Elliptische partielle Differentialgleichung

Elliptische partielle Differentialgleichung

Elliptische partielle Differentialgleichungen sind eine spezielle Klasse partieller Differentialgleichungen (PDG). Sie werden mit Hilfe von elliptischen Differentialoperatoren formuliert. Die Lösungen einer elliptischen partiellen Differentialgleichung Pu = f haben bestimmte Eigenschaften, welche hier näher erläutert werden. Der Laplace-Operator ist der wohl bekannteste elliptische Differentialoperator, und die Poisson-Gleichung ist die dazugehörige partielle Differentialgleichung.

Inhaltsverzeichnis

Physikalische Interpretation

Die elliptische Differentialgleichung ist eine Verallgemeinerung der Laplace-Gleichung und der Poisson-Gleichung. Eine elliptische Differentialgleichung zweiter Ordnung hat die Form

P(u)(x) = \sum_{i,j}^n a_{ij}(x) \partial^2_{x_i,x_j} u(x) + \sum_{i}^n b_{i}(x) \partial_{x_i} u(x) + c(x)u(x) = f(x),

worin die Koeffizientenfunktionen aij, bi und c geeigneten Bedingungen genügen müssen.

Solche Differentialgleichungen treten typischerweise im Zusammenhang mit stationären (zeitunabhängigen) Problemen auf. Sie beschreiben oftmals einen Zustand minimaler Energie. Die erwähnten Laplace- und Poisson-Gleichungen beschreiben etwa die Temperaturverteilung in einem Körper oder auch die elektrostatische Ladungsverteilung in einem Körper. Andere elliptische Differentialgleichungen werden zum Beispiel zur Untersuchung der Konzentration von bestimmten chemischen Stoffen verwendet. Die Terme der Ordnung zwei beschreiben dabei die Diffusion. Die Terme erster Ordnung beschreiben den Transport, und der Term der Ordnung null beschreibt die lokale Ab- und Zunahme.

Nicht-lineare elliptische Differentialgleichungen treten außerdem in der Variationsrechnung und der Differentialgeometrie auf.

Definition

Elliptischer Differentialoperator

Ein Differentialoperator \textstyle P(u)(x) = \sum_{|\alpha|\leq m} a_\alpha(x) \partial^\alpha_x u(x) der Ordnung m auf einem Gebiet \Omega \subset \R^n heißt im Punkt y \in \Omega elliptisch, falls

 P_m(y,\xi) := \sum_{|\alpha|=m} i^m a_\alpha(y) \xi^\alpha \neq 0

für alle \xi \in \R^n\backslash \{0\} erfüllt ist. Man nennt \ P_m das Hauptsymbol von P. Ein Differentialoperator heißt elliptisch, falls er für alle y \in \Omega elliptisch ist.

Elliptische Differentialgleichung

Sei P ein elliptischer Differentialoperator und f eine Funktion, dann heißt die Gleichung

Pu = f

elliptische Differentialgleichung und u ist die gesuchte Funktion in dieser Differentialgleichung.

Gleichmäßig elliptischer Differentialoperator

Ein Differentialoperator P heißt gleichmäßig elliptisch in U, wenn es ein c > 0 gibt, so dass

|P_m(y,\xi)| \geq c |\xi|^m

für alle (y,\xi) \in U \times \R^n gilt.

Hypo–elliptischer Differentialoperator

Ein Operator P(D) = \sum\nolimits_{|\alpha| \leq m}a_\alpha D^\alpha mit konstanten Koeffizienten a_\alpha \in \C heißt hypo-elliptisch, wenn es ein C > 0 gibt, so dass für alle \xi \in \R^n mit |\xi| \geq C und alle \alpha \in \N^n gilt:

  • P(\xi) \neq 0 und
  • |D^\alpha P(\xi)| \leq C |P(\xi)| \cdot |\xi|^{-|\alpha|}.

Im Gegensatz zum gleichmäßig elliptischen Differentialoperator ist der hypo-elliptische Differentialoperator eine Verallgemeinerung des elliptischen Differentialoperators. Diese Forderung an den Differentialoperator ist also schwächer.

