Peter Agricola

Peter Agricola

Peter Agricola (* 29. Juni 1525 in Holzheim, Baden-Württemberg; † 5. Juli 1585 in Reinsacker (Randersacker), Bayern)[1] war ein deutscher Staatsmann, Humanist der Renaissance und Anhänger Martin Luthers.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Als Präzeptor war er zuerst Erzieher des Sohnes des Herzogs Friedrich III. von Liegnitz und später der Söhne des Herzogs Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken am Pfalz-Neuburgischen Hof. Er war Schulrektor an der Lateinschule in Ulm und des Gymnasium illustre in Lauingen (dem späteren Albertus-Gymnasium Lauingen). Agricola wurde fürstlicher Geheimer Rat und reformierte die neuburgischen Schulen. Außerdem war er an den Angelegenheiten der Fürstentümer des Heiligen Römischen Reiches beteiligt. Peter Agricola war ein überdurchschnittlich gebildeter Mann und galt als geschickter Unterhändler. Seine Unparteilichkeit wurde gerühmt. Er galt als ausgezeichneter Administrator. Gleichzeitig focht er in seinen Schreiben für ein humanes Miteinander der Menschen.

Familie

Die Familie Peter Agricolas stammte aus der Gegend von Ulm. Sein Vater Magnus Agricola war Gastwirt[2] und Richter zu Holzheim und ehemaliger Student zu Ingolstadt. Er hatte in Rom bei einem Kardinal und Anhänger des Benediktiner-Ordens, Jean de Bilheres de Lagraulas, gewohnt, da er ursprünglich in das Kloster Elchingen eintreten wollte. Durch den Nepotismus am Heiligen Stuhl durch Papst Alexander VI. und wegen des Kriegsverhaltens des späteren Papstes Julius II. nahm er jedoch an den Italienischen Kriegen teil. Magnus Agricola kämpfte in den Jahren von 1494 bis 1497 unter König Karl VIII. von Frankreich bei den königlichen Truppen, bevor er nach Deutschland zurückkehrte. Dort studierte er die Schriften von Martin Luther.

1575 schloss Peter Agricola eine Ehe mit Diana Clelius, Witwe des Astronomen, Mathematikers und Astrologen Cyprian von Leowitz, Hoflehrer zu Neuburg und Leiter des Gymnasium Illustre zu Lauingen. Sie starb am 24. November 1581 im Alter von 47 Jahren und diese Ehe blieb kinderlos. Agricolas Neffe war der Magister Magnus Agricola, Theologe und Superintendent in Neuburg, den er auch förderte.

Leben und Wirken

Peter Agricola besuchte die Lateinschule in Ulm, wo er auch als Hauslehrer wirkte. Er immatrikulierte am 12. März 1543 als Peter Agricola, von Holzheim an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg,[3] studierte und erhielt am 18. Juni 1544 den Bakkalaureus. Er wirkte in Wittenberg und wurde dort im September 1544[4] als Petrus Agricola Ulmensis und noch einmal im Jahr 1548 immatrikuliert, woraufhin er am 3. Mai 1549 den Magister erhielt. In Wittenberg hatte er Martin Luther und Philipp Melanchthon als Lehrer. Als Freund Philipp Melanchthons wurde er am 20. April 1550 Lehr- und Zuchtmeister von Heinrich XI., Sohn von Herzog Friedrich III. von Liegnitz.[5]

Von 1557 bis 1559 fungierte er als Rektor der Lateinschule in Ulm[1] und war dort Mitautor der Schuldordung des Ludwig Rabus. Im Jahr 1559 ging er zum Reichstag nach Augsburg, um Herzog Heinrich XI., seinen ehemaligen Schüler, zu beraten, der sich in einer schwierigen Situation gegenüber Kaiser Ferdinand I. befand. Peter Agricola lehnte ein weiteres Angebot als Berater dieses Fürsten ab, obwohl der kaiserliche Berater Warnsdorf ihm dringend dazu riet. Auch ein Angebot von Hieronymus Wolf, am Gymnasium bei St. Anna in Augsburg Mitglied oder Leiter der Fakultät zu werden, lehnte er ab. Stattdessen wurde er, dank seines Freundes Ulrich Sitzinger, mit dem er in Wittenberg studiert hatte, Rektor der neu gegründeten Fürstlichen Schule zu Lauingen.[6]

