Der ewige Jude

Der ewige Jude
Filmdaten
Originaltitel Der ewige Jude
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1940
Länge ca. 65 Minuten
Altersfreigabe FSK Vorbehaltsfilm
Stab
Regie Fritz Hippler
Drehbuch Eberhard Taubert
Produktion Deutsche Film Gesellschaft
Musik Franz R. Friedl
Kamera Albert Endrejat,
Anton Hafner,
Robert Hartmann,
Friedrich-Carl Heere,
Heinz Kluth,
Erich Stoll,
Heinz Winterfeld
Schnitt Hans Dieter Schiller,
Albert Baumeister
Besetzung

Harry Giese: Sprecher

Der ewige Jude ist ein nationalsozialistischer Propagandafilm mit unverhüllt antisemitischer Intention. Der Film kam nach dem ersten Kriegsjahr des Zweiten Weltkriegs im September 1940 in die deutschen Kinos. Er wurde unter der Regie von Fritz Hippler gedreht. Hitler und Goebbels hatten starken Einfluss auf seine Form und seinen Inhalt genommen. Mit diesem Film sollte die deutsche Öffentlichkeit, auf die geplante Ermordung aller Juden (Holocaust), eingestimmt werden.

Dem als Kompilationsfilm im Stile eines Dokumentarfilms produzierten Film ging der ebenfalls antisemitisch motivierte Spielfilm „Jud Süß“ von Veit Harlan voraus. Dieser sollte entsprechende Ressentiments gegen die Juden als vorgeblich schädliche „Rasse“ beim Publikum wecken – Ressentiments, die durch den Film „Der ewige Jude“ mit scheinbar dokumentarischem Charakter untermauert werden sollten.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Der Film lässt sich grob in vier Themengebiete unterteilen:

  1. Aufnahmen aus polnischen Ghettos
  2. Aufzählung und Beurteilung zahlreicher politischer, kultureller und gesellschaftlicher Größen der internationalen Bühne mit jüdischer Herkunft
  3. Religiöse Zeremonien, Religionsunterricht, Gottesdienst, Schächtung
  4. Reichstagsrede Adolf Hitlers, paradierende SA-Männer

Der Film besteht aus einer Aneinanderreihung von Szenen, in denen Juden als sozial niedrigstehendes, kulturloses, parasitäres Volk dargestellt werden. Die Bilder stammen weitestgehend aus polnischen Ghettos; bewusst ausgewählt wurden Personen, die ärmlich gekleidet, teilweise zahnlos und verschmutzt in die Kamera grinsen. Die gezeigten Örtlichkeiten sind dreckig und von Schädlingsinsekten befallen. Die bildlich dargestellte Wanderung der Juden aus Osteuropa wird mit der Wanderung von Ratten verglichen (Auszug aus Originalvertonung):

„Wo Ratten auch auftauchen, tragen sie Vernichtung ins Land, zerstören sie menschliche Güter und Nahrungsmittel. [...] Sie sind hinterlistig, feige und grausam und treten meist in großen Scharen auf. Sie stellen unter den Tieren das Element der heimtückischen, unterirdischen Zerstörung dar – nicht anders als die Juden unter den Menschen.“

Für Inflation und Arbeitslosigkeit in Deutschland werden im Film Juden verantwortlich gemacht. Sie hätten sich in alle Berufszweige eingeschlichen und sich durch Wucher, Gaunereien und Verbrechen am deutschen Vermögen schadlos gehalten (Auszug aus Originalvertonung):

„Auf tausend Berliner Arbeiter kamen nur 2 Juden. Dafür waren Anfang des Jahres 1933 von hundert Staatsanwälten Berlins 15 Juden. Von hundert Richtern waren 23 Juden. Von hundert Rechtsanwälten 49 Juden. Von hundert Ärzten 52 Juden. Und von hundert Geschäftsleuten 60 Juden. Das Durchschnittsvermögen des einzelnen Deutschen betrug 810 Mark. Das Durchschnittsvermögen des einzelnen Juden betrug 10000 Mark.“

Der Wissenschaftler und Physiknobelpreisträger Albert Einstein wird als „Relativitätsjude, der seinen Deutschenhass hinter einer obskuren Pseudowissenschaft versteckt“, bezeichnet. In weiteren Filmausschnitten werden Curt Bois, Charles Chaplin (der kein Jude war), Fritz Kortner, Peter Lorre, Ernst Lubitsch und Rosa Luxemburg als Repräsentanten des „internationalen Judentums“ vorgeführt.

