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Die AIM-9 Sidewinder ist eine wärmesuchende Luft-Luft-Lenkwaffe für Kämpfe auf kurze Distanz, die von den meisten westlichen Kampfflugzeugen mitgeführt werden kann. Im Laufe der inzwischen 50-jährigen Geschichte wurden mit der Sidewinder mehr Flugzeuge abgeschossen als mit jedem anderen Flugkörper.
Die Sidewinder hat einen hochexplosiven Sprengkopf und ein infrarotbasiertes wärmesuchendes Lenksystem. Ihre weiteren Bestandteile sind ein optischer Zieldetektor, das Leitwerk und der Raketenmotor. Das Lenksystem leitet den Flugkörper direkt in die heißen Triebwerke des Gegners (oder was der Flugkörper dafür hält). Eine Infrarot-Einheit kostet weniger als jedes andere Lenksystem und ist eingeschränkt allwettertauglich. Der Infrarotsucher gibt dem Flugkörper auch echte Fire-and-Forget-Fähigkeiten. Nach dem Abschuss benötigt der Flugkörper keine Unterstützung seitens der abfeuernden Plattform mehr und lenkt sich selbstständig ins Ziel.
Die AIM-9 wurde ab den späten 1940er-Jahren von der US Navy entwickelt. Sie verwendete einige neue Technologien, die sie einfacher und verlässlicher als ihr Gegenstück bei der Air Force, die AIM-4 Falcon, machten. Nachdem die Falcon im Vietnamkrieg unbefriedigende Leistungen erzielte, ersetzte die Air Force sie durch Sidewinders.
Der Bambini-Code der schweizerischen Luftwaffe für den Sidewinder lautet Siwa.
Inhaltsverzeichnis
Funktion des Infrarot-Zielsystems
Der Hauptvorteil der Sidewinder war ihr einfaches, aber wirksames Ziel-/Lenksystem, das eine Kombination aus Mechanik und Analogcomputer einsetzt, da Digitalrechner mit ausreichender Leistung und Kompaktheit zur Entwicklungszeit nicht verfügbar waren. Dies änderte sich erst Mitte der 1990er-Jahre durch die AIM-9X.
Im Zweiten Weltkrieg hatten die Deutschen bereits mit Infrarot-Lenksystemen in einer großen als Enzian bezeichneten Rakete experimentiert; das Kriegsende verhinderte jedoch eine Weiterentwicklung. Die Enzian besaß einen IR-Detektor, der in einem kleinen beweglichen Teleskop montiert war, und benutzte eine Metallfahne vor dem Spiegel, um feststellen zu können, auf welcher Seite des Zentrums sich das Ziel befand, um lenken zu können. Wenn die Rakete sich kontinuierlich in die jeweils gegenwärtige Richtung des Teleskops bewegte, lenkte sie sich auf einem so genannten Schleppkurs ins Ziel.
Die Sidewinder verbesserte dieses auf mehrere Arten: Zuerst wurde der starre Spiegel durch einen um einen Schaft rotierenden ersetzt. Anstatt das Ziel im Spiegel zu fixieren, würde der IR-Sensor das Ziel als eine Serie kurzer Blitze sehen. Wenn man wusste, wo der Blitz auf dem sich drehenden Spiegel war, hatte man auch die radiale Richtung zum Ziel. Zusätzlich konnte das System den Abweichungswinkel zum Ziel auf eine clevere Weise feststellen. Wenn sich das Ziel seitlich aus dem Sichtfeld bewegte, war der Blitz auf Grund der höheren Bewegungsgeschwindigkeit an der Außenseite des Spiegels kürzer.
Diese Art von Signal verbesserte das Zielverfolgungssystem: Anstatt den Flugkörper einfach auf die momentane Position des Ziels zu lenken – was ineffizient ist, da dieses sich meist schnell weiter bewegt – „merkte“ sich das Lenksystem der Sidewinder die Richtung und Dauer jedes Blitzes. Sie versuchte dann, die Bewegungsänderungen des Ziels im Spiegel auszunullen, anstatt den Unterschied zwischen dem Winkel des Detektors und dem des Flugkörpers bei Null zu halten. Wenn das Ziel im Sucher stillstand, war der Flugkörper genau auf dem kürzesten Weg zum Ziel, dieser Kurs wird auch Abfangkurs genannt.
