Verleihung (Bergbau)

Verleihung (Bergbau)

Die Verleihung, auch Beleihung, Belehnung oder Bestätigung genannt, ist ein hoheitlicher Akt, der im Bergbau durch das Bergamt durchgeführt wird.[1] Bei der Verleihung wird dem Muter das Bergwerkseigentum verliehen. Durch die Verleihung erhält der Muter das Recht, sich die Mineralien und Bodenschätze in dem verliehenen Grubenfeld anzueignen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Vorbereitung

Nachdem ein Muter eine Fundgrube entdeckt hatte, war er verpflichtet, diese gemutete Lagerstätte soweit zu entblößen, dass der Bergrichter oder ein von ihm beauftragter Bergbeamter sich von der Existenz der Lagerstätte überzeugen konnte. Zusätzlich musste er eine so genannte Handstufe, also ein Stück des Minerals aus der Lagerstätte, herausbrechen und als Beweis zum Bergamt bringen.

Fristen

Der Muter war angehalten, um die Verleihung unverzüglich, das heißt mit einer Frist von zwei Wochen (bei einigen Bergämtern bis zu vier Wochen), gerechnet ab dem Tage der Mutung, zu ersuchen. Die Verleihung erfolgte nach der Beantragung und der Befahrung durch einen Bergbeamten. Die Anzeigepflicht war nach dem Berggesetz präjudiciell, dies bedeutete für den Muter, dass die Mutung bei verstrichener Frist als kraftlos verfiel. Da das Ersuch um die Verleihung nur an bestimmten Verleihetagen eingebracht werden konnte, wurden dem Muter einige Karenztage eingeräumt. Wurde die Mutung kurz vor oder kurz nach den Verleihetagen getätigt, so wurde die Frist erst ab dem Verleihetag gerechnet.

Fristverlängerung

Konnte ein Muter aufgrund widriger Umstände wie Unwetter, Schneefall oder Wassereinbruch in die Fundgrube den Antrag nicht fristgerecht einreichen, so konnte er um Fristverlängerung beim Bergamt ersuchen. Das Bergamt prüfte dann, ob die Hindernisse in absehbarer Zeit beseitigt werden konnten und bewilligte in der Regel die Fristverlängerung. Dieser Verwaltungsakt kostete den Muter eine Gebühr von einem Groschen. Um Fristverlängerung konnte insgesamt bis zu dreimal ersucht werden. Nach der dritten Fristverlängerung wurde der sogenannte Muthzettel im Bergbuch hinterlegt, womit die Verleihung für den Muter quasi reserviert wurde. Damit es dadurch aber nicht zu unnötigen Blockierungen der Fundstellen kam, war der jeweilige Muter verpflichtet, jedes Quatember an den Verleihetagen eine Verlängerungsgebühr von einem Groschen zu entrichten. Entrichtete der Muter die Gebühr nicht, so verfiel sein Anspruch auf das gemutete Lehen und die Lagerstätte konnte von einem anderen Muter erworben werden.

Waren an einer Fundgrube mehrere Kuxeinhaber beteiligt, so konnte die Fristverlängerung nur dann erteilt werden wenn alle Anteilseigner sich einig waren. Kam ein Anteilseigner der Aufforderung durch das Bergamt nicht nach, seinen Beitrag innerhalb einer Frist von vier Wochen zu entrichten, dann wurde sein Anteil auf die anderen Eignern überschrieben.

Grubenfeldgröße

Die Größe des verliehenen Grubenfeldes war je nach Staat unterschiedlich. In der Regel wurden die Grubenfelder bei metallhaltigen Mineralien in schmalere in die Länge gestreckte Felder aufgeteilt und bei Brennstoffen wie Steinkohle oder Braunkohle größere Grubenfelder zugeteilt. Im Erzbergbau waren gängige Größen das Geviertfeld und das Längenfeld. Die Größe des zugeteilten Feldes war auch abhängig von der optimalen Ausbeute des jeweiligen Bodenschatzes. Ein weiterer Aspekt war die örtliche Lage. Felder, die in bergigen Gegenden lagen, wurden aufgrund der Täler und der dadurch bedingten Unterbrechung der Lagerstätte, großzügiger bemessen als Felder im Flachland. Außerdem spielten auch natürliche Grenzen wie z. B. Bäche und Flüsse eine Rolle bei der verliehenen Feldesgröße.

