Seifenoper

Seifenoper

Unter einer Seifenoper (von engl. soap opera, auch im deutschsprachigen Raum häufig als Soap-Opera oder missverständlich als „Soap“ (=Seife) bezeichnet), versteht man regelmäßig – ein- oder mehrmals wöchentlich („Daily Soap“) – gesendete Endlosserien, wie sie vor allem im Fernsehen, aber auch im Hörfunk vorkommen.

Seifenopern dienen vor allem dazu, ein werbefreundliches Umfeld zu schaffen, und sind meist billig produziert. Die Dreharbeiten finden etwa sechs bis acht Wochen vor der Ausstrahlung statt. Das Drehbuch wird meist erst kurz vor dem Dreh fertig und stammt in der Regel aus der Feder mehrerer Autoren.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Typisches und namengebendes Merkmal der Soaps ist, dass sie anfangs überwiegend für Seifenprodukte warben. Sponsoren der frühen US-amerikanischen Soap Operas waren vor allem Waschmittelkonzerne, die ihre Produkte effizient bewerben wollten. Bei den haushaltsführenden Personen, die Seifenwaren einkauften, handelte es sich früher vorwiegend um Hausfrauen. Seifenopern versuchten ursprünglich, diese Hauptzielgruppe vormittags zum Radiohören, bald auch zum Fernsehen zu bewegen, da sie überhaupt nur vormittags die Möglichkeit hatten, solche Serien regelmäßig neben oder bei der Hausarbeit zu verfolgen. Das Konzept basierte auf einer industriegesellschaftlichen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau in den USA in der Mitte des letzten Jahrhunderts, als die Zahl nichtverdienender Hausfrauen auf ihrem Höhepunkt war. Ihr Hauptziel war, in den Werbepausen Werbung für Haushaltsprodukte zeigen zu können, entsprechend entwarf man die Familienserien für die Wünsche und Interessen der weiblichen Hauptzielgruppe.

Um die Werbebotschaften möglichst oft senden zu können, werden Soap Operas täglich bzw. wochentäglich gesendet. Dies bedingt, dass einzelne Folgen ebenfalls fast täglich gedreht werden müssen – im Gegensatz zu Fernsehserien, die in Blöcken bzw. Staffeln produziert und meist nur wöchentlich gesendet werden. Der daraus entstehende Zeit- und Kostendruck führt dazu, dass bei Seifenopern meist auf zeitaufwändige und teure Wiederholungen bei misslungenen Szenen verzichtet wird. Aus denselben Gründen gibt es fast keine Außenaufnahmen. Die am Vormittag im Vergleich zum Abendprogramm deutlich niedrigeren Einschaltquoten führen auch zu niedrigeren Werbeeinnahmen, was wiederum geringere verfügbare Produktionsmittel bedingt. In der Summe führt dies zu einem deutlich schlechteren Qualitätsniveau im Vergleich zu herkömmlichen Serien, die ohne diesen Zeit- und Kostendruck produziert werden können.

Merkmale

Handlung ohne Ende

Das auffälligste Merkmal einer Seifenoper ist, dass sie keinen wirklichen Anfang und kein voraussehbares Ende besitzt im Gegensatz zur Telenovela. Man steigt in einer Daily Soap in eine einfache Handlung ein, um die Charaktere kennen zu lernen. Viele sehen in dieser Handlung keinen Anfang, da diese meistens schon läuft. Im Gegensatz zu anderen Serien, die meist aus in sich abgeschlossenen Episoden bestehen, wird zumindest ein Handlungsstrang in jeder Folge an einem spannenden Punkt offen gelassen. Um den Erzählfluss nicht stocken zu lassen, werden immer mehrere Handlungsfäden in unterschiedlichen Stadien gleichzeitig verfolgt. Die Länge der einzelnen Handlungsstränge kann dabei von einer Folge bis zu mehreren Monaten variieren. Um den Zuschauer zu motivieren, auch die nächste Folge anzusehen, wird der so genannte Cliffhanger eingesetzt – ein meist dramatisches Ereignis am Ende der Folge, dessen Ausgang zunächst offen bleibt.

Erzähltempo und Erzählzeit

Durch die zeitlich sehr dichte Aufeinanderfolge der einzelnen Episoden ist es notwendig, ein sehr langsames Erzähltempo einzuhalten. Auf diese Weise wird es den Zuschauern ermöglicht, der Handlung auch dann noch folgen zu können, wenn sie zuvor einige Folgen verpasst haben. Ein weiteres Merkmal ist die Einhaltung einer Zeitkontinuität. Dies bedeutet aber nicht, dass die Handlungsverläufe in Echtzeit ablaufen. Bei Unter uns erstreckt sich der Ablauf eines Tages in der Regel über maximal drei Folgen (60 Minuten reine Erzählzeit ohne Werbung) während eine 30-Minuten-Folge von Lindenstraße immer morgens beginnt und am Abend desselben Tages endet. Durch das Vermeiden offensichtlicher Zeitsprünge bei den erzählten Geschichten einer Folge wird dem Zuschauer der Eindruck vermittelt, bei allem mit dabei zu sein, was die verschiedenen Figuren erleben.

