Moto Guzzi

Moto Guzzi
Moto Guzzi V11 Sport mit Windshield

Moto Guzzi ist ein italienischer Hersteller von Motorrädern. Die Produktepalette umfasste bis Ende der achtziger Jahre Mofas (Guzzino), Motorroller (Galetto), Kleinmotorräder (Cardellino), Dreiräder (Ercole, Mulo) und Motorräder mit Hubraumgrößen zwischen 125 und 1000 ccm. Das Unternehmen gehört seit 2004 zum Piaggio-Konzern und steht unter der Leitung von Roberto Colannino.

Inhaltsverzeichnis

Technik

Moto Guzzi V11 Sport aus 2000 mit Modifikationen an Gabel, Auspuffanlage, und Lackierung

Seit dem Modell V7 von 1966 ist Moto Guzzi bekannt für seine V2-Motoren mit längs liegender Kurbelwelle. Diese Bauweise ermöglicht einen tiefen Schwerpunkt, begünstigt einen Kardanantrieb, da nur ein Winkeltrieb (am Hinterrad) erforderlich ist, und bietet im Vergleich zum Boxermotor eine höhere Schräglagenfreiheit bei ebenfalls vorteilhaftem Massenausgleich. Bei den V-2 setzte man bei der Ventilsteuerung auf eine unten liegende Nockenwelle mit Stößelstangen, erst ab 1999 wurden bei einigen Modellen oben liegende Nockenwellen eingesetzt.

Eine weitere Besonderheit des Herstellers ist das Integralbremssystem, das seit den 1970er Jahren bei den großen Modellen eingesetzt wurde, lange bevor andere Motorradhersteller das ABS einführten: Hierbei werden die linke vordere und die Heck-Bremsscheibe vom Fußhebel, die rechte Scheibe dagegen vom Handhebel betätigt. Erst bei den aktuellen Modellen ab 2006 bietet der Hersteller stattdessen ein elektronisches ABS an.

Geschichte

Moto-Guzzi-Rennmaschinen der 1930er Jahre, 500-cm³-Falcone-Einzylinder

Am 15. März 1921 gründeten der Heeresflieger Giorgio Parodi und sein Freund, der Flugzeugtechniker Carlo Guzzi, mit der finanziellen Unterstützung von Giorgos Vater Emanuele Vittorio Parodi in Genua die „Aktiengesellschaft Moto Guzzi“ mit einem Werk im italienischen Städtchen Mandello del Lario.

Die erste Maschine, die G.P. (Guzzi.Parodi), wurde als Prototyp unter Mithilfe des Schmieds von Mandello im Keller des Hauses Guzzi gebaut. In einer abgespeckten Form wurden bereits im Gründungsjahr 17 Motorräder als Modell „Normale“ gebaut. Wegen der engen Beziehung von Parodi und Guzzi zu Flugzeugen und im Andenken an den dritten im Bund bei der Geburt der Idee, den kurz nach dem Ersten Weltkrieg abgestürzten Giovanni Ravelli, wird als Firmenzeichen ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen verwendet.

Über die Beteiligung am Rennsport wurde die Marke zunehmend bekannt. Höhepunkt war der Gewinn der ersten 500-cm³-Europameisterschaft durch Guido Mentasti im Jahr 1924. Beim in Monza ausgetragenen EM-Rennen belegte man mit der C4V[1] neben Rang eins auch die Plätze zwei und fünf. [2][3]

1925 wurden in Mandello del Lario mit über 300 Mitarbeitern bereits 1200 Motorräder gebaut. Im Jahr 1928 entwickelte Carlos Bruder Giuseppe Guzzi eine zukunftweisende Hinterradfederung. Sie hatte eine Dreiecksschwinge mit einem Federpaket, das längs unter dem Motor lag, und war den damals üblichen Federungen weit überlegen. Die damit neben den Sportmodellen angebotene „G.T.“ fuhr Giuseppe Guzzi bis zum Polarkreis in Norwegen, um deren Zuverlässigkeit zu beweisen. Dies brachte der „G.T.“ den Beinamen „Norge“ ein.

1934 war Moto Guzzi der größte Motorrad-Hersteller in Italien.

Im Jahr 1935 gewann der Ire Stanley Woods auf einer hinterradgefederten 500-cm³-„Bicilindrica“ als erster Pilot auf einer ausländischen Maschine das Senior-TT-Rennen bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man. In der Folgezeit stellten alle Werksrennteams auf hinterradgefederte Modelle um. Auch in der 250er-Klasse sorgte man mit dem italienischen Starpiloten der damaligen Zeit, Omobono Tenni für Furore. 1937 gewann Tenni den Viertelliter-EM-Titel und als erster Ausländer überhaupt mit dem TT-Rennen in der 'Lightweight-Klasse die Tourist Trophy.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren zunächst kleine, billige Transportgeräte zur Massenmotorisierung gefragt.

