- Christoph Wilhelm Hufeland
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Christoph Wilhelm Hufeland (* 12. August 1762 in Langensalza; † 25. August 1836 in Berlin) war ein deutscher Arzt, Sozialhygieniker und Volkserzieher.[1] Er wird wegen seiner Lebenskraft-Theorie als Vertreter des Vitalismus (ein dem damals modischen Brownianismus diametral entgegenstehendes Konzept) bezeichnet. Er wird auch als Begründer der Makrobiotik gesehen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ärztliche Laufbahn
Bereits Hufelands Vater und Großvater hatten Medizin studiert - dieser Tradition folgte er mit einem Medizinstudium in Jena und Göttingen, wo auch Georg Christoph Lichtenberg zu seinen Lehrern zählte. Auch sein jüngerer Bruder war seit 1799 Arzt, ebenfalls in Weimar. 1783 promovierte C. W. Hufeland zum Doktor der Medizin in Göttingen und wurde Freimaurer in der Göttinger Loge 'Augusta zu den drei Flammen'. Anschließend arbeitete er vom selben Jahr an in der Praxis seines allmählich erblindenden Vaters in Weimar, die er später übernahm und bis 1801 führte. Im Jahr 1784 wurde er in den Bund der Illuminaten aufgenommen[2] 1796 wurde er Hofrat und Leibmedikus, später Hofmedikus in Weimar. Zu seinen Patienten zählten auch Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich von Schiller, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland, die er in der Zeit in Weimar als Hofarzt kennenlernte und die dazu beitrugen, dass er der Reformator des Gesundheitswesens werden konnte.
Der sächsische Herzog Karl August konnte ihn als Honorarprofessor von 1793 bis 1801 an die Universität Jena verpflichten, wo seine Vorlesungen begeistert aufgenommen wurden. 1800 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Verschiedene lukrative Angebote (auch aus dem Ausland) lehnte er zunächst ab, ließ sich dann aber doch 1801 an den königlichen Hof nach Berlin rufen. Sein Nachfolger in Jena wurde Karl Gustav Himly.
In Berlin betreute Hufeland als königlicher Leibarzt die königliche Familie von Friedrich Wilhelm III. und leitete das Collegium medico-chirurgicum sowie als Erster Arzt und Direktor die Charité in Berlin. Im Anschluss an die Flucht der Königsfamilie nach Königsberg und Memel, welche er begleitete, wurde er erster Dekan der Medizinischen Fakultät als Akademiemitglied der neuen Berliner Universität.
Neben seiner Tätigkeit als Professor am Lehrstuhl für Spezielle Pathologie und Therapie war er Leiter der Militärakademie und Staatsrat der Abteilung Gesundheitswesen im preußischen Innenministerium und Mitglied der Armendirektion. Die Armenfürsorge war ihm ein besonderes Anliegen - von ihm stammt der paradigmatische Spruch „der Kranke allein ist arm“, welcher die Unterstützungwürdigkeit Kranker durch öffentliche Finanzen zum Ausdruck bringt. Seine Ansichten veröffentlichte Hufeland in der Armen-Pharmakopöe, entworfen für Berlin nebst der Nachricht von der daselbst errichteten Krankenanstalt für Arme in ihren Wohnungen. Die Notwendigkeit, sich um die hygienischen Verhältnisse in Berlin verstärkt zu kümmern, fasste Hufeland so zusammen: „Vorläufig stinkt es hier noch.“ Zu dieser Zeit starben in Berlin jährlich etwa 1000 Personen zwischen 20 und 36 Jahren an Tuberkulose, die sich im Wesentlichen aus dem Unrat der Wohnumgebung und dem schmutzigen Trinkwasser direkt aus der Spree speiste. Hufeland notierte: „Früh verbraucht starben fast zu allen Zeiten immer nur die unbekannten Armen, denen es trotz größter Leistungen für die herrschenden Klassen sogar am täglichen Brot fehlte.“ Er führte die Pockenschutzimpfung ein und sorgte für die Eröffnung der ersten Poliklinik im Jahr 1810, die ab 1833 von seinem Neffen und Schwiegersohn Emil Osann geleitet wurde. Außerdem forderte er vom preußischen Staat Maßnahmen zur Verbesserung der Schulgesundheit und der Arbeitsbedingungen, staatliche Hygiene-Gesetze und eine Sozialversicherung.[1]
1792 gründete er in Weimar das erste Leichenschauhaus in Deutschland. Neben allen gemeinnützigen und Lehr-Aufgaben führte Hufeland eine Privat-Praxis, für deren Patienten er bis zu 30 Hausbesuche pro Tag bewältigte. Arme Menschen behandelte er kostenlos, weswegen er in diesen Kreisen sehr beliebt war.[1]
Schriftstellerische Laufbahn
Hufelands intensive Publikationstätigkeit begann 1785 mit Mesmer und sein Magnetismus, einer Arbeit über Franz Anton Mesmer und dessen Lehre vom „animalischen Magnetismus“. Als erste Buchveröffentlichung erschien eine Abhandlung über die Ausrottung der Pocken (1787). Anschließend folgten zahlreiche Schriften zum Thema Gesundheitspflege, darunter sein Hauptwerk Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern (1796), in dem eine besondere Ernährung und ein harmonischer Lebensstil empfohlen wird. Persönliche Gesundheitsfürsorge und staatliche Gesundheitspolitik werden hier gemäß dem Geist der Aufklärung kombiniert. Seine Thesen kamen den Anschauungen der bürgerlich-protestantischen Bevölkerung sehr entgegen. So kam es, dass der Titel bereits 1805 (als „Makrobiotik“) die dritte Auflage erreichte. Auch bei Zeitschrifteneditionen brachte Hufeland bedeutende Leistungen (u.a. Herausgabe des Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst seit 1795). Insgesamt zählt das Verzeichnis seiner Schriften über 400 Titel.