Das ganze System war allerdings davon abhängig, dass der Flugkörper nicht um die Längsachse rotierte, weil dann das von der Rotationsgeschwindigkeit des Spiegels abhängige Timing nicht mehr stimmen würde. Die Korrektur dieser Rotation würde normalerweise einen Sensor erfordern, der zu jedem Zeitpunkt sagen kann, wo „unten“ ist, um dann entsprechend gegenzusteuern. Stattdessen erfanden die Sidewinder-Ingenieure eine einfachere Lösung: Am hinteren Teil des Flugkörpers wurden kleine Steuerflächen mit drehenden Scheiben auf der Oberfläche angebracht. Luftfluss über die Scheiben ließ sie schneller drehen; wenn der Flugkörper zu rollen begann, drückte die in diesem Fall auf die Scheiben wirkende gyroskopische Kraft die Steuerflächen in den Luftfluss und unterband die Rollbewegung. Das Sidewinder-Team ersetzte also ein komplexes Kontrollsystem durch vier kleine Stücke Metall.
Die Zielerfassung mit der Sidewinder kann auf mehrere Arten erfolgen: Zum Einen kann die Rakete selbständig den Himmel vor ihrem schwenkbaren Suchkopf absuchen; hat sie eine Wärmequelle erfasst, signalisiert sie dies dem Piloten per Audiosignal (ein hohes Pfeifen in Abhängigkeit von der Qualität der Zielerfassung). Zum Zweiten gibt es den Nachführungsmodus, bei dem der Pilot ein Ziel mit seinem Bordradar aufschaltet. Das Radar teilt dann dem Flugkörper den Winkel zum Ziel mit, dieser schwenkt seinen Suchkopf dorthin und erfasst das Ziel. Die neue AIM-9X beherrscht noch einen dritten Modus, der allerdings gegenwärtig noch nicht benutzt wird; hierbei ist der Pilotenhelm mit einem Sensor gekoppelt, der dem Flugkörper mitteilt, wohin der Pilot momentan schaut. Um einen Flugkörper abzufeuern, muss der Pilot also nur das Ziel anschauen und abdrücken. Dies ist vor allem im extremen Nahkampf, wenn die Entfernung zum Radareinsatz bereits zu gering ist, oder bei Helikoptern nützlich.
Aufbau
Der Flugkörper besteht aus vier Hauptsektionen: Zielerfassung, Lenkung, Gefechtskopf und Raketenmotor.
Die Guidance and Control Unit (GCU) enthält den größten Teil der Elektronik und Mechanik des Flugkörpers. Ganz vorne an der Spitze sitzt hinter einem Glasdom der IR-Suchkopf mit der rotierenden Spindel, dem Spiegel und fünf Bleisulfid- bzw. ab der Variante AIM-9L Indiumantimonid-Fotowiderständen bzw. einem Focal-Plane-Array bei der AIM-9X. Dahinter liegt die Elektronik, die Daten sammelt, Signale interpretiert und Steuersignale erzeugt. Von der GCU führt eine elektrische Verbindung zur Startschiene des Flugzeugs. Die Elektronik wird mit Hilfe einer Argon-Flasche oder flüssigem Stickstoff (AIM-9X) gekühlt. Am hinteren Ende der GCU sorgt ein Gasgenerator oder eine thermische Batterie (AIM-9X) für elektrische Energie. Dahinter folgt der Zünder mit acht IR-Emittern und Detektoren, die den Gefechtskopf in der Nähe des Ziels zur Detonation bringen. Versionen vor der AIM-9L besaßen zusätzlich noch einen Magnetzünder. Da im Militärflugzeugbau zunehmend abgeschirmte Verkabelungen und nichtmagnetische Metalle Verwendung finden, wäre der Magnetzünder heute relativ nutzlos.
