Vereinigte Arabische Republik (1963)

Vereinigte Arabische Republik (1963)
الجمهورية العربية المتحدة
al-Dschumhūriyya al-ʿarabiyya al-muttahida
Vereinigte Arabische Republik
Flag of Iraq (1963-1991).svg
COA of Iraq (1965).svg
Flagge der Vereinigten Arabischen Republik: Die drei Sterne standen für die drei Mitgliedstaaten. Syrien behielt sie bis 1972 und der Irak bis 1991 bei, Ägypten übernahm sie nie. Mögliches Wappen der VAR in Anlehnung an nebenstehende Flagge und das Wappen der vorhergehenden VAR
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Vereinigte Arabische Republik Ägypten benutzte die Flagge seit 1961
Flag of Iraq 1959-1963.svg Irak
Syrien 1932Syrien Syrien


Ägypten Flag of Egypt 1972.svg
Irak Irak benutzte die Flagge weiter bis 1991
Syrien Syrien benutzte die Flagge weiter bis 1972Syrien benutzte die Flagge weiter bis 1972
Amtssprache Arabisch
Hauptstadt Kairo
Staatsform Republik
Einwohner 43 Millionen
Fläche 1.620.757 km²
Präsident Gamal Abdel Nasser
Mitglieder
Existenzzeitraum Vom 17. April 1963 bis zum 22. Juli 1963
Karte der Vereinigten Arabischen Republik 1963
Syriens Präsident al-Atassi mit Premier al-Bitar (links) im März 1963 zu Vereinigungsgesprächen bei Präsident Nasser (rechts) in Kairo
Algeriens Präsidenten Ben Bella (links) konnten Atasi (Mitte) und Nasser (rechts) nicht zum Anschluss bewegen (1963)

Die Vereinigte Arabische Republik (VAR, arabisch ‏الجمهورية العربية المتحدة‎, DMG al-Ǧumhūrīya al-ʿarabīya al-muttaḥida) von 1963 war ein geplanter Zusammenschluss der arabischen Staaten Ägypten, Irak und Syrien, der sich an die vorangegangene Ägyptisch-Syrische Union gleichen Namens anlehnte.[1][2] Im Gegensatz zum früheren Ägyptisch-Syrischen Einheitsstaat war 1963 ein föderativer Zusammenschluss vorgesehen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Bis Ende 1961 hatte in Gestalt der Vereinigten Arabischen Staaten zudem eine Konföderation zwischen der Vereinigten Arabischen Republik und dem Königreich Jemen bestanden. Nach dem Austritt Syriens aus der VAR (September 1961) hatte auch der jemenitische König den Austritt angekündigt, woraufhin Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser auch die VAS für aufgelöst erklärte (Dezember 1961). Der Nachfolger des im September 1962 verstorbenen Königs wurde jedoch von republikanischen Offizieren unter Abdullah as-Sallal gestürzt, die einen Anschluss der neugegründeten Jemenitischen Arabischen Republik an Ägypten wünschten.[3]

Fast zeitgleich ereigneten sich im Frühjahr 1963 auch im Irak (8. Februar) und Syrien (8. März) Militärputsche, in deren Ergebnis die arabisch-sozialistische Baʿth-Partei an die Macht kam, die schon 1958 den Anschluss Syriens (und Iraks) an Ägypten befürwortet bzw. die Auflösung der Union 1961 verurteilt hatte. Neuer Präsident Syriens wurde Louai al-Atassi, eine Kompromisslösung zwischen Baathisten und Nasseristen, syrischer Premier wurde der Baath-Gründer Salah ad-Din al-Bitar. Präsident des Irak wurde der Nasser-Anhänger Abd as-Salam Arif und irakischer Premier wurde der Baathist Ahmad Hasan al-Bakr.

Ägyptisch-Irakisch-Syrische Föderation

Atassi und Bitar reisten noch im März 1963 nach Kairo und nahmen sofort Vereinigungsgespräche auf, zu denen im April irakische Baathisten und der Baath-Gründer Michel Aflaq hinzukamen. Am 17. April 1963, dem syrischen Nationalfeiertag, wurde nach zähen Verhandlungen eine Föderation Ägyptens, Irak und Syriens vereinbart, die den Namen Vereinigte Arabische Republik führen sollte. Der Anschluss Nordjemens war nach der Beendigung des dort ausgebrochenen Bürgerkriegs vorgesehen. Auch im Parlament Kuwaits stimmten zwölf der 50 Abgeordneten für den Beitritt. Als Nasser während eines ägyptisch-syrisch-algerischen Gipfeltreffens in Kairo im April 1963 auch Algerien einlud, der Republik beizutreten, lehnte dessen Regierungschef Ahmed Ben Bella ab, sprach Nasser dennoch seine Glückwünsche aus.[1]

Die geplante Hauptstadt war Kairo und Präsident des neuen Staates sollte Gamal Abdel Nasser werden. Mit der Union strebten die drei Staaten eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik im Sinne des Panarabismus sowie die Zerstörung Israels an[4], die führende Politiker des geplanten Bündnisses als "Befreiung Palästinas" bezeichneten. Die gemeinsame Armee hätte 325.000 Soldaten umfassen sollen.[1][2]

