Schlacht auf der Kempener Heide

Schlacht auf der Kempener Heide
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Schlacht auf der Kempener Heide
Teil von: Hessenkrieg (Dreißigjähriger Krieg)
Zeitgenössischer Kupferstich von Matthäus Merian aus dem Theatrum Europaeum
Zeitgenössischer Kupferstich von Matthäus Merian aus dem Theatrum Europaeum
Datum 17. Januar 1642
Ort bei St. Tönis, zwischen Kempen, Hüls und Krefeld
Ausgang Sieg für Frankreich und Hessen[1]
Folgen Nördliches Kurköln wird durch protestantische Truppen besetzt und geplündert.
Konfliktparteien
Katholische Allianz:

Armoiries Saint-Empire bicéphale.svg Römisch-deutsches Kaiserreich
COA Kurkoeln.svg Erzstift Köln

Protestantische Allianz:

Blason France.jpg Königreich Frankreich
(+ Herzogtum Weimar)
Coat of arms of Hesse small.png Hessen-Kassel

Befehlshaber
Armoiries Saint-Empire bicéphale.svg Wilhelm von Lamboy[1] Blason France.jpg Jean Baptiste Budes de Guébriant
Coat of arms of Hesse small.png Kaspar Graf von Eberstein[1]
Truppenstärke
8000-9000 9000[2]
Verluste
2500 Tote, 3000 teils hochrangige Gefangene, 6 Kanonen[1] 115 Tote, 260 Verwundete[1]
Anmarsch und Aufstellung der Gegner

Die Schlacht auf der Kempener Heide (auch Schlacht auf der Hülser Heide, St.-Tönis-Heide[3] oder Schlacht an der Hückelsmay genannt), war eine Schlacht des Dreißigjährigen Krieges, die am 17. Januar 1642 zwischen katholischen (kaiserlichen und kurkölnischen) Truppen auf der einen und protestantischen (französischen, hessischen und weimarischen) Truppen auf der anderen Seite in der Heide zwischen Kempen, Hüls, Krefeld und St. Tönis am Niederrhein ausgetragen wurde. Das Gefecht endete mit einer vernichtenden Niederlage der kaiserlich-kölnischen Verteidiger; in der Folge fiel das nördliche Kurköln unter protestantische Besatzung.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund und Ausgangslage

Protestantischer Einmarsch

In der Endphase des Dreißigjährigen Krieges, in Fortsetzung des "Hessenkrieges", zogen auf Anweisung des französischen Königs Ludwig XIII. und dessen Berater Kardinal Richelieu protestantische Söldnertruppen von Norddeutschland nach Westen in Richtung Rheinland. Die Truppen bestanden zum einen aus einem französischen Heer unter dem Kommando des Generals Jean Baptiste Budes de Guébriant, welches durch weimarische Söldnern unterstützt wurde.[4] Den Franzosen folgte ein hessisches Korps in Diensten von Landgräfin Amalie von Hessen-Kassel und Hessen-Marburg unter Führung des Generals Kaspar Graf von Eberstein. Die hessischen und französisch-weimarischen Truppen hatten zuvor bereits in wechselnder Zusammensetzung bei Fulda, im Hochstift Münster, im "Oberquartier", bei der Belagerung von Dorsten (1641) und von Wolfenbüttel (1641) zusammen gekämpft.[4] Nun sollten die Truppen die kaisertreuen katholischen Gebiete westlich des Rheines, insbesondere das Erzstift und Kurfürstentum Köln (Kurköln) sowie das Herzogtum Jülich-Berg, unter protestantische Kontrolle bringen.[4] Langfristiges Ziel des französischen Königs war ein Marsch nach Süden und ein Angriff auf das habsburgische Elsass.[5]

Nach Weihnachten 1641 überquerten zuerst die französisch-weimarischen Truppen bei Wesel den Rhein[6] und richteten auf kurkölnischem Gebiet am Niederrhein ihr Winterquartier ein. Kurz nach dem Jahreswechsel folgten die Hessen. Die protestantischen Truppen vereinigten sich am linken Rheinufer zu einem gemeinsamen Heer mit insgesamt etwa 9000 Mann Stärke[2][1] und überfielen am 14. Januar 1642 gemeinsam die kurkölnische Stadt Uerdingen östlich von Krefeld, die nach drei Tagen des Widerstandes eingenommen wurde.[6] Am 15. Januar wurde auch das benachbarte Linn eingeschlossen[4] und die Burg Linn belagert.

Kaiserisch-kölnische Reaktion

Als Reaktion auf den französischen Einmarsch hatte der kölnische Kurfürst Ferdinand den deutschen Kaiser Ferdinand um Unterstützung gebeten. Der Kaiser befahl eilig einem seiner Heere, welches unter Führung des Generals Graf Wilhelm von Lamboy in den Niederlanden gekämpft hatte, zur Verteidigung ins Rheinland zu kommen. Das kaiserliche Heer, bestehend aus 8000 bis 9000 Mann, überquerten bei Venlo die Maas und traf Anfang Januar 1642 bei Kempen auf kurkölnischem Territorium ein.