Die neuesten Modelle der AIM-9 besitzen einen Gefechtskopf mit kreisförmiger Splitterwirkung. Er besteht aus spiralförmig gewundenem Federstahl und ist mit 6 kg Tritonol gefüllt.
Die Antriebssektion mit dem Feststoff-Raketenmotor enthält auch drei Anschlussstücke, die den Flugkörper mit der Startschiene verbinden. Über elektrische Kontakte in der Schiene wird der Motor gezündet und der Gefechtskopf vorgeschärft. Bei allen älteren Modellen dienen die Heckflossen nur der aerodynamischen Stabilisierung, während mit den vorderen Flügeln gesteuert wird. Bei der AIM-9X ist dies erstmals umgekehrt. Deshalb wurde es notwendig, entlang des gesamten Flugkörpers Kabelstränge zu installieren.
Sidewinder-Versionen
Ein Prototyp der Sidewinder, die AIM-9A, wurde zum ersten Mal im September 1953 erfolgreich abgefeuert. Die erste Produktionsversion, AIM-9B, wurde ab 1956 ausgeliefert und wurde seitdem ständig weiter verbessert. Dies führte zu einer Vielzahl verschiedener Versionen, was zusätzlich noch durch den Umstand verstärkt wurde, dass in den Sechziger und Siebziger Jahren die US Navy und die amerikanische Luftwaffe die Fortentwicklung der Sidewinder getrennt voneinander betrieben. Die Gründe dafür lagen vor allem in der traditionellen Rivalität dieser beiden Teilstreitkräfte, aber auch in den unterschiedlichen Anforderungsprofilen in dieser Zeit. So nahm in der Einsatzdoktrin der US-Marineflieger der Luftkampf gegen feindliche Jäger und Jagdbomber einen wesentlich höheren Stellenwert ein als bei der Luftwaffe, die ihre Hauptpriorität vornehmlich auf die Bekämpfung verhältnismäßig behäbiger Bomber in großen Flughöhen legte.
AIM-9B: Erste Serienversion mit ungekühltem 70-Hz-PbS-Suchkopf mit 4° Blickfeld, 25° Schielwinkel und einer Zielverfolgungsrate von 11°/s. Gasgenerator für 20 s Flugzeit.
AIM-9C: Version mit halbaktivem Radarsuchkopf, verbessertem Raketenmotor, größeren Steuerflächen und stärkeren Aktuatoren. Nur für kurze Zeit von der US-Marine in Verbindung mit der Vought F-8C Crusader verwendet. Restbestände umgebaut zur AGM-122 Sidearm.
AIM-9D: Version mit stickstoffgekühltem 125-Hz-Suchkopf mit verkleinertem 2,5°-Blickfeld, 27° Schielwinkel und auf 12°/s erhöhter Zielverfolgungsrate. Erhöhte Reichweite und Wendigkeit dank ogiovalem Nasenprofil für geringeren Luftwiderstand, schubstärkerem Raketenmotor mit längerer Brenndauer, größeren Steuerflächen, stärkeren Aktuatoren und neuem Gasgenerator für bis zu 60 s gesteuerter Flugzeit. Weiterhin Installation eines verbesserten Gefechtskopfs mit neuem Annäherungszünder. Marinevariante.
AIM-9E: Verbesserte AIM-9B mit Peltier-gekühltem 100-Hz-Suchkopf mit auf 16,5°/s erhöhter Zielverfolgungsrate in einer verlängerten konischen Nase. Luftwaffenvariante. Wird von den japanischen Luftstreitkräften als AAM-1 geführt.
AIM-9F: Auch als AIM-9B F.G.W.2 bezeichnet. Verbesserte Variante der AIM-9B, mit neuem CO2-gekühltem Suchkopf mit einer Zielverfolgungsrate von 16°/s, bei der an Stelle der Röhrentechnologie eine zuverlässigere Festkörperelektronik verwendet wurde. Diese Variante wurde von der Bodenseewerk Gerätetechnik GmbH für die deutsche Luftwaffe entwickelt und gebaut. Ein Einsatz in den amerikanischen Streitkräften fand nicht statt.
