Auslandsdeutsche

Auslandsdeutsche

Auslandsdeutsche sind Deutsche mit Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Begriffskern und Begriffshof

Auslandsdeutsche im engeren Sinne des Wortes sind die Expatriaten. Gelegentlich werden auch heute noch ethnische Deutsche ohne deutsche Staatsbürgerschaft als Auslandsdeutsche bezeichnet.

Expatriates

Zum einen sind damit Deutsche gemeint, die als deutsche Staatsbürger außerhalb Deutschlands wohnen (Expatriate). Größere Gruppierungen von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit leben derzeit in der Schweiz, in Österreich und in Luxemburg.

Rechtliches

Die Verlegung des Hauptwohnsitzes ins Ausland unter Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit bringt einige Konsequenzen mit sich. Diese sind unter anderem:

  • Für den Reisepass ist nun die deutsche Auslandsvertretung zuständig, in deren Amtsbezirk der Auslandsdeutsche lebt. Eine solche Vertretung kann eine Botschaft sein oder ein Generalkonsulat. Bei Honorarkonsulaten ist die Beantragung üblicherweise nicht mehr möglich.[1]
  • Wahlberechtigt sind Auslandsdeutsche nur dann, wenn sie nach dem 23. Mai 1949 und vor ihrem Fortzug mindestens drei Monate lang ununterbrochen in den heutigen Grenzen Deutschlands gelebt haben. Wahlberechtigte können sich ins Wahlregister des letzten deutschen Wohnsitzes eintragen lassen und per Briefwahl an Bundestags- und Europawahlen teilnehmen.[2] Das Recht zur Teilnahme an regionalen Wahlen ist hingegen an einen Wohnsitz in Deutschland gebunden.
  • Die Gültigkeit des deutschen Führerscheins im Ausland unterliegt der Gesetzgebung des ausländischen Wohnsitzes. Gegebenenfalls muss die Fahrerlaubnis vor Ablauf einer Frist durch eine lokale Version ersetzt oder ergänzt werden. Innerhalb der Europäischen Union ist kein Umtausch erforderlich.
  • Einen Personalausweis können auch Personen ohne Wohnsitz in Deutschland beantragen, allerdings kann die Beantragung nicht bei deutschen Auslandsvertretungen durchgeführt werden, da die Zuständigkeit hierfür bislang bei den Bundesländern lag.[3][4] Seit dem 1. November 2010 übernimmt der Bund die Ausgabe der Personalausweise. Übergangsweise können Auslandsdeutsche bis 31. Dezember 2012 wie bisher nur in Deutschland bei jedem Bürger- beziehungsweise Einwohnermeldeamt einen Ausweis beantragen. Ab dem 1. Januar 2013 übernehmen dann die deutschen Auslandsvertretungen die Ausgabe der Personalausweise für Auslandsdeutsche.[5]

Ethnische Deutsche

Damit sind Deutsche gemeint, die in anderen Staaten ihre Heimat haben, vor allem als seit langem dort ansässige deutsche Minderheit, mit der Staatsangehörigkeit des Landes, in dem sie leben, z. B. Deutsche in Nordschleswig (Dänemark).

Geschichte des Begriffs

Im Rahmen der Gründung des Deutschen Reiches 1871 änderte sich die Bedeutung des Wortes „Deutscher“. Erstmals wurde zwischen Menschen unterschieden, die auf Dauer im Deutschen Reich lebten, und solchen, die ihren Wohnsitz außerhalb seiner Grenzen hatten. Die Idee vom „Auslandsdeutschtum“ bildete eine Art Ersatzgemeinschaft für die, die in Österreich, als deutsche Minderheit in ihren angestammten Gebieten oder als Siedler in den deutschen Kolonien außerhalb der territorialen Nationalgrenzen leben mussten. Oft wurden auch gegen ihren Willen Menschen als „Auslandsdeutsche“ zum „Deutschtum“ gezählt – so sprach man etwa von sogenannten Grenz- und Ferndeutschen –, die endgültig z. B. in die USA ausgewandert waren und die Staatsangehörigkeit ihrer neuen Heimat angenommen und sich kulturell assimiliert hatten, die also allenfalls noch deutschstämmig waren. „Diese imaginierte Nation war zwar de facto weit verstreut und keineswegs zusammenhängend, aber sie war gleichwohl Teil einer integralen, kulturellen Imagination. […] Die Erfahrung einer Zäsur und der tiefen Kluft zwischen Heimat und dem Ausland war hier mit der Überzeugung vereint, dass die kulturell und zunehmend auch völkisch verstandene nationale Identität nicht abgelegt werden konnte.“[6]