Moto Guzzi Falcone Turismo, Bj. 1962
Moto Guzzi V7 Special (750 cm³), Bj. 1970

Die rapide zunehmende Nachfrage befriedigte Moto Guzzi mit dem ersten Zweitakter, der „Guzzino“ 65, von der in den ersten drei Jahren 50.000 Stück verkauft wurden. Dieses Motorrad wurde in den 1950er-Jahren als Moto Guzzi Cardellino weiterentwickelt. Als Konstrukteure machten sich Giulio Cesare Carcano, Lino Tonti und Umberto Todero unvergesslich. Daneben wurden ab 1949 auch wieder größere Motorräder mit liegenden Einzylinder-Viertaktmotoren gebaut:

  • 1949 Moto Guzzi Airone, 250 cm³
  • 1949 Moto Guzzi Astore, 500 cm³
  • 1950 Moto Guzzi Galetto, Roller mit 160 cm³
  • 1952 Moto Guzzi Falcone, 500 cm³
  • 1955 gibt es die Moto Guzzi V8, eine Rennmaschine mit V8-Motor

Die späten 1940er- und die frühen 1950er-Jahre stellten für das Unternehmen dank der Rennerfolge in der Motorrad-Europameisterschaft und der neu geschaffenen Weltmeisterschaft eine sehr erfolgreiche Zeit dar. Zwischen 1947 und 1948 gewann der Hersteller vier der sechs ausgefahrenen Europameistertitel. 1949 wurde der Werksfahrer Bruno Ruffo erster 250-cm³-Weltmeister der Geschichte, 1951 wiederholte er den Titelgewinn in dieser Kategorie. In der Saison 1953 errang Fergus Anderson für Moto Guzzi den ersten Fahrertitel in der 350er-Klasse, den er in der folgenden Saison erfolgreich verteidigte. Bis 1957 folgten mit den Piloten Bill Lomas und Keith Campbell drei weitere Titelgewinne. Danach zog sich Moto Guzzi aus dem Rennsport zurück, da in dieser Zeit der gesamte italienische Motorradmarkt in eine existentielle Krise geraten war. Autos waren gefragt, der Absatz von Motorrädern ging rapide zurück. Der Weltmeistertitel 1957 war somit der letzte große Rennerfolg für Moto Guzzi. 1955 starb Giorgio Parodi, 1964 Carlo Guzzi, der nie Anteilseigner von Moto Guzzi war, sondern immer nur „technischer Berater“.

Am 1. Februar 1967 wurde unter dem Namen SEIMM eine neue Gesellschaft gegründet. Es gab wieder neue Moto-Guzzi-Modelle:

  • 1967 Moto Guzzi V7 mit 700 cm³ / 750 cm³-V2-Motor
  • 1968 Moto Guzzi „Nuovo Falcone“ mit 500 cm³-Einzylindermotor
  • 1973 kauft der Konzern De Tomaso Industries Inc. das Unternehmen. De Tomaso übernimmt selbst die Konstruktionsleitung.
  • 1974 Integral-Brems-System für ihre Motorräder, ähnlich dem zwölf Jahre später präsentierten Honda CBS

Der technische Grundstock für die heutigen Modelle wurde bereits Ende der 1950er Jahre gelegt. Damals entwickelte die „arbeitslos“ gewordene Rennabteilung den quer eingebauten 90°-V-Zweizylinder mit längsliegender Kurbelwelle zum Einbau in den neuen kleinen Fiat. Mitte der 1960er Jahre wurde dieses Motorkonzept für eine Ausschreibung eines italienischen Behördenmotorrades reaktiviert, an die Anforderungen eines Motorrades angepasst und mit Kardanantrieb kombiniert. Das charakteristische Merkmal der Moto-Guzzi-Motorräder sind seitdem die V-förmig seitlich aus dem Profil ragenden Zylinderköpfe.

Moto Guzzi California II
Moto Guzzi Cali III

Die beiden Produktlinien unterscheiden Tourenmaschinen, insbesondere mit dem Modell „California“, und sportliche Motorräder wie die „Le Mans“, „Daytona“ und „Centauro“.

Moto Guzzi hatte jedoch immer wieder große wirtschaftliche Schwierigkeiten, bis sich Ivano Beggio als Inhaber von Aprilia im Jahr 2000 entschloss, neben Laverda auch Moto Guzzi zu kaufen und umfassend zu sanieren. Seine erste Entwicklung ist die „Rosso Mandello“, die auf Anhieb Erfolg hat.

Zwischen dem 28. und 30. Dezember 2004 übernahm die Piaggio-Gruppe die Aprilia-Gruppe inklusive Moto Guzzi. Der italienische Motorradpool wurde geboren, Moto Guzzi gehörte jetzt zu einer weltführenden Gruppe, die 1,5 Milliarden Euro umsetzte und einen gesamteuropäischen Marktanteil von 24 Prozent aufwies.

