Tatjana Lietz

Tatjana Lietz

Tatjana Lietz (Lihzis in Lettisch) (* 9. September 1916 in Petrograd; † 11. März 2001 in Zwickau) war eine Malerin, Sprach- und Kunstlehrerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Eine Ansicht des St. Marien Kirche in Zwickau um 1953. Sie ähnelt der St. Petri Kirche in Riga und war einer der Gründe Zwickau als zukünftige Heimat anzunehmen.

Tatjana Lietz Leben ist durch die konflikt- und spannungsgeladenen politischen Verhältnisse des 20. Jahrhunderts geprägt. Sie wurde als einziges Kind eines lettischen Steuerinspektors in russischen Diensten geboren. Nach der Oktoberrevolution 1917 zog sie mit ihren Eltern wieder in ihre lettische Heimat Riga. Sie wuchs viersprachig (Lettisch, Russisch, Französisch und Deutsch) auf. Die Technik der Ölmalerei erlernte sie bei Prof. Telberg. Sie war die einzige Privatschülerin des Malers der russischen Wanderer Bewegung Nikolai Petrowitsch Bogdanow-Belski (einem Schüler Repins). Ein Studium der Mathematik und im Nebenfach Kunstgeschichte absolvierte sie ohne einen Abschluss aufgrund des Kriegsausbruches. 1938 fand ihre erste Ausstellung in Riga statt, "…vereinigt - Landschaften und Porträts… als Massstab der Arbeit, der Entwicklung… Tatjana Lihzis malt beides und zeigt auch mit manchen Stücken, dass ihr Talent dieser Doppelaufgabe gewachsen ist."[1]. Die meisten der dort ausgestellten Werke sind durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges verschollen. Einige befinden sich quer durch Europa in Privatbesitz. Nach dem Hitler-Stalin-Pakt und der Annexion Lettlands durch die Sowjetunion siedelte sie im März 1941 mit ihren Eltern nach Deutschland um und wurde als Reichsdeutsche eingebürgert. Nach der Eroberung des Baltikums durch die deutsche Wehrmacht zog die gesamte Familie wieder in ihre Heimatstadt zurück. Der Lauf der Geschichte erzwang neue Wechsel. 1945 flohen sie vor dem Heranrücken der Roten Armee. Auf der Flucht gingen sämtliche eigene Arbeiten verloren. Die Familie wurde in Berlin einquartiert und dort total ausgebombt. Danach reisten sie zu Verwandten nach Zwickau. Tatjana Lietz blieb über 55 Jahre in Zwickau.

Nachdem die Rote Armee 1945 in Zwickau einzog, wurde sie als Dolmetscherin eingesetzt. Gleichzeitig arbeitete sie in der Höheren Handelsschule als Russischlehrerin. Von 1950 bis 1978 unterrichtete sie Kunsterziehung und Russisch am Gerhart-Hauptmann-Gymnasium. Als Dozentin für Kunstgeschichte hat sie die Mal- und Zeichenschule (MuZ) in Zwickau 1953 mit aufgebaut und bis zu ihrer Schließung 1963 mitverantwortet. Einer ihrer Schüler der MuZ war auch Hartwig Ebersbach.

Seit Ende der 70er Jahre konnte sie ihre Werke in verschiedenen eigenen Ausstellungen in Zwickau und Karl-Marx-Stadt präsentieren. Ihre Wohnung war ein Salon für Künstler und Intellektuelle. Sie bevorzugte später verstärkt die Porträtmalerei und schuf viele Porträts von Zwickauer Persönlichkeiten. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin schuf sie ein beeindruckendes und originäres malerisches Werk. Ihre Porträts, die Stillleben, aber auch die malerischem Erinnerungen an die Landschaften ihrer Jugend sind künstlerische Zeugnisse dieser Malerin, die mit Ihrem eigenen, vom russischen Impressionismus beeinflussten Malstil viele Freunde gefunden hat.

Schaffen

In ihrem künstlerischen Schaffen stand der Mensch im Mittelpunkt.

„Die Kunst sollte die Menschen lehren, die Schönheiten des Lebens zu erkennen.“

zitiert nach C. Siegel[2]

Sie schuf viele Porträts von Zwickauer Persönlichkeiten. Die Vielzahl der Bilder beschäftigt sich mit Natur- und Landschaftsmalerei. In den Ölgemälden sind sehr empfindungsreich Trauer, Leid, Freude, Hoffnung, Sorge und Sehnsucht als Farbtupfer und Farbnuancen festgehalten und vermitteln ein Stück ihrer baltischen Seele.

Es können drei Schaffensperioden unterschieden werden. Die erste intensive Malperiode reicht in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg in Lettland, die Nachkriegsjahre bis 1957 und nach elfjähriger Pause (bedingt durch Pflege und Tod ihrer Eltern) eine Altersperiode nach 1968. 1999 schenkte sie der Stadt Zwickau mehr als 20 Werke aus ihrer Schaffensperiode zwischen 1946 und 1997[3].

Würdigungen

1998 wurde sie zur Ehrenbürgerin der Stadt Zwickau ernannt. Sie war seit 1991 Ehrenmitglied des Zwickauer Kunstvereins und zu DDR-Zeiten Mitglied im Verband Bildender Künstler Deutschlands VBKD.

