Die Gartenlaube

Die Gartenlaube
Titelblatt des ersten Heftes der Gartenlaube

Die Zeitschrift Die Gartenlaube - Illustrirtes Familienblatt (später Illustriertes Familienblatt) war ein Vorläufer moderner Illustrierten und das erste große erfolgreiche deutsche Massenblatt. Es erschien ab 1853 in Leipzig im Verlag Ernst Keil. Der erste Herausgeber war bis 1862 Ferdinand Stolle, da Ernst Keil wegen eines Pressevergehens seine bürgerliche Ehrenrechte verloren hatte. Ab 1862 gab er die Zeitschrift selber heraus sie erreichte 1876 unter ihm eine Auflagenhöhe von 382.000 Exemplaren, nach dessen Tod 1878 folgten Ernst Ziel später Adolf Kröner als Herausgeber.

Da Die Gartenlaube sowohl in der gemeinsamen Familienlektüre konsumiert wurde als auch in zahlreichen Leihbibliotheken und Cafés als Auslage zur Verfügung stand, beläuft sich die Schätzung der eigentlichen Leserschaft auf zwei bis fünf Millionen zu ihren Hochzeiten.

Inhaltsverzeichnis

Die Phasen der Gartenlaube

Die Gartenlaube hat in ihren ersten 50 Jahren drei Phasen durchgemacht:

  • Die frühen Jahrgänge bis zur Reichsgründung 1871 schließen an die Tradition der moralischen Wochenschriften an: Unterhaltung und Belehrung sind die beiden Fixpunkte, zwischen denen ein breites Interessenspektrum vermittelt wird. In den Jahren der Reaktion profilierte sie sich im genannten Sinne und trat seit Beginn der 1860er Jahre, durch die radikal-liberale Position des Verlegers Ernst Keil, offen und engagiert für die Gründung eines nationalen Einheitsstaates ein. Die Festigung des bürgerlichen Wertkodex erfolgte durch seine Kontrastierung mit dem Verfall aristokratischer Normen. Bekannt war die Gartenlaube in dieser Zeit für ihre neutrale bis positive Darstellung von Juden, bei der gelegentlich jüdisches Familienleben als nachahmenswertes Beispiel erwähnt wurde.[1]
  • In den Jahren nach der Reichsgründung zeigte sich die Gartenlaube zunehmend als Verfechterin der preußischen Politik. Ihre engagierte und äußerst polemische Beteiligung am Kulturkampf (der durch das von Papst Pius IX. verkündete Dogma der Infallibilität von 1870 ausgelöst wurde) diente der Verteidigung des liberalen Weltbildes im Allgemeinen und unterstützte die Argumente der Nationalliberalen Partei im Besonderen.
  • Die Jahrgänge seit etwa 1880 gleichen nur noch in Format und Titel denen der beiden früheren Phasen, denn Umfang und Inhalt haben sich inzwischen grundlegend geändert. Nach Keils Tod 1878 entwickelte sich Die Gartenlaube unter der Leitung des neuen Verlagsbesitzers und Redakteurs Adolf Kröner zunehmend zu einem konservativen Unterhaltungsblatt. Politische oder religiöse Themen waren nach dieser Neupositionierung tabu, ebenso Ehescheidung oder Selbstmord. Statt einer populären Enzyklopädie formte sich Die Gartenlaube um die Jahrhundertwende in ein unterhaltendes Blatt. Parallel zu diesem inhaltlichen Wandel hatte sich formal im gleichen Zeitraum die Entwicklung von einer Zeitschrift mit einzelnen Illustrationen zur Illustrierten mit zusätzlichem Textteil vollzogen.

1904 wurde der Titel dem Zeitungsverlag des rechtsnationalen August Scherl eingegliedert und kam schließlich 1916 zum Medienimperium von Alfred Hugenberg, einem der Wegbereiter Adolf Hitlers. Die größten Teile seines Pressekonzerns wurden später von NS-Verlagen übernommen, wo das Blatt (seit 1938 mit verändertem Titel Die neue Gartenlaube) bis 1944 weitergeführt wurde.

