- Dreistrahliges Flugzeug
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Bei dreistrahligen Flugzeugen (engl.: Trijets) sind typischerweise zwei der Strahltriebwerke seitlich am hinteren Rumpf oder unter den Tragflächen befestigt, das dritte Triebwerk ist bei fast allen Modellen unterhalb des Seitenruders angebracht. Im Jahre 2010 sind weltweit etwa 3.200 Trijets im zivilen und etwa 60 im militärischen Bereich im Einsatz, darunter die Standardrumpfflugzeuge Boeing 727, Jakowlew Jak-42 und Tupolew Tu-154, die Großraumflugzeuge DC-10 und MD-11 sowie Geschäftsreiseflugzeuge der Dassault Falcon-Familie.
Inhaltsverzeichnis
Geschichtliche Entwicklung
Dieser Typus war bei Mittel- und Langstreckenflugzeugen während der 1970er- und 1980er-Jahre sehr verbreitet. Anfang der 60er Jahre fand die dreistrahlige Bauweise zunächst Verwendung für größere Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge (Boeing 727, Hawker Siddeley Trident, später auch Tupolew Tu-154). Mit dem Aufkommen der Großraumflugzeuge (Indienststellung der Boeing 747 im Jahr 1970) wurden auch größere Modelle mit drei Triebwerken ausgerüstet. Zwischen dem Beginn der 70er Jahre (Erscheinen der DC-10) und Anfang der 80er Jahre waren die großen, dreistrahligen Muster DC-10 und Lockheed TriStar von aufkommensschwachen Langstrecken nicht wegzudenken und bedienten gleichzeitig insbesondere in den USA stark frequentierte Kurz- und Mittelstrecken. Für die Überquerung von z. B. Ozeanen waren damals zweistrahlige Muster nicht zugelassen (siehe ETOPS) und von drei statt vier Triebwerken versprach man sich größere Wirtschaftlichkeit. Schlossen die dreistrahligen Muster dabei zunächst die Lücke zwischen den kleineren, älteren Vierstrahlern (im Wesentlichen DC-8 und Boeing 707 und der deutlich größeren Boeing 747, bildeten sie mit Ausmusterung der kleineren Vierstrahler den „Unterbau“ der Mittel- und Langstreckenflotten. Mitte der 80er Jahre hatten sich allerdings zweistrahlige Flugzeuge wie die Boeing 767 als derart zuverlässig erwiesen, dass sie auch die Zulassung für transozeanische Einsätze erhielten. Dies war Anlass für die Fluggesellschaften, ihre in die Jahre gekommenen dreistrahligen Großraumflugzeuge durch modernere Maschinen (zunächst Boeing 767, später auch Airbus A330 und A340 und Boeing 777) zu ersetzen, die fast durchweg zwei, seltener vierstrahlig waren. Die Anfang der 90er Jahre als Überarbeitung der DC-10 eingeführte MD-11 konnte sich nicht längerfristig am Markt etablieren. Im Laufe der 80er Jahre verschwand auch die Boeing 727 langsam von den Kurz- und Mittelstrecken.
Dreistrahler heute
Insbesondere in den westlichen Industrieländern sind heute nur noch wenige dreistrahlige Jets im Passagierdienst anzutreffen. Das häufigste Muster ist derzeit noch die MD-11, die noch von einigen Fluglinien betrieben wird. Die älteren DC-10 und Boeing 727 sind dagegen fast völlig von europäischen Flughäfen verschwunden und fliegen in den Passagierversionen heute fast nur noch in der dritten Welt. Sie wurden durch Twinjets ersetzt.[1] Im Luftfrachtbereich sind dagegen noch viele Dreistrahler im Einsatz, da nach ihrer Ausmusterung aus dem Passagierdienst viele DC-10 und insbesondere MD-11 zu Frachtmaschinen umgerüstet worden sind. Gerade der MD-11 kommt als recht modernem, wirtschaftlichen Flugzeug in dieser Hinsicht besondere Bedeutung zu. Größter Betreiber dreistrahliger Flugzeuge ist heute die US-Frachtfluggesellschaft Federal Express, die weltweit die größte Flotte der Muster Boeing 727, DC-10 und MD-11 unterhält. Auch im militärischen Bereich (Fracht-, Truppentransport, Luftbetankung) sind weiterhin dreistrahlige Muster anzutreffen (z. B. KC-10). Allerdings befindet sich heute kein dreistrahliges Passagierflugzeug mehr in Produktion. Neue Modelle werden nur noch im Bereich der Geschäftsflugzeuge (Dassault Falcon 7X und Dassault Falcon 900) gebaut.