Inaugenscheinnahme der Lagerstätte

Bevor das Bergamt dem Muter die Bergbauberechtigung erteilte, wurde die Fundstelle durch den Bergmeister oder durch einen Berggeschworenen in Augenschein genommen. Grund für die Befahrung war Überprüfung der Fundstelle auf Bauwürdigkeit und ob die Lagerstätte wirklich entblößt worden war. Die übertägige Entblößung der Lagerstätte konnte entfallen bei Lagerstätten die bereits durch Stollen oder Strecken teilweise erschlossen waren. Außerdem wurde überprüft ob die Abstände zu anderen Fundgruben eingehalten worden waren und ob kein Dritter in seiner Bergbautätigkeit beeinträchtigt werden würde.

Bei erstmalig erteilten Genehmigungen wurde an der Fundstelle, an der die Lagerstätte das erste Mal entblößt worden war, durch den Berggeschworenen eine Markierung in das Gestein geschlagen. Diese Markierung diente bei späteren Überprüfungen oder bei Streitigkeiten als Beweis. Bei Gruben die schon einmal überprüft worden waren, danach aber ins Bergfreie gefallen waren, wurde bei Wiederaufnahme der Bergbautätigkeit auf eine erneute Lagerstättenüberprüfung verzichtet.

Weitere Formalitäten

Im frühen Bergbau wurde die Verleihung noch mit einem Eid besiegelt. Nachdem der Bergmeister bei der Fundgrube eingetroffen war stellte er dem ersten Muter die Frage:"Welche Grube ist dein, welcher Gang ist reich an Erz?" Der Muter zeigte daraufhin mit seinem Finger auf die Fundstelle. Anschließend wies der Bergmeister den Muter an an den Haspel zu treten und zur Vereidigung zwei Finger der rechten Hand zu erheben und die Eidesformel zu sprechen:

„Ich schwöre bei Gott und allen Heiligen und rufe sie zu Zeugen an, daß dieser Gang mein ist, und noch dazu, “

wenn er nicht mein ist, dann ist dies nicht mein Kopf, und diese meine Hand soll künftig nicht mehr ihren Dienst tun.

Erst nach der Vereidigung wurde die Fundgrube durch den Bergmeister vermessen.[3]

Dauer der Bergbauberechtigung

Die erteilte Bergbauberechtigung war in der Regel zeitlich unbefristet und lief erst aus, wenn die Lagerstätte erschöpft war. In bestimmten Fällen war aber auch eine Befristung auf zwischen zehn und fünfzig Jahren möglich. Diese Art der Berechtigung ist zu vergleichen mit einem Zeitpachtvertrag. Damit auch bei zeitlich befristeten Verleihungen kein Raubbau betrieben wurde, unterlagen diese Baufelder einer besonderen Aufsicht durch das Bergamt. Lies sich ein Muter trotz der Befristung ein Vorzugsrecht auf Vertragsverlängerung eintragen, so wurden diese Gruben betrachtet als wären die Felder unbefristet verliehen, da man in diesem Fall davon ausging das die bergmännische Sorgfalt bei der Ausbeutung der Lagerstätte gewahrt wurde.

Eine dritte Variante war die Verleihung mit Bedingungen, die sogenannte Bergbauberechtigung auf Widerruf. Hier wurden dem Besitzer der Grube bei der Bergbauberechtigung bestimmte Bedingungen schon mit der Verleihung auferlegt. Befolgte er diese Bedingungen nicht war das Bergamt befugt dem Besitzer die Bergbauberechtigung zu entziehen. Damit hier keine Willkür geschah war der Bergamtsleiter dazu angehalten dieses erst nach sorgfältiger Überprüfung zu tätigen.