Für den 27. September 1963 waren Referenden in den drei Mitgliedstaaten und die anschließende Wahl Nassers zum gemeinsamen Präsidenten sowie die offizielle Proklamation der Bundesrepublik geplant. Den Außenhandel, die Außenpolitik und die gemeinsamen Finanzen sollte die Bundesregierung übernehmen, während die Teilstaaten die Kontrolle über ihre Wirtschaft behalten sollten.[1]

Uneinigkeit herrschte über die Machtbefugnisse des Präsidenten, die Zusammensetzung der Regierung und den Staatsaufbau. Außerdem war unklar, ob und wie Syrien und der Irak die „sozialistischen Errungenschaften“ Ägyptens übernehmen sollten. Die wirtschaftlichen Grundlagen der Republik sollten die ägyptische Industrie, die syrische Landwirtschaft und das irakische Erdöl bilden. Die Union hätte eine Fläche von 1.620.757 km² und rund 43 Millionen Einwohner gehabt.[1][2]

Scheitern des Projektes

Nachdem am 13. Mai 1963 im Irak eine neue Baath-Regierung ohne Nasseristen gebildet worden war und die Unionsverhandlungen in Kairo ins Stocken geraten waren, erklärte die syrische Baath-Führung am 16. Mai 1963, zunächst einer Vereinigung mit dem Irak den Vorzug geben zu wollen.[5] Damit war die VAR-Neuauflage faktisch gescheitert. Auch in Syrien brach daraufhin die Koalition aus Baathisten und Nasseristen auseinander, die nasseristischen und pro-nasseristischen Minister der syrischen Regierung traten noch im Mai 1963 zurück (u.a. Jamal al-Atassi). Syriens Streitkräfte und der Staatsapparat wurden von Nasseristen „gesäubert“.

Als die ergebnislosen Vereinigungsgespräche in Kairo von Syrern abgebrochen wurden, gab Nasser grünes Licht für den Putschversuch des Obristen Jassem Alwan. Der Putsch vom 18. Juli 1963 wurde von Innenminister Amin al-Hafiz niedergeschlagen, der auch Präsident Louai al-Atassi zum Rücktritt zwang und selbst Staatschef wurde. 27 der 30 an Alwans Putschversuch beteiligten nasseristischen Offiziere wurden hingerichtet. Nasser geißelte daraufhin am 22. Juli 1963 das neue „rechte“ Baath-Regime als „faschistisch“ und erklärte schließlich den formalen Austritt Ägyptens aus der Föderation. Am 11. August 1963 rief er zum Sturz der Baath-Regimes in Syrien und Irak auf.

Epilog

Die bilateralen syrisch-irakischen Vereinigungsgespräche wurden ab August 1963 weitergeführt. Am 8. Oktober 1963 schlossen Syrien und Irak ein Militärbündnis, doch schon im November 1963 wurde das irakische Baath-Regime durch die Ramadan-Revolte wieder gestürzt. Am 27. April 1964 kündigte Syrien schließlich das Abkommen mit dem Irak. Allein die dreisternige Flagge, die in Syrien (bis 1972) und im Irak (bis 1991) weiterverwendet wurde, blieben von der Föderation übrig.

Inzwischen war es jedoch zu einer ägyptisch-irakischen Annäherung gekommen. Nasseristische Offiziere hatten am Sturz der Baath-Regierung maßgeblich mitgewirkt und waren in den neuen Revolutionsrat aufgerückt. Eine Regierung aus Nationalisten, Unionisten, Ex-Baathisten und Nasseristen wurde gebildet. Während Nasser Ende April 1964 bei seinem Besuch in der Jemenitischen Arabischen Republik den jemenitischen Wunsch nach Anschluss an die VAR noch zurückgewiesen hatte, vereinbarte er mit dem irakischen Präsidenten Abd as-Salam Arif im Mai 1964 die Bildung eines gemeinsamen Präsidentschaftsrates und im Oktober 1964 die Bildung einer Vereinigten Politischen Führung, die Ägypten und Irak innerhalb von zwei Jahren zu einem Einheitsstaat zusammenführen sollte.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Zweiter Versuch. Der Spiegel 17/1963, 24. April 1963, abgerufen am 15. Februar 2010.
  2. a b c „Vereinigte Arabische Republik“ beschlossen. Hamburger Abendblatt, 11. April 1963, abgerufen am 25. Januar 2010.
  3. Chronik des 20. Jahrhunderts: 17. April 1963. Bertelsmann AG 1993
  4. John Haywood/Jobst-Christian Rojahn: Der neue Atlas der Weltgeschichte: Von der Antike bis zur Gegenwart, Chronik Verlag, München 2002, S. 282
  5. So vermeldete es zumindest Al-Ahram

Literatur

 Commons: Vereinigte Arabische Republik (1963) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Lothar Rathmann (Hrsg.): Geschichte der Araber - Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Band 6. Akademie-Verlag Berlin 1983
  • Günther Barthel und Günther Nötzold (Hrsg.): Die Arabischen Länder - Eine wirtschaftsgeographische Darstellung. Haack Gotha 1987
  • Prof. Dr. Gustav Fochler-Hauke (Hrsg.): Der Fischer Weltalmanach 1964, Seiten 138f, 345, 352f und 359ff. Frankfurt am Main 1964

Weblinks


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