Am 30. April 1561[7] wurde Peter Agricola, ebenfalls auf Ulrich Sitzingers Empfehlung hin, Hofmeister in Neuburg an der Donau.[8][9][1] Die ältesten Söhne des Fürsten Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken, Philipp Ludwig und Johann, wurden vorher vom Hofmeister Konrad Marius unterrichtet. „Als aber dieser wegen seiner Hinneigung zu Calvins Lehre entfernt ward, wurde die Bildung de[r] jungen wissbegierigen Prinzen, besonders de[r]en eifrige Unterweisung in Luthers Lehre an Peter Agricola übertragen“.[10] In der Bestallungsurkunde heißt es, Agricola solle insbesondere den Prinzen Philipp Ludwig zur „Übung in lateinischer und französischer Sprache“ anhalten.[11] Bis 1569 schickte Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken die Brüder mit dem Hofmeister zu den Studien nach Lauingen.[12][13] Der Straßburger Rektor Johannes Sturm wohnte einem öffentlichen Examen bei, das im Dezember 1564 in Neuburg von Peter Agricola mit den Prinzen abgehalten wurde[14] und rühmte ihre Kenntnisse.[15] In der Allgemeinen Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste steht dazu: „[...] der Leitung und dem Unterrichte [...] dem berühmten Peter Agricola zur ferneren Ausbildung übergeben, wurde Herzog Johann ein hochgelehrter Herr, der lateinischen, griechischen und französischen Sprache mächtig, in der Arithmetik, Logik und Rhetorik wohl geübt.“[16] Sturm lernte den Neuburger Prinzenerzieher Agricola kennen und empfahl ihn den heimischen Scholarchen für eine Berufung nach Strassburg. Dazu kam es jedoch nicht.[17]

Nach der Regierungsübernahme 1569 ernannte Herzog Philipp Ludwig Agricola zum Geheimen Rat von Neuburg.[3][2][18] 1583 wurde er auch Titularrat von Zweibrücken.[9][8][4] Obwohl er früher evangelisch-lutherischer Pfarrer werden wollte, trat er ganz in den Dienst der Pfalzgrafen Wolfgang von Zweibrücken und Philipp Ludwig von Neuburg, die ihn auf diplomatische Missionen schickten. Als Staatsminister unternahm er viele Reisen im Heiligen Römischen Reich und dank seiner Berühmtheit erhielt er Geld von deutschen Fürsten als Unterstützung für die Theologen der Reformation. Er riet seinen Fürsten, die Bibliothek Wolfius für die Schule zu erwerben und hatte regelmäßigen Briefwechsel mit David Chyträus, einem Studienfreund aus der Zeit an der Universität in Wittenberg. Obwohl Agricola einen Kurort besuchen wollte, bat ihn der Fürst, mit ihm zusammen nach Düsseldorf zu reisen, um dort an der Hochzeit des Herzogs Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg mit Jakobe von Baden-Baden teilzunehmen. Peter Agricola verstarb auf der Rückreise auf der Straße zwischen Schweinfurt und Ansbach bei Reinsacker (Randersacker) in der Nähe von Würzburg. Sein Leichnam wurde nach Ochsenfurt gebracht, bevor er am nächsten Tag in Anwesenheit des Herzogs von Neuburg in Uffenheim beigesetzt wurde.

Literatur

  • Johann Franz Wagner: Commentatio de M(agister) P(etrus) Agricolae, rectoris quondam Ulmensis vita et meritis, etc / Dissertatio Historico de (...) M(agister) Petri Agricolae / De vita ejus et meritis in scholam, ecclesiam et rempublicam. Helmstadt 1756 (Latein, Bodleian Library der Universität Oxford).
  • M. Wagner: Vie de Pierre Agricola. In: J. H. Samuel Formey, Pierre Mortier (Hrsg.): Bibliothèque nouvelle germanique ou Histoire littéraire de l'Allemagne, de la Suisse et des Pays du Nord. 1758 (Französisch).
  • Magnus Agricola, Simon Ostermann (Hrsg.): Narratio Historica de Vita et Obitu M(agister) Petri Agricolae, Consiliarii Palatini Neuburgici, ac Bipontini, Conscripta à M. Magno Agricola, Pastore gregis Dominici ad B. Mariam Virginem, Neuburgi. In: Oratio In Obitvm Clarissimi, Atqve Omni Liberali Scientia politissimi viri, ... Petri Agricolae, quondam ... Philippi Lvdovici, & D. Ioannis, Com. Palatinorum Rheni, & Boiariae Ducum, fratrum Praeceptoris, & postea Consiliarij: Habita In Schola Palatinâ Lauinganâ / à S. Ostermanno, I. V. Doctore, eiusdem scholae Rectore. Lauingen/Reinmichel 1600 (Latein).
  • Commentarius de Cancellariis et Procancellariis Bipontinis. 1768 (Latein).
  • Eduard Maria Oettinger, J. J. Stienon (Hrsg.): Agricola (Peter), théologien allemand (1525 - 5 juillet 1585. In: Bibliographie biographique universelle: dictionnaire des ouvrages relatifs à l'histoire de la vie publique et privée des personnages célèbres de tous les temps et de toutes les nations. 1854.