AIM-9G: Verbesserte Version der AIM-9D mit neuen Zielerfassungsmodi (SEAM, Sidewinder Extended Acquisition Mode). Diese erlauben es, dem Suchkopf mittels des Bordradars ein Ziel zuzuweisen oder aber den Suchkopf in einem speziellen Raster den Bereich vor der Startplattform abtasten zu lassen. Weiterhin konnte eine Zielzuweisung auch über ein Helmvisier vorgenommen werden. Diese Option wurde aber nur in Verbindung mit der F-4N und F-4S Phantom II genutzt und nach der Einführung der McDonnell Douglas F/A-18 bis zur Einführung der Variante AIM-9X nicht mehr verfolgt. Marinevariante.
AIM-9H: Erneute Verbesserung der G-Version, bei der die fehleranfällige Röhrenelektronik durch weitaus zuverlässigere Halbleiterbauelemente ersetzt wurde. Erhöhung der Zielverfolgungsrate auf 20°/s und stärkere Aktuatoren. Marinevariante.
AIM-9J/N: Weiterentwicklung der AIM-9E, bei der die Elektronik teilweise von Röhren auf Halbleiterbauelemente umgestellt wurde. Installation eines neuen Gasgenerators für bis zu 40 s gesteuerter Flugzeit und neuer Steuerflächen mit charakteristischen eckigen Doppeldelta-Canards zu Erhöhung der Wendigkeit. Die Variante AIM-9N, zunächst auch als AIM-9J-1 bezeichnet, weist gegenüber der Basisvariante eine überarbeitete Elektronik aus und war vorwiegend für den Export bestimmt. Luftwaffenvariante.
AIM-9L: Stark verbesserte Variante der Sidewinder auf der Basis der AIM-9H. Einsatz eines FM-modulierten Argon-gekühlten Indiumantimonid-Suchkopfs, der erstmals auch die Erfassung von Zielen auch aus der frontalen Hemisphäre erlaubte, während vorige Sidewinderversionen nur von hinten auf ein Ziel abgefeuert werden konnten. Überarbeitete Steuerflächen in Form von spitz zulaufenden Doppel-Canards. Verwendung eines überarbeiteten Gefechtskopfes mit aktivem Laser-Annäherungszünder. Einsatz sowohl bei Luftwaffe als auch Marine und Beendigung der nach Teilstreitkräften getrennten Entwicklungslinien der Sidewinder. Die AIM-9L/i ist eine von Bodenseewerk Gerätetechnik in Lizenz produzierte Subvariante mit verbesserter Unterdrückung von IR-Gegenmaßnahmen.
AIM-9M: Überarbeitete AIM-9L mit raucharmem Raketenmotor, überarbeiteter Elektronik und besserer Unterdrückung von IR-Gegenmaßnahmen (IRCM). Verschiedene Subvarianten mit einsatz- und nutzerspezifischen Modifikationen.
AIM-9P: Verbesserte Variante AIM-9J/N mit verschiedenen Subvarianten. P-1: Einsatz des aktiven Laser-Annäherungszünders der AIM-9L. P-2: Verwendung eines raucharmen Raketenmotors. P-3: Kombination der beiden vorigen Varianten. P-4: Verwendung eines All-Aspect-Suchkopfs ähnlich dem der AIM-9L. P-5: Verbesserung der P-4 mit erhöhter Unempfindlichkeit gegenüber IR-Störmaßnahmen. Die AIM-9P war ursprünglich als leistungsreduzierte Exportvariante zur Ergänzung der AIM-9L konzipiert worden, wurde jedoch auf Grund ihrer vergleichsweise geringeren Kosten und der Möglichkeit bereits vorhandene AIM-9J/N aufzurüsten auch von der US-Luftwaffe in größeren Stückzahlen geordert.
