Crigler-Najjar-Syndrom

Crigler-Najjar-Syndrom
Klassifikation nach ICD-10
E80.5 Crigler-Najjar-Syndrom
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Das Crigler-Najjar-Syndrom ist eine sehr seltene Erbkrankheit (Prävalenz <1:1 000 000), die vor allem die Leber betrifft. Sie ist nach John Fielding Crigler (*1919) und Victor Assad Najjar (*1914) benannt.

Inhaltsverzeichnis

Pathogenese

Wie beim Morbus Meulengracht wird das Crigler-Najjar-Syndrom durch einen Defekt der Bilirubin-UDP-Glucuronosyltransferase verursacht, die für die Bilirubinausscheidung verantwortlich ist. Der Enzymdefekt ist aber wesentlich stärker ausgeprägt. Man unterscheidet zwei Typen:

  • Crigler-Najjar-Typ I (CN I) wird autosomal-rezessiv vererbt und ist charakterisiert durch das völlige Fehlen des Enzyms. Es kommt unmittelbar nach der Geburt zu einem schweren Ikterus. Die Prognose ist sehr schlecht.
  • Crigler-Najjar-Typ II (CN II; „Arias-Syndrom“) wird autosomal-dominant vererbt[1] und unterscheidet sich vom Typ I dadurch, dass, infolge einer „milderen“ Mutation, eine Restaktivität des Enzyms weiterhin besteht, so dass noch ein Teil des Bilirubins in der Leber konjugiert werden kann und ausgeschieden wird. Der Ikterus manifestiert sich im 1. Lebensjahr. Die Prognose der Betroffenen ist relativ gut.

Pathophysiologie des Typ I

Beim Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 ist die Enzymaktivität gleich null oder nur spurenhaft vorhanden. Es liegen Mutationen in den Exonen 2-5 des UGT1-Gens vor. Je nach Form und Außmaß der Mutation ist so die Glucuronidierung von Bilirubin, Steroidhormonen (v. a. Östrogen) und Medikamenten gestört. Dadurch sind die Konzentrationen des unkonjugierten Bilirubins exzessiv erhöht (> 20 mg/dl). Die sonstigen Leberwerte (Transaminasen, Gamma-GT, Alkalische Phosphatase) sind normwertig, die Histologie unauffällig. Die Galle betroffener Patienten ist nahezu farblos. Die Enzyme der Glukuronidierung lassen sich auch durch die Gabe von potenten Enzyminduktoren (Phenobarbital, Rifampicin) nicht induzieren. Angehäuftes Bilirubin wird nur langsam metabolisiert und in zu geringem Umfang über den Stuhl eliminiert. Im Urin ist kein Urobilinogen nachweisbar.

Pathophysiologie des Typ II

Im Gegensatz zum Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 besteht beim CN-II eine Restaktivität der UDP-Glukuronyl-Transferase von etwa 10 %. Der verantwortliche Gendefekt betrifft ebenfalls das UGT1-Gen (über 10 bekannte Mutationsformen) und kann ähnlich wie beim CN-I auch zur Konjugationsstörung von Hormonen und Medikamenten führen. Der Plasmaspiegel für unkonjugiertes Bilirubin ist beim CN-II nicht so exzessiv erhöht (6–20 mg/dl). Durch eine Enzyminduktion mittels Phenobarbital können Werte auf 3–5 mg/dl erreicht werden. Wie beim CN-I sind auch beim CN-II die sonstigen Leberparameter und die Histologie unauffällig.

Verlauf

Das Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 manifestiert sich unmittelbar nach der Geburt durch eine exzessive Hyperbilirubinämie, die unbehandelt regelhaft zu einem Kernikterus mit gravierenden neurologischen Schäden führt. Daher versterben betroffene Patienten unbehandelt in der frühen Kindheit.

Das Crigler-Najjar-Syndrom Typ 2 verläuft nicht so zerstörerisch. Ein Kernikterus ist selten, die störende Symptomatik eines Ikterus mit Gelbfärbung der Haut und ausgiebigem Juckreiz können die Lebensqualität jedoch stark einschränken.

Therapie

Die Therapie richtet sich nach Typ und Schweregrad der Erkrankung. Insbesondere bei einem CN-I ist die schnelle Einleitung einer Therapie äußerst wichtig. Phenobarbital, als hepatischer Enzyminduktor, kann den Bilirubinspiegel senken, ist aber nicht zur Langzeittherapie geeignet. Als kausale Therapie kommen eine Lebertransplantation oder eventuell eine Hepatozytentransplantation in Frage.

Therapie des Typ I

Die konservative Therapie des Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 stützt sich auf drei Säulen:

Durch diese Therapie kann die Lebenserwartung verlängert und das Eintreten neurologischer Komplikationen verzögert werden.

Eine weitere Therapieoption, die Lebertransplantation, ist möglichst frühzeitig anzustreben. In der experimentellen Phase befindet sich die allogene Transplantation von Leberzellen.

Therapie des Typ II

Die Therapie des Typ II erfolgt durch die einmal tägliche Gabe von Phenobarbital. Durch die Induktion der enzymatischen Aktivität kann die Bilirubinkonzentration im Blutplasma auf unbedenkliche Werte gesenkt werden.

Siehe auch

Liste der Syndrome, Morbus Meulengracht

Einzelnachweise

  1. Herold, Gerd: Innere Medizin - Eine vorlesungsorientierte Darstellung. Herold Verlag, Köln 2009. S. 489
Gesundheitshinweis Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Crigler-Najjar Syndrom — Klassifikation nach ICD 10 E80.5 Crigler Najjar Syndrom …   Deutsch Wikipedia

  • E-80 — E80, etc. bezeichnet als Abkürzung: E80 die Europastraße 80, von Portugal bis Iran Toyota Corolla E80, ein PKW Modell im ICD 10 Code der Medizin einen Komplex von Stoffwechselkrankheiten: Störungen des Porphyrin und Bilirubinstoffwechsels,… …   Deutsch Wikipedia

  • E 80 — E80, etc. bezeichnet als Abkürzung: E80 die Europastraße 80, von Portugal bis Iran Toyota Corolla E80, ein PKW Modell im ICD 10 Code der Medizin einen Komplex von Stoffwechselkrankheiten: Störungen des Porphyrin und Bilirubinstoffwechsels,… …   Deutsch Wikipedia

  • Gelbsucht — Klassifikation nach ICD 10 R17 Ikterus …   Deutsch Wikipedia

  • Verschlussikterus — Klassifikation nach ICD 10 R17 Ikterus …   Deutsch Wikipedia

  • UDP-GT — UDP GT1 A1 Größe 508 Aminosäuren Struktur single pass Membranprotein Bezeichner …   Deutsch Wikipedia

  • UDP-Glukuronosyltransferase — UDP GT1 A1 Größe 508 Aminosäuren Struktur single pass Membranprotein Bezeichner …   Deutsch Wikipedia

  • UDP-Glukuronyltransferase — UDP GT1 A1 Größe 508 Aminosäuren Struktur single pass Membranprotein Bezeichner …   Deutsch Wikipedia

  • UDPGT — UDP GT1 A1 Größe 508 Aminosäuren Struktur single pass Membranprotein Bezeichner …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Syndrome — Diese Seite listet in alphabetischer Reihenfolge und ohne Anspruch auf Vollständigkeit Syndrome und Komplexe aus unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten auf. Bitte nur Verweise auf den tatsächlichen Titel des Beitrags und keine… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”