St. Peter und Paul (Erlangen)

St. Peter und Paul (Erlangen)

Im Erlanger Stadtteil Bruck finden sich zwei historische Kirchengebäude mit dem Namen St. Peter und Paul. Die mittelalterliche Dorfkirche ist das Gotteshaus für die evangelisch-lutherische Gemeinde. Die deutlich jüngere katholische Dorfkirche steht in unmittelbarer Nähe, in derselben Straße wie das evangelische Pfarrhaus und Pfarramt. Beide Gebäude sind als Baudenkmal in die bayerische Denkmalliste eingetragen. Sie werden in diesem Artikel in jeweils eigenen Absätzen dargestellt.

Inhaltsverzeichnis

Die evangelische Kirche St. Peter und Paul

Das Kirchengebäude steht am Ufer der Regnitz, unweit der alten Brücke, die dem Ort Bruck den Namen gab. Grabungen in den 1950er Jahren legten Spuren einer abgebrannten Holzkirche frei, die vor dem 11. Jahrhundert dort gestanden haben muss. Von der anschließend errichteten romanischen Dorfkirche ist noch ein Teil erhalten, der bis heute die Sakristei im Norden der Kirche, unterhalb des Kirchturms bildet. Im 13. Jahrhundert wurde Bruck als Lehen an den Nürnberger Burggrafen übergeben. Ein neuer Kirchbau im gotischen Stil wurde um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert errichtet. Vom 68 Meter hohen Kirchturm, dem Brucker Wahrzeichen und Wappenbild, ist bei klarem Wetter nach wie vor die Nürnberger Burg zu sehen.

49° 34′ 22″ N, 10° 59′ 7″ O49.5728310.9853
Blick über die Regnitz von Westen her auf die evangelische Kirche St. Peter und Paul, 2006
Der auferstandene Christus zwischen zwei Engeln mit den Passionssymbolen Kreuz und Martersäule als Altaraufsatz

Die Kirche ist auf drei Seiten von einer Umfassungsmauer umgeben und wirkt wie eine Kirchenburg oder Wehrkirche, ähnlich wie im benachbarten, damals ebenfalls zu Nürnberg gehörigen Kalchreuth. 1524 schloss sich Bruck der Reformation an. Die Kirche wurde evangelisch. Die gotischen Kunstwerke im Inneren (eine Madonna aus dem Jahre 1390, ein Hochaltar mit lebensgroßen Figuren von Petrus, Paulus und dem Nürnberger Stadtpatron Laurentius von 1508 aus der Schule von Veit Stoß, ein Kruzifixus und eine Figur des auferstandenen Christus aus der Zeit um 1500) und an der Außenwand (ein Ölberg aus dem Jahr 1499, ähnlich dem von St. Lorenz in Nürnberg) blieben erhalten. Neue Kunstwerke kamen hinzu. 1666 wurden Emporen eingezogen und mit biblischen Szenen bemalt. 1680 wurde von Samuel Hartmann eine kunstvolle hölzerne Kanzel errichtet, die auf einer lebensgroßen Mosefigur aufruht. Die großen Veränderungen des Kirchenraumes in der Barockzeit lassen bereits die Nähe zu Erlangen erkennen. Die Künstlerfamilie Leinberger, deren bedeutendster Vertreter Christian Leinberger auch die Neustädter Kirche in Erlangen ausmalte, gestaltete die Decke im neu errichteten Schiff mit kunstvollem Stuck und einem Christi Himmelfahrt darstellenden Gemälde.

Die Kirche ist tagsüber nicht für Besucher geöffnet und mit einer Alarmanlage gesichert. Zugang haben Menschen, die das Gebet suchen, zur unmittelbar nördlich neben der Kirche gelegenen Kapelle im Erdgeschoss eines Fachwerkhauses. Die Kapelle diente jahrhundertelang auch als Beinhaus. Als der Kirchhof rund um die Kirche aufgelöst wurde, setzte man die menschlichen Knochen aus dem Beinhaus im neugegründeten Brucker Friedhof an der Friedhofstraße bei, in der sich auch das evangelische Pfarrhaus und die katholische Kirche befinden.

Die katholische Kirche St. Peter und Paul

49° 34′ 19″ N, 10° 59′ 19″ O49.5718910.98853
Die katholische Kirche
St. Peter und Paul, 2010

Nach den napoleonischen Kriegen wurde im frühen 19. Jahrhundert auch das Königreich Bayern politisch und konfessionell neu geordnet. Wie in den anderen evangelischen Gebieten wuchs auch in Mittelfranken der katholische Bevölkerungsanteil. Die katholische Pfarrkirche, deren Bau zu Beginn des 20. Jahrhunderts erforderlich wurde, entwarf der Nürnberger Regierungsbaumeister Hermann Selzer. Sie wurde am 12. Juli 1908 geweiht und denselben Patronen unterstellt wie die alte Dorfkirche. Der Stil ist barockisierend und erinnert an eine dörfliche Kirche auf dem fränkischen Land. Statt eines eigenen Turms krönt ein bescheidener Dachreiter die Kirche. Ein besonderes Kennzeichen ist die in das Altarretabel integrierte Orgel, die von einem Spieltisch auf der Empore aus bedient wird. Der Berliner Kirchenmaler Paul Plontke schuf 1948 die Altarbilder, den auferstandenen Christus, eingerahmt von den Apostelfürsten Petrus und Paulus. Das Emporengemälde zeigt die Flucht der Heiligen Familie, freilich nicht von Bethlehem nach Ägypten, sondern innerhalb Brucks von der evangelischen in die katholische Kirche. Es wurde wahrscheinlich von Prof. Karl Selzer gemalt, dessen zur Erstausstattung der Kirche gehörige Altarbilder heute in den Räumen der Filialkirche St. Marien zu sehen sind.

Literatur und Quellen

  • Dehio, Handbuch der dt. Kunstdenkmäler. Bayern, Bd. I: Franken, München 1979, ISBN 3-422030-51-4
  • Christoph Friederich, Bertold Freiherr von Haller, Andreas Jakob (Hrsg.): Erlanger Stadtlexikon. W. Tümmels Verlag, Nürnberg 2002, ISBN 3-921590-89-2 (online).
  • Hotz, Joachim: Aus Frankens Kunst und Geschichte, Mittelfranken, Lichtenfels 1976, ISBN 3-877350-17-8
  • Alfred Schubert: Bruck bei Erlangen, Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Frankens, Erlangen 1915, ohne ISBN
  • Georg Stolz und Michael Jeiter: Franken, Die Region 7, Städte Nürnberg, Fürth, Erlangen, München 1989, ISBN 3-422030-12-3
  • Auf den Spuren der Apostel Petrus und Paulus. 100 Jahre Katholische Kirche St. Peter und Paul Erlangen-Bruck 1908-2008, Festschrift 2008, ohne ISBN

Weblinks


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