AIM-9R: Variante der Sidewinder mit abbildendem IR-Suchkopf. Entwicklung Ende der Achtziger Jahre aus Kostengründen eingestellt.
AIM-9S: Exportvariante der AIM-9M.
Die Sidewinder ist der von den NATO-Staaten und einigen amerikanischen Verbündeten am meisten genutzte Luft-Luft-Flugkörper; bislang wurden 110.000 Stück für 28 Länder produziert. Er ist einer der ältesten, kostengünstigsten und erfolgreichsten Flugkörper im US-Waffeninventar.
Es existiert auch eine Trainingsversion, die ATM-9L. Diese besitzt keine Ruderflossen und keinen Raketenmotor. Sie wird nicht abgefeuert, sondern dient den Zielsystemen des Flugzeugs und dem Piloten als Übungsobjekt zur Erfassung von Zielen, da der Suchkopf voll funktionsfähig ist.
Modell AIM-9X
Nachdem in Folge der Beendigung des Kalten Kriegs und der deutschen Wiedervereinigung westliche Streitkräfte in den Besitz ex-sowjetischer Waffensysteme gekommen waren, wurde festgestellt, dass der modernste Nahkampf-Luft-Luft-Flugkörper des Ostblocks, die Vympel R-73/A-11 Archer den damaligen westlichen Gegenstücken in nahezu allen relevanten Parametern weit überlegen war. Dies war für die NATO-Streitkräfte überraschend, war man doch bis dato davon ausgegangen, dass sowjetische Raketensysteme weniger weit entwickelt waren und man auch in der Zukunft bestenfalls mit Lenkwaffen in der Leistungsklasse der AIM-9L/M rechnen müsse. Daher wurde entschieden, eine neue Luft-Luft-Rakete zu entwickeln, um zur russischen Entwicklung aufzuschließen.
Ursprünglich wurde daran gedacht, als Ersatz für die Sidewinder die britische AIM-132 ASRAAM zu beschaffen, doch fortwährende Verzögerungen durch Streitigkeiten über die konzeptionelle Auslegung des Flugkörpers zwischen Großbritannien und dem damaligen ASRAAM-Projektpartner Deutschland führten zu einer Beendigung dieser Pläne seitens der USA. Stattdessen wurde 1994 ein eigenes Programm für einen neuen Kurzstrecken-Luft-Luft-Flugkörper, der AIM-9X, gestartet.
Die AIM-9X wird zwar weiterhin der AIM-9-Serie zugeordnet, ist jedoch eine komplette Neuentwicklung, die lediglich auf einige Komponenten ihrer Vorgänger zurückgreift. So wurden bewährte Bauteile wie der raucharme Raketenmotor und der Sprengkopf von der AIM-9M übernommen. Neu ist der Raketenkörper, der wesentlich luftwiderstandsärmer als der früherer Versionen ist und nun über die Heckflossen und nicht mehr über die vorderen Canards gesteuert wird. In Verbindung mit einer ebenfalls neuen Schubvektorsteuerung wird so eine deutlich bessere Manövrierfähigkeit erzielt.
Einen wesentlichen Fortschritt gegenüber den bisherigen AIM-9-Modellen ist der abbildende IR-Suchkopf, dessen Herzstück ein Focal-Plane-Array-Detekor mit 128x128 Elementen ist. Dieser besitzt eine größere maximale Erfassungsreichweite als die Suchköpfe früherer Sidewinder und kann durch eine Auswertung des IR-Bildes das eigentliche Ziel zuverlässig von Störmaßnahmen unterscheiden. Hinzu kommt, dass eine Erfassung von Zielen bis zu 90° abseits der Flugrichtung möglich ist, während ältere Modelle der AIM-9-Serie diesbezüglich auf 27,5° beschränkt sind. Die Rakete verwendet zur Steuerung nun einen Digitalrechner, dessen Mikroprozessor wesentlich komplexere Daten und Algorithmen verarbeiten kann.