Die Gartenlaube stellt eine ebenso umfassende wie für viele historische Untersuchungsfelder unverzichtbare Quelle zur deutschen Kulturgeschichte dar, z. B. auch bezüglich der in der Illustrierten veröffentlichten Fortsetzungsromane.

Autoren (Auswahl)

Belege

Literatur

  • Kirsten Belgum: Popularizing the nation. Audience, representation, and the production of identity in "Die Gartenlaube" 1853–1900. University of Nebraska Press, Lincoln, Neb. 1998, ISBN 0-8032-1283-6.
  • Heidemarie Gruppe: „Volk“ zwischen Politik und Idylle in der „Gartenlaube“ 1853–1914. Lang, Frankfurt/M. 1976, ISBN 3-261-01939-5 (Europäische Hochschulschriften/19; Bd. 11)
  • Fayçal Hamouda (Hrsg.) (Hrsg.): Der Verleger Ernst Keil und seine Gartenlaube. Edition Marlitt, Leipzig 2005, ISBN 3-938824-03-4.
  • Undine Janeck: Zwischen Gartenlaube und Karl May. Deutsche Amerikarezeption in den Jahren 1871–1913. Shaker Verlag, Aachen 2003, ISBN 3-8322-1494-1.
  • Marcus Koch: Nationale Identität im Prozess nationalstaatlicher Orientierung, dargestellt am Beispiel Deutschlands durch die Analyse der Familienzeitschrift „Die Gartenlaube“ von 1853–1890. Lang, Frankfurt/M. 2003, ISBN 3-631-51423-9 (Europäische Hochschulschriften/22; Bd. 389)
  • Heide Radeck: Zur Geschichte von Roman und Erzählung in der „Gartenlaube“ 1853 bis 1914. Heroismus und Idylle als Instrument nationaler Ideologie. Universität Erlangen, 1967 (Dissertation).
  • Anne-Susanne Rischke: Die Lyrik in der „Gartenlaube“ 1853–1903. Untersuchungen zu Thematik, Form und Funktion. Lang, Frankfurt/M. 1982 (Europäische Hochschulschriften/1; Bd. 516), ISBN 3-8204-6258-9
  • Hermann Zang: Die „Gartenlaube“ als politisches Organ. Belletristik, Bilderwerk und literarische Kritik im Dienste der liberalen Politik 1860–1880. Roßteuscher, Coburg 1935.
  • Matthias Leupold: Künstlerische Bildfolge zum Ideologiegehalt des vielgelesenen Blattes „Leupolds Gartenlaube – Liebhaberaufnahmen in Erinnerung an ein deutsches Familienblatt 1994“. In: Die Vergangenheit hat erst begonnen. Schaden, Köln 2004, ISBN 3-932187-28-8
  • Alfred Estermann: Inhaltsanalytische Bibliographien deutscher Kulturzeitschriften des 19. Jahrhunderts. Bd. 3. Die Gartenlaube (1853–1880 [–1944]). Saur, München 1995.
  • Heinz Klüter (Hrsg.): Facsimile-Querschnitt durch die Gartenlaube. Scherz, Bern u. a. 1963.
  • Hazel E. Rosenstrauch 1976. „Zum Beispiel Die Gartenlaube“. In: Rucktäschel, Zimmermann (Hrsg.): Trivialliteratur. Fink, München, S. 169–189.
  • Sächsische Keilschrift. In: Der Spiegel. Nr. 16, 1963, S. 67 (online).

Weblinks

 Wikisource: Die Gartenlaube – Quellen und Volltexte
 Commons: Die Gartenlaube – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Liste der Autoren – Quellen und Volltexte
 Wikisource: Liste der Illustratoren – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Hugh McLoad: Secularisation in Western Europe, 1848–1914, European Studies Series, New York 2000, ISBN 0-312-23511-9, S. 102

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