- Deutschbrasilianer
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Deutschbrasilianer (auf portugiesisch wissenschaftlich: teuto-brasileiro oder germano-brasileiro, umgangssprachlich: alemão) werden die Einwohner Brasiliens mit deutschen Wurzeln genannt. Die Einordnung kann nach Sprache, Ethnie, Nationalität oder Geburtsort vorgenommen werden und unterscheidet sich je nach verwendetem Kriterium. Deutschbrasilianer leben hauptsächlich im äußersten Süden und Südosten des Landes in den Staaten Rio Grande do Sul, Santa Catarina, Paraná, São Paulo und Espírito Santo, sind aber teilweise über das gesamte Land verstreut.
Die Zahl der deutschstämmigen Brasilianer wird meist zwischen 2 und 5 Mio. angegeben (Zahlen schwanken sehr stark). Aufgrund von starker Vermischung von Teilen der Deutschbrasilianer wird angenommen, dass bis zu 12 Millionen Brasilianer zumindest teilweise deutsche Vorfahren haben. Etwa 600.000 Menschen (andere Quellen sprechen von 1,5 Millionen) sprechen Deutsch als Muttersprache (haben aber im Allgemeinen auch Portugiesisch als zweite Muttersprache). In Santa Catarina und Rio Grande do Sul stellen Deutschbrasilianer knapp 40 % der Bevölkerung. In einzelnen Städten liegt der Anteil noch deutlich höher.
Deutschbrasilianer sind brasilianische Staatsbürger. Nur eine kleine Anzahl von Personen besitzen die bundesdeutsche oder sonstige Staatsbürgerschaft aus dem deutschen Sprachraum und leben in Brasilien.
Inhaltsverzeichnis
Deutsche Sprache
Die Angaben über die Zahl der Deutschsprachigen schwanken sehr stark. Mindestens eine halbe Million Personen haben Deutsch als Muttersprache. Viele Deutschbrasilianer verstehen Deutsch mehr oder weniger gut, benutzen aber Portugiesisch als Alltagssprache. Der überwiegende Anteil der Deutschbrasilianer spricht kaum noch die Sprache der deutschen Vorfahren.
In Brasilien werden verschiedene deutsche bzw. niederdeutsche Dialekte gesprochen, so z. B. Riograndenser Hunsrückisch, Plautdietsch und Schwäbisch. Vor dem Zweiten Weltkrieg war der Anteil der Deutschsprecher weitaus höher. Mit der Politik des Estado Novo (1937–1954) wurde in Brasilien eine Nationalisierungskampagne durchgeführt und der Assimilierungsprozess gefördert; die Verwendung anderer Sprachen als Portugiesisch war an Schulen und teilweise auch in der Öffentlichkeit nicht mehr gestattet. Als Brasilien auf der Seite der Alliierten in den Krieg eintrat, verschlechterte sich die Situation der deutschsprachigen Bevölkerung weiter, da antideutsche Politik betrieben und die deutsche Sprache verboten wurde. Obwohl das Verbot nicht sehr lange galt, war es doch sehr wirkungsvoll, so dass heute Deutsch meist nur noch im Familien- und Freundeskreis gesprochen wird.
Einwanderung
Deutsche Einwanderung nach Brasilien von 1824 bis 1969
Quelle: Brasilianisches Institut für Geographie und Statistik (IBGE)Jahrzehnt Nationalität 1824–47 1848–72 1872–79 1880–89 1890–99 1900–09 1910–19 1920–29 1930–39 1940–49 1950–59 1960–69 Deutsche 8.176 19.523 14.325 18.901 17.084 13.848 25.902 75.801 27.497 6.807 16.643 5.659 Zu den Deutschbrasilianern werden die Nachkommen ehemaliger muttersprachlich deutsch sprechender Einwanderer (ethnische Deutsche), zumeist aus dem früheren und heutigen mitteleuropäischen deutschen Sprachraum (Deutschland, Österreich, Deutschschweiz, usw., aber auch Russlanddeutsche) gezählt.
Deutsches Erbe
Aufgrund der zunehmenden Assimilation gehen die deutsche Sprache und Kultur in Brasilien langsam aber stetig zurück. Allerdings fließen einzelne Teile der Kultur durch Assimilationsprozesse in die brasilianische Gesellschaft mit ein. Am Bekanntesten ist wohl das Oktoberfest in Blumenau, welches außerhalb Deutschlands das zweitgrößte derartige Fest ist und das zweitgrößte Volksfest in Brasilien nach dem Karneval in Rio sein soll. Aber auch die heute starken Wirtschaftsbeziehungen zwischen Brasilien und Deutschland sind zu einem nicht unbedeutenden Teil auf historische Beziehungen der Deutschbrasilianer mit ihrem ehemaligen Mutterland zurückzuführen.
Heute ist eine zunehmende Vermischung besonders mit Nachfahren anderer europäischer Auswanderer (Portugiesen und Italiener) festzustellen. Insbesondere protestantische Deutschbrasilianer versuchen noch ihr deutsches Erbe teilweise zu bewahren.