Namensherkunft

Das Adjektiv elliptisch in der Bezeichnung elliptische partielle Differentialgleichung stammt aus der Theorie der Kegelschnitte. In dieser Theorie wird im Fall B2 − 4AC < 0 die Lösungsmenge, der Gleichung

Ax2 + Bxy + Cy2 + Dx + Ey + F = 0

Ellipse genannt. Betrachtet man nun die homogene Differentialgleichung

 A \partial^2_{x_1,x_1} u(x) + B \partial^2_{x_1,x_2} u(x) + C \partial^2_{x_2,x_2} u(x) + D \partial_{x_1} u(x) + E \partial_{x_2} u(x) + Gu(x) \,=\,0

zweiter Ordnung in zwei Dimensionen mit konstanten Koeffizienten, so ist diese genau dann gleichmäßig elliptisch, wenn B2 − 4AC < 0 gilt.

Beispiele

  • Das wohl wichtigste Beispiel eines gleichmäßig elliptischen Differentialoperators ist der Laplace-Operator
    \Delta u(x) = \sum_{j=1}^n \partial^2_{x_jx_j}u(x),
    dessen Hauptsymbol P_2(y,\xi) = i^2 (1\cdot\xi_1^2 + \ldots +1\cdot\xi_n^2) = -|\xi|^2 ist. Funktionen, welche die Laplace-Gleichung Δu = 0 erfüllen, heißen harmonisch und haben einige besondere Eigenschaften, so zum Beispiel, dass sie beliebig oft differenzierbar sind. Man hat nun die Hoffnung, dass sich diese Eigenschaften auf „ähnliche“ Differentialoperatoren übertragen lassen.
  • Der Cauchy-Riemann-Operator
    \frac{\partial }{\partial \bar{z}} = \frac{1}{2}\left(\frac{\partial}{\partial x } + i \frac{\partial}{\partial y} \right)
    ist gleichmäßig elliptisch, denn sein Hauptsymbol lautet \tfrac{1}{2} \left(\xi_1 + i \xi_2 \right).
  • Der parabolische partielle Differentialoperator P = Dt − Δx ist hypo-elliptisch. Die parabolische Differentialgleichung Pu = 0 heißt Wärmeleitungsgleichung.

Theorie elliptischer Differentialgleichungen zweiter Ordnung

Im Folgenden werden die wichtigsten Aussagen für elliptische Differentialoperatoren der Ordnung zwei in n Dimensionen aufgezeigt. Sei deshalb

P(u)(x) = \sum_{i,j}^n a_{ij}(x) \partial^2_{x_i,x_j} u(x) + \sum_{i}^n b_{i}(x) \partial_{x_i} u(x) + c(x)u(x)

ein elliptischer Differentialoperator der Ordnung zwei. Außerdem sei U\subset\R^n eine offene, zusammenhängende, beschränkte Teilmenge mit Lipschitz-regulärem Rand.

Existenzaussage

Es seien die Koeffizientenfunktionen aij,bi,c allesamt messbare und beschränkte Funktionen. Dann existiert für jedes f \in L^2(U) eine eindeutige schwache Lösung u \in H^1_0(U) des Dirichlet-Randwertproblems

\left\{\begin{array}{cc}
Pu = f & \text{in}\ U\\
u = 0 & \text{in}\ \partial U,
\end{array}\right.

falls die zum Differentialoperator P assoziierte Bilinearform \mathcal{P} koerziv ist. Hierbei ist \mathcal{P}: H_0^1(U) \times H_0^1(U) \rightarrow \mathbb{R} definiert vermöge

\mathcal{P}(u, \varphi) := \int_U \left(-\sum_{i,j}^n a_{ij}(x) \partial_{x_i} u(x)\partial_{x_j}\varphi(x)\right) + \left(\sum_{i}^n b_{i}(x)\partial_{x_i} u(x)\varphi(x)\right) + c(x)u(x)\varphi(x) {\rm d}x.

