- Die Jahreszeiten (Haydn)
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Das Musikwerk Die Jahreszeiten ist ein Oratorium von Joseph Haydn (Hob. XXI:3).
Inhaltsverzeichnis
Komposition, Premiere und Rezeption
Haydn wurde zur Komposition der Jahreszeiten durch den großen Erfolg seines vorhergehenden Oratoriums Die Schöpfung (1798) angeregt, das zu dieser Zeit in ganz Europa aufgeführt wurde. Wie bei jenem Werk wurde das Libretto zu Die Jahreszeiten von Baron Gottfried van Swieten verfasst, einem österreichischen Adligen, der auch einen großen Einfluss auf Mozarts Karriere gehabt hatte. Van Swietens Libretto war dessen eigene deutsche Wiedergabe eines Auszugs aus dem englischen Versepos von James Thomsons The Seasons.
Die Komposition war mühsam für Haydn, zum einen wegen seiner angegriffenen Gesundheit, zum anderen, weil ihn van Swietens Text nicht überzeugte. Er brauchte zwei Jahre, um Die Jahreszeiten fertigzustellen.
Die Premiere am 24. April 1801 in Wien wurde zwar ein Erfolg, der aber nicht dem der Schöpfung vergleichbar war. Auch in der Folgezeit wurden Die Jahreszeiten deutlich seltener aufgeführt als das frühere Oratorium.
Der Grund für die geringere Beliebtheit wird weniger bei der Musik als beim Libretto gesucht. Oratorien wurden typischerweise zu vermeintlich bedeutsamen Themen geschrieben, zu Episoden und Charakteren aus dem Christentum oder Helden der klassischen, griechischen oder römischen Mythologie. Das Libretto der Jahreszeiten dagegen ist weitgehend deskriptiv auf den Jahres- und Tageskreis bezogen. Lediglich der Finalsatz spricht als wertvoller anerkannte Themen an (die Bedeutung des Lebens, das ewige Leben). Diese Schlusspassagen sind auffallenderweise keine Übersetzungen aus dem Gedicht von Thomson, sondern originale Arbeiten van Swietens.
Die Jahreszeiten entsprechen somit inhaltlich weder einem religiös geprägten Oratorium noch dem Ideal eines Kunstwerks im Geiste der Aufklärung, ihre heiteren wie eindringlichen Naturschilderungen und Verklärungen des Landlebens zeigen vielmehr Einfluss der Philosophie Rousseaus. Die Position Haydns in diesem Spannungsfeld ist nicht letztgültig zu klären. So äußerte sich Haydn ironisch zur Ode an den Fleiß (obwohl er sein ganzes Leben lang fleißig gewesen sei, habe man ihn zum ersten Mal gebeten, einen Chor zum Lob des Fleißes zu schreiben), die eine nüchterne Arbeitsethik verklärt - entsprechende Ironie mag auch in der musikalischen Gestaltung durch ungewöhnliche Stimmführungen erkennbar sein - , andererseits auch humorvoll vergnügt zum Weinfest des Landvolkes („einen so komischen Kontrapunkt und eine so besoffene Fuge habe ich noch nie geschrieben“). Haydns Bezeichnung des Libretto als „französischen Abfall“ ist wiederum ein Indiz für eine Ablehnung der Rousseauschen Thesen, ohne dass damit eine Identifikation mit dem ethischen Geist der Aufklärung, wie er in der Schöpfung stärker hervortritt, belegt wäre.
Besetzung
Die Jahreszeiten ist für ein großes spätklassisches Orchester geschrieben, zumeist vierstimmigem Chor und drei Vokalsolisten, die archetypisch das Landvolk repräsentieren: Simon (Bass), Lukas (Tenor), und Hanne (Sopran). Die Besetzung der Solostimmen ist somit die gleiche wie in der Schöpfung.
Das Orchester besteht aus zwei Flöten (2. auch Piccolo), zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte und Kontrafagott, vier Waldhörnern, zwei (im Schlusschor drei) Trompeten, Kesselpauke, Triangel, Tamburin, zwei Posaunen und Bassposaune sowie dem üblichen Streicherensemble mit erster und zweiter Violine, Viola, Cello, und Kontrabass.
Inhalt
Das Oratorium besteht, korrespondierend zu Frühling, Sommer, Herbst und Winter, aus vier Teilen, mit den üblichen Rezitativen, Arien und Chören
Unter den schwungvolleren Chorsätzen sind ein Jagdlied mit Waldhornklängen, ein Weinfest mit tanzenden Bauern und ein wütender Sturm, wobei die beiden letzteren Elemente wie eine Vorahnung des dritten und vierten Satzes von Beethovens Pastoralsymphonie erscheinen. Lyrischere Passagen sind das Chorgebet für eine reiche Ernte, "Sei nun gnädig, milder Himmel", der sanfte Einbruch der Nacht, der dem Sturm folgt, und Hannes Cavatine auf den Winter.
Die Komposition ist – wie in der Schöpfung – oft illustrativ und tonmalerisch: so pfeift z.B. ein pflügender Bauer bei der Arbeit das bekannte Thema aus Haydns Sinfonie mit dem Paukenschlag, ein von einem Jäger geschossener Vogel fällt auch musikalisch herunter, es wird in strahlendem D-Dur ein Sonnenaufgang geschildert.
Musiknummern
Die Jahreszeiten sind in vier Teile aufgeteilt: „Der Frühling“, „Der Sommer“, „Der Herbst“ und „Der Winter“.
