Straßenbahn Luxemburg

Straßenbahn Luxemburg
Wagen Nr. 26 der ehemaligen Luxemburger Straßenbahn im Straßenbahnmuseum Hollerich

Die Straßenbahn Luxemburg war eine Straßenbahn, die von 1875 bis 1964 in der luxemburgischen Hauptstadt Luxemburg verkehrte. Bis 1908 fuhren Pferdebahnen, seitdem elektrische Straßenbahnen. Ab 1904 wurde das Netz von Schmalspurbahnen nach Echternach mitbenutzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Pferdebahn

1873 wurden zwei belgische Ingenieure beauftragt, in Luxemburg eine Pferdebahn zwischen Bahnhof und Oberstadt zu errichten. Der Ingenieur Défacqs schied jedoch aus Kostengründen wieder aus, sodass im März 1874 die Entscheidung auf Charles de Féral, der ab dem 3. Juni 1874 als Planer bewilligt wurde. Bereits am 20. September 1874 legte Féral einen Gleisplan für die neue Straßenbahn vor. Die Pferdebahn war für die Normalspur ausgelegt, der Féral hoffte, die Bahn eines Tages an den Eisenbahnverkehr oder anderen Industrieverkehr anzubinden.

Unverzüglich wurde mit dem Bau begonnen, so dass am 21. Februar 1875 die Strecke Bahnhof–Athenäum eröffnet werden konnte. Am 6. Mai 1874 wurde schließlich der erste Fahrplan veröffentlicht: Von nun an boten zwischen 6 Uhr und 9 Uhr die Pferdebahnen Anschluss zum Zugverkehr; von 9 Uhr bis 20 Uhr fuhren sie im Viertelstundentakt in beide Richtungen. Féral eröffnete schließlich auch ein Droschkentaxi. Nur wenige Monate später, am 24. August 1875, fuhr pünktlich zur Eröffnung der Schobermesse die Pferdebahn bis Glacis.

Die Fahrten waren recht günstig. Die Wagen fuhren sowohl als Eingespann oder Zweigespann. Die Tiere waren in der alten Artilleriekaserne am Piquet untergebracht. Dort hielt ein Tierarzt ständig ein Auge auf die Pferde. Wenn ein Tier krank war, wurde es unverzüglich bis zur Gesundung krankgeschrieben.

Bald wurde jedoch klar, dass eine Pferdebahn der steigende Nachfrage und der fortschreitenden Industrialisierung nicht mehr Herr werden konnte. Daher entschied man sich 1908 für die Elektrische.

Elektrische

Nachdem am 24. November 1906 beschlossen worden war, dass man ein Elektrizitätswerk für die städtische Straßenbeleuchtungen in Luxemburg errichtet will, stand auch dem Bau einer elektrischen Straßenbahn nichts mehr im Wege. 1907 wurde Charles Petermann der neue Elektro-Ingenieur der Stadt Luxemburg. Unter seiner Führung wurde die Siemens-Schuckertwerke in Berlin um einen Kostenvoranschlag gebeten, der von der Stadt am 6. Mai genehmigt wurde. Schließlich wurde mit dem Bau von Elektrizitätswerk und Straßenbahndepot auf einem Areal an Victor Hugo-Avenue in Limpertsberg begonnen. Das Depot, auch Tramschapp genannt, wurde schließlich Anfang 1908 eröffnet. Der Tramschapp hielt sich noch bis 1999.

Am 2. März 1907 löste sich die Société Anonyme des Tramways Luxembourgeoises sich auf und Gleise und Wagen gingen für ein Entgelt von 130.000 Franken in den Besitz der Stadt Luxemburg über. Das Ende der Pferdebahn kam am 24. August 1908, als sämtliche Pferde für 16.000 Franken versteigert wurden. Die erste elektrische Linie war bereits jedoch am 8. August gefahren, sodass seitdem keine Pferdebahnen mehr eingesetzt wurden. Die elektrische Straßenbahn verkehrte im Gegensatz zur Pferdebahn auf Meterspur.

Anfang 1911 verließ Charles Petermann sein Amt. An seine Stelle trat Romain Schroeder. Unter Schroeders Führung wird 1915 das über sechs Jahre alte Wagenmaterial erstmals völlig general überholt. Größe Teile von Oberleitung und Gleisen müssen erneuert werden, da die Entgleisungen zunehmen. Die Erweiterung in Richtung Eich am 26. Dezember 1913 hatte die desolate Lage nur verschlimmert. Nach den Reparaturarbeiten verdoppelte sich die Passagierzahl. Fuhren im Jahr 1916 noch 2.778.873 Fahrgäste mit der Straßenbahn, waren es 1917 schon 4.125.711.

Doch die Straßenbahn schien trotzdem an ihrem Erfolg zu leiden, denn mit Zunahme der Fahrgäste verschlissen auch die Gleise und Oberleitungen. Schließlich war auch der Tramschapp zu klein, sodass er erweitert wurde. Seine größte Erweiterung hatte er 1933. In den 1920er Jahren wurden die erste Buslinien errichtet.

