- Eisenbahnstrecke Jaffa - Jerusalem
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Bahnstrecke Jaffa–Jerusalem Spurweite: 1000 / 1050 / 1435 mm Maximale Neigung: 26,8 ‰ Minimaler Radius: 100 m Geografische Daten Kontinent Asien Land: Israel Streckendaten Legende0,0 Jaffa 3,7 Sarona von Tel Aviv haHagana und Tel Aviv haSchalom 4,2 Tel Aviv Darom 5,0 Kfar Habad 5,5 nach Ben-Gurion-Flughafen 11,0 von Sarafand Safiriyeh von Tulkarem 1915 17,0 0,0 Lod / Lydda nach al-Qantara (Ägypten) 1918 2,5 Ramleh West 3,4 Ramleh Ost 11,5 Na’an nach Be'er Schewa 1915 16,9 (Wadi) Surar 18,2 as-Sadschad Nahal Sorek / Artuf 31,2 Bet Schemesch Anschluss: Schimschon-Zementfabrik Dair al-Ban Dair asch-Schaich 44,4 Bar Gijora 56,8 Bittir 63,0 Jerusalem-Bibelzoo 64,0 Jerusalem-Malcha 67,5 Jerusalem Die Eisenbahnstrecke Jaffa–Jerusalem war die erste Eisenbahnstrecke auf dem Gebiet des heutigen Staates Israel. Sie verband den Hafen Jaffa mit Jerusalem.
Inhaltsverzeichnis
Anfänge
Die Initiative, die zu der dann maßgeblichen Konzession der osmanischen Regierung in Istanbul vom 28. Oktober 1888 führte, ergriff der in Jerusalem lebende deutsch-schweizerische Bankier J. Frutiger. Aus juristischen Gründen – weil er osmanischer Untertan war – trat offiziell der jüdische Geschäftsmann Joseph Navon aus Jerusalem auf. Da das nötige Kapital weder im Land noch durch deutsche Geldgeber aufzutreiben war, wurde die Konzession an eine französische Finanzgruppe verkauft. Diese gründete im Dezember 1889 die „Société du Chemin de Fer Ottoman de Jaffa à Jérusalem et Prolongements“ (J & J). Joseph Navon arbeitete später als Angestellter der J & J in Paris, wo er 1934 starb.
Die europäischen Geldgeber setzten auf Tourismus, auf Pilger, da der reine Binnenverkehr des Landes keinen rentierlichen Betrieb versprach.
Baubeginn war der 31. März 1889. Die Leitung wurde dem Schweizer Eberhard übertragen. In französischer Tradition wurde die Spurweite von 1000 mm gewählt. Oberstes Gebot der Investoren war es, billig zu bauen. So wurden Kunstbauten, trotz der Judäischen Berge, die die Topografie der Linie in ihrer östlichen Hälfte bestimmen, weitgehend vermieden. Es gibt keine Tunnel. Die längste Brücke war eine Stahlkonstruktion von 30 m Spannweite. Mit 26,8 Promille Steigung in bergigem Gelände und einem Halbmesser von 100 m war das Ergebnis für eine Schmalspurbahn gleichwohl nicht schlecht und spricht für das Können ihrer Erbauer. Der Abschnitt Jerusalem – Bet Schemesch ist landschaftlich außerordentlich schön. Die Strecke folgt dem Sorek-Tal. Der Oberbau wurde aus Kostengründen ebenfalls sehr leicht gehalten. Bauholz gab es im Land kaum. Selbst Schwellen mussten aus Europa importiert werden. Das erfolgte über den damals recht primitiven Hafen von Jaffa, in dem Schiffe nur mit Leichtern entladen werden konnten. Zeitweilig wurde für den Eisenbahnbau ein Landesteg errichtet und betrieben, zwischendurch aber auch von einem Sturm wieder weggerissen. Alles Material bis hin zu den Lokomotiven musste so ins Land gebracht werden.