„Tatjana Lietz war eine starke, einmalige, faszinierende und schillernde Künstler-Persönlichkeit. […] Sie hinterließ bei Menschen, die mit ihr zu tun hatten, nachhaltige Spuren. Schüler erinnern sich lebhaft an die einstige Russisch- und Kunstlehrerin, während andere Lehrer längst vergessen sind. Viele bewunderten ihre baltische Wärme und schätzten ihre mütterliche Liebe. Sie wollte Gerechtigkeitsliebe, Anstand und Würde vermitteln.“

Pfarrer Dr. Edmund Käbisch in "Spuren aus den Akten zur Malerin Tatjana Lietz"[4]

Am 16. März 2001 hielt Pfarrer Edmund Käbisch zur Beerdigung von Tatjana Lietz die Trauerrede.

Werke / Ausstellungen

  • 1938 erste große Ausstellung in Riga
  • Bilder auf der 3. Deutschen Kunstausstellung Dresden, im Albertinum, 1953 (u.a. "Kinder auf einem Bootssteg", "Knabe mit Banjo", "Pioniere am Lagerfeuer")
  • 1976 und 1986 "Tatjana Lietz - Malerei" im Städtischen Museum Zwickau
  • 1999 gemeinsam mit Christian Schlegel in der SchmidtBank Zwickau
  • August/ September 2001 Burg Schönfels (bei Zwickau)
  • Juli/ August 2008 "Lietz traf Matthäus" Matthäuskirche zu Bockwa (Stadtteil von Zwickau)[5]

Literatur

  • Tatjana Lietz - Zum 80. Geburtstag. Vlg. Stadt Zwickau, 1996, ISBN 3-9805000-1-2.
  • Christian Siegel: Die Bilderwelt der Tatjana Lietz. Chemnitzer Verlag, 2002, ISBN 3-928678-79-5.

Referenzen / Einzelnachweise

  1. Andres Moritz, Rezension zur Ausstellung in: Rigasche Rundschau, März 1938; nach Christian Siegel, Die Bilderwelt der Tatjana Lietz; 2002, Chemnitzer Verlag, ISBN 978-3-928678-79-7, S. 19 ff.
  2. Christian Siegel: Die Bilderwelt der Tatjana Lietz. S. 13
  3. Nachruf des damaligen Zwickauer Oberbürgermeisters im Zwickauer Amtsblatt
  4. http://www.dr-kaebisch.de/Lietz.htm
  5. Gemeindebrief Heft 6, Jahrgang 2, S. 25

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lietz — ist der Name folgender Personen: Bruno Lietz (1925–2005), deutscher Politiker (NSDAP, SED), Minister in der DDR Heiko Lietz (* 1943), deutscher Politiker (Neues Forum, Bündnis 90/Die Grünen) Hermann Lietz (1868–1919), deutscher Pädagoge Kathrin… …   Deutsch Wikipedia

  • Edmund Käbisch — (* 9. Januar 1944 in Waldenburg) ist ein deutscher Pfarrer. Aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen mit der Landeskirche Sachsens und der Staatssicherheit in der DDR setzt er sich vor allem in der Arbeit mit Jugendlichen für die Aufarbeitung der …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Söhne und Töchter Sankt Petersburgs — Dies ist eine Liste bekannter Persönlichkeiten, die in Sankt Petersburg (1914–24 Petrograd, 1924–91 Leningrad; einschließlich der vormals eigenständigen Orte Kolpino, Komarowo, Krasnoje Selo, Kronstadt, Lomonossow, Pawlowsk, Peterhof, Puschkin,… …   Deutsch Wikipedia

  • Paul Schmidt-Roller — (* 9. September 1891 in Cainsdorf bei Zwickau; † 8. November 1963 in Zwickau) war ein deutscher Maler, Kunstlehrer und Textilgestalter. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Würdigungen 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Hartwig Ebersbach — (* 17. Mai 1940 in Zwickau) ist ein deutscher Maler. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Wichtige Ausstellungen 3 Buchillustrationen 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Ehrenbürger von Zwickau — Ehrenbürger von Zwickau werden vom Zwickauer Stadtrat bestimmt. Die Satzung über Ehrungen und Auszeichnungen der Stadt Zwickau legt in ihrem Paragraphen 2 fest: “Der Stadtrat kann an Personen, die die Entwicklung der Stadt Zwickau in… …   Deutsch Wikipedia

  • Zwickau — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Söhne und Töchter der Stadt Riga — Diese Liste enthält in Riga geborene Persönlichkeiten mit einem Artikel in der deutschen Wikipedia. Ob sie im Weiteren in Riga gewirkt haben, ist ohne Belang. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Inhaltsverzeichnis A B C D E F G… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste prominenter Bewohner der Stadt Zwickau — Diese Liste nennt die Namen bedeutender Persönlichkeiten, die zwar nicht in Zwickau geboren sind (→ Hauptartikel: Liste der Söhne und Töchter der Stadt Zwickau), dort jedoch gelebt und gewirkt, und durch ihr Wirken die Stadt und ihren Genius loci …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Frauenfelder — Hermann Heiß (* 29. Dezember 1897 in Darmstadt; † 6. Dezember 1966 ebenda) war ein deutscher Komponist mit dem Schaffens Schwerpunkt Zwölftonmusik und Elektronische Musik. Sein Pseudonym war „Georg Frauenfelder“. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”