Während im Ersten Weltkrieg Luxemburg und seine Straßenbahn eigentlich keinen Schaden genommen hatten, sollte es im Zweiten Weltkrieg ganz anders sein. Als am 10. Mai 1940 das Großherzogtum überfallen wurde, wurde die Stadt mit Bussen evakuiert. Bis zum 17. Mai war der Personennahverkehr inexistent, ab dann lief der Ersatzverkehr auf der Schiene an. Am 1. August wurden alle Vereine und Gesellschaft des Landes, so auch die Straßenbahngesellschaft, vom neu eingesetzten Gauleiter Simon aufgelöst. Die Straßenbahner sollten alle im Schulungszentrum Traben-Trarbach umgeschult werden.

In den Kriegsjahren 1940 bis 1945 fuhr nämlich keine Straßenbahn in Luxemburg. 1940 wurde beim Bombenangriff auf Luxemburg und durch die folgende Überrennung der Deutschen ein Teil der Stadt zerstört, wovon auch die Straßenbahn in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Beim Einfall der Amerikaner in Luxemburg am 10. September 1942 wurde ihnen Busse bereitgestellt, mit denen sie nach Sandweiler kamen. Am 20. Mai wurden die luxemburgischen KZ-Gefangen mit Bussen aus Dachau nachhause gebracht.

Wagen Nr. 29 im Stilllegungsjahr 1964

Inzwischen war Léon Brasseur Chef der industriellen Dienste in Luxemburg und unterrichtet Schöffen- und Stadtrat über den Zustand der Tramwagen, die daraufhin erneuert wurden. Außerdem stellte er fest, dass die Zahl der Straßenbahnfahrgäste seit der Vorkriegszeit um 35 Prozent gestiegen war. Als Brasseur 1957 in den Ruhestand abtritt, wird Emile Ziger sein Nachfolger. Am 14. April 1958 legt er fest, dass die Straßenbahnlinien schrittweise stillgelegt werden sollen, um sie durch Omnibusse zu ersetzen. Am 25. November 1958 genehmigt die Stadt einen Kredit in Höhe von 1.350.000 Franken zur Errichtung von Boxen für Autobusse im Tramschapp.

1958 verfügte der Betrieb über 48 Straßenbahnwagen, davon waren 29 Triebwagen und 19 Beiwagen. Seit 1908 hatten sie zusammen 56.770.000 Kilometer zurückgelegt und 365.063.000 Fahrgäste befördert.

89 Jahre nach der Eröffnung 1875 wurde am Samstag, den 5. September 1964, die Luxemburger Straßenbahn stillgelegt. Der letzte Straßenbahnwagen Nr. 34 existiert noch heute. Längs der Linie 10 von Beggen, über Eich und Theaterplatz vorbei am Neutor hinauf zum Tramschapp nahmen Tausende Menschen Abschied von der Straßenbahn. Am letzten Tag fuhr unter der Führung von Jean Theis auf seine Initiative auch noch einmal ein Pferdebahnwagen, der Wagen Nr. 103.

Ausblick

Bezüglich einer Verbindung des Europaviertels auf den Kirchberg mit Innenstadt und Bahnhof wurde in Luxemburg immer wieder über die Wiedereinführung der Straßenbahn gesprochen. In den 1990er Jahren wurden die Planungen jedoch durch Bürgerinitiativen gestoppt. Eine Planung für das Jahr 2007, teilweise als Tram-Train, wurde ebenfalls nicht verwirklicht. Studien belegen jedoch, dass in Luxemburg eine Straßenbahn oder Stadtbahn dringend notwendig wäre.

Lokalbahn nach Echternach

Die Gleise der Straßenbahn wurden zwischen 1904 und 1955 auch durch dampfbetriebene Lokalbahn von Luxemburg nach Echternach benutzt. Die Lokalbahn nutzte wie die Straßenbahn die Spurweite 1.000 mm und war folglich eine Schmalspurbahn.

Liniennetz

Wagen Nr. 34 im Straßenbahnmuseum Hollerich

Die Streckenlänge der Luxemburger Straßenbahn betrug 24,19 Kilometer, davon waren 13,15 Kilometer eingleisig und 5,52 Kilometer zweigleisig. Es gab insgesamt bis zu zehn Linien, von denen die Linie 10 als letztes stillgelegt wurde.

Straßenbahnmuseum Hollerich

Seit dem 1. April 1991 kann ist der Wagen Nr. 34 als Ausstellungsstück im Straßenbahnmuseum Hollerich präsentiert. Außerdem befinden sich dort auch eine alte Pferdebahn und Modelle sämtlicher Omnibusfahrzeuge und Straßenbahnwagen, die jemals in Luxemburg verkehrten.

Vor dem Museum wurde ein Gleis mit 80 Metern Länge angelegt. Dadurch kann Straßenbahnwagen Nr. 34 im Sommer das Depot verlassen und der Besucher kann ein bisschen alten Luxemburger Straßenbahnflair erleben. Es ist jedoch geplant, einen Museumsbetrieb im Umfeld des Museums zu errichten.

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