Zopfdramaturgie

Ein weiteres Merkmal der Soap-Operas ist der dramaturgische Aufbau der einzelnen Sendungen. Mehrere (in der Regel drei bis fünf) Handlungsstränge (auch Storylines genannt) werden gleichberechtigt parallel erzählt. Diese Storylines werden in kleine, etwa gleichlange Sequenzen zerlegt, welche immer abwechselnd gezeigt werden. Jeder dieser Handlungsstränge befindet sich auf unterschiedlichem Entwicklungsniveau: Während ein Strang sich entfaltet, hat der zweite schon in der vorangegangenen Folge begonnen, der dritte strebt seinem Ende zu usw. Entscheidend dabei ist, dass am Ende jeder Folge mindestens ein offener Handlungsfaden übrig bleibt, der die Zuschauer dazu bewegt, die Fortsetzung am nächsten Tag einzuschalten.

Geschichte

Das ursprüngliche Medium des in den USA entstandenen Genres war das Radio. Als erste wirkliche Seifenoper gilt Betty and Bob (erste Sendung am 10. Oktober 1932). Später kamen zahlreiche andere hinzu. Aus dieser Zeit stammt auch der Begriff Seifenoper. Denn die Sponsoren waren vor allem Waschmittelkonzerne, insbesondere die Firma Procter & Gamble, die 1939 allein 22 solcher Radioserien produzierte. Ihren Höhepunkt erreichten die Radio-Seifenopern 1940, als 64 Serien gleichzeitig gesendet wurden.

Die älteste noch laufende Hörfunkseifenoper ist mittlerweile die BBC Radio 4-Serie The Archers.

1947 startete mit A Woman to Remember die erste Fernseh-Seifenoper. Obwohl einige aus dem Radio stammende und für das Fernsehen adaptierte Seifenopern parallel weiter gesendet wurden, war der Niedergang der Radio-Seifenoper nicht aufzuhalten. 1961 stellte CBS die letzte Radio-Seifenoper ein. Die am längsten laufende Seifenoper war Guiding Light (deutscher Titel: Springfield Story), produziert von Procter & Gamble Productions. Sie begann 1937 bei NBC Radio, wechselte 1947 zu CBS Radio und wurde seit 1952 im CBS-Fernsehen weitergeführt. Aufgrund fallender Einschaltquoten wurde die Serie am 18. September 2009 nach 72 Jahren eingestellt. Seit den 1960er-Jahren werden auch in Europa Seifenopern für das Fernsehen produziert. Die erste britische Seifenoper war Coronation Street, die erstmals 1960 gesendet wurde. In ihr wurde erstmals mit der aus der amerikanischen Seifenoper stammenden Tradition gebrochen, die Handlung in einem gutsituierten Milieu anzusiedeln: Coronation Street spielt im Arbeitermilieu. Diesem Beispiel folgten auch weitere britische Seifenopern wie EastEnders und Brookside. In diesem Rahmen wurden auch zunehmend – über die Betroffenheit einzelner Charaktere – politische Fragestellungen in die Handlung einbezogen. Coronation Street ist das direkte Vorbild für die deutsche Serie Lindenstraße.

Forschung

Unter dem Titel „Familiale Lebensformen in Daily Soaps“ untersuchte eine prämierte Arbeit der Publizistikwissenschaft in Mainz das Bild von Familien in den marktführenden Serien Gute Zeiten, schlechte Zeiten und Marienhof: Schließlich hätten Soaps die höchste Programmbindungsrate im deutschen Jugendprogramm und Familiengründungen in Deutschland seien rückläufig. Ergebnis: Vorurteilen entgegen würden Soap Operas vorwiegend ein traditionelles familiales Rollenbild vermitteln. Zum Vergleich: Ein Aufsatz in der Fachzeitschrift „der journalist“ bezog sich auf Seifenopern allgemein, fand allerdings, sie stellten Familien genauso dar, wie sie heute besonders oft sind: Scheidungen, Stieffamilie, Singles usw. Ein Jugendpfarrer weist in seiner Studie darauf hin, dass in den viel gesehenen Seifenopern kein gegenseitiger Respekt zu lernen ist.