Mit dem Lemma von Lax-Milgram folgert man die Existenz und die Eindeutigkeit der Lösung u aus der Bilinearform \mathcal{P}. Ist P gleichmäßig elliptisch, so ist die assoziierte Bilinearform \mathcal{P} immer koerziv. Verwendet man statt einer Dirichlet-Randbedingung eine Neumann-Randbedingung, so existiert, falls die assoziierte Bilinearform wieder koerziv ist, genau eine Lösung der partiellen Differentialgleichung, was sich fast genauso beweisen lässt.

Regularität

Seien a_{ij}, b_i, c \in C^{\infty}(U) für alle i,j, und sei außerdem f \in C^{\infty}(U) und u \in H^1(U) eine schwache Lösung der elliptischen Differentialgleichung

Pu = f\ \text{in}\ U.

Dann gilt u \in C^{\infty}(U).

Maximumprinzip

Für elliptische Differentialoperatoren zweiter Ordnung gilt ein Maximumsprinzip. Sei c \geq 0 in U und sei u \in C^2(U) \cap C(\overline{U}).

1. Falls

P u \leq 0\ \text{in}\ U

gilt und u ein nichtnegatives Maximum in einem inneren Punkt von \overline{U} annimmt, dann ist u konstant.

2. Falls

P u \geq 0\ \text{in}\ U

gilt und u ein nichtpositives Minimum in einem inneren Punkt von \overline{U} annimmt, dann ist u konstant.

Eigenwertprobleme

Man betrachte das Randwertproblem

P u = \lambda u\ \text{in}\ U
\ u = 0\ \text{in}\ \partial U,

wobei λ ein Eigenwert des Differentialoperators P ist. Außerdem sei P symmetrischer Differentialoperator.

1. Dann sind alle Eigenwerte P reell.

2. Außerdem haben alle Eigenwerte dasselbe Vorzeichen und haben nur endliche Vielfachheit.

3. Schlussendlich existiert eine Orthonormalbasis \{w_k\}_{k=1}^\infty von L2(U) mit w_k \in H_0^1(U) als Eigenfunktion zum Eigenwert λk.

Theorie der elliptischen Pseudodifferentialoperatoren

Definition

Ein Pseudo-Differentialoperator heißt elliptisch, falls sein Symbol p \in S_{cl}^m(X) eigentlich getragen und das homogene Hauptsymbol gleichmäßig elliptisch ist - oder äquivalent dazu, falls in einer konischen Umgebung V von (x00) für das echte Symbol die Ungleichung |a(x,\xi)| \geq \tfrac{1}{C}(1 + |\xi|)^m für eine Konstante C > 0 für (x,\xi) \in V und |\xi| \geq C gilt.

Invertierbarkeit

Sei P \in \Psi^m_{\rho,\delta}(X) ein elliptischer Pseudodifferentialoperator und ρ > δ, dann existiert ein eigentlich getragener Pseudodifferentialoperator Q \in \Psi^{-m}_{\rho,\delta}(X), so dass

(P \circ Q)(u) = (Q \circ P)(u) = I(u) + R(u)

gilt. Dabei ist I der Identitätsoperator, und R ist ein Operator, welcher jede Distribution auf eine glatte Funktion abbildet. Der Operator P kann also modulo \Psi^\infty_{\rho,\delta}(X) invertiert werden. Diese Eigenschaft macht den elliptischen Pseudo-Differentialoperator und damit als Spezialfall den elliptischen Differentialoperator zu einem Fredholm-Operator.

Singulärer Träger

Sei P \in \Psi^m_{\rho,\delta}(X) wieder ein elliptischer Pseudodifferentialoperator und ρ > δ. Dann gilt für jede Distribution u \in \mathcal{D}'(X)

\operatorname{sing\ supp}(Pu) = \operatorname{sing\ supp}(u).

Der singuläre Träger einer Distribution verändert sich also nicht.

Literatur

  • Gerhard Dziuk: Theorie und Numerik partieller Differentialgleichungen. de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-014843-5, Seite 151-181.
  • Lawrence Craig Evans: Partial Differential Equations, American Mathematical Society, Providence 2002, ISBN 0-8218-0772-2
  • Alain Grigis & Johannes Sjöstrand - Microlocal Analysis for Differential Operators, Cambridge University Press, 1994, ISBN 0-521-44986-3

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