Besondere Konstruktionsmerkmale
Dreimotorige Flugzeuge erfordern grundsätzlich die Montage eines Triebwerkes an der Längsachse des Flugzeuges. Dies wirft bei Düsentriebwerken größere konstruktive Probleme auf als bei Propellermaschinen, wo (wie bei der berühmten Junkers Ju-52) das mittlere Triebwerk direkt in die Rumpfnase integriert werden konnte. Bei der Konstruktion dreistrahliger Passagierflugzeuge haben sich im Wesentlichen zwei Grundkonzepte für die Montage des mittleren Triebwerkes durchgesetzt:
- Ein Triebwerk wird im Flugzeugheck montiert und der Lufteinlass befindet sich am unteren Ende der Seitenflosse.
- Das Triebwerk sitzt unter der Seitenflosse in einer Durchgehenden Röhre (Heckgondel) die vor ihr beginnt und hinter ihr endet. Die Positionierung des dritten Triebwerks wird generell als technisch sehr schwierig eingeschätzt.
Der S-förmige Lufteinlass
Bei dieser Bauform (engl. als S-duct bezeichnet) befindet sich lediglich der Lufteinlass am vorderen Rand der Seitenflosse und führt in einem etwa S-förmigen Bogen ins Flugzeugheck, wo das eigentliche Triebwerk montiert ist. Den Auslass der Turbine bildet dann meist die Heckspitze. Das Triebwerk ist in das hintere Ende des Rumpfes integriert. Diese Bauform hat besonders starke Verbreitung gefunden und kommt bei folgenden Passagierflugzeugen zum Einsatz:
- Boeing 727
- Dassault Falcon 50
- Dassault Falcon 900
- Dassault Falcon 7X
- Hawker Siddeley Trident
- Lockheed L-1011 TriStar (größtes je mit S-förmigem Einlass gebautes Flugzeug)
- Tupolev Tu-154
- Jakowlew Jak-40
- Jakowlew Jak-42
Mit Ausnahme der Lockheed TriStar wird der S-förmige Einlass dabei immer mit den beiden anderen Triebwerken am Rumpfheck kombiniert. Lediglich Lockheed entschied sich für eine Montage der beiden verbleibenden Triebwerke unter den Tragflächen. Eine der TriStar vergleichbare Triebwerksanordnung plante Boeing in den 70er Jahren für eine verkürzte, dreistrahlige Variante der Boeing 747, die aber nie realisiert wurde.
Die Heckgondel
Bei der Heckgondel handelt es sich um eine Triebwerksaufhängung, bei der die Seitenflosse komplett auf das Triebwerk aufgesetzt ist. Das mittlere Triebwerk ist dabei auf das Rumpfheck montiert und oberhalb der Gondel befindet sich das Seitenleitwerk. Diese Konstruktion fand im Wesentlichen für die Großraumflugzeuge DC-10 und MD-11 der amerikanischen Firma McDonnell Douglas Anwendung. Das kleine, dreimotorige Passagierflugzeug Britten-Norman Trislander verwendet eine vergleichbare Aufhängung für einen Kolbenmotor, der einen Propeller betreibt.
Weitere Konstruktionen
Nur bei einigen Experimentaltypen (z. B. Sud Ouest SO 9000/9050 Trident I/II[2]) wurde das dritte Triebwerk direkt im Rumpf eingebaut.
Künftige Entwicklungen
Eine künftige Produktion von Trijets im Bereich der Standardrumpf- und Großraumflugzeuge ist sehr unwahrscheinlich. Airbus S.A.S. ließ sich zwar eine Trijet-Konstruktion mit dem dritten Triebwerk in einer Gondel oberhalb des Rumpfhecks und mit einem doppelten Seitenleitwerk im Jahre 2008 patentieren[3], ob dieser Typ allerdings jemals produziert wird, ist sehr ungewiss.
Die Geschäftsflugzeuge Falcon 900 und Falcon 7X von Dassault Aviation werden voraussichtlich auch weiterhin mit drei Strahltriebwerken hergestellt. Neuentwicklungen anderer Hersteller sind momentan nicht angekündigt.
Boeing hat durch die Verschmelzung mit McDonnell Douglas im Jahre 1997 Entwürfe für eine neue Trijet-Familie mit der Bezeichnung MD-XX mitübernommen. Dieses Projekt einer größer dimensionierten und modernisierten DC-10 mit höherer Reichweite wurde allerdings 1996 vorläufig beendet.[4]
Seit 2004 experimentieren Boeing und die NASA mit der Boeing X-48, einem 6,4 m langen unbemannten dreistrahligen Experimentalflugzeug, um die Eigenschaften eines Blended Wing Body (BWB), einer speziellen Form des Nurflüglers, zu erproben.