Am 3. März 2005 wurde der 47-jährige Daniele Bandiera als Verantwortlicher für den Neustart von Moto Guzzi verpflichtet. Am 24. März wurde in Mailand das neue Modell Breva 1100 offiziell vorgestellt, mit einigen technischen Neuerungen bei der Kardankonstruktion und dem bewährten luftgekühlten V-Motor, der nun auch die Abgasnorm Euro 3 erfüllt. Produziert wird weiterhin im Werk Mandello, das nun modernisiert ist. Zum Überleben benötigt das Werk etwa 13.000 abgesetzte Motorräder pro Jahr. Moto Guzzi war auf dem besten Weg dies zu erreichen: 2006 wurden über 10.000 Motorräder gebaut, nach 4000 Stück 2004 und 7000 im Jahr 2005. Dazu trägt auch die 2006 in Betrieb genommene neue Motorenfertigung bei, die bei den Feiern zum 85-jährigen Firmenjubiläum erstmals besichtigt werden konnte.

Bildergalerie

Heutige Produktionsmodelle

  • V7 (als Racer, Classic und Café Classic) (744 cm³)
  • Breva 1200 (1.151 cm³)
  • Griso 8V (als 8V und 8V SE) (1.151 cm³)
  • 1200 Sport 4V (78 kW / 106 PS ,1.151 cm³)
  • Nevada (als Classic 750, Anniversario 750 und Aquila Nera) (744 cm³)
  • California (als Vintage, Classic und Aquila Nera) (1.064 cm³)
  • Bellagio (als Bellagio und Bellagio Aquila Nera) (936 cm³)
  • Norge 1200 GT 8V (1.151 cm³)
  • Stelvio 1200 8V (als ABS und NTX ABS) (1.151 cm³)
  • MGS-01 (1.225 cm³)
  • V7 Café-Classic (35 kW / 48 PS / 744 cm³)
  • V7 Classic (35 kW / 48 PS / 744 cm³)
  • V7 Racer (35 kW / 48 PS / 744 cm³)
  • Stelvio 1200 ( 77 kW / 105 PS, 1.151 cm³)
  • Stelvio 1200 NTX (77 kW / 105 PS, 1.151 cm³)

Motorradrennsport

Motorrad-Weltmeisterschaft

Insgesamt konnte Moto Guzzi acht Fahrerweltmeistertitel in der Motorrad-Weltmeisterschaft einfahren.

ItalienItalien Bruno Ruffo (2)

  • Weltmeister in der 250-cm³-Klasse: 1949, 1951

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Fergus Anderson (2)

  • Weltmeister in der 350-cm³-Klasse: 1953, 1954

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Bill Lomas (2)

  • Weltmeister in der 350-cm³-Klasse: 1955, 1956

ItalienItalien Enrico Lorenzetti (1)

  • Weltmeister in der 250-cm³-Klasse: 1952

AustralienAustralien Keith Campbell (1)

  • Weltmeister in der 350-cm³-Klasse: 1957

Motorrad-Europameisterschaft

In der Motorrad-Europameisterschaft gelangen dem Hersteller sieben Fahrertitel.

ItalienItalien Omobono Tenni (2)

  • Europameister in der 250-cm³-Klasse: 1937
  • Europameister in der 500-cm³-Klasse: 1947

ItalienItalien Guido Mentasti (1)

  • Europameister in der 500-cm³-Klasse: 1924

ItalienItalien Riccardo Brusi (1)

  • Europameister in der 250-cm³-Klasse: 1932

ItalienItalien Bruno Francisci (1)

  • Europameister in der 250-cm³-Klasse: 1947

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Maurice Cann (1)

  • Europameister in der 250-cm³-Klasse: 1948

ItalienItalien Enrico Lorenzetti (1)

  • Europameister in der 500-cm³-Klasse: 1948

Literatur

  • Jan Leek: Moto Guzzi - Motorräder seit 1945. Typenkompass. Motorbuch, Stuttgart 2004, ISBN 3613024314

Weblinks

 Commons: Moto Guzzi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Till Schauen: Faszination Technik – Vorkriegs-Hightech vom Allerfeinsten: Moto Guzzi C4V. www.mgcn.nl, 8. August 2001, abgerufen am 4. Mai 2010.
  2. Vincent Glon: L'Histoire de la course moto – Palmarès des Championnats d'Europe (1924–1937 et 1947–1948). racingmemo.free.fr, abgerufen am 4. Mai 2010 (französisch).
  3. Vincent Glon: L'Histoire de la course moto; 5ème partie: Les Grand Prix d'Europe. (1924–1937); 1924. racingmemo.free, abgerufen am 4. Mai 2010 (französisch).

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