Medizinische Theorie
Hufelands medizintheoretischer Ansatz ging von einer Lebenskraft aus, die er weiter differenzierte, allgemein aber als Selbsterhaltungsprinzip des Organismus verstand. Durch sein Plädoyer für sanfte Behandlung (im Gegensatz zur heroischen Medizin), Nutzung der Heilkraft der Natur (vis medicatrix naturae) und Anwendung von Diätetik und physikalischer Therapie hatte er großen Einfluss auf die Naturheilkunde ab dem 19. Jahrhundert. Insbesondere in seinem Journal der practischen Arzneykunde bot er den medizinischen Strömungen seiner Zeit ein lebendiges Diskussionsforum; so konnten z.B. zahlreiche Grundsatzartikel Samuel Hahnemanns, des Begründers der Homöopathie, dort erscheinen. Später kam es allerdings zum Zerwürfnis zwischen Hahnemann und Hufeland. Hufeland erklärte insbesondere die Homöopathie als Heilsystem für fragwürdig und kritisierte an Hahnemann scharf dessen strikte Vorgehensweise.
Nachwelt
Hufeland wurde auf dem Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden in Berlin-Mitte beigesetzt. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.
Bereits am 4. Juni 1904 würdigten die Berliner Stadtväter das Wirken Hufelands in der Reichshauptstadt, in dem sie die vorherige Straße 2, Abt. XIII/1 des Hobrechtschen Bebauungsplanes, in Hufelandstraße umbenannten.[3]
An seinem Wohnhaus in Berlin-Mitte wurde eine Gedenktafel angebracht. In der DDR wurde 1958 die nach ihm benannte Hufeland-Medaille gestiftet. Diese wird seitdem jährlich (in Bronze, Silber oder Gold) als staatliche Auszeichnung für bedeutende Verdienste um den Gesundheitsschutz verliehen. Sein Name lebt auch in der Hufelandschen Gesellschaft und der Hufeland-Stiftung weiter. In Bad Pyrmont erinnert an ihn die Hufeland-Therme, in Wien Meidling (12. Bezirk) seit 1884 die Hufelandgasse.
Die Deutsche Ärzteversicherung vergibt jährlich den mit 20.000 Euro dotierten Hufeland-Preis für die „beste Arbeit auf dem Gebiet der Präventivmedizin“.
Literatur
- Enchiridion medicum oder Anleitung zur medizinischen Praxis. Vermächtniß einer Fünfzigjährigen Erfahrung. Sechste Auflage Jonas Verlagsbuchhandlung Berlin,
- Ernst Gurlt: Hufeland, Christoph Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 13, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 286–296.
- Christoph Wilhelm Hufeland: Medizinischer Nutzen der elektrischen Kraft beim Scheintod, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 1. Reprintauflage 1783/2008, ISBN 978-3-938997-37-6
- Christoph Wilhelm Hufeland: Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern / von Christoph Wilhelm Hufeland. - Wien : Haas, 1798. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
- Christoph Wilhelm Hufeland: Makrobiotik oder Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern, 6. Aufl. Berlin 1842
- Christoph Wilhelm Hufeland: Aphorismen und Denksprüche, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 1. Reprintauflage 1910/2009, ISBN 978-3-86777-066-8
- Helmut Busse: Christoph Wilhelm Hufeland, 1982, Blaeschke Verlag, A 9143 St. Michael
- Klaus Pfeifer: Medizin der Goethezeit - Christoph Wilhelm Hufeland und die Heilkunst des 18. Jahrhunderts, Verlag Böhlau, 1. Aufl. Köln, 2000, ISBN 978-3-412-13199-9
- Günther Hufeland: Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836), Verlag Rockstuhl, 1. Aufl. Bad Langensalza, 2002, ISBN 978-3-936030-79-2
- Wolfgang U. Eckart: Geschichte der Medizin, Heidelberg 2005
- Bibliothek der practischen Heilkunde. Von Christian Wilhelm Hufeland. Veröffentlicht in der academischen Buchhandlung, 1802. Notizen: v. 6 Digitalisat via GBS
Weblinks
Commons: Christoph Wilhelm Hufeland – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Christoph Wilhelm Hufeland – Quellen und Volltexte- Literatur von und über Christoph Wilhelm Hufeland im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Christoph Wilhelm Hufeland
- Makrobiotik oder die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern (Gesamtausgabe 1796)
- Christoph Wilhelm Hufeland - Selbstbiographie (1863)
Einzelnachweise
Kategorien:- Mediziner (18. Jahrhundert)
- Mediziner (19. Jahrhundert)
- Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)
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- Freimaurer (19. Jahrhundert)
- Deutscher Freimaurer
- Illuminat
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- Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Königlich-Niederländischen Akademie der Wissenschaften
- Geboren 1762
- Gestorben 1836
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