Unterschiede der Rechtsbegriffe

In der Regel waren die Begriffe Beleihung, Verleihung und Bestätigung in den Berggesetzen als gleichbedeutend eingestuft. In einigen Bergbaurevieren, insbesondere in besonders großen, unterschied sich die Verleihung von der Bestätigung. Da der Bergmeister nicht stets unmittelbar die einzelnen neu gemuteten Lagerstätten befahren konnte, hatte er ihm untergeordnete als Leiher. Diese befuhren die Gruben und verliehen die Baufelder. An bestimmten Diensttagen des Bergmeisters brachten sie die Verleihungen dem Bergmeister zur Anzeige und dieser erteilte darauf dann die Bestätigung.

Eine weitere Unterscheidung gab es in einigen Bergbaurevieren nach der Art der bergmännischen Tätigkeit. Je nach Art der Tätigkeit wurde unterschieden zwischen der Verleihung und der Concession. Von der Sache her sind beides Genehmigungen die ein Bergwerkseigentum begründen. Während bei der Verleihung der Antragsteller das Eigentumsrecht und die Genehmigung im vollen Umfang für den Abbau und die weitere Verwendung aller Bodenschätze erhielt, war die Concession nur auf einen Teilbereich des Bergwerks begrenzt. Durch die Concession wurde dem Belehner das Recht gewährt einen abgesonderten Bau z.B. einen Hilfsschacht oder einen Hilfsstollen aufzufahren, um für eigene oder fremde Bergwerke notwendige Maßnahmen, die für den Bergwerksbetrieb erforderlich waren, zu ermöglichen. Diese Dienstleistungen konnten unter anderem die Bewetterung der Grubenbaue oder die Wasserhaltung sein. Auch die Förderung der nutzbaren Mineralien, des Materials oder der Abraumberge fielen unter die Genehmigung durch eine Concession.[4]

Heutige Regelungen

Auch im modernen Bergbau ist die Verleihung in den Berggesetzen geregelt. In Deutschland gelten hierfür die Vorschriften des Bundesberggesetzes (BBergG). Durch die bergbehördliche Verleihung wird geregelt aber auch kontrolliert, in welchem Gebiet ein Berechtigungsinhaber welche bergfreien Bodenschätze aufsuchen und abbauen darf. Zwar ist der Formalismus heute nicht mehr so streng geregelt wie im frühen Bergbau, doch auch heute noch bedürfen Anträge auf Erteilung einer Bergbauberechtigung der Schriftform. Die dafür erforderlichen Richtlinien sind bundeseinheitlich durch die zuständigen Länderministerien geregelt.

Bei den Berechtigungsformen wird unterschieden zwischen der Erlaubnis und der Bewilligung. Es gelten aber auch teilweise noch in bestimmten Bereichen alte Rechte, diese sind aus dem altem preußischen Bergrecht übergeleitete Berechtigungsformen.[5]

Literatur

  • Christian Heinrich Gottlieb Hake: Commentar über das Bergrecht. Kommerzienrath J.E. v. Seidel Kunst und Buchhandlung, Sulzbach 1823
  • Otto Freiherr von Hingenau: Handbuch der Bergrechtskunde. Verlag Friedrich Manz, Wien 1855

Einzelnachweise

  1. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871
  2. Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7
  3. Georg Agricola: Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen. Viertes Buch Von den Grubenfeldern und von den Ämtern der Bergleute. In Kommission VDI-Verlag GmbH, Berlin
  4. Gustav von Gränzenstein: Das allgemeine österreichische Berggesetz vom 23. Mai 1854 und die Verordnungen über die Bergwerksabgaben. Verlag von Friedrich Manz, Wien 1855
  5. Bergbauberechtigungen

Weblinks


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