Zusätzlich zum Heer von Lamboy hatte der Kaiser ein zweites Heer mit etwa 1000 Mann unter Führung des Feldherren Melchior von Hatzfeldt herbeibefohlen, welches südlich von Bonn nahe Andernach stand.[5] Auch 3000 verbündete spanische Soldaten, die nahe Venlo lagerten, erhielten vom Kaiser die Order, Lamboy bei Bedarf zur Hilfe zu kommen. Der Kölnische Kurfürst Ferdinant wies Lamboy an, sich auf keine Schlacht einzulassen, bevor nicht die angeforderte Verstärkung eingetroffen sei, so dass das kaiserlich-kölnische Heer zahlenmäßig in der Übermacht wäre.[1] Lamboy richtete daraufhin eine feste Stellung auf der Hülser Heide zwischen Sankt Tönis und Hüls ein, wo eine Landwehr die Verteidigung erleichterte und wartete dort auf die Ankunft von Hatzfeldt.[4]

Lage des Schlachtfeldes

Im Westen und Nordwesten von Krefeld erstreckte sich zum Zeitpunkt der Schlacht eine weite Heidelandschaft, die im Norden bis nach Hüls, im Nordwesten bis nach Kempen und im Westen bis hinter St. Tönis reichte. Diese Landschaft wurde Kempe(ne)r Heide, Hülser Heide, Sankt-Tönis-Heide (Sankt-Antonis-Heide, kurz Tönisheide) oder schlicht Die Heide genannt.[7]

Durch die östliche Heide verlief die Kempener Landwehr, eine alte Grenzbefestigung zwischen der ehemals zur Grafschaft Moers gehörigen Herrlichkeit Krefeld im Osten und der zum Amt Kempen gehörigen "Kleinen Honschaft" mit St. Tönis darin im Westen.[8] Südwestlich von Krefeld traf die Kempener Landwehr auf eine zweite Landwehr, die in Ost-West-Richtung von Linn bis zur Niers bei Süchteln verlief und das Amt Kempen und die Herrlichkeit Krefeld im Norden vom Amt Linn im Süden trennte.[9][10] Diese Südliche Landwehr lief im Bereich des heutigen Forstwaldes durch die Heide südlich an St. Tönis vorbei.[5][11][12]

Die Landwehren, von denen heute nur noch wenige Überreste erhalten sind, bestanden damals aus jeweils drei Gräben und zwei Wällen, die mit dichten Sträuchern bewachsen waren. Die derart befestigte Grenze war deshalb von schweren, berittenen Truppen oder Gespannen kaum zu durchdringen und nur an einigen durch Schlagbäume kontrollierten Durchgängen passierbar.[4] Schlagbäume existierten im südlichen Abschnitt unter anderem an der Hückelsmay und am Stock.[5]

Verlauf der Schlacht

Da seine Truppen durch die Landwehr gut gedeckt waren, wähnte sich Lamboy in einer sicheren Lage und erwartete ruhig die Ankunft der Hatzfeldt'schen Unterstützung, bevor er gegen das protestantische Heer in die Schlacht ziehen wollte.[13] Um den Vorteil der noch bestehenden Überzahl auszunutzen und der kaiserlichen Verstärkung zuvorzukommen, entschieden sich die Protestanten, nach der Eroberung von Uerdingen umgehend einen Überraschungsangriff gegen Lamboy auszuführen. Man zog nachts in einem Bogen südlich um Krefeld herum und attackierte am Morgen des 17. Januars die kaiserlichen Verteidigungsstellungen an der südlichen Landwehr.

Lamboy war offenbar auf die Schnelligkeit des protestantischen Angriffs nicht vorbereitet. Als die hessische Vorhut unter Führung von Reinhold von Rosen den ersten Angriff auf die Landwehr ausführte, lagerte der Hauptteil der katholischen Truppen noch in einiger Entfernung im Quartier. Die wenigen Truppen, die die Landwehr bewachten, konnten trotz der vorteilhaften Verteidigungsstellung und trotz eilig zur Hilfe gesandter Reiterei den Ansturm nur bremsen, aber nicht aufhalten. Zwar wurde der Angriff der Vorhut noch abgewehrt, bevor das kaiserliche Heer aber in voller Schlachtaufstellung zur Verteidigung bereit war, hatten die protestantischen Truppen einen zweiten Angriff in ganzer Stärke ausgeführt und waren an zwei Stellen, an den Schlagbäumen bei der Hückelsmay und am Stockhof, durchgebrochen.[5] Die Durchgänge wurden mit Schaufeln und Hacken verbreitert, so dass das gesamte protestantische Heer schnell hindurchmarschieren konnte.[4]