Dieses Verständnis schlug sich in der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts von 1913 nieder. Die deutsche Staatsangehörigkeit ging nicht mehr automatisch durch Aufenthalt im Ausland nach zehn Jahren verloren, sondern konnte sogar auf Nachkommen übertragen werden. Dahinter stand der Gedanke, dass deutsche Auswanderer durch Aufenthalte in „Neu-Deutschland“ (gemeint waren hier die deutschen Kolonien) nicht mehr dem „Volkskörper“ verloren gehen, sondern jederzeit in ihre „Ursprungsheimat“, das Mutterland Deutschland, zurückkehren können sollten.

Als „Kolonien“ galten dabei sowohl die bis 1919 vollständig verlorenen Überseegebiete, die unter deutscher Herrschaft standen, als auch die seit dem Mittelalter von Deutschen besiedelten Gebiete in Südost- und Osteuropa mit einer lokalen oder regionalen Mehrheit ethnisch deutscher Bewohner. Sebastian Conrad folgert aus dem die Grenzen des deutschen Staates sprengenden Begriff des ethnischen Deutschen bzw. des „Volksdeutschen“: „Spätestens die hohe Zahl von ‚Aussiedlern‘, die als Folge dieser Bestimmungen in den 1990er Jahren vor allem aus Russland in die Bundesrepublik ‚zurückkehrten‘, demonstrierte die anhaltende gesellschaftliche Relevanz dieser gesetzlichen Regelung und, allgemein gesprochen, der Bedeutung des kolonialen Vermächtnisses in der deutschen Geschichte.“[7]

Durch den Versailler Vertrag gingen Gebiete in das Eigentum von Siegermächten des ersten Weltkriegs über. In diesen Gebieten lebende Deutsche bezeichnete man allgemein als Grenzdeutsche. Im Auswärtigen Amt gab es im „Büro Ribbentrop“ spätestens 1935 die Heß explizit festgelegte Aufgabe der Betreuung des Auslandsdeutschtums (siehe Karlfried Graf Dürckheim).

Die Anwendung des Begriffs Auslanddeutscher auf Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist seit 1945 stark rückläufig. Selbst in der Ära des Nationalsozialismus war er eher auf im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige als auf Volksdeutsche (dieser Begriff wurde seit den 1920er Jahren benutzt und ist heute synonym zu den deutschen Volkszugehörigen) angewendet worden.

Siehe auch

Literatur

  • Tammo Luther: Volkstumspolitik des Deutschen Reiches 1933–1938. Die Auslanddeutschen im Spannungsfeld zwischen Traditionalisten und Nationalsozialisten. Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08535-1
  • Hans-Werner Retterath: Deutschamerikanertum und Volkstumsgedanke: zur Ethnizitätskonstruktion durch die auslandsdeutsche Kulturarbeit. Marburg, Universität, Dissertation, 2000
  • Günther J. Bergmann: Auslandsdeutsche in Paraguay, Brasilien, Argentinien. Westkreuz-Verlag, Bad Münstereifel 1994, ISBN 3-929592-05-3, (Mainz, Universität, Dissertation, 1992 u.d.T.: Bergmann, Günther J.: Das Deutschtum im paraguayisch-brasilianisch-argentinischen Dreiländerbereich des oberen Paraná)
  • Klaus J. Bade: Deutsche im Ausland – Fremde in Deutschland: Migration in Geschichte und Gegenwart. Beck, München 1992. 542 S. ISBN 3-406-35961-2

Einzelnachweise

  1. Auswärtiges Amt: Wie und wo kann ich einen deutschen Pass beantragen?
  2. Auswärtiges Amt: Wahlrecht für Deutsche im Ausland
  3. Bürgerdienste Saar: Personalausweis
  4. Personalausweis ohne Wohnsitz in Deutschland
  5. § 8 Abs. 2 PAuswG und § 35 PAuswG
  6. Sebastian Conrad, Deutsche Kolonialgeschichte, C.H. Beck, München 2008, S. 20 f.
  7. Sebastian Conrad, Deutsche Kolonialgeschichte, C.H. Beck, München 2008, S. 95 f.

Weblinks

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