Deutschsprachige Seifenopern

Tägliche Soaps

Titel Produktionsfirma Folgen Sender Ausstrahlungsdatum
Gute Zeiten, schlechte Zeiten Grundy UFA 4850+ RTL seit dem 11. Mai 1992
Marienhof Bavaria Fernsehproduktion 4053 Das Erste 1. Oktober 1992 – 15. Juni 2011
Unter uns Grundy UFA 4200+ RTL seit dem 28. November 1994
Verbotene Liebe Grundy UFA 3950+ Das Erste seit dem 2. Januar 1995
Jede Menge Leben Colonia Media 376 ZDF 6. März 1995 – 30. September 1996
So ist das Leben! Die Wagenfelds Bavaria Film, Iduna Film 169 Sat.1 16. Oktober 1995 – 29. Februar 1996
Alle zusammen – jeder für sich Grundy UFA 230 RTL 2 25. November 1996 – 30. Oktober 1997
Geliebte Schwestern Columbia TriStar 250 Sat.1 2. Juni 1997 – 13. Juni 1998
Mallorca – Suche nach dem Paradies Grundy UFA Baleares 200 ProSieben 26. April 1999 – 8. Februar 2000
Alles was zählt Grundy UFA 1300+ RTL seit dem 4. September 2006
Mitten im 8en Producers at Work, Satel Film 56 ORF 1 10. Juni – 29. Juni 2007
Ahornallee Tresor TV 60 RTL 16. April – 15. Juni 2007
Dahoam is Dahoam PolyScreen, Constantin Television 700+ BR seit dem 8. Oktober 2007
112 – Sie retten dein Leben action concept 110 RTL 25. August 2008 – 5. Februar 2009
Eine für alle – Frauen können’s besser Rubicon Filmproduktion, Bavaria Fernsehproduktion 100 Das Erste 20. April – 16. Oktober 2009
Eine wie keine Grundy UFA, Phoenix Film 212 Sat.1, ORF 1 16. November 2009 – 17. September 2010
Best Friends b&b endemol 100 SF zwei seit dem 31. August 2010 (ähnlich der holländischen Produktion 'Spangas')
Hand aufs Herz Producers at Work 234 Sat.1, ORF 1 4. Oktober 2010 – 2. September 2011 (lief ab dem 15. April 2011 als Telenovela)
Herzflimmern – Die Klinik am See Bavaria Fernsehproduktion 130+ ZDF seit dem 4. April 2011

Wöchentliche Soaps

Titel Produktionsfirma Folgen Sender Ausstrahlungsdatum
Lindenstraße Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion 1350+ Das Erste seit dem 8. Dezember 1985
Die Fallers – Eine Schwarzwaldfamilie Südwestrundfunk 600+ SWR seit dem 25. September 1994
Hinter Gittern – Der Frauenknast Grundy UFA 403 RTL 22. September 1997 – 13. Februar 2007
Die Anrheiner Zieglerfilm Köln und Westdeutscher Rundfunk 612 WDR 1998–2011
Ein Fall für die Anrheiner Zieglerfilm Köln und Westdeutscher Rundfunk 2 WDR 1. Mai 2011
Schloss Einstein Saxonia Media Filmproduktion 636+ KI.KA seit dem 4. September 1998
In aller Freundschaft Saxonia Media Filmproduktion 459 + Das Erste seit dem 26. Oktober 1998
Lüthi und Blanc C-FILMS 288 SF 1 10. Oktober 1999 – 13. Mai 2007
Großstadtträume Grundy UFA 18 RTL 8. Mai 2000 – 26. Juni 2000
fabrixx Maran Film 220 Das Erste 24. November 2000 – 17. September 2005
Verschollen teamWorx 29 RTL/ORF 1 13. September 2004 – 7. April 2005
Tag und Nacht C-FILMS 36 SF 1 5. September 2008 – 28. Mai 2009
Klinik am Alex teamWorx 27 Sat.1 29. Januar 2009 – 26. Februar 2009

Andere Beispiele

Titel Originaltitel Sender Land Premiere
Springfield Story Guiding Light CBS USA 30. Juni 1952
Jung und Leidenschaftlich – Wie das Leben so spielt As the World Turns CBS USA 2. April 1956
Coronation Street Coronation Street ITV1 UK 9. Dezember 1960
General Hospital General Hospital ABC USA 1. April 1963
Zeit der Sehnsucht Days of our Lives NBC USA 8. November 1965
Liebe, Lüge, Leidenschaft One Life to Live ABC USA 15. Juli 1968
All My Children All My Children ABC USA 5. Januar 1970
Schatten der Leidenschaft The Young and the Restless CBS USA 26. März 1973
California Clan Santa Barbara NBC USA 30. Juli 1984
Nachbarn Neighbours Seven Network Australien 18. März 1985
Reich und Schön The Bold and the Beautiful CBS USA 23. März 1987

Einzelnachweise


Siehe auch

  • Lakorn (thailändische Variante der Seifenoper)
  • Mobisode

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Seifenoper – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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