Es folgte die eigentliche Schlacht auf der Heide. Hierbei waren die katholischen Truppen nun im Nachteil wegen des Überraschungseffektes und da sie den Großteil ihrer Kanonen, die zur Verteidigung direkt an der Landwehr platziert waren, bereits an die Protestanten verloren hatten.[5] Im weiteren Verlauf der Schlacht erlitt die katholische Allianz deshalb hohe Verluste. 2500 katholische Soldaten fielen auf dem Schlachtfeld, 300 weitere Dragoner wurden auf der Flucht von der hessischen Kavallerie getötet. 3000 Soldaten, darunter niedere Offiziere, Generalwachtmeister Franz von Mercy sowie Lamboy selbst, wurden gefangengenommen. Die protestantischen Truppen erbeuteten außerdem die gesamte Ausrüstung, darunter sechs schwere 10-Pfünder-Kanonen, sowie das Gepäck der Allianztruppen.[1]

Der flüchtende Rest des katholischen Heeres, bestehend aus etwa 2000 Reitern, wurde bei Zülpich von Reinhold von Rosen gestellt, von wo aus es unter weiteren hohen Verlusten bis nach Münstereifel gejagt wurde.[1] Die kaiserliche Entsatzarmee unter Feldmarschall Graf Hatzfeldt konnte bei Düren nur noch Bruchteile von Lamboys Heer aufnehmen.

Folgen

Am Tag nach ihrem Überraschungssieg besetzten die Protestanten zuerst das vorherige katholische Hauptquartier in St. Tönis, von wo aus Eberstein auch Bericht an Landgräfin Amalie erstattete.[14] Anschließend wurde die Belagerung von Burg Linn fortgesetzt und auch Burg Oedt angegriffen und eingenommen.

Da der kaiserliche und kurkölnische Widerstand durch die vernichtende Niederlage gebrochen war, konnten die verbündeten französisch-weimarischen und hessischen Kontingente in den folgenden Wochen und Monaten das gesamte nördliche Erftland überrennen und besetzen. Nach St. Tönis und Linn wurden noch zahlreiche andere Städte, Festungen, Klöster und Dörfer überfallen, belagert, ausgeplündert und verwüstet, darunter die Städte Kempen, Neuss, Dormagen und viele andere mehr.

In den Folgemonaten und -jahren, selbst über das Kriegsende durch den Westfälischen Frieden von 1648 hinaus, hatte die Region Niederrhein massiv unter der Besatzung durch einquartierte Söldner zu leiden. Diese Zeiten sind in der Region als die "Hessenjahre" oder der Hessenkrieg[13] bekannt und berüchtigt.

Literatur

  • E. von Schaumburg: Die Schlacht auf der St. Tönis-Haide (17. Januar 1642) und die Einnahme von Oedt, Neuß, Kempen und Linn. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein (AnnHVNdrh). Band 38, 1882, S. 50-86.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Johannes Sporschil: Geschichte des Entstehens, des Wachstums und der Größe der österreichischen Monarchie. Fünfter Band, Volckmar, Leipzig 1894, S. 54 (Volltext in der Google Buchsuche).
  2. a b Geschichte der ehemaligen Herrlichkeit Lobberich. Drittes Kapitel: Lobberich unter spanischer Herrschaft. Lobberland e.V., abgerufen am 17. Februar 2011.
  3. E. von Schaumburg, 1882 (siehe Literatur)
  4. a b c d e f g Eberhard Wassenberg: Florus Germanicus. Frankfurt a. M. 1647, S. 464ff. (Auszug auf www.30jaehrigerkrieg.de).
  5. a b c d e f Helmut Sallmann: Der Forstwald – ein Stadtteil mit ungewöhnlicher Biografie. Vom Schauplatz zweier Schlachten zum bürgerlichen Wohnort. In: Verein für Heimatkunde e.V. Krefeld (Hrsg.): Die Heimat - Krefelder Jahrbuch. Ausgabe 78, Krefeld 2007 (Volltext auf www.heimat-krefeld.de).
  6. a b Johannes Wüsterath: Historialis descriptio Ecclesiae Parochialis in Uerdingen. Manuscript vom Jahre 1629-1649. In: Historischer Verein für den Niederrhein, insbesondere das alte Erzbistum Köln (Hrsg.): Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein insbesondere das Alte Erzbistum Köln. Ausgaben 13-14, L. Röhrscheid, 1863, S. 228-237 (Volltext in der Google Buchsuche).
  7. Krefeld in alten Karten. Stadt Krefeld, abgerufen am 16. Februar 2011.
  8. Vormoderne. Stadt Tönisvorst, abgerufen am 16. Februar 2011.
  9. Die territorialen Verhältnisse im 14. Jahrhundert. Karte der Ämter in der Region Niederrhein. (Online auf bkg.bund.de).
  10. Territorialisierung. krinvel.net, abgerufen am 1. Juni 2011.
  11. Christoph Reichmann: Archäologische Untersuchungen an der mittelalterlichen Landwehr (Hückelsmay). In: Verein für Heimatkunde e.V. Krefeld (Hrsg.): Die Heimat - Krefelder Jahrbuch. Ausgabe 80, Krefeld 2009, S. 186-189 (Volltext auf www.heimat-krefeld.de).
  12. Herrlichkeit Krefeld. Stadt Krefeld, abgerufen am 16. Februar 2011.
  13. a b Günther Engelbert: Der Hessenkrieg am Niederrhein. Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein. 1959.
  14. Brief Ebersteins im Hessischen Staatsarchiv Marburg, Nr. 41168

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