- Willy Gebhardt
-
Willy Gebhardt (* 20. Juni 1901 in Niedersynderstedt; † 12. Mai 1973) war ein deutscher Redakteur, Parteifunktionär der KPD, Buchenwald-Häftling, Thüringer Innenminister und Ratsvorsitzender des Bezirks Erfurt.
Leben und Wirken
Gebhardt war der Sohn eines Schlossers und Kraftfahrers. Nach der Volksschule besuchte er eine gewerbliche Fortbildungsschule. Danach trat er eine Lehre zum Schlosser an und arbeitete auch in diesem Beruf. Als Heranwachsender wurde er Mitglied in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ). Kurz nach der Novemberrevolution trat er der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) bei, wechselte aber vier Jahre später zur Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) über. In Jena wurde er bei dem linksgerichteten Blatt „Neue Zeitung“ Volkskorrespondent. Im Jahre 1930 wurde er Lokalredakteur dieser Zeitung. Aber schon im März wurde er vom Reichsgericht Leipzig wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einem Jahr Festungshaft verurteilt, die er in Gollnow verbrachte. Nach einer weiteren Verhaftung und seiner nachfolgenden Entlassung betätigte er sich als Parteieinstrukteur. Besonders engagierte er sich im Proletarischen Freidenker-Verband von Thüringen. Nach dessen Verbot durch die Baum-Frick-Regierung (erste Landesregierung mit einer Beteiligung der NSDAP) wurde er Organisationssekretär der Suhler KPD. Erneut verhaftet, wurde er 1933 in das „frühe“ KZ Bad Sulza verbracht und erst im darauffolgenden Jahr wieder entlassen. Seither musste er unter strenger Polizeiaufsicht leben, arbeitete als Bauarbeiter und Hilfsmonteur, beteiligte sich aber trotzdem weiter an illegaler Parteiarbeit. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er ins KZ Buchenwald verschleppt.[1]
Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus organisierte er den Neuaufbau der KPD in Jena. In dieser Zeit war er als Betriebsratsvorsitzender des Elektrizitätswerks tätig. Seit 1946 war er Sekretär der KPD- und nach der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED auch der SED-Kreisleitung Jena-Land, zugleich für Stadtroda. Hier wurde er später auch Landrat. Im Jahre 1947 wurde er zum Innenminister des Landes Thüringen bestimmt und war nach der Auflösung der Länder 1952 zehn Jahre lang Vorsitzender des Rates des Bezirks Erfurt. Während dieser Zeit absolvierte er ein Fernstudium an der SED- Parteihochschule Karl Marx. Gebhardt war auch Abgeordneter des Bezirkstages und Bezirksvorsitzender der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF).
In seiner Zeit als Thüringer Innenminister schaltete er sich helfend ein in die Verwirklichung des Projektes zur Errichtung einer „Nationalen Mahn- und Gedenkstätte“ beim ehemaligen KZ Buchenwald.[2]. Er war verantwortlich für die Umsetzung der Aktion Ungeziefer in Thüringen. Seine handschriftliche Notiz an Otto Funke über die Anzahl der an der Innerdeutsche Grenze zwangsumgesiedelten Menschen „Otto diese Zahlen hat eben Gen. König durchgegeben. Das wäre das Ergebnis der Kommissionsarbeit zur Beseitigung des Ungeziefers.“ wird vielfach als Ausdruck der menschenverachtenden Sichtweise der DDR-Führung beschrieben.[3]
Literatur
- Steffen Kachel: Ein rot-roter Sonderweg? Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen 1919 bis 1949, = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe Band 29, S. 550
Einzelnachweise
- ↑ Online-Version von „Wer war wer in der DDR?“
- ↑ Heinz Koch/Udo Wohlfeld: Das deutsche Buchenwaldkomitee. Die Periode von 1945 bis 1958, = Schriftenreihe "gefunden" Heft 7 der Geschichtswerkstatt Weimar-Apolda, S. 34ff., ISBN 3-935275-14-5
- ↑ Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien: Der totgeschwiegene Terror - Zwangsaussiedlung in der DDR, Seite 18
Land Thüringen (1920–1952): Carl Eduard Freiherr von Brandenstein | Karl Hermann | Georg Sattler | Arnold Paulssen | Karl Riedel | Wilhelm Frick | Erwin Baum | Fritz Sauckel | Fritz Wächtler | Walter Ortlepp | Ernst Busse | Werner Eggerath | Willy Gebhardt
Freistaat Thüringen (seit 1990): Willibald Böck | Franz Schuster | Richard Dewes | Christian Köckert | Andreas Trautvetter | Karl Heinz Gasser | Manfred Scherer | Peter M. Huber | Jörg Geibert
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Gebhardt — ist der Familienname folgender Personen: Anno von Gebhardt (1908–1978), deutscher Kaufmann und Landespolitiker (Hessen) (GB/BHE) Bruno Gebhardt (1858–1905), deutscher Historiker Carl Gebhardt (1881–1934), deutscher Philosoph Eduard Gebhardt… … Deutsch Wikipedia
Willy Multhaup — Willi „Fischken“ Multhaup (* 19. Juli 1903 in Essen; † 18. Dezember 1982) war ein deutscher Fußballtrainer. Willi Multhaup wurde 1965 mit Werder Bremen Deutscher Meister, gewann 1966 mit Borussia Dortmund den Europapokal der Pokalsieger und holte … Deutsch Wikipedia
Karl Gebhardt — Born 23 November 1897(1897 11 23) Died 2 June 1948(1948 06 0 … Wikipedia
Fred Gebhardt — (* 27. Februar 1928 in Bayreuth; † 15. August 2000) war ein deutscher Politiker und Bundestagsabgeordneter. Leben Fred Gebhardt besuchte ab 1934 die Grund und Aufbauschule in der Oberstufe und schloss 1945 mit dem Notabitur ab. Von 1947 bis 1959… … Deutsch Wikipedia
Liste der Mitglieder des Landtages (Land Thüringen) (6. Wahlperiode) — Diese Liste gibt einen Überblick über alle Mitglieder des Landtages des Landes Thüringen in der 6. Wahlperiode (1932–1933). Die Wahl fand am 31. Juli 1932 statt, die Wahlbeteiligung betrug 85,12 %.[1] Sitzverteilung Partei Stimmenanteil… … Deutsch Wikipedia
Bezirk Erfurt — Basisdaten Bezirkshauptstadt: Erfurt Fläche: 7.349 km² [1] Einwohner: 1.240.400 (1989) [1] … Deutsch Wikipedia
Arnold Rudolf Paulssen — Arnold Rudolf Otto Paulssen (* 25. November 1864 in Sömmerda; † 19. März 1942 in Weimar) war ein deutscher Jurist und Politiker (DDP). Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Beruf 2 Abgeordneter 3 … Deutsch Wikipedia
Eggerath — Werner Eggerath (1950) Werner Eggerath (* 16. März 1900 in Elberfeld; † 16. Juni 1977 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller und Ministerpräsident von Thüringen. Eggerath war 1918 1919 Soldat, kämpfte 1920 in der Roten Ruhrarmee und… … Deutsch Wikipedia
Sauckel — Fritz Sauckel während des Nürnberger Prozesses Villa Sauckel in Weimar Straßenseite … Deutsch Wikipedia
Fritz Wächtler — (* 7. Januar 1891 in Triebes; † 19. April 1945 in Waldmünchen) war NSDAP Gauleiter der Bayerischen Ostmark und SS Obergruppenführer (1944). Leben Wächtler, Sohn ei … Deutsch Wikipedia