In einer weiteren Szene wird das Schächten einer Kuh durch Juden in allen Details gezeigt. Diese Szene wurde aus einer für Frauen und Kinder gedachten Fassung herausgeschnitten. (Auszug aus Originalvertonung):

„Diese Bilder sind ein eindeutiger Beweis für die Grausamkeit der Schächtmethode. Sie enthüllen zugleich den Charakter einer Rasse, die ihre stumpfe Rohheit unter dem Mantel frommer Religionsausübung verbirgt.“

Es folgt eine Szene vom 30. Januar 1939 im Reichstag, Adolf Hitler verkündet dort die Worte, die den Holocaust einleiten und die mit dem Satz enden:

„Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und somit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa!“

Mit Bildern von jubelnden Deutschen und mannhaften Soldaten endet der Film.

Sprecher des Films ist Harry Giese, der auch als Stimme der „Deutschen Wochenschau“ (1940–1945) bekannt ist.

Zeitgenössische Rezeption

Der Film „Der ewige Jude“ war kein großer kommerzieller Erfolg, obwohl er in vielen Kinos lief, z.B. nach der Uraufführung im "Ufa-Palast am Zoo" am 28. November 1940 in 66 Lichtspielhäusern Berlins. Auch in den von Deutschland besetzten Gebieten wurde der Film gezeigt. Zum Teil wurden Kinobetreiber zur Vorführung verpflichtet. Im Wesentlichen wurde er von Parteianhängern gesehen und in NS-Organisationen wie zum Beispiel der Hitlerjugend vorgeführt. Gleichwohl wurde in der Bevölkerung wegen seiner drastischen Szenen über den Film gesprochen, sodass er von weiten Teilen der Bevölkerung wahrgenommen worden ist.

Situation in der Bundesrepublik Deutschland

Der Vertrieb des Films ist in Deutschland verboten. Aufgrund seiner propagandistischen Wirkung darf er nur in einer speziell kommentierten Fassung (Vorbehaltsfilm) gezeigt werden.

Literatur

  • Mannes, Stefan: Antisemitismus im nationalsozialistischen Propagandafilm. Der ewige Jude und Jud Süß, Teiresias, Köln 1999, ISBN 3-9805860-3-0* Ahren, Yizhak et.al.: Der ewige Jude oder Wie Goebbels hetzte: Eine Untersuchung zum nationalsozialistischen Propagandafilm, Aachen: 1990
  • Hornshøj-Møller, Stig: „Der ewige Jude“. Quellenkritische Analyse eines antisemitischen Propagandafilms. Beiträge zu zeitgeschichtlichen Filmquellen, Bd. 2, Göttingen: Institut für den Wissenschaftlichen Film 1995, 1995
  • Bucher, Peter: Die Bedeutung des Films als historische Quelle: „Der ewige Jude“ (1940), in: Duchardt, Heinz / Schlenke, Manfred (Hg.). Festschrift für Eberhard Hessel zum 75. Geburtstag, München, 1982
  • Hampicke, Evelyn / Loewy, Hanno: „Juden ohne Maske“. Vorläufige Bemerkungen zur Geschichte eines Kompilationsfilmes, „Beseitigung des jüdischen Einflusses...“, in: Antisemitische Forschung, Eliten und Karrieren im Nationalsozialismus, Jahrbuch 1998/1999 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, Fritz Bauer Institut (Hg.), Frankfurt am Main: Campus, 1999
  • Schmitt, Johannes: "Der bedrohte 'Arier'. Anmerkungen zur nationalsozialistischen Dramaturgie der Rassenhetze," Münster, Lit-Verlag, 2010, ISBN 978-3-643-10620-9, Seite 74-85.
  • Wulf, Joseph: Theater und Film im Dritten Reich, Reinbek: Rowohlt, 1966. S. 456-459.
  • Leiser, Erwin: „Deutschland, erwache!“ Propaganda im Film des Dritten Reiches, Reinbek: Rowohlt, 1968
  • Hollstein, Dorothea: Antisemitische Filmpropaganda, München, Pullach: Verlag Dokumentation, 1971

Siehe auch

Weblinks


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