Achtzylinder-V-Motor

Achtzylinder-V-Motor
Dieser Artikel behandelt die als V2 bis V20 abgekürzten Motoren. V8 ist auch eine Gemüsesaft-Marke der Campbell Soup Company.
V-Motor eines NSU-Motorrades mit IOE-Ventilanordnung
V2-Motor eines Steherrennen-Motorrades

Der V-Motor (früher auch „Gabelmotor“ genannt) ist ein mehrzylindriger Hubkolbenmotor mit stets gerader Zylinderzahl. Die Zylinder sind auf zwei Zylinderbänke aufgeteilt, die Bänke stehen in einem Winkel zueinander. Neben dem Reihenmotor handelt es sich um eine der verbreitetsten Motorbauarten.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Zylinder sind beim V-Motor in zwei Reihen („Zylinderbänken“) angeordnet. Diese sind um die Kurbelwellenachse zueinander geneigt („Bankwinkel“), in einem Winkel von theoretisch 1° bis 180°. Praktisch ist ein Mindest-Bankwinkel erforderlich, um die Vorteile der V-Anordnung nutzen zu können. Bisher dargestellte Bankwinkel beginnen bei 10°14' im Lancia Appia. Der Bankwinkel wird beeinflusst von der Zylinderzahl (um Massenkräfte niedrig zu halten), bzw. vom verfügbaren Bauraum der vorgesehenen Motoranwendung. Meist werden Winkel zwischen 45° und 90° angewendet. V-Motoren mit sehr kleinem Bankwinkel (< 15°) werden als VR-Motoren bezeichnet, und wurden vereinzelt auch mit ungerader Zylinderzahl gebaut.

Einander gegenüber liegenden Zylinder sind in der Regel leicht seitlich versetzt, die Pleuel sind direkt nebeneinander an der Kurbelwelle auf einem gemeinsamen Hubzapfen gelagert. Eine Anordnung ohne Versatz erfordert aufwendigere und teurere gegabelte Pleuel und wird daher nach Möglichkeit vermieden. Verschiedene Motoren, z. B. der des Lancia Aurelia, vermeiden die gemeinsame Führung von zwei Pleuel auf einem Hubzapfen. Dadurch besitzt jeder Zylinder seine eigene Kurbelwellenkröpfung, der Motor baut dadurch leicht länger.

Bei PKW-Motoren werden aus Gründen der Laufruhe stets gleichmäßige Zündabstände zwischen den Zylindern hergestellt. Diese betragen - als Kurbelwinkel angegeben - 720° geteilt durch Zylinderzahl, da bei zwei Kurbelwellenumdrehungen jeder Zylinder einmal zündet (bei Viertaktmotoren). Bei einem V8 beträgt der Zündabstand also 90°, und bei einem V6 120°. Wenn der Bankwinkel nicht ein Vielfaches des Zündabstandes ist, braucht man unterschiedliche Hubzapfen. Diese können dann entweder direkt nebeneinander sitzen, wenn sie nicht zu stark versetzt sind, oder müssen mit einer Zwischenwange verbunden werden.

Der häufigste Bankwinkel ist 90° für viele V6- und fast alle V8-Motoren. V12 haben fast immer 60°. V6 mit 120°, die nur drei Hubzapfen brauchen würden, gibt es kaum, denn der Motor baut dann sehr breit.

Die Zündapp-Motorradmodelle KS 600 und KS 601 haben V-Motoren mit dem ungewöhnlichen Zylinderwinkel von 170°. Bei einem Zylinderwinkel von 180° spricht man von einem 180°-V-Motor, nicht zu verwechseln mit einem Boxermotor, bei dem jedes Pleuel an einer eigenen Kröpfung gelagert ist und gegenüberliegende Kolben gegenläufig arbeiten.