Erste Fahrzeuge
Die drei ersten Lokomotiven wurden bei Baldwin in den USA hergestellt und kamen schon während der Bauarbeiten zum Einsatz. Es waren Schlepptender-Lokomotiven, Jahrgang 1890, Achsfolge 1'C. Sie waren mit dem für amerikanische Lokomotiven typischen Beiwerk ausgestattet: Kuhfängern, Glocken und Funkenfängern am Schornstein und fuhren unter den Namen Jerusalem, Jaffa und Ramla. 1892 kamen anlässlich der Betriebsaufnahme der Gesamtstrecke zwei weitere, baugleiche Lokomotiven hinzu, die Lydda und die El Jejed. Alle wurden im Ersten Weltkrieg, noch unter osmanischer Regie, auf 1050 mm umgespurt und im Laufe der Kampfhandlungen des Ersten Weltkrieges zerstört. Nur Nr. 3 (Ramla) überlebte die Kampfhandlungen bis 1930, nachdem sie mit dem der Lok 4 entnommenen Kessel repariert worden war.
Auch die ersten Personenwagen, Großraum-Durchgangswagen mit hölzernen Wagenkästen, offenen Plattformen und zweiachsigen Drehgestellen, waren vermutlich amerikanischer Herkunft. Von den beiden Wagenklassen war die untere spartanisch: Hölzerne Bänke reihten sich entlang der Längswände. Frauen fuhren in getrennten Abteilen.
Das neue Jahrhundert brachte dann leistungsfähigere Maschinen: Die in Berlin bei Borsig gebauten Mallet-Lokomotiven B'B waren 34 t schwer. 1904, 1908 (2) und 1914 wurden insgesamt vier geliefert. Sie erhielten die Namen Bittir (Nr. 6), Deir-a-Ban (Nr. 7) und vielleicht Deir-esh-Sheik. Die vierte wurde aufgrund des Kriegsausbruchs in Alexandria von der englisch/ägyptischen Verwaltung beschlagnahmt. Alle ausgelieferten Lokomotiven wurden während des Ersten Weltkrieges auf 1050 mm umgespurt und beim Rückzug der osmanischen Truppen mit nach Norden genommen. Sie gehörten nach dem Krieg zum Fuhrpark des syrischen Teils der Hedschasbahn.
Betrieb
Im April 1891 wurde als erstes Teilstück die Strecke Jaffa–Ramla (23 km) in Betrieb genommen, im Dezember lief der Betrieb bis Deir a Ban und am 27. August 1892 erreichte der erste Personenzug Jerusalem.
Die Eisenbahn hatte einen nachhaltigen Entwicklungsschub für Jerusalem zur Folge. Nach 10 Jahren hatte sich dessen Einwohnerzahl verdoppelt und – da die Landwirtschaft in der Umgebung Jerusalems schon zuvor kaum für die Versorgung der Stadt ausgereicht hatte – wurde auch weitgehend mit der Eisenbahn versorgt. Die Bahn führte zudem die europäische Zeitmessung in Jerusalem ein. Anfangs verkehrte ein Zugpaar pro Tag, später waren es zwei.
Insbesondere dem unzureichenden Schienenmaterial soll es zuzuschreiben sein, dass die Betreiber anfangs wenig Freude an der Bahn hatten. Die Störfälle – meist Entgleisungen in den Kurven – häuften sich. Reparaturen fraßen den schmalen Gewinn auf. Die Bahn befand sich des Öfteren in finanziellen Schwierigkeiten und stand mehrmals vor dem wirtschaftlichen Aus. Passagiere klagten über die Unzuverlässigkeit des Betriebes. Statt der im Fahrplan angegebenen Fahrzeiten von drei Stunden waren die Züge meist sechs bis neun Stunden auf der 87 km langen Strecke unterwegs. 1894 musste der Verkehr für kurze Zeit sogar eingestellt werden. Ein anderes Problem stellten die saisonalen Schwankungen im Passagieraufkommen dar. Der Pilger- und Touristenverkehr konzentrierte sich auf das Frühjahr, so dass die meisten 1.-Klasse-Wagen 9 Monate im Jahr ungenutzt herumstanden. Gleichwohl konnten den Aktionären 1901 5½ % Dividende gezahlt werden, der Umsatz betrug 1,5 Mio. französische Franc.