Bekannte Deutschbrasilianer
- Guilherme Ahrons, Ingenieur, Schriftsteller
- Paulo Evaristo Arns, Kardinal
- Zilda Arns, Ärztin und Präsidentin der Pastoral da Criança, der Kinderpastoral der katholischen Kirche
- Mario Alberto Bauer, Ex-Rennfahrer, TV-Kommentator/Journalist
- Emílio Henrique Baumgart (auch Emil Heinrich Baumgart)
- D. Joao Becker, Bischof von Porto Alegre
- Tomas Behrend, Tennisspieler
- Lindolfo Bell, Dichter
- Hermann Blumenau, Gründer der Stadt Blumenau
- Clemens Brandenburger, Historiker
- Jörg Bruder, Segelweltmeister
- Gisele Bündchen, Model
- Roberto Burle Marx, Landschaftsarchitekt
- Herbert Caro, Tischtennisspieler, Übersetzer
- Fernando Collor de Mello, Staatspräsident (1990-1992)
- Lucia Meissner Correia, Unternehmerin
- Jose Deeke, Koloniedirektor, Schriftsteller
- Cintia Dicker, Model
- Jacob Dillenburg, Zeitungsredakteur
- Ottokar Doerffel, Koloniedirektor, Journalist, Schriftsteller
- Ursula Dormien, Herausgeberin der Brasil-Post
- Ludwig Engels, Schachmeister
- Hermann Faulhaber, Koloniedirektor
- Erich Fausel, Dichter
- Vera Fischer, Schauspielerin
- Carlos Fouquet, Kulturwissenschaftler
- Eugen Fouquet, Journalist
- Edith Freyse, Schriftstellerin
- Arthur Friedenreich, Fußballspieler
- Hermann Friese, Fußballspieler und Leichtathlet
- Edith Gaertner, Schauspielerin
- Ernesto Geisel, Staatspräsident während der Militärdiktatur (1974-1979)
- Ricardo Gerigk, Architekt
- Astrud Gilberto, Musikerin
- Gertrud Gross-Hering, Schriftstellerin
- Adolf Heinrich Gundlach, Verleger
- Norberto Haetinger, Arzt
- Christian Maicon Hening, Fußballspieler
- Elly Herkenhoff, Schriftstellerin
- Wladimir Herzog, Student getötet während der Militärdiktatur
- Ana Hickmann, Fernsehmoderatorin
- Ingo Hoffmann, Rennfahrer, 12facher brasilianischer Meister
- Cláudio Hummes, Kardinal
- Carlos Henrique Hunsche, Historiker
- Andreas Rudolf Kisser, Gitarrist der Band Sepultura
- Joseph Kissner, Dichter
- Friedrich Kniestedt, Journalist, Publizist
- Claus Koch, Unternehmer
- Thomaz Koch, Tennisspieler
- Hans-Joachim Koellreutter, Deutscher Komponist
- Carolina von Koseritz, Schriftstellerin
- Karl von Koseritz (auch Carlos Koseritz), Journalist, Politiker
- Gustavo Kuerten, Tennisspieler
- Kevin Kurányi, Fußballspieler
- Maria Lenk, Schwimmerin
- Ludwig August von Sachsen-Coburg und Gotha, Admiral
- Lya Luft, Schriftstellerin
- José Lutzenberger, Politiker, Umweltaktivist
- Josef Mengele, KZ-Arzt
- Jacobina Mentz, Sektenführerin
- Hugo Metzler, Journalist, Verleger
- Ana Cláudia Michels
- Johann Friedrich Theodor Müller, Biologe
- Lauro Müller, Politiker
- Ernesto Niemeyer, Schriftsteller
- Oscar Niemeyer, Architekt
- Hans Nobiling
- Carlos Henrique Oberacker, Historiker
- Norberto Odebrecht, Bauingenieur
- Arno Philipp, Journalist, Politiker
- Balduino Rambo, Naturforscher
- Suzane von Richthofen
- Paulo Rink, Fußballspieler
- Wilhelm Rotermund, Pfarrer, Verleger, Journalist, Schriftsteller
- Eusébio Oscar Scheid, Kardinal
- Robert Scheidt, Segler (zweifacher Olympiasieger und achtfacher Weltmeister)
- Vicente Scherer, Kardinal
- Oscar Schmidt, Basketballspieler
- Hans Stern, Juweilier und Chef des drittgrößten Schmuckkonzerns der Welt
- Helmut Schwarzer, Staatssekretär
- Helmut Sick, Ornithologe
- Carl Weege, Unternehmer
- Pedro Weingärtner, Maler
- Susana Werner, Schauspielerin, Moderatorin
- Theodor Wiederspahn, Architekt
- Xuxa Meneghel, Fernsehmoderatorin und Sängerin
- Janaína Zarrella, geb. Berenhauser, Moderatorin, Schauspielerin und Model
- Zé do Rock, Schriftsteller
- Werner Zotz, Schriftsteller
Siehe auch
- Deutsche Einwanderung in Brasilien
- Deutschsprachige in Lateinamerika
- Deutsche Siedlungen im Ausland
- Brazine, Zeitschrift
Weblinks
- Deutsche Community Florianopolis/Südbrasilien
- Wir Deutschbrasilianer (PDF) (132 kB)
- Deutsch-Brasilianische Gesellschaft
- Brazine e. V.
- Brasilien Portal - deutschsprachige Nachrichten über Brasilien
- Instituto Martius-Staden: deutsche Einwanderung
- Drecksarbeiter und Maden im Speck - Eine deutsch-brasilianische Migrantengeschichte, von Jutta Wasserrab
Kategorien:- Ethnie in Brasilien
- Deutsche Diaspora
- Auslandsdeutsche
- Deutsche Sprache
- Deutsch-brasilianische Beziehungen
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