Die Zukunft der russischen, nicht von Kerosin, sondern von Wasserstoff oder Erdgas angetriebenen Tupolew Tu-155/156 ist unklar.
Klassifizierung dreistrahliger Flugzeuge nach Einsatz, Abmessung und Produktion
Hinweis zur Tabelle: Zum schnellen Überblick sind die im Jahre 2010 eingesetzten Flugzeugtypen hellblau hinterlegt. Die Spalten lassen sich durch Anklicken der kleinen Pfeile in der Überschriftenleiste sortieren.
Flugzeugtyp
[A 1]Bild Produktion (Zeitraum) Stück
Produktion
(2010)
[A 2]Stück einsatz-
fähig (2010)
[A 2]Land
[A 3]Länge
(von–bis)
in m
[A 4]Spannweite
(von–bis)
in m
[A 4]Reichweite
in km
[A 5]Start-
gewicht
in t
[A 6]Bemerkung Boeing 727 1963–1984 1.832 442 Vereinigte Staaten 40–46 m 32 m 4.020 km 95 t Standardrumpf-
flugzeugBoeing C-22[5] 1963–1984 4 [6] 1Vereinigte Staaten 40 m 33 m 3.220 km 77 t militärische Variante der Boeing 727-100/200 Boeing MD-11
(früher: McDonnell Douglas)1988–2000 200 185 Vereinigte Staaten 61 m 51 m 13.000 km 285 t Großraum-Passagier- und Frachtflugzeug Dassault Falcon 50 1976–2008 352 342+ Frankreich 18 m 18 m 6.480 km 18 t Geschäftsreise-
flugzeugDassault Falcon 900 1984– [7] 455+455 Frankreich 20 m 19 m 8.300 km 21 t Geschäftsreise-
flugzeugDassault Falcon 7X 2001– [8] 100+100+ Frankreich 23 m 25 m 11.000 km 31 t Langstrecken-Geschäftsreise-flugzeug, Serienproduktion ab 2005 Hawker Siddeley Trident 1950er–1971 (ca.) 117 -- Vereinigtes Königreich 35–40 m 27–29 m 4.600 km 68 t ursprünglich von de Havilland, Standardrumpf-
flugzeugJakowlew Jak-40 1967–1981 1.011 354 Russland (frühere UdSSR) 20 m 25 m 1.450 km 16 t Kurzstrecken-
verkehrsflugzeugJakowlew Jak-42 Clobber 1979–2002 184 121 Russland (frühere UdSSR) 36 m 34 m 4.100 km 57 t Standardrumpf-
flugzeugJakowlew Jak-141 Freestyle (=Yak-141, Yak-41M) 1987–1991 1 --- Russland (frühere UdSSR) 19 m 10 m 2.100 km 19 t Überschall-VTOL-Kampfflugzeug, Prototyp; 1 Turbofan (Schub), 2 Turbojets (Hub) Lockheed L-1011 Tristar 1970–1984 250 31 Vereinigte Staaten 50–54 m 47–50 m 9.900 km 231 t Großraumflugzeug Martin XB-51 1949 2 -- Vereinigte Staaten 26 m 16 m 1.730 km 28 t Bomber, Prototypen 1952 und 1956 durch Unfälle zerstört McDonnell Douglas DC-10 1968–1988 386 150 Vereinigte Staaten 55 m 47–50 m 7.400 km 251 t Großraumflugzeug McDonnell Douglas KC-10 Extender 1979–1990 60 60 Vereinigte Staaten 55 m 50 m 7.080 km 267 t militärisches Großraumtank- und Transportflugzeug, Variante der DC-10 Sud Ouest SO.9000/9050 Trident I/II [2] 1953–1958 2 --- Frankreich 13 m 7 m 5 t militärischer Experimentaltyp mit zwei Strahl- und einem Raketentriebwerk Tupolew Tu-154 Careless 1968–2006 915 314 Russland (frühere UdSSR) 48 m 37 m 4.000 km 100 t Standardrumpf-
flugzeugTupolew Tu-155 / 156[10] 1988–1989, 2008 1 --- Russland (frühere UdSSR) 48 m 38 m 4.800 km t Varianten der Tu-154 mit Wasserstoff- und Erdgas-Antrieb, Testflüge der Tu-155 in 1989, Tu-156 nicht realisiert, Standardrumpf-
flugzeugSiehe auch
- Einstrahliges Flugzeug
- Zweistrahliges Flugzeug
- Vierstrahliges Flugzeug
- Sechsstrahliges Flugzeug
- Achtstrahliges Flugzeug
Weblinks
- Übersicht der 2008 weltweit eingesetzten Zivilflugzeuge bei Flightglobal (engl.)