Die Kommunikation zwischen dem Flugkörper und dem Feuerleitrechner der Plattform wird nun erstmals digital abgewickelt. Neuere Flugzeuge beherrschen diesen Modus bereits seit einigen Jahren; für Plattformen, bei denen sich eine Umrüstung nicht mehr lohnt (F-14, AV-8B und AH-1 Cobra), hat die Rakete einen analogen Kompatibilitätsmodus, in dem sie sich wie eine AIM-9M verhält und sich gegenüber dem Feuerleitrechner auch so identifiziert.
Die Serienfertigung des Flugkörpers ist Ende 2002 angelaufen, die ersten einsatzbereiten Muster wurden bei der Operation Iraqi Freedom 2003 gesehen. Ob sie dort zum Einsatz gekommen ist, wird derzeit noch geheim gehalten.
Ab Dezember 2007 erhielt die Schweiz die ersten AIM-9X für ihre Kampfflugzeuge vom Typ F/A-18 Hornet als Ersatz für das Vorgängermodell AIM-9P.
Inzwischen wurden über 3000 Lenkwaffen zu einem Stückpreis von etwa 320.000 US-Dollar ausgeliefert. Allein die US Air Force und die US Navy planen die Anschaffung von insgesamt 10.142 Raketen, womit sich das Budget auf ungefähr drei Milliarden US-Dollar beläuft.
Modell AA-2 Atoll
Eine besondere Sidewinder-Variante ist die sowjetische R-3/AA-2 Atoll, die in ihrer ersten Version eine exakte Kopie der US-amerikanischen AIM-9B darstellte. Wie die Sowjets seinerzeit an eine Sidewinder gelangt sind, ist bis heute nicht restlos geklärt. Spätestens ab 1967 stand den Sowjets eine Sidewinder zur Verfügung, die der Starfighter-Pilot Wolf-Diethard Knoppe am 22. Oktober 1967 auf dem Fliegerhorst Neuburg entwendete und für 20.000 DM an die Sowjets verkaufte. Die Rakete wurde später – in unverdächtige Teile zerlegt – über den Flughafen Düsseldorf nach Moskau geschafft. Knoppe wurde ein Jahr später verhaftet. Für wahrscheinlich wird allerdings auch gehalten, dass die Sowjets bereits ab 1958 über eine Sidewinder verfügten, die bei einem Luftkampf zwischen einer nationalchinesischen F-86 Sabre und einer MiG-17 der Volksrepublik China am 24. September 1958 über der Straße von Formosa ungezündet im Rumpf der MiG steckenblieb und über China in die Sowjetunion kam. Gegenüber den komplexen sowjetischen Eigenbauten glänzte die Sidewinder durch ihre Einfachheit. Seit ihrem ersten Einsatz über Vietnam nahmen die Sowjets auch selbständig Verbesserungen an den Raketen vor, die durch ihre geringen Beschaffungskosten vor allem in Dritte-Welt-Staaten sehr beliebt wurden.
Technische Daten der AIM-9X
- Hauptfunktion: Luft-Luft-Flugkörper für den Nahkampf
- Hersteller: Raytheon; Ford Aerospace; Loral; Diehl Defence;
- Antrieb: Thiokol Hercules und Bermite MK 36 Mod 11; einstufiger Feststoff-Raketenmotor
- Länge: 2,9 m
- Durchmesser: 12,7 cm
- Spannweite: 44 cm
- Geschwindigkeit: Mach 2,7 bis (je nach Modelltyp) zu 4,7 Mach
- Sprengkopf: HE-Fragment; 10,5 kg
- Startgewicht: 85,5 kg
- Reichweite: 16 km
- Stückkosten: 41.300 US-Dollar
- Auslieferung: 2002
siehe auch: IRIS-T, AIM-7 Sparrow, AIM-54 Phoenix, AIM-120 AMRAAM, MIM-72 Chaparral
Weblinks
- http://www.sci.fi/~fta/aim9.html - Überblick über alle Sidewinder-Versionen (auf Englisch)
- http://www.bgt.de (und dann weiter zu Produkte - Flugkörper)
- www.designation-systems.net
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