- Rodolfo Olgiati
-
Rodolfo Olgiati (* 30. Juni 1905 in Lugano; † 31. Mai 1986 in Bern) war ein Schweizer Pädagoge und humanitärer Aktivist.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Olgiati besuchte die Schulen in Chur und Bern. Nach der Matura studierte er Mathematik und Physik an der ETH Zürich und schloss als diplomierter Fachlehrer ab. In dieser Zeit machte der die Bekanntschaft mit Leonhard Ragaz. Von 1929 bis 1932 war er Lehrer an der Odenwaldschule in Heppenheim. 1933 arbeitete er im Faithfull Heim für Schwererziehbare in England. Von 1934 bis 1935 war er Mitarbeiter von Fritz Wartenweiler in den Jungmännerkursen.
1935 wurde er Sekretär des Internationalen Zivildienstes. Während des Spanischen Bürgerkriegs setzte er sich für die Rettung gefährdeter Kinder ein und gründete mit Fritz Wartenweiler und anderen im Februar 1937 die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Spanienkinder (SAS)/Ayuda suiza para los ninos Espana, die dem Freiwilligen Internationalen Zivildienst in Valencia und Madrid unterstand.
Er begann mit dem Aufbau der Dachorganisation Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder (SAK) (seit 1942 Schweizerisches Rotes Kreuz, Kinderhilfe) und wurde 1940 deren Zentralsekretär.
Von 1944 bis 1948 war er operativer Leiter der Schweizer Spende, ab 1948 Schweizer Europahilfe (SEH). Er initiierte insbesondere die Hilfe für Deutschland und half Vorbehalte gegenüber dem nördlichen Nachbar abzubauen. Ab 1949 bis 1970 war er Mitglied des Internationalen Roten Kreuzes IKRK in Genf, wohin er seinen Wohnsitz verlegte. 1958 übernahm der die Leitung der neugegründeten Ostschweizerischen Evangelischen Heimstätte Wartensee. Im gleichen Jahr gründete er mit Regina Kägi-Fuchsmann und siebzig Personen unterschiedlicher ideeller Herkunft den Verein Schweizerisches Hilfswerk für aussereuropäische Gebiete (SHAG), seit 1965 Helvetas.
Werk
Olgiatis Wirken steht in der humänitären Tradition der Schweizer Aussenpolitik. Die Idee der humanitären Schweiz als Friedensinsel und rettender Hafen für Flüchtlinge wurde mit der Gründung des Roten Kreuzes von 1863 und der Internierung der Bourbakiarmee während des deutsch-französischen Krieges 1871 geboren.
Als Leiter der Zentralstelle der Schweizer Spende in Bern hatte Olgiati sämtliche Hilfsaktionen der Schweiz in 18 vom Krieg versehrten europäischen Staaten zu koordinieren. Olgiati war sowohl für die zahlreichen Länderbüros, in denen sich Spezialisten mit den Hilfsaktionen befassten als auch für die vielen Delegierten, die in den Zielländern deren Vorbereitung und Durchführung sicherstellten, zuständig.
1947 wies Olgiati im Mitteilungsblatt der Schweizer Spende darauf hin, dass es an der Zeit sei, von der Nachkriegshilfe zur Friedensarbeit weiterzuschreiten. Er erkannte in der Unterstützung der wirtschaftlich unterentwickelten Länder ausserhalb Europas die neue Aufgabe der schweizerischen Hilfstätigkeit. Olgiati gilt als der erste Schweizer, der eine Hilfstätigkeit in einen globalen Rahmen stellte und vom Wohlergehen aller Völker sprach.
Er war aktives Mitglied in zahlreichen humanitären Organisationen wie der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, der Schweizerischen Europahilfe, dem Schweizerischen Hilfswerk für aussereuropäische Gebiete (später Helvetas) und er engagierte sich für die Einführung des Zivildienstes.
Humanitäre Mitkämpfer Olgiatis
Bekannte Persönlichkeiten, die mit Olgiati zusammenarbeiteten. Sie stehen stellvertretend für viele Helfer und unzählige Spender und Sympathisanten, die diese humanitären Aktionen erst ermöglichten:
- Elisabeth Eidenbenz
- Gertrud Lutz-Fankhauser
- Elsbeth Kasser
- Gertrud Kurz
- Elisabeth Rotten
- Paul Vogt
- Ernst Wetter
Auszeichnung
- 1959 Dr. med. h.c. der Universität Basel
Primärliteratur
- Nicht in Spanien hat's begonnen, 1944
- Ernst Wetter und Rodolfo Olgiati: Tätigkeitsbericht Die Schweizer Spende 1944–1948, 1949
- Werkplätze einer Zukunft, Herbert Lang, Peter Lang Verlag Bern, Frankfurt/M 1975. ISBN 326101444X
Sekundärliteratur
- Zur Erinnerung an Rodolfo O.-Schneider, geb. den 30. Juni 1905, gestorben den 31. Mai 1986, [1986]
- A. Schmidlin, Eine andere Schweiz, 1999
- Markus Schmitz und Bernd Haunfelder: Humanität und Diplomatie. Die Schweiz in Köln 1940–1949. Verlag Aschendorff, Münster 2001, ISBN 3402053853.
- Arbeitsgruppe des Vereins "Schweizer Kinder": Das Wunder einer Reise. Die "Schweizer Kinder" und ihre Fahrt ins Märchenland. Verlag Robert Gessler, Friedrichshafen 2003, ISBN 3861360802
- Markus Schmitz, Westdeutschland und die Schweiz nach dem Krieg. Die Neuformierung der bilateralen Beziehungen 1945–1952. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2003, ISBN 3038230375.
- Bernd Haunfelder, Kinderzüge in die Schweiz. Die Deutschlandhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes 1946–1956. Verlag Aschendorff, Münster 2007, ISBN 340212730X
- Bernd Haunfelder, Not und Hoffnung. Deutsche Kinder und die Schweiz 1946-1956. Verlag Aschendorff, Münster 2008. ISBN 978-3-402-12776-6
- Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus. ISBN 3-0340-0617-9
- Björn Erik Lupp: Von der Klassensolidarität zur humanitären Hilfe. Die Flüchtlingspolitik der politischen Linken 1930–1950. ISBN 3-0340-0744-2
Weblinks
Wikimedia Foundation.