- weitere Übersichten bei Flightglobal (engl.)
- Fotosammlung bei Planespotters
- Fotosammlung bei Airliners-Net
- Fachzeitschrift Flightglobal (engl.)
- Fachzeitschrift Aviation Week (engl.)
- Fachzeitschrift Flugrevue
Einzelnachweise
- ↑ vgl. Übersicht in Flightglobal: World Airliners: Good times – Bad times, Oct. 2008 (engl.)
- ↑ a b Artikel SO.9000 Trident in der französischen Wikipedia fr:SO.9000_Trident und in Berger (Hrsg.), 1000 Flugzeuge, Köln, o. J., ISBN 978-3-625-10373-8, S. 327
- ↑ Infos und Skizze in Airbus files patent for new trijet design bei Flightglobal (engl.)
- ↑ s. Artikel MDC postpones MD-XX launch und MDC board termintes MD-XX bei Flighglobal (engl.)
- ↑ Militärische Version: en:Boeing_C-22 (englischer Wikipedia-Eintrag)
- ↑ Übersicht in: Flight International: World Air Forces, 11.–17. Nov. 2008, S. 48–76 (Einleitungund Liste als PDF mit einer englischsprachige Übersicht aller in den Air Forces eingesetzten Flugzeugtypen)
- ↑ gemäß der Übersicht bei flighglobal.com sind davon Ende 2010 22 Stück 900DX und 233 Stück 900EX
- ↑ Dassault teilt die Auslieferung der einhundertsten 7X seit 2005 am 23. November 2010 mit, abgerufen am 1. Juni 2011
- ↑ Foto in der engl. Wikipedia
- ↑ mehr Informationen s. engl. Wikipedia und airwar.ru (engl.)
Anmerkungen
- ↑ Eingeordnet wird das jeweilige Modell unter dem Namen, unter dem es bekannt wurde oder bei aktuellen Modellen, unter dem es aktuell angeboten bzw. von den Herstellern gelistet wird. Ggf. werden mehrere Bezeichnungen aufgeführt, bei Modellen der früheren Sowjetunion, Russlands, Chinas usw. auch die Nato-Bezeichnungen.
- ↑ a b Die Stückzahlen sind meist aus den Übersichten bei flighglobal.com entnommen: business aircraft census 2010, Flight International: "World Airliner Census", 18.–24. Aug. 2009, S. 37–59 und "Directory World Air Forces", 15.–21. Dez. 2009, S. 31–53. In den Übersichten sind alle Ende 2010 im Einsatz befindlichen Flugzeuge einschließlich vorübergehend stillgelegter ("geparkter") Exemplare zusammengefasst mit Ausnahme der von Leasingfirmen betriebenen Flugzeuge. Die insgesamt produzierten Stückzahlen sind teilweise nicht veröffentlicht und werden soweit möglich anderen Quellen, z. B. der engl. Wikipedia oder anderen Statistiken aus Flight International und Aviation Week, entnommen. Die Übersichten sind z. B. online bei Flightglobal als PDF (engl.) abrufbar.
- ↑ Land bzw. Länder mit dem Sitz des bzw. der Hersteller-Unternehmen. Bei Kooperationen, z. B. EADS/Airbus werden alle direkt beteiligten Länder aufgeführt. Bei den Ländern des früheren Ostblocks wird bei Produktion vor 1990 ggf. die frühere UdSSR zusätzlich aufgeführt.
- ↑ a b Die Längen- und Spannweitenangaben sind kaufmännische gerundet auf Meter, um die Tabelle übersichtlich zu halten. Unterschiedliche Größen bei Varianten eines Modells: von–bis m, bei Schwenkflügelflugzeugen: maximale/minimale Größe.
- ↑ Die vom Hersteller als normal angegebene maximale Reichweite in Kilometer bei üblicher Zuladung, leistungsfähigstes Modell des Typs ohne Berücksichtigung von Zusatztanks, außer ggf. bei speziell aufgeführten ER-Modellen (extended range = vergrößerte Reichweite) in Kilometern, ggf. gerundet
- ↑ Bruttogewicht, nach Herstellerangaben in metrischen Tonnen, leistungsfähigstes Modell des Typs, ggf. gerundet, militärische Modelle inklusive Waffenlast.
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