Einzelnachweise

  1. a b c Heinrich Ihme (Hrsg.): Agricola, Peter: Ulmer Schulrektor, Prinzenerzieher am pfälz. Hof - Holzheim, 29. 6. 1525, † Reinacker/Franken, 22. 7. 1585. In: Südwestdeutsche Persönlichkeiten: ein Wegweiser zu Bibliographien und biographischen Sammelwerken. 1988.
  2. a b Philipp Melanchthon, Heinz Scheible (Hrsg.): Agricola, Peter Pfalz-neuburgischer Rat. * 29. 6. 1525 Holzheim [Krs. Neu-Ulm, Bay.] als Sohn eines Bauern und Gastwirts. In: Melanchthons Briefwechsel. 1977.
  3. a b Bettina Wagner: Bibliotheken in Neuburg an der Donau: Sammlungen von Pfalzgrafen, Mönchen und Humanisten. Otto Harrassowitz Verlag, 2005.
  4. a b David Chytraeus (1530-1600): norddeutscher Humanismus in Europa; Beiträge zum Wirken des Kraichgauer Gelehrten. Verlag Regionalkultur, 2000.
  5. Gesellschaft für Deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte (Hrsg.): Monumenta Germaniae paedagogica. 1899.
  6. Archiv für Geschichte des Buchwesens, Börsenverein des Deutschen Buchhändels. Historische Kommission, Buchhändler-Vereinigung (Hrsg.): der pfalz-neuburgische Rat Dr. Petrus Agrícola, der Rektor der Fürstlichen Schule Lauingen. 1963.
  7. Friedrich Schmidt: Geschichte der Erziehung der pfälzischen Wittelsbacher. 1899.
  8. a b Bernhard Seuffert: Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte. 1974.
  9. a b Georg Biundo (Hrsg.): Agricola, Peter, M(agister), 1561 Lehr- u. Zuchtmeister f. d. jüng. Söhne d. Herzogs Wolfgang von Zweibrücken, 1583 zweibr. Titularrat. In: Die evangelischen Geistlichen der Pfalz seit der Reformation (Pfälzisches Pfarrerbuch). 1968.
  10. G. C. Gack: Geschichte des Herzogthums Sulzbach: nach seinen Staats- und Religions-Verhältnissen, als wesentlicher Beitrag zur bayerischen Geschichte. Weigel 1847.
  11. Konrad Schröder: Linguarum recentium annales: der Unterricht in den modernen europäischen Sprachen im deutschsprachigen Raum. 1985.
  12. Götz Pölnitz, M. Hueber: Lebensbilder aus dem bayerischen Schwaben. 1952.
  13. Das Gymnasium Illustre oder die pfalzgräflich Neuburgische Landesschule zu Lauingen vom Jahre 1561 - 1616, Carl Clesca, Rindfleisch, 1848.
  14. M. Holland: Blätter für württembergische Kirchengeschichte. 1982.
  15. Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung (Hrsg.): Reformationsgeschichtliche Studien und Texte. 1953.
  16. Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber (Hrsg.): Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste. Gleditsch 1842.
  17. Anton Schindling: Humanistische Hochschule und freie Reichsstadt. 1977.
  18. Georg Wilhelm Hopf (Hrsg.): Philipp Ludwig, Pfalzgraf zu Neuburg - Peter Agricola, fürstl. Rath. In: Bayerische Geschichte in Zeittafeln: ein Handbuch für Lehrer, Beamte, wie für alle Freunde der Vaterlandskunde. 1865.

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