.
- Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S. 79–82.
- Peter Golon: Historische Orgeln im Landkreis Stade. Schaumburg, Stade 1983, ISBN 3-87697-009-1, S. 65–66.
- Konrad Küster, Hans Tegtmeyer (Hrsg.): Gott allein die Ehre – Der Orgelreichtum im Alten Land. [Landschaftsverband Stade], [Stade] 2007, ISBN 978-3-931879-31-0 (Katalog zur Ausstellung vom 7. Juni – 26. August 2007).
- Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5, S. 174–177.
- Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0, S. 36–37, 173–174 (Bildband der Arp-Schnitger-Gesellschaft und der Stichting Groningen Orgelland).
Aufnahmen/Tonträger
Weblinks
- Orgelführer der Kirchengemeinde Steinkirchen (gesehen 30. Dezember 2009) (PDF-Datei; 162 kB).
- Orgel in Steinkirchen bei NOMINE e.V. (gesehen 30. Dezember 2009).
- Fotos und Infos zur Orgel (gesehen 30. Dezember 2009).
- Seite von H.-W. Coordes (gesehen 30. Dezember 2009).
53.5604279.607533Koordinaten: 53° 33′ 38″ N, 9° 36′ 27″ O
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