Sonderfälle

Prinzipskizze Boxer - V180°

Außer dem VR-Motor ist auch der V-Motor mit 180° Bankwinkel ein Sonderfall. Bei der V-Motor typischen Lagerung von zwei Pleuel auf einem gemeinsamen Hubzapfen wird er als „180° V-Motor“ bezeichnet. Sind dagegen die Pleuel von einander gegenüberliegenden Zylindern auf eigenen Kurbelwellenkröpfungen gelagert, die um 180° zueinander versetzt sind, handelt es sich um einen Boxermotor. Aufgrund der Vorteile des Boxermotors gegenüber dem 180° V-Motor ist der letztere die deutlich seltenere Bauweise. Beispiele sind der Ferrari Testarossa oder der Porsche 917. Konstruktiv interessant wird der Vergleich 180° V gegen Boxer beim Zweitaktprinzip. Als Boxermotor hat der Zweitaktmotor den besseren Massenausgleich, aber eine größere Unruhe, da immer zwei Zylinder gleichzeitig zünden und bis zur nächsten Zündung ein größerer Kurbelwinkel besteht. Als 180° V-Motor ist der Massenausgleich zwar nicht optimal, dafür sind die Zündungen gleichmäßiger verteilt.

Bezeichnungen

V-Motoren werden meist mit der Angabe der Zylinderzahl bezeichnet, mit einem vorangestellten „V“ für die Bauform des Motors und angehängter Zahl für die Anzahl Zylinder. „V12“ kennzeichnet somit einen V-Motor mit 12 Zylindern. Bezeichnungen mit vorangestellter Zylinderzahl und nachgestelltem V sind unüblich, da diese Bezeichnungsart in der Regel für Mehrventilmotoren (12V = Motor mit 12 Gaswechselventilen, z. B. Vierzylinder mit zwei Einlass- und einem Auslassventil pro Zylinder) verwendet wird.

Anwendung

V-Motoren erfahren eine vielfältige Anwendung im gesamten Bereich, in dem Verbrennungsmotoren zum Einsatz kommen, besonders dort, wo eine höhere Zylinderzahl erwünscht ist, aber nur begrenzter Bauraum zur Verfügung steht.

Bei Automobilen kommen vorwiegend V6-, V8- oder V12-Motoren zum Einsatz, früher auch V4 (z. B. verschiedene Ford-Modelle) und vereinzelt auch V2 (vorwiegend Kleinstmobile wie z. B. Morgan Threewheeler). In einzelnen PKW-Modellen wie etwa dem Lamborghini Gallardo oder VW Phaeton V10-TDI werden auch V10-Triebwerke eingesetzt - im Motorsport sogar häufiger.

Motorräder verwenden den V-Motor als V2 und seltener als V4 (z. B. Yamaha V-Max, Honda VFR 750 R, Ducati Desmosedici). Bei Auto wie bei Motorrad erreichen die V-Motoranwendungen deutlich geringere Produktionszahlen als Reihenmotoren. Eine Ausnahme stellt hier der Formel 1 Rennsport dar, wo der V-Motor Standard ist.

Berühmt wurde der V-Motor auch in den amerikanischen Muscle-Cars (z. B. Ford Mustang, Pontiac GTO) und den charakterstarken Motorrädern von Ducati, Moto Guzzi, Harley-Davidson sowie früher auch Indian. Die unregelmäßige Zündfolge der V-Motoren trägt bei Motorrädern wesentlich zu deren originellem Laufgeräusch bei.

Im Nutzfahrzeug (Lkw, Omnibus) ist der Anteil an V-Motoren größer, hier werden vorwiegend V6- und V8-Motoren, gelegentlich auch V10-Motoren eingebaut. Bei Schiffs- und Lokomotivantrieben kommen V8-, V12-, V16-, V18- und V20-Motoren zum Einsatz, die V18-Ausführung ist dabei die seltenste Variante. Auch bei Flugzeugen werden V-Motoren verwendet, hier häufig mit obenliegender Kurbelwelle und hängenden Zylindern.