Der Frühling
1. Ouvertüre und Rezitativ - Seht, wie der strenge Winter flieht
Die Einleitung stellt eine Ouvertüre dar, die den Übergang von Winter zu Frühling vorstellt. Anschließend folgt ein Rezitativ für Sopran, Tenor und Bass, in welchem der Frühling angekündigt wird.
2. Komm, holder Lenz
Der Chor des Landvolks bittet um eine baldige Ankunft des Frühlings.
3. Vom Widder strahlet jetzt
Rezitativ des Simon (Bass)
4. Schon eilet froh der Ackersmann
Arie des Simon (Bass)
5. Der Landmann hat sein Werk vollbracht
Rezitativ des Lukas (Tenor)
6. Sei nun gnädig
Terzett und Chor
7. Erhört ist unser Flehn
Rezitativ der Hanne (Sopran)
8. O wie lieblich ist der Anblick
Freudenchor mit abwechselndem Chor der Jugend
9. Ewiger, mächtiger, gütiger Gott
Chor mit Solostimmen
Der Sommer
10. Einleitung und Rezitativ - Im grauen Schleier rückt heran
Mit einer kurzen instrumentalen Einleitung wird der Sommer vorgestellt. Im folgenden Rezitativ begrüßt Simon (Bass) den neuen Tag.
11. Der munt're Hirt versammelt nun
Arie und Rezitativ von Simon (Bass) und Hanne (Sopran)
12. Sie steigt herauf, die Sonne
Terzett und Chor
13. Nun regt und bewegt sich
Rezitativ des Simon (Bass)
14. Die Mittagssonne brennet jetzt
Rezitativ des Lukas (Tenor)
15. Dem Druck erlieget die Natur
Eine Kavatine des Lukas (Tenor)
16. Willkommen jetzt, o dunkler Hain
Rezitativ der Hanne (Sopran)
17. Welche Labung für die Sinne
Arie der Hanne (Sopran)
18. O seht! Es steiget in der schwülen Luft
Rezitativ Simon, Lukas, Hanne
19. Ach, das Ungewitter naht
Chor
20. Die düst'ren Wolken trennen sich
Terzett und Chor
Der Herbst
21. Einleitung und Rezitativ - Was durch seine Blüte
Mit einer kurzen instrumentalen Einleitung wird der Herbst vorgestellt. Im folgenden Rezitativ begrüßen Hanne (Sopran), Lukas (Tenor) und Simon (Bass) die neue Jahreszeit.
22. Den reichen Vorrat führt er nun
Rezitativ des Lukas (Tenor)
23. So lohnet die Natur den Fleiß
Terzett und Chor
24. Seht, wie zum Haselbusche dort
Rezitativ der Hanne (Sopran), des Lukas (Tenor) und des Simon (Bass)
25. Ihr Schönen aus der Stadt
Duett von Hanne (Sopran) und Lukas (Tenor)
26. Nun zeiget das entblößte Feld
Rezitativ des Simon (Bass)
27. Seht auf die breiten Wiesen hin
Arie des Simon (Bass)
28. Hier treibt ein dichter Kreis
Rezitativ des Lukas (Tenor)
29. Hört, hört, das laute Getön
Jagdchor
30. Am Rebenstocke blinket jetzt
Rezitativ Hanne, Simon, Lukas
31. Juchhe! Der Wein ist da
Chor des Landvolks
Der Winter
32-33. Einleitung und Rezitativ - Nun senket sich das blasse Jahr
In der Orchestereinleitung wird das Herannahen des Winters musikalisch dargestellt, es ist ein langsames, düsteres Stück. Dann folgt Rezitativ von Hanne (Sopran) und Simon (Bass)
34. Licht und Leben sind geschwächet
Kavatine der Hanne (Sopran)
35. Gefesselt steht der breite See
Rezitativ des Lukas (Tenor)
36. Hier steht der Wand'rer nun
Arie des Lukas (Tenor)
37. So wie er naht
Rezitativ von Hanne (Sopran), Lukas (Tenor) und Simon (Bass)
38. Knurre, schnurre, knurre
Lied mit Hanne (Sopran) und Chor
39. Abgesponnen ist der Flachs
Rezitativ des Lukas (Tenor)
40. Ein Mädchen, das auf Ehre hielt
Lied mit Hanne (Sopran) und Chor
41. Vom dürren Osten dringt ein scharfer Eishauch
Rezitativ des Simon (Bass)
42. Erblicke hier, betörter Mensch
Arie des Simon (Bass)
43. Die bleibt allein und leitet uns
Rezitativ des Simon (Bass)
44. Dann bricht der große Morgen an
Terzett und Doppelchor
Diskografie (Auswahl)
- 26. Oktober 1994 Joseph Haydn, Die Jahreszeiten
Elfride Trötschel, Walther Ludwig, Josef Greindl, Chor der St. Hedwigs-Kathedrale, RIAS-Kammerchor, RIAS-Symphonie-Orchester Berlin, Ferenc Fricsay
Literatur
- James Thomson, Wolfgang Schlüter: The Seasons/Die Jahreszeiten. Engeler, Weil am Rhein, Basel 2003, ISBN 3-905591-68-5.
- Sabine M. Gruber: Mit einem Fuß in der Frühlingswiese. Ein Spaziergang durch Haydns Jahreszeiten mit Sprachbildern von Nikolaus Harnoncourt. Residenz, St. Pölten, Salzburg 2009, ISBN 978-3-7017-1517-6.
Weblinks
- Libretto
- Noten im International Music Score Library Project
- Die Jahreszeiten: MIDI/MP3-Version, mit Text und Übungsdateien für Choristen
Kategorien:- Werk von Joseph Haydn
- Oratorium
- Weltliches Chorwerk
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