Elektroschwache Kraft

Elektroschwache Kraft

Die elektroschwache Wechselwirkung bildet die Grundlage einer vereinheitlichten Theorie aus Quantenelektrodynamik und schwacher Wechselwirkung. Diese Theorie ist neben der Quantenchromodynamik ein Pfeiler des Standardmodells der Elementarteilchenphysik. Die Vereinheitlichung wurde zunächst von S. L. Glashow, A. Salam und S. Weinberg 1967 theoretisch beschrieben (GSW-Theorie), experimentell wurde die Theorie 1973 indirekt durch die Entdeckung der NC-Ströme (siehe unten) und 1983 direkt durch den Nachweis der W± und Z0-Eichbosonen bestätigt. Eine Besonderheit ist die Verletzung der Parität durch die elektroschwache Wechselwirkung.

Inhaltsverzeichnis

Physik der schwachen und elektroschwachen Wechselwirkung

Für die physikalische Beschreibung ist es notwendig, die Leptonen bzw. Quarks einer Generation (oder Familie) zu einem Dublett für linkshändige Teilchen und zu Singuletts für rechtshändige Teilchen zusammenzufassen. Die elektroschwache Wechselwirkung wirkt auf folgende Teilchendubletts und Singuletts (aus Fermionen):

Dubletts (schwacher Isospin T=½):
Leptonen Elektrische Ladung Q Schw. Hyperladung Yw 3. Komp. des schw. Isospins Tz
 {\nu_e \choose e}_L  {\nu_\mu \choose \mu}_L  {\nu_\tau \choose \tau}_L {0}\choose{-1} {-1} \choose {-1} {+1/2} \choose {-1/2}
Quarks
 {u \choose d'}_L  {c \choose s'}_L   {t \choose b'}_L {2/3}\choose{-1/3} {1/3}\choose {1/3} {+1/2} \choose {-1/2}

Die up-artigen Fermionen sind jeweils oben, die down-artigen unten aufgeführt. Ihre elektrische Ladung ist um 1 größer als die der korrespondierenden down-artigen Teilchen.


Singuletts (schwacher Isospin T=0):
1 2 3 el. Ladung Q schw. Hyperladung Yw
e^-_R \mu^-_R \tau^-_R -1\!\, -2\!\,
u_R\!\, c_R\!\, t_R\!\, +\frac{2}{3} +\frac{4}{3}
d_R\!\, s_R\!\, b_R\!\, -\frac{1}{3} -\frac{2}{3}

Die elektrische Ladung ist dabei in Einheiten der Elementarladung e verstanden. Der Strich bei d,s,b soll auf die CKM-Mischung (siehe CKM-Matrix) hinweisen.

Die elektroschwache Wechselwirkung wirkt zudem auf die zugehörigen Antiteilchen und aus diesen Teilchen zusammengesetzte Systeme. Zusätzlich zur elektrischen Ladung Q tragen die oben aufgezählten Teilchen eine schwache Hyperladung YW. Die elektrische Ladung steht mit dieser und der dritten Komponente des schwachen Isospins in Zusammenhang, es gilt: Q = Y_W/2 + T_z\!\,.

Eichbosonen

Wie bei allen quantenfeldtheoretischen Eichtheorien werden auch in der elektroschwachen Theorie die Wechselwirkungen durch Eichbosonen vermittelt. In der elektroschwachen Theorie treten zunächst vier masselose Eichbosonen auf:

  • ein B0-Boson
  • drei W-Bosonen W0, W1, W2

Nach einer spontanen Symmetriebrechung erhält man vier Bosonen, die sich als Mischung der masselosen Bosonen darstellen lassen:

  • ein Photon γ, masselos, nicht geladen
  • ein Z0-Boson, Masse 91.18(7) GeV, nicht geladen
  • zwei W-Bosonen W±, Masse 80.(41) GeV, Ladung ±1

Die Linearkombinationen, die diese Bosonen beschreiben, lauten:

\vert \gamma \rangle = \frac{}{}\cos \theta_w \vert B^0 \rangle + \sin \theta_w \vert W^0 \rangle
\vert Z^0 \rangle = - \frac{}{}\sin \theta_w \vert B^0 \rangle + \cos \theta_w \vert W^0 \rangle
\vert W^{\pm} \rangle = \frac{1}{\sqrt{2}}(\vert W^1 \rangle \pm i \vert W^2 \rangle)

Das Z0-Boson ist nicht wie die W-Bosonen maximal paritätsverletzend, da es einen Anteil des B0-Bosons enthält. Man sagt, die Zustände des Photons und des Z0-Bosons seien um den sogenannten Weinbergwinkel gedreht.

Das Photon verhält sich wie im Rahmen der QED beschrieben.

Die Z- und W-Bosonen

Das ungeladene Eichboson Z wirkt nun wie das W± auf alle in der Tabelle aufgeführten linkshändigen Teilchen und, durch die Weinberg-Mischung auch zu einem Teil auf die rechtshändigen Teilchen. Insbesondere bei Z spricht man daher von neutralen Strömen (NC). Dieser Anteil der elektroschwachen Wechselwirkung verändert (wie in Abb. 1,2 zu sehen) nicht die Flavours der beteiligten Fermionen. Es tritt eine – teilweise – Verletzung der Parität auf.

neutrale Ströme (Abb. 1,2) geladene Ströme (Abb. 3,4)

Komplizierter gestaltet sich die Beschreibung für W±; diesen Anteil bezeichnet man auch als „geladene Ströme“ (CC, charged currents). Hier tritt die maximale Verletzung der Parität auf: Die geladenen Ströme koppeln ausschließlich an die linkshändigen Dubletts (Abb. 3,4). Die W-Bosonen „ändern“ dabei das Flavour (z. B. wird aus einem Elektron ein Elektron-Neutrino,...). Bei Quarks ist hierbei die CKM-Mischung (benannt nach Cabibbo, M. Kobayashi, T. Masakawa) zu beachten: Beispiel: Ein u-Quark kann durch W- nicht nur in ein d-Quark umgewandelt werden, es besteht – wenn auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit – die Möglichkeit, ein s-Quark oder b-Quark zu erhalten. Dieses Verhalten wird dadurch verursacht, dass die Massen-Eigenzustände nicht mit den so genannten Wechselwirkungs-Eigenzuständen übereinstimmen.

Wechselwirkung und Masse

Massenbehaftete Eichbosonen können in der Feldtheorie nur mit Hilfe eines Skalarfeldes beschrieben werden, das den beteiligten Eichbosonen Masse verleiht. In der elektroschwachen Theorie ist dieses Feld das Higgs-Feld (benannt nach P. Higgs). Dabei nimmt man an, dass das skalare Higgs-Feld im frühen Universum nur ein Minimum besaß.

Durch die fortlaufende Abkühlung folgte ein spontaner Symmetriebruch und das Higgs-Feld fiel in ein neues Minimum. Die Eichbosonen der elektroschwachen Wechselwirkung erhalten durch die Ankopplung an das Higgs-Feld endliche Massen. Ein direkter Nachweis des Higgs-Teilchens ist bisher nicht gelungen. Einen Nachweis erhofft man sich ab 2009 von den Experimenten am LHC, dem großen Teilchenbeschleuniger des CERN.

Erweiterungen der elektroschwachen Wechselwirkung

Man versucht die elektroschwache Wechselwirkung ihrerseits mit anderen Wechselwirkungen zu vereinigen. Naheliegend ist die Erweiterung um die starke Wechselwirkung (QCD) zu einer GUT.


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