Vor- und Nachteile

Einer der hauptsächlichen Vorteile des V-Motors ist seine geringe Baulänge und die halbierte Anzahl an Kurbelwellenkröpfungen - falls es sich um den Normalfall (s. o.) handelt - im Vergleich zum Reihenmotor. Durch die kompakte Bauweise wird auch etwas Material und damit Gewicht gespart. Ein V12 mit einer sechsfach gekröpften Kurbelwelle ist nur unwesentlich länger als ein Reihenmotor mit sechs Zylindern. Ein V-Motor ist dafür immer aufwändiger als ein Reihenmotor mit gleicher Zylinderzahl, da manche Teile doppelt vorhanden sein müssen (Zylinderkopf, Nockenwelle), und das Kurbelgehäuse eine komplexere Form hat. Zudem erfordert ein V-Motor im PKW fast immer zwei Auspuffstränge, für die auch entsprechend Platz vorhanden sein muss.

Nachteilig ist bei V4- und V6-Motoren der schlechtere Ausgleich von Massenkräften (V4) und Massenmomenten (V4 und V6). V6 werden in PKW oft anstelle von R6-Reihenmotoren eingesetzt, weil sie kürzer sind und nicht so hoch bauen, aber dem stehen die Nachteile von Vibrationen und rauerem Klang bei hohen Motordrehzahlen durch freie Massenmomente gegenüber. Die freien Massenkräfte erster und zweiter Ordnung sind Null, es treten durch die nicht längssymmetrische Kurbelwelle aber freie Massenmomente erster und zweiter Ordnung auf. Durch eine Ausgleichswelle, die entgegen der Kurbelwelle mit gleicher Drehzahl rotiert, kann man das sonst auftretende freie Massenmoment erster Ordnung beseitigen. Weil das verbleibende freie Massenmoment zweiter Ordnung betragsmäßig relativ klein ist und eine Behebung einen übermäßigen Aufwand zur Folge hätte, so wird auf einen Ausgleich verzichtet.

Bei V8-Motoren kann man bereits die Massenkräfte und -momente erster und zweiter Ordnung völlig ausgleichen, falls der Zylinderwinkel 90° beträgt, ebenso beim V12 mit 60° und bei den sehr seltenen V16 mit 45° oder 90°. Dies ergibt einen nahezu vollständigen Massenausgleich und einen sehr ruhigen Lauf. Beim V8 liegen dabei die erste und letzte Kröpfung der Kurbelwelle in einer Ebene, und die mittleren Kröpfungen in einer dazu senkrechten Ebene, weshalb diese Bauweise cross-plane genannt wird. Sie hat den Nachteil, dass die Zündungen, und damit auch die Einlass- und die Auslasstakte, nicht abwechselnd in der linken und rechten Zylinderbank, sondern unregelmäßig erfolgen. Dies ist ungünstig für eine gute Zylinderfüllung und eine gleichmäßige Verteilung des Gemischs bzw. der Verbrennungsluft auf alle Zylinder, was sich durch entsprechende Gestaltung des Ansaugkrümmers aber beherrschen lässt. Auch entsteht dadurch das akustisch markante Auspuffgeräusch („V8-Brabbeln“).

Es gibt auch eine andere V8-Bauform, die diese Nachteile vermeidet. Sie hat eine andere Zündfolge, aber ebenfalls vier Kröpfungen und 90° Zylinderwinkel. Dabei liegen die vier Kröpfungen der Kurbelwelle in einer Ebene (daher der Name flat-plane-Bauweise), wodurch sie günstiger herstellbar ist. Sie ist auch leichter, weil weniger Gegengewichte nötig sind, wodurch zudem der Motor leichter hochdreht. Bei dieser Bauform treten jedoch freie Massenkräfte zweiter Ordnung und somit mehr Vibrationen auf. Sie wird z. B. von Ferrari verwendet.

Literatur

  • Jan Trommelmans: Das Auto und seine Technik. 1. Auflage, Motorbuchverlag, Stuttgart, 1992, ISBN 3-613-01288-X
  • Hans Jörg Leyhausen: Die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk Teil 1. 12 Auflage, Vogel Buchverlag, Würzburg, 1991, ISBN 3-8023-0857-3
  • Gert Hack: Autos schneller machen. 11. Auflage, Motorbuchverlag, Stuttgart, 1980, ISBN 3-87943-374-7
  • Richard van Basshuysen, Fred Schäfer: Handbuch Verbrennungsmotor Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven. 3. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2005, ISBN 3-528-23933-6

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