Erster Weltkrieg
Während des Ersten Weltkrieges wurde der Betrieb der Strecke zunächst der Hedschasbahn übertragen, die wiederum unter osmanischer Militärverwaltung stand. Die Hedschasbahn war mit einer Spurweite von 1050mm angelegt. Für die osmanische Offensive Richtung Suezkanal wurde deren Strecke von Haifa aus nach Süden vorangetrieben und nutzte zwischen Lod und Nahal Soreq (Wadi es Sarar) die Trasse der J & J, die zu diesem Zweck erst auf diesem Teilstück, später vollständig bis Jerusalem, auf 1050 mm umgespurt wurde.
Noch während des Krieges – aber schon unter englischer Besetzung – wurde begonnen, die Bahn auf Normalspur umzustellen, da sie kriegsbedingt sehr stark beansprucht war und der Schmalspurbetrieb nicht ausreichend erschien. Dies geschah von Lod aus zunächst mit einem Dreischienengleis, das bis Artuf führte. Diese Arbeiten waren innerhalb eines Monats Ende März 1918 beendet. Ende April wurde der Rest der Strecke in Angriff genommen. Der Verkehr wurde täglich für 8 Stunden unterbrochen. Jeweils ein entsprechendes Stück der Schmalspur wurde herausgerissen, der Oberbau erneuert, die Gleise der Normalspur und zwischen sie noch einmal erneut die Gleise der Schmalspur verlegt. Anschließend lief der Schmalspur-Betrieb über die Strecke weiter. Am 15. Juni konnte dann der Normalspurbetrieb auf der Gesamtstrecke aufgenommen werden.
Eisenbahn in Palästina
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Strecke zusammen mit den vom britischen Militär aus Richtung Ägypten vorangetriebenen Strecken in die neu gegründeten Palestine Railways (PR) eingebracht. Die französischen Eigentümer der J & J wurden abgefunden. Ab dieser Zeit teilte die Strecke das Schicksal der Palestine Railways. Dazu zählt auch deren fast völliger betrieblicher Stillstand während des Israelischen Unabhängigkeitskrieges, nachdem es zunächst vor dem Zweiten Weltkrieg zu arabischen, nach dem Zweiten Weltkrieg zu jüdischen Sabotageakten gekommen war.
Israelische Eisenbahn
Vor dem Waffenstillstandsabkommen von 1949 lag die Strecke nicht vollständig auf israelischem Territorium. Jordanien stimmte aber einem Verlauf der Waffenstillstandslinie zu, die die Bahnlinie, wenn auch an einigen Stellen ganz knapp, in Israel zu liegen brachte. Im Gegenzug gestattete Israel, dass die arabische Bevölkerung im Grenzstreifen wohnen bleiben und die Bauern von Bittir, 5 km Luftlinie westlich von Jerusalem, weiterhin ihre Felder auf israelischem Gebiet bebauen durften.
Am 7. August 1949 wurde der Verkehr nach Jerusalem – nun durch die Israel Railways (IR) – offiziell wieder aufgenommen. Dem kam hoher symbolischer Wert für die israelische Präsenz im nun geteilten Jerusalem zu. Der Eröffnungszug mit Premierminister Ben Gurion an Bord wurde von einer vorausfahrenden Lokomotive, von parallel fahrenden Militärfahrzeugen und einem Flugzeug der Luftwaffe gesichert. Der reguläre Verkehr wurde erst im März 1950 aufgenommen.
Der von der Palestine Railways übernommene Fahrzeugbestand befand sich durch mangelnden Unterhalt während des Krieges in schlechtem Zustand. Hinzu kam, dass ein erheblicher Teil des arabischen Personals der PR während des Unabhängigkeitskrieges das Land verließ. Qualifizierter Ersatz war oft nicht sofort zu finden. Die IR begann ihren Betrieb so unter ziemlich schlechten und primitiven Bedingungen.
Die Verträge über die deutschen Wiedergutmachungsleistungen (Shilumim) wurden am 10. September 1952 in Luxemburg unterzeichnet und traten am 20. März 1953 in Kraft. Danach konnte die israelische Regierung – in der Regel – deutsche Erzeugnisse aus verschiedenen Gütergruppen ordern. Gruppe 2 – Stahlverarbeitende Industrie – enthielt auch die Produkte, die für den Ausbau der Eisenbahn gebraucht wurden. Israelische Käufer mussten für die Lieferungen aus Deutschland nach einem festgelegten Wechselkurs an die israelische Regierung in Israelischen Pfund bezahlen. Jährlich standen dafür zwischen 1953 und 1966 250 Millionen DM zur Verfügung. In einem Gutachten, in dem bewertet wurde, wie diese Mittel am effektivsten einzusetzen seien, wurde schon 1952 darauf hingewiesen, dass neben dem Ausbau der Elektrizitätsversorgung die Entwicklung der Eisenbahn vorrangiges Ziel sein müsse. Investitionen in die Bahn seien volkswirtschaftlich sinnvoller als Straßenausbau. Die Hälfte der Gleise auf der Strecke nach Jerusalem wurde im Rahmen dieses Programms durch deutsche Schienen ersetzt.
Der Winterfahrplan 1961/62 wies sechs Zugpaare auf der Strecke Jerusalem–Tel Aviv Darom (Südbahnhof) aus. Bis 1977 war die Zahl auf zwei zurückgegangen. Gegenüber dem viel schnelleren Busverkehr hatte die Bahn ihre Attraktivität verloren. Mit der Einführung des Sommerfahrplans am 6. April 1986 wurde der tägliche Zug zwischen Tel Aviv Darom und Jerusalem eingestellt und der Bahnhof Tel Aviv Darom geschlossen. Die Zahl der Fahrgäste hatte sich von Jahr zu Jahr verringert. Es verblieb nur ein Zugpaar von Haifa über Rosh Ha'ayin und Lod nach Jerusalem. Lediglich Touristen und ein paar Pendler benutzten die Züge. Der Wettbewerb mit der gut ausgebauten Schnellstraße schien aussichtslos. Busse brauchten weniger als die Hälfte der Fahrzeit eines Zuges zwischen Tel Aviv und Jerusalem. Eine Einstellung des Zugverkehr in die in ihrem Status nicht gerade unumstrittene Hauptstadt des Landes war politisch nicht durchsetzbar. Nachdem allein 1997 sechs Züge, vier davon innerhalb von zwei Tagen (einschließlich eines Bergungszuges), entgleist waren, wurden dennoch vom 3. Juli 1998 bis 2005 der Verkehr auf der Strecke stillgelegt. Erst 2005 wurde nach eingehender Sanierung der Strecke der Betrieb wieder aufgenommen.
Künftige Entwicklung
Im Bau befindet sich eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von Tel Aviv über den Ben-Gurion-Flughafen nach Jerusalem. Sie soll 2009 fertig gestellt werden. Dafür werden 40 Kilometer Schienen verlegt, 15 Kilometer im Tunnel. In Jerusalem wird der Bahnhof unterirdisch in der Nähe der zentralen Egged-Busstation zu liegen kommen. Möglicherweise wird die Strecke später unterirdisch über einen Bahnhof beim Unabhängigkeitspark nahe der Altstadt bis zum alten Jerusalemer Bahnhof verlängert.
Literatur
- Paul Cotterell: The Railways of Palestine and Israel. Tourret Books, Abington 1986, ISBN 0-905--87804-3
- Neil Robinson: World Rail Atlas. Bd. 8: The Middle East and Caucasus. 2006.
Anmerkungen
Siehe auch
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